Epidemie


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Eine Epidemie (von griechisch επιδημία „Aufenthalt, Ankunft; von Krankheiten: im Volk verbreitet“,<ref>Wilhelm Pape: Handwörterbuch der griechischen Sprache. Braunschweig 1914, Band 1, S. 937.</ref> zu επί „auf“ und δήμος „Volk“) ist die zeitliche und örtliche Häufung einer Krankheit innerhalb einer menschlichen Population, wobei es sich dabei im engeren Sinn um Infektionskrankheiten handelt. Aus epidemiologischer Sichtweise wird von einer Epidemie gesprochen, wenn in einem bestimmten Zeitraum die Inzidenz (als Anzahl der neuen Erkrankungsfälle) zunimmt. Demgegenüber wird als Endemie das andauernd gehäufte Auftreten einer Krankheit in einem begrenzten Bereich bezeichnet. Die Inzidenz in diesem Gebiet bleibt (mehr oder weniger) gleich, ist aber im Verhältnis zu anderen Gebieten erhöht. Eine Abnahme der Erkrankungshäufigkeit wird als Regression, eine länder- und kontinentübergreifende Ausbreitung als Pandemie bezeichnet. Entsprechend der Ausbreitungsgeschwindigkeit einer Erkrankung kann eine Einteilung in Explosiv- und Tarditivepidemien erfolgen.

Da sich die Endung -demie sprachlich auf Menschen bezieht, sind in der Veterinärmedizin auch die Bezeichnungen Epizootie statt Epidemie und Panzootie statt Pandemie üblich.

Beispiele für Epidemien

Epidemisch auftretende Krankheiten sind viele Tropenkrankheiten wie die Dengue, aber auch Cholera, Grippe, Typhus, Pest und Kinderlähmung.

Im Falle der Grippe spricht das US-amerikanische CDC als leitende staatliche Behörde zum Schutz der dortigen Bevölkerung vor Krankheiten und Seuchen von einer Influenzaepidemie, wenn in einem bestimmten Winter die Übersterblichkeit an Grippe und Lungenentzündung gegenüber einem durchschnittlichen Winter um mehr als 7,5 Prozent erhöht ist.

Von einer heimlichen Epidemie wird im Falle der Chlamydiose bei Jugendlichen (als einer in dieser Bevölkerungsgruppe kaum bekannten sexuell übertragbaren Erkrankung) gesprochen.<ref>Robert Koch-Institut: Chlamydien - heimliche Epidemie unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen? (200%).</ref>

Vorhersage

Viele Betroffene suchen im Internet nach Information zu Krankheiten. Durch die Auswertung dieser Big Data kann es gelingen, Epidemien kostengünstig und frühzeitig zu erkennen.<ref>Hermann Feldmeier: Seuchensichtung im Internet, In: Berliner Zeitung. 16. September 2010, abgerufen am 25. November 2014.</ref> Auch die Auswertung von persönlichen Nachrichtendiensten im Internet kann für diese Bewertung herangezogen werden.<ref>Jeremy Ginsberg, Matthew H. Mohebbi, Rajan S. Patel, Lynnette Brammer, Mark S. Smolinski, Larry Brilliant: Detecting influenza epidemics using search engine query data. In: Nature. 19. Februar 2009, abgerufen am 25. November 2014.</ref><ref>Patrick Illinger: Google als Gesundheitsamt. In: Süddeutsche Zeitung. 24. Januar 2013.</ref>

Es wird allerdings auch darauf hingewiesen, dass die häufige Suche nach Krankheiten oder Erwähnung von Krankheiten im Internet nicht immer durch eine erhöhte Prävalenz dieser Krankheit bedingt sein muss und daher zu überhöhten Prognosen führen kann, wenn schlechte Algorithmen zur Auswertung verwendet werden beziehungsweise wenn nicht noch zusätzliche Datenquellen herangezogen werden.<ref>David Lazer, Ryan Kennedy, Gary King, Alessandro Vespignani: The Parable of Google Flu: Traps in Big Data Analysis. In: Science. 14 März 2014, abgerufen am 25. November 2014.</ref>

Etymologie

Das Wort Epidemie kommt aus dem Griechischen von epí („über“) und démos („Volk“). Das deutsche Wort Seuche (mittelhochdeutsch siuche) dagegen ist verwandt mit siech. Es wird heute meist für epidemisch auftretende Tierkrankheiten (z. B. Maul- und Klauenseuche) verwendet, deren überregionale Ausbreitung oft auch als Seuchenzug bezeichnet wird.

Als Begründer der Historischen Seuchenpathologie gilt Justus Hecker.

Näheres

Im Unterschied zur Endemie, bei der sich eine Krankheit mit einer Basisreproduktionszahl <math>R_0</math> von exakt 1 verbreitet, jedes infizierte Individuum im statistischen Mittel also genau eine Folgeinfektion bewirkt und die Krankheit so dauerhaft in der Population verbleibt, verbreitet sich eine Epidemie mit einer Reproduktionsrate größer 1. Dies bedeutet, dass die Anzahl der Neuinfektionen innerhalb der Population zunächst stark ansteigt, hierdurch jedoch der Anteil anfälliger, aber nicht infizierter Individuen schnell reduziert wird. In Folge sinkt die Zahl der Neuinfektionen nach einiger Zeit immer weiter ab, bis die Krankheit letztlich in der Population ausstirbt.

Siehe auch

Literatur

  • Hans-Joachim Giehl: Naturkatastrophen, Epidemien und Krieg. Geißeln der Menschheit. Engelsdorfer, Leipzig 2010, ISBN 978-3-86901-774-7.
  • Stefan H. E. Kaufmann u. a. (Hrsg.): Wächst die Seuchengefahr? Globale Epidemien und Armut; Strategien zur Seucheneindämmung in einer vernetzten Welt. (= Fischer TB. 17664). Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-596-17664-9.
  • Oliver Razum, Jürgen Breckenkamp, Patrick Brzoska: Epidemiologie für Dummies. VCH, Weinheim 2009, ISBN 978-3-527-70514-6.
  • Jacques Ruffié, Jean-Charles Sournis: Die Seuchen in der Geschichte der Menschheit (Originaltitel: Les épidémies dans l'histoire de l'homme übersetzt von Brunhild Seeler), Klett, Stuttgart 1987, ISBN 3-608-94001-4.
  • Malte Thießen (Hrsg.): Infiziertes Europa. Seuchen im langen 20. Jahrhundert. De Gruyter, Berlin/ München 2014, ISBN 978-3-11-036434-7.
  • Manfred Vasold: Pest, Not und schwere Plagen. Seuchen und Epidemien vom Mittelalter bis heute. C. H. Beck Verlag, München 1991, ISBN 3-406-35401-7.
  • Stefan Winkle: Geißeln der Menschheit. Kulturgeschichte der Seuchen. 3. Auflage. Verlag Artemis & Winkler, München 2005, ISBN 3-538-07159-4.

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Epidemie – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

<references />