Betriebszentrale (DB Netz)


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Datei:Frankfurt am Main- Betriebszentrale DB Netz des Regionalbereichs Mitte und Netzleitzentrale DB Netz- Haupteingang 9.1.2012.jpg
Das Gebäude in Frankfurt am Main, in dem die Betriebszentrale des Regionalbereichs Mitte sowie die Netzleitzentrale untergebracht sind.

Die Betriebszentrale (BZ) ist Teil eines noch in Erweiterung befindlichen, integralen Systems der DB Netz, das den Bahnbetrieb am jeweiligen Sitz der sieben Regionalbereiche in Bezug auf Steuerung, Sicherung und Disposition konzentrieren soll. Voraussetzung dafür sind elektronische Stellwerke, deren Technik das Einstellen der Fahrstraßen für Züge und Rangierfahrten über große Entfernungen hinweg ermöglicht.

In der Betriebszentrale laufen auch im Notfall alle Fäden zusammen. Die integrierte Notfallleitstelle verständigt alle relevanten Institutionen wie Feuerwehr, Polizei, Bundespolizei und Technisches Hilfswerk sowie den Notfallmanager.

In jeder der sieben Betriebszentralen steht darüber hinaus eine Betriebssimulation zur Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern an den Elektronischen Stellwerken zur Verfügung.<ref name="dbwelt-2007-10-10">Fahrdienstleiter üben für den neuen Job. In: DB Welt, Ausgabe Oktober 2007, S. 10.</ref>

Hintergrund

Bisher war und ist die Steuerung und Sicherung des Bahnbetriebes Aufgabe der Fahrdienstleiter in den Stellwerken der einzelnen Betriebsstellen. Zusätzlich sorgte die für einen größeren Bereich zuständige Betriebsleitung für einen flüssigen Betriebsablauf. Deren Disponenten waren den Fahrdienstleitern gegenüber weisungsberechtigt. Bis Ende der 1990er Jahre gab es dafür bei der Deutschen Bahn noch 15 regionale Betriebsleitungen, jeweils am Sitz der ehemaligen Bundesbahn- bzw. Reichsbahndirektionen. Die überregionale Disposition des Zugverkehrs oblag bis 1997 den beiden zentralen Betriebsleitungen in Mainz (DB) und in Berlin (DR).

Während die überregionale Disposition des Bahnbetriebes heute in der Netzleitzentrale in Frankfurt am Main, der Nachfolgeorganisation der beiden zentralen Betriebsleitungen, angesiedelt ist, sind die regionalen Dispositionsaufgaben der Betriebsleitungen auf die Betriebszentralen übergegangen. Nach ihrem vollständigen Aufbau werden alle regionalen Aufgaben der Steuerung, Sicherung und Disposition des Bahnbetriebes im Netz der Deutschen Bahn AG in den acht Betriebszentralen Berlin (Betriebszentrale Fernbahn im Bezirk Pankow und Betriebszentrale S-Bahn in der Halenseestraße), Duisburg, Frankfurt am Main, Hannover, Karlsruhe, Leipzig und München konzentriert sein. Zuglenker, örtlich zuständige Fahrdienstleiter und Disponenten, auch die der Leitstellen Transportleitungen von DB Fernverkehr AG, DB Regio AG und von DB Schenker AG steuern, sichern, überwachen und betreuen hier den regionalen Bahnbetrieb in enger Koordination und Kooperation. Mit ihnen zusammen arbeiten die mit der Überwachung, Instandhaltung und Entstörung technischer Fahrwegeinrichtungen betrauten Fachdienste, die ebenfalls der Betriebszentrale zugeordnet sind.

Geschichte

Als erster aus einer Betriebszentrale heraus gesteuerte Streckenabschnitt im Netz der Deutschen Bahn ging am Dezember 1995 der ausgebaute, 103 km<ref name="vde5-1995">Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche Einheit (Hrsg.): Projekt 5: Was bis Dezember passiert. 28. Mai 1995.</ref> lange Abschnitt zwischen Werder (Havel) und Magdeburg in Betrieb. Damit wurden 37 Stellwerke und 210 Mitarbeiter eingespart.<ref name="pbde-1995-5">Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche Einheit (Hrsg.): Schnelle Wege zwischen Magdeburg und Berlin. Sechsseitiges Leporello, Berlin, ca. 1995.</ref> Die DB hatte die Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche Einheit am 3. November 1993 mit der Planung einer Betriebszentrale beauftragt. Im Juli 1994 folgte der Auftrag, die erste Ausbaustufe der Betriebszentrale bis Dezember 1995 zu realisieren.<ref name="pbde-1995">Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche Einheit (Hrsg.): Nr. 5 erledigt. Broschüre, ca. 1995.</ref> Die Betriebszentrale Magdeburg ging am 17. Dezember 1995 in Betrieb.<ref name="pbde-1995-11-23">Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche Einheit (Hrsg.): Verkehrsprojekte Deutsche Einheit. Schienenwege. Schnelle Wege für morgen. Eine Information für den Verkehrsausschuß des Deutschen Bundestages. Gespräch mit Herrn Prof. Dr. S. Mängel, Sprecher der Geschäftsführung der Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche Einheit mbH (PB DE) am 23. November 1995 in der Parlamentarischen Gesellschaft Bonn. Bonn, 23. November 1995, ohne Seitennummerierung.</ref> Sie steuerte zunächst zwei Elektronische Stellwerke.<ref name="pbde-1995"/> 1996 regelte sie den Zugverkehr auf 256 km Länge.<ref name="infob-1996-1-7">Staaken im Mai, Potsdam im Dezember. In: Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche Einheit mbH (Hrsg.): Info-Brief, ZDB-ID 2668166-3, Heft 1/1996, S. 7.</ref>

Im Mai 1999 ging am Pfarrer-Perabo-Platz die Betriebszentrale Frankfurt am Main in Betrieb. Sie disponiert in der DB-Netz-Region Mitte täglich 6400 Züge auf 3685 Streckenkilometern (Stand: Mai 2009). Zur Betriebsaufnahme waren in der BZ Frankfurt rund 120 Mitarbeiter beschäftigt, Anfang 2009 waren es rund 225. Der erste Steuerbereich war der Knoten Frankfurt am Main, heute (Stand: Anfang 2009) sind es zwölf Steuerbezirke.<ref name="dbwelt-2009-05-m21">10 Jahre Betriebszentrale Frankfurt. In: DB Welt, Ausgabe Mai 2009, Regionalausgabe Mitte, S. 21</ref> Zuvor, ab Ende September 1998, wurden in einer Vorstufe bereits elf Stellwerke im Knotenbereich Frankfurt ferngesteuert (Bahnhofsbereich Frankfurt Hbf), die zuvor durch das Zentralstellwerk am Hauptbahnhof Frankfurt gesteuert worden waren. Dabei war geplant, bis etwa 2010 alle Strecken in Hessen aus der Betriebszentrale zu steuern.<ref name="eri-1999-12-2">Meldung Neue Betriebszentrale für Frankfurt/M. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 1/2, 1999, ISSN 1421-2811, S. 2.</ref>

Die Betriebszentrale Leipzig ging am 27. November 1999 in Betrieb. Ihr unterliegen 13 Steuerbezirke in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Teilen von Brandenburg (Stand: April 2014). Aus der Betriebszentrale Leipzig werden unter anderem die Knoten Leipzig Hauptbahnhof, Dresden Hauptbahnhof, Magdeburg Hauptbahnhof, Erfurt Hauptbahnhof und Chemnitz Hauptbahnhof gesteuert. Für 2015 ist der Anschluss des Hauptbahnhofs Halle (Saale) vorgesehen.

Im selben Gebäude ist die Zentrale Schaltstelle zur Steuerung und Überwachung des knapp 6000 km langen Oberleitungsnetzes der DB-Netz-Niederlassung Südost untergebracht.<ref name="db-2006-08">DB Netz AG (Hrsg.): Betriebszentrale Leipzig: Technologie mit Zukunft. Broschüre, Leipzig, August 2006, S. 7.</ref>

Ebenfalls 1999 ging die Betriebszentrale Hannover in Betrieb. Seit Dezember 2001 nimmt sie eine Notfallleitstelle auf. Aus der an der Lindemannallee gelegenen Betriebszentrale Hannover steuerten rund 240 Mitarbeiter Ende 2009 neun Stellwerke fern. Darunter Hannover Hauptbahnhof, Bremen Hauptbahnhof, Lübeck Hauptbahnhof und Kiel Hauptbahnhof.<ref name="dbwelt-2009-10-n23">Betriebszentrale Hannover ist der „Hüter der Pünktlichkeit“. In: DB Welt, Ausgabe Oktober 2009, Regionalteil Nord, S. 23.</ref>

Ebenfalls 1999 ging die Betriebszentrale Duisburg in Betrieb. Sie ging aus den ehemaligen Betriebsleitungen der Bundesbahndirektionen Köln und Essen hervor. 250 Mitarbeiter bedienen von hier aus 15 Elektronische Stellwerke in Nordrhein-Westfalen (Stand: 2009).<ref name="dbwelt-2009-11-w24">Betriebszentrale überwacht in NRW 2.500 Streckenkilometer. In: DB Welt, Ausgabe November 2009, Regionalteil West, S. 24.</ref>

Auswirkungen

Mit den Betriebszentralen hofft die DB Netz AG nicht zuletzt, die laufenden Kosten des Betriebes zu senken. Ob dieser Effekt jedoch wie erwartet eintritt, ist in der Fachwelt teilweise umstritten. Der Einsparung von Personal und den Vorteilen der Konzentration der Kräfte stehen hohe Kosten (beispielsweise für die Errichtung und Instandhaltung der Technik) und mangelnde Präsenz in der Fläche gegenüber. Im Störungsfall können sich so längere Entstörzeiten ergeben.

Nach dem Verkauf des BASA-Netzes, über das die Datenkommunikation der Betriebszentralen mit den Stellwerken anfangs abgewickelt wurde, fielen für die Dauerbelegung der Leitungen zunächst hohe Kosten an, sodass die Fernsteuerung teurer als bei örtlich besetzten Betriebsstellen ausfiel.<ref name="eri-2000-428">Meldung Teure Fernsteuerzentralen. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 10/2000, ISSN 1421-2811, S. 428.</ref> Im Jahr 2002 kaufte die Deutsche Bahn das Netz zurück und betreibt es seitdem selbst.

Vorteile ergeben sich hingegen beispielsweise auch für Strecken, die im ortsgestellten Betrieb aufgrund hoher Personalkosten eine nächtliche Betriebsruhe hatten. Sie können nach dem Anschluss an die Zentrale ohne erhebliche zusätzliche Kosten auch für nächtliche Umleitungen oder Nachtgüterverkehr genutzt werden.

Per Bescheid vom 25. Februar 2010<ref name="bt-17-8525"/> verpflichteten Eisenbahn-Bundesamt und Bundesnetzagentur die Deutsche Bahn, ihre Betriebszentralen mit Wirkung ab 1. September interessierten Wettbewerbern zu öffnen, nachdem diesen zuvor der Zugang zu den Betriebszentralen verwehrt worden war. Dadurch sollen insbesondere bisherige Wettbewerbsnachteile der DB-externen Eisenbahnverkehrsunternehmen begrenzt werden.<ref name="eba-2010-06">Eisenbahn-Bundesamt: DB Netz AG muss Betriebszentralen auch für externe Eisenbahnverkehrsunternehmen öffnen. Presseinformation 06/2010 vom 26. Februar 2010</ref><ref name="bn-2010-02-26">Bundesnetzagentur: Wettbewerber des DB-Konzerns erhalten Zugangsmöglichkeit zu Betriebszentralen. Presseinformation vom 26. Februar 2010.</ref> Gleichzeitig stellte die Bundesnetzagentur fest, dass die DB Netz AG verpflichtet ist, nach § 14c AEG unangekündigte Amtsermittlungen zur Überprüfung, ob derartige Ungleichbehandlungen vorliegen, zu dulden und nicht zu behindern. DB Netz und die Eisenbahnverkehrsunternehmen der DB hatten gegen diesen Bescheid zunächst Widerspruch eingelegt, diesen später jedoch wieder zurückgezogen.<ref name="bt-17-8525">Deutscher Bundestag (Hrsg.): Tätigkeitsbericht 2010 der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen für den Bereich Eisenbahnen gemäß § 14b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes und Stellungnahme der Bundesregierung (PDF-Datei; 1,4 MB). Drucksache 17/8525 vom 30. Januar 2012, S. 31–32.</ref>

Einzelnachweise

<references/>en:Area Signalling Centre