Eburonen
Inhaltsverzeichnis
Lokalisierung
Das Gebiet der Eburonen lag zwischen Rhein, Maas, Rheinland, Nordardennen und Eifel. Das Verbreitungsgebiet eburonischer Münzen aus den Jahren 55/54 v. Chr. lässt die Annahme zu, dass das eburonische Gebiet bis in die Gegend von Brüssel reichte<ref>Heinrichs, Verwicklung, S. 289</ref>. Sie waren Klienten des südlicher lebenden Stammes der Treverer, aber (bis zu dessen Niederlage gegen Caesar 57 v. Chr.) auch dem westlich an der Maas lebenden Stamm der Aduatuker zu ständiger Tributzahlung und Geiselstellung verpflichtet.<ref>b. Gall. V, 27</ref>
Zusammen mit den Condrusern, Caerosern und Paemanen bildeten sie einen Stammesverbund, den Caesar als linksrheinische Germanen bezeichnet.<ref>b. Gall. II 4</ref> Caesar bezeichnet das "castellum" Atuatuca<ref>b. Gall. VI, 32</ref> als Mittelpunkt des eburonischen Stammesgebietes, aber trotz zahlreicher Versuche ist es bis heute nicht gelungen, den Ort zu lokalisieren. Im Norden begrenzte das Stammesgebiet der Menapier das eburonische Gebiet.<ref>b. Gall. VI 5</ref>
Die heutigen historischen Kenntnisse von den Eburonen beruhen hauptsächlich auf De bello Gallico von Gaius Iulius Caesar und auf archäologischen Befunden. Da es sich bei Cäsars Büchern um einseitig gefärbte Kriegsberichte handelt, muss deren historischer Wahrheitsgehalt stets stark hinterfragt werden.
Strabon<ref>Geographia, IV, Kap. III, 5</ref> teilte frühestens 7 v. Chr. mit, dass die Eburonen (ebenso wie die Manepier und Atrebaten) in einem vorwiegend von Wald bedeckten Gebiet leben. Dieser Wald namens "Arduenna" messe insgesamt 4.000 Stadien (rd. 800 km). →Ardennen
Doppelkönigtum
Caesar erwähnt für das Jahr 54 v. Chr., dass die Eburonen unter der Herrschaft (sub imperio) von Ambiorix und Catuvolcus standen<ref>b. Gall. V 24</ref>, Beleg für ein keltisches Doppelkönigtum, für das Caesar die alte römische Bezeichnung rex gebraucht.<ref>b. Gall. VI 31</ref> Livius nennt Ambiorix Eburonem rege.<ref>per. CVI</ref> Umrisshaft wird eine Aufgabenverteilung für ein solches Doppelkönigtum erkennbar. Offenbar konnten nur beide gemeinsam den Krieg erklären. Auch deutet Caesar an, dass jeder für eine Hälfte der Eburonen König war.<ref>b. Gall. VI, 31: rex dimidiae partis Eburonum</ref> Die Verbreitung der dem Ambiorix zugeschriebenen Münzen deutet dessen Herrschaftsgebiet in der Gegend von Brüssel an; Catuvolcus' Herrschaftsgebiet könnte demnach im Bereich der Ardennen/Nordeifel zwischen Maas und Rhein gelegen haben.<ref>Heinrichs, Verwicklung, S. 289</ref>
Es scheint sich um eine Art von konstitutioneller Monarchie gehandelt zu haben. Ambiorix selbst charakterisiert sie so: Er habe nicht mehr Recht gegen den Stamm, als der Stamm gegen ihn selbst.<ref>De bello Gallico V, 27: "non minus haberet iuris in se multitudo quam ipse in multitudinem"</ref>
Im Verlauf der nachfolgenden Kriegshandlungen tritt nur noch Ambiorix hervor. Caesar skizziert ihn als listigen Verhandlungsführer und umsichtigen Feldherrn.<ref>b. Gall. V 27-38</ref> Eine eigenständige Rolle fällt dem zweiten, schon alten König Catuvolcus nur einmal zu. Er verflucht nach der Niederlage seinen Mitkönig als Anstifter des Krieges und vergiftete sich mit dem „Saft der Eibe“.<ref>b. Gall. VI 31: omnibus precibus detestatus Ambiorigem, qui eius consilii auctor fuisset, taxo ... se exanimavit</ref> Dies kann als Hinweis auf eine sakrale Rolle des zweiten (alten) Königs gewertet werden. Darüber hinaus deutet die Stelle die große kultische Bedeutung des namengebenden Eibenbaumes für die Eburonen an.
Der Krieg des Ambiorix
Die Eburonen beteiligten sich 57 v. Chr. am Krieg Caesars gegen die Belger, der zu einer vollständigen Unterwerfung der belgischen Stämme führte. Die Eburonen wurden in dieser Zeit von zwei Königen, Ambiorix und Catuvolcus, angeführt. Im Herbst 54 v. Chr. legte Caesar eine Legion und 5 Kohorten (= 15 Kohorten) unter dem Kommando der Legaten Quintus Titurius Sabinus und Lucius Aurunculeius Cotta in ihr Winterlager bei Atuatuca, dem befestigten Platz mitten im Gebiet der Eburonen. Die bildliche Darstellung einer eburonischen Münze soll durch Anlehnung an Münzmotive der rechtsrheinischen Ubier gezielt zur Vorbereitung des Ambiorix-Aufstands gedient haben.<ref>Eburonischer Goldstater Sch 31 I, Heinrichs, Verwicklung, S.281ff. mit Abb.</ref>
Nachdem durch eine schlechte Ernte Versorgungsengpässe und Hunger zu befürchten waren, griffen die Eburonen Mitte November 54 v. Chr. das Winterlager an.<ref>b. Gall. V 24-42</ref> Die Römer wurden durch eine List des Ambiorix getäuscht, verließen ihr Lager fluchtartig und wurden auf dem Marsch in einem langgestreckten Tal - ähnlich wie 60 Jahre später bei der Varusschlacht - vollständig aufgerieben. Etwa 10.000 römische Legionäre fielen, rund ein Fünftel der in Gallien stationierten römischen Verbände. Ambiorix gewann die Aduatuker und Nervier sowie rechtsrheinische Germanen<ref>Heinrichs, Verwicklung, nimmt eine Teilnehme romfeindlicher ubischer Gruppen an (bes. S. 278ff.)</ref> für einen weiteren Angriff auf ein im Gebiet der Nervier - vielleicht bei Brüssel - gelegenes, weiteres Winterlager, das unter dem Kommando des Quintus Tullius Cicero stand. Cicero entging durch das Eingreifen Cäsars nur knapp einer Niederlage. Die Eburonen und die mit ihnen verbündeten Nervier, Menapier und Aduatuker wurden durch Caesar vernichtet oder flohen.
Angebliche Ausrottung der Eburonen
In den Jahren 53 und 51 v. Chr. verwüstete Caesar in mehreren brutalen Rachefeldzügen das gesamte Gebiet der Eburonen<ref>b. Gall. Vl 29-44 und VIII 24</ref>, das er darüber hinaus zur vollständigen Plünderung durch alle umliegenden Stämme freigab. Die Einwohner wurden niedergemetzelt, die Gehöfte eingeäschert, das Vieh weggetrieben. König Catuvolcus beging Selbstmord (53 v. Chr.), König Ambiorix konnte mit knapper Not über den Rhein zu den Germanen entkommen. Über sein weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Archäologisch lässt sich für die Zeit um 50 v. Chr. in eburonischen Siedlungen tatsächlich oftmals ein Siedlungsabbruch erkennen.<ref>z.B. die Keltensiedlungen von Niederzier oder Euskirchen-Kreuzweingarten</ref>
Nach der Zerschlagung des eburonischen Stammesverbandes durch die Römer ließen sich in deren östlichem Siedlungsgebiet die Ubier und im westlichen Gebiet die Tungerer nieder, die der Stadt Tongern ihren Namen gaben. Der Stamm scheint jedoch von Caesar nicht vollständig vernichtet worden zu sein. Strabon kennt die Eburonen in seiner Geographia, die frühestens 7 v. Chr. niedergeschrieben wurde, als einen befriedeten und unterworfenen Stamm, ohne von seiner Vernichtung zu wissen.
Hauptquelle
Gaius Iulius Caesar: De bello Gallico, II, V und VI
Weitere antike Quellen
- Cassius Dio: Historiarum Romanarum, XL 5, 6, 9
- Florus: Epitoma de Tito Livio bellorum omnium annorum, VII Bellum Gallicum, XLV
- Livius: Ab Urbe Condita liber CVI (Periocha)
- Strabon: Geographia, Buch IV, Kap. III, 5
Literatur
- Johannes Heinrichs: Zur Verwicklung ubischer Gruppen in den Ambiorix-Aufstand d. J. 54 v. Chr. - Eburonische und ubische Münzen im Hortfund Fraire-2, in: Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik 127 (1999), 275-293, bes. Anhang 1: Politische Organisation und Territorium der Eburonen (S. 289-290.)
- Joachim Dalfen: Das Himmelfahrtskommando des Q. Titurius Sabinus, in: Dissertatiunculae criticae, hg. Collatz, Christian-Friedrich u.a., Würzburg 1998
- Hartmut Galsterer: Romanisierung am Niederrhein in der frühen Kaiserzeit, in: Thomas Grünewald (Hg.): Germania inferior, S. 1, Berlin 2001 (RGA-Ergänzungsband 28)
- Tilmann Bechert: Wirtschaft und Gesellschaft in der Provinz Germania inferior, in: Thomas Grünewald (Hg.): Germania inferior, S. 19, Berlin 2001 (RGA-Ergänzungsband 28)
- Johannes Krudewig: Unsere engere Heimat von der Urzeit bis zum Ende der Römerherrschaft, Euskirchen 1921
- Hans-Eckart Joachim: Die Eburonen - Historisches und Archäologisches, in: Jülich Stadt - Territorium - Geschichte, Hrsg. Guido v. Büren und Erwin Fuchs, Jülicher Geschichtsblätter Bd. 67/68 1999/2000
- Günter Neumann: Eburonen. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 6, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1986, ISBN 3-11-010468-7, S. 348–350.
Weblinks
- Die Eburonen - Historisches und Archäologisches
- Weiterführende Informationen zu Eburonen auf novaesium.de
Anmerkungen
<references/>