Bobby Timmons


aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Wechseln zu: Navigation, Suche

Robert Henry „Bobby“ Timmons (* 19. Dezember 1935 in Philadelphia, Pennsylvania; † 1. März 1974 in New York City, New York) war ein amerikanischer Jazzpianist und Komponist. Er ist bekannt für seine Mitarbeit bei Blakeys Jazz Messengers und als Komponist von Moanin', Dat Dere und This Here, jedes ein typisches Beispiel für seinen Gospel verarbeitenden Stil.

Anfänge

Timmons war Sohn eines Pfarrers.<ref name="Grove">Barry „Timmons, Bobby“ Kernfeld: The New Grove Dictionary of Jazz. (2. Auflage). Grove Music Online. Oxford Music Online. Oxford University Press. abgerufen am 29. Juli 2013. (Login erforderlich.)</ref> Beide Eltern sowie mehrere Onkel und Tanten spielten Klavier.<ref name="Comp" /> Sein Onkel Robert Habershaw gab ihm früh Unterricht, dieser unterrichtete auch McCoy Tyner.<ref name="Comp" /><ref>Taylor, Leon (June 5, 2000) „Elsie Wright Loved Kids, Fussed at Their Noisy Play“ philly.com</ref> Nach der Highschool gewann er ein Stipendium der Philadelphia Musical Academy.<ref name="Comp" /> Er spielte Orgel in der Kirche, was sein späteres Jazzspiel beeinflusste.<ref name="Grove" /> Erste professionelle Auftritte begannen im örtlichen Umfeld<ref name="Feather" /> und mit Rhythm and Blues bei den Trenier Twins.

Karriere

Timmons zog 1954 nach New York City<ref name="Grove" />; er spielte 1956 mit Kenny Dorhams Jazz Prophets<ref name="Feather" />, mit dem er auf einer Liveaufnahme im Mai sein Plattendebut gab. 1956/57 spielte er mit Chet Baker (Scott LaFaro war Teil der Band)<ref>Williams, Martin (1992) Jazz Changes, S. 108. Oxford University Press.</ref>, 1957 mit Sonny Stitt und mit Maynard Ferguson von 1957–1958. Timmons einjährige Zusammenarbeit 1956–1957 mit Baker ist auf dem Album Chet Baker Big Band festgehalten.<ref name="jc">jazz.com</ref> Für Stitt erschien er 1957 auf Personal Appearance und für Curtis Fuller auf The Opener. 1957 spielt er auf Hank Mobleys Album Hank. Auf Lee Morgans Album The Cooker spielt er bei Lover Man mit.<ref name="jc" />

In den späten 1950er-Jahren zog er mit Lee Morgan gemeinsam in ein Apartment, und die beiden kauften sich ein Klavier, worauf Timmons übte und Morgan an Kompositionen arbeitete<ref name="JSM">McMillan, Jeffery S. (2008) DelightfuLee: the Life and Music of Lee Morgan, University of Michigan Press.</ref>:88.

Zu den Jazz Messengers von Blakey gehörte er erstmals von Juli 1958 bis September 1959, wobei er im November und Dezember 1958 auch auf Europatournee war. Dann schloss er sich 1959 Cannonball Adderley an.<ref name="Grove" /> Während dieser Zeit wurde Timmons als Komponist bekannt. Der Encyclopedia of Jazz zufolge waren seine Kompositionen Moanin’, This Here und Dat Dere wegbereitend, um den gospelgefärbten Soul Jazz-Stil der späten 1950er- und frühen 60er-Jahre zu entwickeln<ref name="Grove" /><ref name="Feather" />:646. Nach Billy Taylor hatte er dabei Carl Perkins als Vorgänger.<ref>Billy Taylor, Jazz Piano</ref>

Moanin’ schrieb er bei Blakey, die anderen Titel bei Adderley.<ref name="All">Vladimir Bogdanov, Chris Woodstra, Stephen Thomas Erlewine (Hrsg.): The All Music Guide to Jazz. (2002) S. 1245. Backbeat Books.</ref> This Here war ein Überraschungshit der Liveaufnahme The Cannonball Adderley Quintet in San Francisco, und die Band sah sich, nachdem sie von einer Tour nach New York zurückkehrte, einer großen Menge Publikum im Village Gate gegenüber, wo sie zu spielen hatte.<ref name="Dis">Sheridan, Chris (2000) Dis Here: a Bio-Discography of Julian „Cannonball“ Adderley, S. 81–83. Greenwood Press.</ref>

Angeblich verließ Timmons Adderley, weil er sich über das wenige Geld nach dem Überraschungshit This Here (Dis Here) enttäuscht gezeigt hatte, und Art Blakey ihm mehr bot.<ref name="Dis" /><ref name="Grove" />

Auf dem Messengers-Album A Night In Tunisia kann man erstmals Wayne Shorter mit den Messengers und Timmons hören bei dessen Komposition So Tired.<ref name="jc" /> Sein Titel Dat Dere wurde erstmals 1960 von Blakey mit den Messengers auf dem Album The Big Beat eingespielt. Timmons spielt es ebenfalls auf Bobby Timmons Trio in Person.<ref name="jc" />

Nachdem er Blakey ein zweites Mal verlassen hatte, bildete er eigene Bands, zuerst mit Ron Carter am Bass und Tootie Heath am Schlagzeug<ref>Walker, Jesse H. (September 30, 1961) „Theatricals“ New York Amsterdam News, S. 19.</ref>. 1963 spielte Timmons mit Lewis Powers am Bass und Roy McCurdy am Schlagzeug.<ref>John Pagones: (25. Januar 1963) „Timmons Holds Sway at Jazz Mecca“ The Washington Post, S. B13.</ref> Ein Rezensent der Washington Post beschrieb ihn als abenteuerlustig und beweglich. Da er aber weniger befähigte Musiker anstellte, bestätigte er auch einen Mangel an Leidenschaft.<ref>John Pagones: (12. März 1965) „Cocktail Lounges Come into Their Own“ The Washington Post, S. B15.</ref>

Obwohl Blakey ihn mit den anderen der Band als „gentleman“ <ref>Interview Auf The Art of Jazz, In + Out, 1989</ref> bezeichnete, verfolgte und behinderte ihn seine Sucht soweit, dass er bei einigen Aufnahmen als Sideman, so mit Nat Adderley, nicht auf allen Tracks zu hören ist.<ref>Mathieson, Kenny (2012) Cookin': Hard Bop and Soul Jazz 1954–1965 Canongate Books.</ref> Das Album kam dann mit zwei Stücken ohne Klavier, zweien mit Wes Montgomery als Springer und dem Stück Fallout heraus.

Spätere Aufnahmen, gewöhnlich im Trio oder Quartett folgten; 1967 spielt er mit Tom McIntosh im Nonett (Got to Get It!).<ref name="All" /> Mitte der 1960er-Jahre begann er Vibraphon zu spielen.<ref name="Feather" /> Obwohl er ab und zu auf der Orgel spielte, gibt es davon nur eine Aufnahme – eine Version von Moanin’ 1964 auf From the Bottom.<ref name="All" /> Dieses Album, das Richard Cook als „exzellent“ bewertete, wurde von Prestige Records jedoch erst nach seinem Tod veröffentlicht.<ref>R. Cook: Jazz Encyclopedia, S. 621.</ref>

Timmons’ Karriere verlief in den 1960er-Jahren schnell bergab, teilweise wegen seines Drogenmissbrauchs<ref name="GG">Gary Giddins: (7. März 1974) „Bobby Timmons, 1935–1974“ The Village Voice. S. 45, 50.</ref>, und teilweise angeblich auch wegen seiner Frustration, als Komponist und Spieler simpler Musikstücke bezeichnet zu werden.<ref name="Grove" /> 1967 nahm er für Milestone Records auf <ref>West, Hollie I. (November 5, 1967) „A Disc Company Fights the Trend“ The Washington Post, S. K4.</ref> und spielte 1969 in einem Quartett von Sonny Red<ref>West, Hollie I. (July 3, 1969) „Sparkling Jazz Group“ The Washington Post, S. C6.</ref> und in einem Trio, das Etta Jones begleitete.<ref>West, Hollie I. (July 21, 1969) „Great Jazz of Etta Jones“ The Washington Post, S. B6.</ref>

Er war auch an Plattenaufnahmen mit Art Farmer, Pepper Adams, J. J. Johnson und Kenny Burrell beteiligt. Im März 1974, nach einem Monat Krankenhausaufenthalt, starb Timmons mit 38 Jahren an Leberzirrhose.<ref name="Feather">Feather, Leonard and Gitler, Ira (1999) The Biographical Encyclopedia of Jazz, pp. 646–647. Oxford University Press.</ref><ref name="NYT74">„Bobby Timmons, 38, Jazz Pianist, Dead“ (March 2, 1974) New York Times, S. 34.</ref> Er wurde in Philadelphia begraben. Mit seiner Frau Estelle hatte er, ebenfalls Bobby genannt, einen Sohn.<ref name="NYT74" />

Stil und Komposition

Timmons ist bekannt für seine Blockakkorde: einen Stil, in dem die rechte Hand Melodien entwirft, und die linke mit dem Rhythmus der rechten mitgeht, allerdings die Stimmführung außer zu Akkordwechseln nicht ändert.<ref name="Champ">Fulton, Champian (September 2011) „The Transcendent Aesthetics of the Block Chord Language“ Down Beat, S. 60.</ref> In seinem teils reduzierten oder mal wuchtigen Klavierspiel finden sich Einflüsse von Art Tatum und Bud Powell, die er zugunsten von Blockakkorden Red Garlands reduzierte, und die er rhythmisch härter und prägnanter spielte.<ref name="Champ" /> Ein schönes Beispiel ist sein gesamter Chorus bei dem Stück Come Rain or Come Shine, charakterisiert durch einen F-Dur f-moll Wechsel, auf dem Album Moanin', hier wird auch deutlich, dass diese Akkorde durchkomponiert sind und eher variiert werden, als völlig neu improvisiert, und Spontaneous Combustion auf Cannonball Adderley Quintet in San Francisco.

Bobby Timmons bringt die Verminderten seiner Blockakkorde bei der Veränderung der Akkorde in der linken Hand, dabei kann er die Melodie in der rechten bedeutend einfacher lassen und über Bluestonleitern mit verminderter Quinte improvisieren, die sich auch in allereinfachster Form mit den allfällig auftretenden verminderten Akkorden reiben. Zudem spielt er die Begleitung eine Oktave „zu tief“ um das kleine c statt um das eingestrichene c'.<ref>Online lessons bei Geoff Keezer, kostenpflichtig</ref> Außerdem oktaviert Timmons große Sekunden, die Oktavparallelen klanglich verschleiern und mit chromatischen Zwischentönen noch auffälliger gestaltet werden können.

Einerseits bemerkt Scott Yanow, Timmons habe sich stilistisch nicht von dem entfernt, was er bis 1960 entwickelt hatte.<ref>Yanow, Scott (2003) Jazz on Record: the First Sixty Years , S. 487. Backbeat Books.</ref> Gleichzeitig hebt er Facetten von Timmons' Spiel hervor: Großartige, von Bud Powell inspirierte Balladen, seine reinen, genauen unsentimentalen langen Linien.<ref name="GG" />:50 Funkaspekte in Timmons Spiel beeinflussten Pianisten wie Les McCann, Ramsey Lewis, und Benny Green.<ref>Yanow, Scott AllMusic sowie Brian Priestley Jazz Rough Guide</ref>

Er leitete sein eigenes Trio, mit dem er im Januar 1960 ins Studio ging und für Riverside Records aufnahm; „er präsentierte sich als Soul Man mit boppenden, teilweise klassischen Ambitionen. Billy Strayhorns Lush Life und das Intro zu My Funny Valentine gestaltete Timmons als emotionstrunkene Demonstrationen seiner harmonischen Kompetenz“, schrieb Ralf Dombrowski über sein Debütalbum.

Timmons' 1963er Spiel mit Lewis Powers am Bass und Roy McCurdy am Schlagzeug wurde von einem Rezensenten der Washington Post beschrieben als „flexibel, beweglich und abenteuerlustig … über alles breitet sich ein Glanz von Kirchenmusik und Spirituals“.<ref>John Pagones: Timmons Holds Sway at Jazz Mecca. In: The Washington Post. vom 25. Januar 1963, S. B13.</ref>

Timmons empfand sich nicht besonders als Komponist: „Ich bin als Komponist ein Dilettant. Ich habe mich nie bewusst hingesetzt und versucht, einen Song zu schreiben.“<ref name="Comp">John Pagones: (16. Februar 1964) „Timmons Shuns Composer Role“ The Washington Post. S. G4.</ref> Er beschreibt seine Methode, einen neuen Song zu schreiben, indem er pfeift, mit Noten herumspielt, oder im Club sagt er einem Musiker diese Note zu spielen, dem anderen jene, und sie spielen sich das zu.<ref name="Comp" /> Den Impuls Moanin’ auszuschreiben, bekam er von Benny Golson, der ihn aufforderte, für den A-Teil, den er bei Blakey zwischen den Nummern einschob, eine Bridge zu schreiben.

Timmons entwickelte ein Call-and-Response-Prinzip, bei dem das Klavier den Anrufer und die Combo den Chor bildet.<ref name="kunzler">Martin Kunzler, Jazz-Lexikon, S. 1181 f.</ref>

Die Qualität seiner Aufnahmen schwankt sowohl ton-<ref>Cannonball Adderley Live in San Francisco</ref> und instrumententechnisch<ref>Das Klavier auf Easy Does It ist verstimmt.</ref> als auch bezüglich der Inspiration und Leidenschaft<ref name="rough">Ian Carr, Digby Fairweather, Brian Priestley: Rough Guide Jazz. Metzler, Stuttgart 1999.</ref> Nicht alle Aufnahmen sind repräsentativ für sein Können. Beachtenswert ist schließlich sein besonderer üppiger Verzierungsstil<ref>beobachtbar aus einem Vergleich mit dem Vorbild Bud Powell</ref>, der dauerhaft swingende Impulse setzt und die Time bestätigt.

Diskografie (Auswahl)

mit Art Blakey
  • Moanin’ (Blue Note; 1958)
  • Paris Live Olympia 1958 (Fontana, 1958)
  • At The Jazz Corner Of The World (Blue Note, 1959)
  • A Night in Tunisia; darauf So Tired
  • The Big Beat (Blue Note, 1960), darauf erstmals Dat Dere
als Bandleader
  • This Here Is Bobby Timmons (1960), mit Sam Jones (b), Jimmy Cobb (dr)
  • Soul Time (1960)
  • Easy Does It (1961)
  • The Bobby Timmons Trio in Person (OJC, 1961)
  • Street and Soulful Sounds (1962)
  • Born to be Blue! (1963)
  • Workin’ Out (Prestige, 1964–1966)
  • From the Bottom (OJC, 1964)
  • Quartets And Orchestra (Milestone, 1967–1968)
als Sideman
  • Chet Baker: Chet Baker and Crew, 1956
  • Cannonball Adderley: The Cannonball Adderley Quintet in San Francisco, 1959 (mit This Here)
  • Nat Adderley: Work Song, 1960, mit Wes Montgomery
  • Lee Morgan: The Cooker, blue note, 1958

Literatur

Lexikalische Einträge

Einzelnachweise

<references />

Weblinks