Dantons Tod


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25px Dieser Artikel behandelt das Drama von Georg Büchner; zu der Oper von Gottfried von Einem siehe Dantons Tod (Oper).
Daten
Titel: Dantons Tod
Originalsprache: Deutsch
Autor: Georg Büchner
Erscheinungsjahr: 1835
Uraufführung: 5. Januar 1902
Ort der Uraufführung: Belle-Alliance-Theater in Berlin
Ort und Zeit der Handlung: 24. März bis 5. April 1794
Personen

Dantons Tod ist ein Drama in vier Akten von Georg Büchner. Es wurde von Mitte Januar bis Mitte Februar 1835 geschrieben. Im selben Jahr erschien eine von Karl Gutzkow herausgegebene Fassung im Literatur-Blatt von Eduard Dullers Phönix. Frühlings-Zeitung für Deutschland und eine Buchfassung mit dem von Duller zur Beschwichtigung der Zensur erdachten Untertitel Dramatische Bilder aus Frankreichs Schreckensherrschaft beim Phönix-Verlag Johann David Sauerländers. Das Stück ist damit das einzige von Büchners Dramen, das noch zu seinen Lebzeiten veröffentlicht wurde – wenn auch in stark zensierter Fassung. Die Uraufführung fand erst am 5. Januar 1902 im Berliner Belle-Alliance-Theater als Produktion des Vereins Neue Freie Volksbühne statt, da das Stück lange Zeit als unspielbar galt. Außerdem gibt es eine von Gottfried von Einem komponierte Opernfassung.

Historischer Hintergrund

Den historischen Hintergrund des Stückes bildet die Französische Revolution, so dass zumindest eine grobe Übersicht über den Verlauf der Revolution und ein Verständnis der darin handelnden politischen Gruppierungen und der zwischen ihnen auftretenden Konflikte für das Verständnis des Dramas notwendig sind. Der eigentliche Handlungsrahmen des Dramas umfasst dabei nur eine kurze Zeitspanne vom 24. März bis zum 5. April 1794, mithin einen Höhepunkt der so genannten Schreckensherrschaft, in welche die Revolution gemündet war.

Wichtig zum Verständnis des Dramas ist der Konflikt zwischen den verschiedenen politischen Fraktionen, die sich im Verlauf der Revolution immer mehr verfeindet hatten. In der Nationalversammlung hielten zunächst die eher gemäßigten Girondisten, auch „Talpartei“ genannt, die Mehrheit. Sie waren zur Kooperation mit dem König bereit. Eine andere Fraktion, die Jakobiner, auch „Bergpartei“ genannt, strebte eine weitaus radikalere Veränderung der Gesellschaft an und forderte die Einführung der Republik. Führer der Jakobiner waren vor allem Robespierre, Marat und Danton, wobei letzterer – im Gegensatz zu Robespierre – der jakobinischen Sektion der Cordeliers angehörte, zu deren führenden Köpfen auch Chaumette, Desmoulins und Hébert zählten. Letzterer wiederum stand einer radikal linken Fraktion (den Hébertisten) vor, die eine Abschaffung des Eigentums und der Religion forderten und damit weit über das Ziel der anderen Jakobiner hinausschossen. Trotz ihrer Überzahl konnten sich die girondistischen Abgeordneten nicht gegen die Jakobiner und die öffentliche Meinung durchsetzen; sie konnten weder die Verhaftung des Königs noch das Einsetzen eines „provisorischen Vollzugsrats“ zur Entmachtung der Versammlung verhindern und auch nicht die von Marat angetriebenen und von Danton als Justizminister geduldeten Septembermorde an über tausend politischen Gefangenen (insbesondere Royalisten) aufhalten. Nach der am 21. Januar 1793 auf Veranlassung des Nationalkonvents vollzogenen Hinrichtung Ludwigs XVI. war auf Antrag Dantons am 6. April der so genannte Wohlfahrtsausschuss gebildet worden, der fortan die Exekutivgewalt im Staat ausübte. Ein Revolutionstribunal, das am 10. März 1793 eingerichtet worden war, übernahm die Gerichtsbarkeit insbesondere im Hinblick auf die „politischen Vergehen“ der Beschuldigten. Freispruch oder Tod waren die einzigen Urteilsmöglichkeiten; die Gesamtzahl der während der Schreckensherrschaft Hingerichteten wird auf 40.000 Menschen geschätzt.

Im Frühjahr des Jahres 1793 kam es zu Aufständen der Girondisten in den Départements, die niedergeschlagen wurden und denen die Verhaftung und Hinrichtung von 32 führenden girondistischen Konventsmitgliedern folgte. Innere und äußere Bedrohungen (gravierende wirtschaftliche Probleme, Hungersnöte, Aufstände der Royalisten und Girondisten, innere Zerstrittenheit der revolutionären Kräfte, Krieg gegen Österreich und Preußen) verschärften die Lage der Republik. Die zunächst als provisorisch gegründete Regierung aus Nationalkonvent und Wohlfahrtsausschuss blieb, nach einer Weigerung des Konvents eine demokratische Verfassung zu verabschieden, an der Macht. Im Juli 1793 wurde der Jakobiner Marat von Charlotte Corday ermordet. Im selben Monat war Danton aus dem Wohlfahrtsausschuss abberufen worden, andererseits waren Robespierre und später auch Collot d’Herbois und Billaud-Varenne in den Ausschuss gewählt worden. Wohlfahrtsausschuss und Nationalkonvent bekannten sich nun öffentlich zur „Schreckensherrschaft“, die Welle von Hinrichtungen (unter anderem weiterer Girondisten, aber auch der ehemaligen Königin Marie Antoinette) dauerte an.

Im Zusammenhang mit einer Korruptionsaffäre fiel der Verdacht auf mehrere Anhänger Dantons und auch auf ihn selbst. Im November 1793 forderten Danton und der Vieux Cordelier – die Zeitschrift Camille Desmoulins’ – ein Ende der Schreckensherrschaft, was Robespierre aber entschieden ablehnte. Stattdessen ließ Robespierre am 24. März 1794 Hébert und seine Anhänger festnehmen und exekutieren.

Hier setzt nun die Handlung von Büchners Drama ein. Nachdem sowohl die gemäßigten Girondisten als auch die radikalen Hébertisten beseitigt sind, stehen nur noch die - in der neuen politischen Landschaft als gemäßigter zu betrachtenden - Dantonisten (oder Indulgenten) mit ihrem Ruf nach einem Ende der Schreckensherrschaft Robespierre im Weg. Die Konfrontation zwischen diesen beiden Gruppierungen innerhalb der Jakobiner kann auch durch eine Unterredung zwischen Danton und Robespierre am 19. März 1794 nicht mehr beseitigt werden; mit der Zustimmung des Konvents lässt Robespierre in der Nacht vom 30. auf den 31. März Danton und seine Vertrauten (Desmoulins, Lacroix, Philippeau und andere) verhaften und vor das Revolutionstribunal bringen; am 5. April werden sie hingerichtet. Den weiteren Verlauf der Revolution zeigt Büchner nicht mehr; der anschließende Sturz Robespierres und seine am 28. Juli 1794 erfolgte Guillotinierung werden nur in Vorausahnungen Dantons angedeutet.

In weiten Teilen des Dramas hält Büchner sich an historische Vorlagen und Quellen, fast ein Sechstel des Textes besteht aus wörtlichen oder nur leicht veränderten historischen Zitaten, die allerdings durch die Montage in das Drama oft aus dem Kontext gerissen sind: „Insgesamt ist es aber die selektive, kritische Adaption der Quellen und historischen Diskurselemente, die dem Text den Wirklichkeitsanspruch eines ‚geschichtlichen Gemäldes‘ und zugleich seinen Rang als Kontrafaktur der Historiographie verleiht.“<ref>Gerhard P. Knapp: Georg Büchner. Metzler, Stuttgart 2000, S. 99.</ref> Auffälligste Abweichungen von den tatsächlichen historischen Gegebenheiten betreffen die Figuren der Julie (im Drama Dantons Gattin) und Lucile (Camille Desmoulins’ Frau), deren Schicksale Büchner aus Gründen der Dramaturgie, insbesondere im Fall von Julie, radikal umschreibt. Die reale Gattin Dantons (Sebastienne-Louise Gely) beging nicht etwa Selbstmord, sondern überlebte ihren Mann (und auch Georg Büchner selbst) um Jahrzehnte, heiratete 1797 erneut und starb erst 1856.<ref name="books-SjwQ-naf9R4C-195">Uwe Schütte: Die Poetik des Extremen. Vandenhoeck & Ruprecht, 2006, ISBN 978-3-525-20845-8, S. 195. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche</ref>

Literarische Epoche

Büchners Werk ist dem Vormärz, den Jahren vor der Märzrevolution von 1848, zuzurechnen. Das Ziel der politisch liberal orientierten Dichter in dieser Zeit war es, die Literatur von einer wirklichkeitsabgewandten Scheinexistenz wieder zu einem wirksamen Organ des gesellschaftlichen Lebens zu machen, das vor allem der politischen und sozialen Erneuerung zu dienen habe („Seine höchste Aufgabe ist, der Geschichte, wie sie sich wirklich begeben, so nah, als möglich zu kommen. Sein Buch darf weder sittlich noch unsittlich sein,…“(Brief Georg Büchners, 28. Juli 1835)). Sie waren Gegner der Romantik und politischen Restauration. Sie kämpften gegen Konvention, Feudalismus und Absolutismus, traten ein für die Freiheit des Wortes, für die Emanzipation des Individuums, auch der Frauen und der Juden, und für eine demokratische Verfassung. Sie schufen eine Tendenz- und Zeitdichtung, das heißt eine Dichtung, die sich mit den Problemen der damaligen Zeit auseinandersetzt und für liberale politische Ideen engagiert. Georg Büchner vertritt die Auffassung, „dass der dramatische Dichter an die Realität gebunden ist. Seine Aufgabe ist es, der tatsächlichen Geschichte so nah wie möglich zu kommen, und indem er sie ein zweites Mal erschafft, seine Leser in eine andere Zeit hineinzuversetzen.“ Dabei lässt sich Büchners Abneigung gegenüber den anderen Dichtern seiner Zeit beobachten, indem er sich dem Idealismus seiner Zeit kritisch entgegenstellt.

Inhalt

1. Akt

Im ersten Akt des Dramas werden drei Interessengruppen innerhalb der Revolution vorgestellt, deren Ziele und Visionen unterschiedlich, oft sogar gegenläufig sind (Dantonisten, Robespierristen und das Volk). Die zwei Revolutionsführer Danton und Robespierre haben verschiedene Ansichten über den Fortgang der Revolution. Danton – der als neureicher und einflussreicher Bürger zu den Gewinnern der Revolution zählt – wird bereits in der ersten Szene als dekadenter Lebemann dargestellt, der seine Zeit mit Kartenspiel und in Bordellen verbringt. Die politischen Vorstellungen der Dantonisten aber sind liberal und tolerant, sie fordern nicht nur ein Ende der Schreckensherrschaft, sondern auch einen liberalen Staat:

„Die Revolution muß aufhören und die Republik muß anfangen. In unsern Staatsgrundsätzen muß das Recht an die Stelle der Pflicht, das Wohlbefinden an die der Tugend und die Notwehr an die der Strafe treten. Jeder muß sich geltend machen und seine Natur durchsetzen können. Er mag nun vernünftig oder unvernünftig, gebildet oder ungebildet, gut oder böse sein, das geht den Staat nichts an.“ (Hérault, I,1)

Allerdings wird schon in der darauffolgenden Szene klar, wie utopisch diese Forderungen sind. Der Leser oder Zuschauer wird Zeuge einer tragikomischen Szene, in der ein betrunkener Bürger in Wut und Verzweiflung beklagt, dass sich seine Tochter prostituieren muss, um ihre Familie ernähren zu können. Hier wird die Lage des einfachen Volkes deutlich, das weit von der „Selbstverwirklichung“ und dem „Genussleben“ der dekadenten Dantonisten entfernt ist und wie eh und je Hunger leidet. In diese Szene tritt die dritte Partei in Form von Robespierre auf, dem das Volk die bewundernden Beinamen „der Tugendhafte“ und „der Unbestechliche“ verleiht. Anders als die Dantonisten sieht er die Not des Volkes, ohne ihr aber abhelfen zu können; er propagiert die revolutionäre Tugend, das heißt die völlige persönliche Uneigennützigkeit und Hingabe an die Sache der Revolution. Dementsprechend wird bereits in seiner ersten Rede ein beängstigender Fanatismus offenbar; seine Antwort auf den Hunger des Volkes erschöpft sich im Aufruf zu mehr Gewalt und härteren Maßnahmen; er will mit Hilfe der Blutherrschaft durch die Guillotine einen „tugendhaften Staat“ errichten. Unvermeidlich scheint bereits jetzt eine Kollision zwischen den unvereinbaren Positionen der Anhänger Dantons und Robespierres. Hier stoßen nicht nur zwei Staatsentwürfe, sondern auch zwei revolutionäre Forderungen aufeinander: Wie viel Freiheit darf der Gleichheit, wie viel Gleichheit der Freiheit geopfert werden? Nachdem Legendre vorlaut die Gegenrevolution beim Konvent verkündet, hält Robespierre eine aufpeitschenden Rede, durch die er den Nationalkonvent für eine Fortsetzung, gar Verschärfung der Schreckensherrschaft, gewinnt. Die Dantonisten fürchten um ihre Sicherheit. Danton willigt auf Bitten seiner Freunde in ein Treffen mit Robespierre ein, das jedoch ergebnislos verläuft. Robespierre aber, durch Danton moralisch aus der Fassung gebracht, beschließt daraufhin den Tod Dantons und seiner Anhänger, indem er sich selbst von der Notwendigkeit dessen überzeugt, dass nur so die Revolution gerettet werden könne.

2. Akt

Nachdem Danton seine Verhaftung akzeptiert (II,3) und die von ihm begonnene Revolution als gescheitert ansieht (II,2), drängen ihn seine Verbündeten zum Handeln (II,1) oder zumindest zur Flucht vor den Jakobinern, welche er zunächst in Angriff nimmt. Jedoch ist er von Weltmüdigkeit, Fatalismus und Resignation zerfressen und kann sich zu keinem Handeln motivieren; zudem will er Frankreich nicht verlassen Litera/Random House Audio, Preiser Records, Wien 2003.

Verfilmungen

Ausgaben

  • Werke und Briefe. Münchner Ausgabe. Hrsg. v. Karl Pörnbacher, Gerhard Schaub, Hans-Joachim Simm, Edda Ziegler. 8. Auflage. Hanser, München 2001 [1. Aufl. 1980], ISBN 3-423-12374-5, S. 67–133. [Leseausgabe mit recht knappem Kommentar; verschiedene Taschenbuchausgaben.]
  • Schriften und Briefe. Dokumente. Hg. von Henri Poschmann unter Mitarb. von Rosemarie Poschmann. Bd. 1. (= Bibliothek Deutscher Klassiker. Band 84). Deutscher Klassiker Verlag, Frankfurt am Main 1992, ISBN 3-618-60090-9, S. 11–90 (Text), 426–583 (Kommentar). [Leseausgabe mit umfangreichem Kommentar.]
  • Sämtliche Werke und Schriften. Bd. 3 in 4 Teilbänden: Danton’s Tod. Marburger Ausgabe. Hg. von Burghard Dedner und Thomas Michael Mayer. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2000, ISBN 3-534-14520-8. [Historisch-kritische Ausgabe mit Kommentarband.]
  • Dantons Tod. Ein Drama. (= RUB. Nr. 6060). Reclam, Stuttgart 2002 [u. ö.], ISBN 978-3-15-006060-5. [Schulausgabe in neuer Rechtschreibung auf der Grundlage der historisch-kritischen Ausgabe.]
  • Dantons Tod. Ein Schauspiel, mit Materialien, ausgewählt von Hans Ulrich Staiger. Klett, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-12-352435-6. [Schulausgabe.]
  • Dantons Tod. Ein Drama. [Hg. von F. Bruckner und K. Sternelle.] (= Lesehefte. Band 113). Hamburger Lesehefte Verlag, Husum 2008. [Schulausgabe in neuer Rechtschreibung mit Anmerkungen, einigen Briefen Büchners und einem Nachwort.]

Literatur

Kurze Orientierungen

Lektürehilfen

  • Gerald Funk: Erläuterungen und Dokumente Georg Büchner Dantons Tod, nach der Historisch-kritischen Marburger Ausgabe. (= RUB. Nr. 16034). Reclam, Stuttgart 2000 [u. ö.].
  • Wilhelm Große: Lektüreschlüssel für Schüler Georg Büchner Dantons Tod. (= RUB. Nr. 15344). Reclam, Stuttgart 2005.
  • Arnd Beise: Georg Büchner Dantons Tod. (= Schroedel Interpretationen. Band 17). Schroedel, Braunschweig 2011.
  • Hansjürgen Popp: Lektürehilfen Georg Büchner Dantons Tod. Klett, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-12-923073-2.
  • Beate Herfurth-Uber: "Dantons Tod, Hören & Lernen, Wissen kompakt in 80 Minuten", mit Schlüsselszenen einer Inszenierung am Theater Plauen-Zwickau, Interviews mit dem Historiker Prof. Axel Kuhn und dem Regisseur Matthias Thieme. MultiSkript Verlag, 2010, ISBN 978-3-9812218-7-9. Audio-CD

Sonstiges

  • Karl Eibl: „Ergo todtgeschlagen“. Erkenntnisgrenzen und Gewalt in Büchners ‚Dantons Tod‘ und ‚Woyzeck‘. In: Euphorion 75 (1981), S. 411–429.
  • Gerhard P. Knapp: Georg Büchner. 3. Auflage. Metzler, Stuttgart 2000, ISBN 3-476-13159-9.
  • Riitta Pohjola-Skarp: Danton's Tod von Georg Büchner. Revolutionsdrama als Tragödie. Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 2014, ISBN 978-3-631-65600-6.

Siehe auch

Weblinks

Wikisource Wikisource: Georg Büchner – Quellen und Volltexte
Commons Commons: Dantons Tod – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

<references />