Erde-Mond-Schwerpunkt
Der Erde-Mond-Schwerpunkt ist der gemeinsame Schwerpunkt (Baryzentrum) im Erde-Mond-System. Wenngleich der Mond von der Erde aus gesehen (geozentrisch) scheinbar um das Zentrum der Erde rotiert, drehen sich – in der Betrachtung aus einem sonnenfesten System – jedoch sowohl die Erde als auch der Mond um ihr gemeinsames Baryzentrum.
Die Mondbahn ist dabei kein Kreis, sondern annähernd elliptisch mit dem Erde-Mond-Schwerpunkt in einem Brennpunkt der Ellipse. Durch die Exzentrizität der Mondbahn variiert der Erde-Mond-Abstand um über 13 Prozent zwischen (im Durchschnitt) 356.410 und 406.740 km im Rhythmus des anomalistischen Monats. Sowohl der Mond als auch der Erdmittelpunkt haben somit einen variierenden Abstand zum Erde-Mond-Schwerpunkt.
Das System Erde-Mond umkreist als Gesamtes mit dem Erde-Mond-Schwerpunkt als gemeinsamem Schwerpunkt die Sonne.
Inhaltsverzeichnis
Grundlagen
Ein im schwerelosen Zustand rotierender Körper dreht sich stets um seinen Massenschwerpunkt. In Bezug auf äußere Kräfte bewegt sich der Schwerpunkt seinerseits so, als ob die gesamte Masse des Körpers in ihm vereinigt wäre. Der Schwerpunkt eines in die Höhe geworfenen Hammers bewegt sich beispielsweise exakt auf einer Wurfparabel, während der Hammer eine Drehung um den nahe am Hammerkopf liegenden Schwerpunkt ausführt.
Entsprechendes gilt auch für einen aus zwei Himmelskörpern bestehenden „Doppelkörper“ (Zweikörper-System) wie z. B. das Erde-Mond-System.
Beide drehen sich um ihren gemeinsamen Schwerpunkt, das sogenannte Baryzentrum, das wegen der weit überwiegenden Masse der Erde noch im Erdinnern liegt, aber nicht mit dem Erdmittelpunkt zusammenfällt. Die Rotation von Erde und Mond um ihren gemeinsamen Schwerpunkt resultiert in einer schwingenden Bewegung der Erde auf ihrer Bahn um die Sonne in radialer und vertikaler Richtung.
Diesen Effekt bezeichnet man als monatliche oder lunare Bahnstörungen (engl. lunar perturbation) der Erde bzw. terrestrische Störungen des Mondes. Ihre Periode beträgt wie die der Mondphasen etwa 29½ Tage.
Berechnung
Die genaue Lage bestimmt sich in erster Näherung aus den Massen von Erde und Mond und deren Abstand zueinander. Ihre Umlaufbewegung im Raum kann somit zerlegt werden in eine Drehbewegung der beiden Körper um den gemeinsamen Schwerpunkt und in eine Bewegung des gemeinsamen Schwerpunkts im Sonnensystem.
In erster Näherung genügt es, Erde und Mond als punktförmige Massen zu betrachten. Sind <math>m_\mathrm{E}</math> und <math>m_\mathrm{M}</math> die Massen von Erde und Mond und <math>r</math> ihr gegenseitiger Abstand, dann ergibt sich für die Abstände <math>r_\mathrm{E}</math> (Erde-Schwerpunkt) und <math>r_\mathrm{M}</math> (Mond-Schwerpunkt):
- <math>r_\mathrm{E} = r \, \frac{m_\mathrm{M}}{m_\mathrm{E} + m_\mathrm{M}}</math>
- <math>r_\mathrm{M} = r \, \frac{m_\mathrm{E}}{m_\mathrm{E} + m_\mathrm{M}}</math>
Da die Massen von Erde und Mond in einem Verhältnis von rund 81:1 stehen, liegt ihr gemeinsamer Schwerpunkt etwa um ein Zweiundachtzigstel des Abstandes zwischen den beiden Massezentren außerhalb des Massezentrums der Erde, also ca. 4700 km vom Erdmittelpunkt entfernt in Richtung des Mondes, bzw. etwa 1700 km unter der Erdoberfläche, auf der Verbindungslinie von Erdmittelpunkt und Mondmittelpunkt. Dieser Punkt liegt somit innerhalb des Erdmantels.
Dieser Schwerpunkt ist es, welcher unter dem Einfluss der von der Sonne ausgeübten Gravitationskräfte der keplerschen Ellipsenbahn um die Sonne folgt. Die „Erdbahn“ ist also eigentlich die Erde-Mond-Schwerpunktsbahn.
Radialschwankung
Während die Bahn des gemeinsamen Schwerpunkts um die Sonne – wie oben beschrieben – eine fast perfekte Keplerellipse darstellt, verlässt die Erde diese Bahn um bis zu 4700 km. Es ergibt sich eine Welligkeit von ca. 0,03 ‰ (als Quotient aus 4700 km und dem mittleren Sonne-Erde-Abstand von einer AE) – eine Abweichung, die in maßstabsgetreuen Darstellungen nicht erkennbar ist.
Beim Mond beträgt die Schwankung aber immerhin 1,2 %. Weil sich die Erde vom Mond aus gesehen hinter dem Bahnmittelpunkt befindet, ist die (keplersche) Bahnachse des Mondes der Mondbahn um 4700 km oder 1,2 % kleiner als die Perigäumsdistanz, und die kleine Halbachse um 4700 km oder 1,2 % größer als die Erde–Mond-Distanz in den Nebenscheiteln.
Umgekehrt schwankt auch die Entfernung des EMS zum Erdmittelpunkt um diese 1,2 %, also etwa ±60 km in Rhythmus der anomalistischen (keplerschen) Bahnperiode des Mondes (anomalistischer Monat).
Vertikalschwankung
In vertikaler Richtung ist die Schwankung weniger ausgeprägt als in radialer Richtung. Die Ebene der Mondbahn ist um etwa 5° gegen die Ekliptikebene – die Ebene der Erde-Sonne-Rotation – geneigt. Der Mond bewegt sich auf der Hälfte seiner Bahn um die Erde oberhalb und während der anderen Hälfte unterhalb der Ekliptikebene. Die auf der anderen Seite des Baryzentrums befindliche Erde läuft auf der anderen Seite der Ekliptikebene. Beim Lauf über die andere Bahnhälfte ist es umgekehrt. Wegen des relativ kleinen Neigungswinkels und der Nähe der Erde zum Baryzentrum beträgt diese Schwankung der Erde nur wenige hundert Kilometer.