Baubiologie
Baubiologie ist ein Sammelbegriff für die umfassende Lehre der Beziehung zwischen dem Menschen und seiner gebauten Umwelt, aber auch die umweltfreundliche und schadstofffreie Ausführung der Bauwerke durch den Einsatz geeigneter Erkenntnisse und Techniken.
Das Ziel eines „gesunden und nachhaltigen Bauens und Wohnens“ soll durch die ganzheitliche Betrachtung physiologischer, psychologischer, architektonischer und physikalisch-technischer Zusammenhänge und der Wechselwirkung zwischen Bauwerk, Nutzer (Bewohner) und dessen Umwelt erreicht werden. Baubiologische Grundsätze finden neben der Sanierung und dem Bau von Wohnungen auch Anwendung bei Bauten mit hohen hygienischen Anforderungen wie Schulgebäuden, Krankenhäusern und Kindergärten und Bauten mit langen Aufenthaltszeiten der Nutzer wie Büros.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Als Begründer der Baubiologie in Deutschland, einem Vorläufer des ökologischen Bauens, gilt der Arzt Hubert Palm, der mit zahlreichen Vorträgen in den 1960er Jahren bekannt wurde. Sein Buch „Das gesunde Haus" ist ein Grundlagenwerk der Baubiologie. Pionierprojekte und erste baubiologische Architektenkreise entstanden Anfang der 1970er Jahre, besonders im süddeutschen Raum, unter anderem das Institut für Baubiologie in Rosenheim und der Bund für Architektur & Baubiologie (BAB), der Vorläufer des Bund Architektur & Umwelt (B.A.U.) in Deutschland. Wichtig für den Durchbruch der Baubiologie waren Publikationen von Prof. Anton Schneider.
Praxis
Baubiologen beschäftigen sich mit dem Wohn- und Arbeitsumfeld der Menschen. Ihr Tätigkeitsfeld erstreckt sich von der Beratung zu gesundem Schlafen und Wohnen, dem Bau und der Sanierung von Gebäuden und Wohnungen, über die gezielte Analyse belastender Raumfaktoren, bis hin zur Verbreitung baubiologischen Wissens durch Vorträge, Seminare, Fachliteratur und Kongresse.
Baubiologische Messtechniker führen Untersuchungen zu nachweislich schädlichen Faktoren wie Schadstoffen und Schimmelpilzen, oft auch zu physikalischen Größen wie elektrische und magnetische Wechselfelder und elektromagnetischen Wellen im Rahmen der elektromagnetischen Umweltverträglichkeit oder Lärm durch. Innenraumfaktoren können die Menschen je nach persönlicher Konstitution und Vorbelastungen gesundheitlich unterschiedlich belasten.
Ein weiteres Ziel der Baubiologie ist auch die Schonung der natürlichen Ressourcen und die Förderung eines verantwortungsvollen Umgangs mit der Natur.
Die Baubiologie entwickelt sich international. Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten bestehen u.a. bereits in Amerika, England, Spanien, Italien, Japan, den Niederlanden und der Schweiz.
Ausbildung und Beruf
Es gibt keinen staatlich anerkannten Beruf Baubiologe/in. Daher kann jeder unabhängig von seiner Ausbildung oder einschlägigen Praxiserfahrungen, diese Bezeichnung führen. Die Studieninhalte der Ausbildungsinstitute sind nur teilweise miteinander vergleichbar.
Häufig werden baubiologische Dienstleistungen als Zusatzqualifikation angeboten:
- im Baubereich von Architekten, Bauingenieuren und Bauhandwerkern
- in der Elektrotechnik von Elektrotechnikern und Elektrikern
- im Gesundheitswesen bei Ärzten, Heilpraktikern
- in der Forschung (Chemie, Biologie, Physik)
Auch manche Wünschelrutengänger, Pendler und andere Anhänger von Parawissenschaften bezeichnen sich als Baubiologen. Seriöse Anbieter arbeiten mit wissenschaftlich anerkannten und reproduzierbaren Messmethoden und weisen ihre Sachkenntnis durch kontinuierliche Weiterbildung nach.
In Deutschland bietet u.a. das Institut für Baubiologie + Nachhaltigkeit IBN seit 1977 den staatlich zugelassenen "Fernlehrgang Baubiologie" an, seit Anfang 2015 auch als Online-Lehrgang.
In der Schweiz existiert seit 1992 eine Ausbildung mit eidgenössisch anerkanntem Fachausweis. Er wird von der Genossenschaft Bildungsstelle Baubiologie durchgeführt und stellt eine berufsbegleitende modulare Weiterbildung zum Thema Baubiologie dar. Bis heute haben rund 250 Personen die eidgenössische Fachprüfung abgeschlossen.
Siehe auch
Literatur
- Hubert Palm: „Das gesunde Haus“. Unser nächster Umweltschutz. Die biologische Bauordnungslehre in der Architectura perennis. Reichel, Kreuzlingen / Ordo, Konstanz 1979, 10. Auflage 1992, ISBN 978-3-87667-031-7 (Reichel) / ISBN 3-907213-03-3 (Ordo).
- Wolfgang Maes: Stress durch Strom und Strahlung. Institut für Baubiologie und Oekologie IBN, Neubeuern 2005, ISBN 3-923531-22-2.