Finanzwirtschaft


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Die Finanzwirtschaft ist Teil der Betriebswirtschaftslehre und gliedert sich in Investition, Finanzierung und Risikomanagement. Sie beschäftigt sich mit der finanziellen Dimension eines Unternehmens, insbesondere auf welche Art und Weise ein Unternehmen Geldkapital beschafft und für welche Zwecke es diese Mittel einsetzt. Die Beschaffung von Geldkapital wird dabei als Finanzierung bezeichnet, während die Mittelverwendung eine Investition darstellt. Die Deutsche Gesellschaft für Finanzwirtschaft ist im deutschsprachigen Raum die zentrale wissenschaftliche Gesellschaft auf dem Gebiet der Finanzwirtschaft.

Forschungsansätze

Klassische Finanzierungslehre

Die traditionelle Sichtweise<ref>Louis Perridon, Manfred Steiner: Finanzwirtschaft der Unternehmung. 8. Auflage. Vahlen, München 1995, S. 15</ref> betrachtet die finanzwirtschaftlichen Prozesse lediglich als Hilfsfunktion: Für ein vorgegebenes Produktions- und Absatzprogramm sind bestimmte Produktionskapazitäten notwendig, die gegebenenfalls durch Investitionen aufgebaut werden müssen. Der Kapitalbedarf, der durch die geplanten Investitionen entsteht, kann durch unterschiedliche Finanzierungsmöglichkeiten gedeckt werden. Beispielsweise durch die Aufnahme von Krediten oder durch den Verkauf von Vermögensgegenständen. Die Finanzwirtschaft hat daher primär die Aufgabe, geeignete Finanzierungsmöglichkeiten zur Sicherung eines finanziellen Gleichgewichts auszuwählen. Ein finanzielles Gleichgewicht bedingt die Zahlungsfähigkeit und die Schuldendeckungsfähigkeit eines Unternehmens zu jedem Zeitpunkt.

Formenlehre

Hauptartikel: Finanzierung

Die Formenlehre beschreibt die verschiedenen Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung, wie z.B. Kreditaufnahme oder Veräußerung von Vermögensgegenständen, die alle spezifische Vor- und Nachteile haben. Unterschiede der einzelnen Finanzierungsmöglichkeiten betreffen

  • Herkunft und Fristigkeit des Kapitals
  • Kapitalkosten und Rendite sowie Transaktionskosten
  • einzuhaltende Vorschriften
  • Kontroll- und Mitspracherechte für Kapitalgeber
  • steuerliche und finanzielle Behandlung

Projektorientierter Ansatz

Der projektorientierte Ansatz behandelt besondere Ereignisse außerhalb des normalen Geschäftsbetriebs, wie etwa Unternehmensgründung, Umwandlung in eine andere Rechtsform (z. B. in eine Aktiengesellschaft), Fusion oder Auflösung des Unternehmens.

Finanzanalyse

Hauptartikel: Bilanzanalyse

Die Finanzanalyse bewertet die Jahresabschlüsse von Unternehmen um Aussagen über ihre Zahlungsfähigkeit und Stabilität machen zu können. Insbesondere Banken verwenden sie vor der Vergabe von Krediten. Analysiert wird etwa der Verschuldungsgrad, oder wie weit langfristiges Anlagevermögen durch Eigenkapital gedeckt ist.

Neoklassische Finanzierungstheorie

In der moderneren neoklassischen<ref>Louis Perridon, Manfred Steiner :Finanzwirtschaft der Unternehmung. 8. Auflage. Vahlen, München 1995, S. 18-22</ref> Sichtweise werden alle betriebswirtschaftlichen Entscheidungen vor dem Hintergrund finanzieller Ziele bewertet. Produktion und Absatz haben nur aufgrund des durch sie bedingten Geldzu- bzw. Geldabflusses unternehmerische Bedeutung. Die Unternehmen verfolgen ausschließlich finanzwirtschaftliche Ziele und nutzen dabei keineswegs nur die innerbetrieblichen Anlagemöglichkeiten. Dadurch werden betriebliche Investitionen unterlassen, sobald es bessere externe Anlagemöglichkeiten gibt, die eine höhere Kapitalrendite erwarten lassen. Die neoklassische Finanzierungstheorie geht dabei oft von einem vollkommenen Kapitalmarkt aus.

Wichtige Meilensteine in der Entwicklung der neoklassischen Finanzwirtschaft sind das Fisher-Separationstheorem, welches besagt Investitionsentscheidungen allein durch den Kapitalwert bestimmt und Sparentscheidungen allein durch die subjektiven Präferenzen des Sparenden bestimmt werden, das Dean-Modell das sich mit dem optimalen Investitions- und Finanzierungsprogramm befasst, die Irrelevanzthesen von Modigliani und Miller die den Einfluss des Verschuldungsgrades eines Unternehmens auf dessen Kapitalkosten beläuchten, die Portfoliotheorie die das Investitionsverhalten an Kapitalmärkten untersucht, das Capital Asset Pricing Model, die Arbitragepreistheorie die beide mit der Portfoliotheorie verwandt sind und die Optionspreistheorie, woraus sich der heute bedeutende Bereich des Risikomanagements entwickelt hat.

Neoinstitutionalistische Finanzierungstheorie

Die neoinstitutionalistische Finanzierungstheorie beschäftigt sich mit unvollkommenen Kapitalmärkten. Insbesondere solche mit asymmetrischen Informationen, bei denen das Wissen über die Teilnehmer ungleichmäßig verteilt ist. Das bekannteste Modell ist die Prinzipal-Agent-Theorie.

Ziele

Zu den finanzwirtschaftlichen unternehmerischen Zielen zählen die Rentabilität, die Liquidität, die Sicherheit (Risiko einer Kapitalanlage) und die Erhaltung der unternehmerischen Unabhängigkeit.

Siehe auch

Einzelnachweise

<references />

Literatur

  • Hartmut Bieg, Heinz Kußmaul: Investitions- und Finanzmanagement. 3 Bände. Vahlen, München 2000, ISBN 3-8006-2624-1 (Bd. 1), ISBN 3-8006-2625-X (Bd. 2), ISBN 3-8006-2626-8 (Bd. 3), (Vahlens Handbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften).
  • Thomas E. Copeland, J. Fred Weston, Kuldeep Shastri: Finanzierungstheorie und Unternehmenspolitik. Konzepte der kapitalorientierten Unternehmensfinanzierung. 2 Bände. 4. aktualisierte Auflage. Pearson Studium, München u. a. 2008, ISBN 978-3-8273-7195-9 (Hauptbd.), ISBN 978-3-8273-7297-0 (Lösungsbuch).
  • Klaus-Dieter Däumler:Betriebliche Finanzwirtschaft. 8. völlig neubearbeitete Auflage. Verlag Neue Wirtschafts-Briefe, Herne u. a. 2002, ISBN 3-482-56458-2 (Betriebswirtschaft in Studium und Praxis).
  • Jochen Drukarczyk: Finanzierung. Eine Einführung. 9. neu bearbeitete Auflage. Lucius & Lucius, Stuttgart 2003, ISBN 3-8282-0120-2 (UTB für Wissenschaft – Uni-Taschenbücher – Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre = Grundwissen der Ökonomik. Betriebswirtschaftslehre).
  • Guido Eilenberger: Betriebliche Finanzwirtschaft. Einführung in Investition und Finanzierung, Finanzpolitik und Finanzmanagement von Unternehmungen. 7. vollständige überarbeitete und erweiterte Auflage. Oldenbourg, München u. a. 2003, ISBN 3-486-25535-5 (Lehr- und Handbücher zu Geld, Börse, Bank und Versicherung).
  • Hans Hirth: Grundzüge der Finanzierung und Investition. 2. überarbeitete Auflage. Oldenbourg, München u. a. 2008, ISBN 978-3-486-58759-3.
  • Fritz-Ulrich Jahrmann: Finanzierung. Darstellung, Kontrollfragen, Fälle und Lösungen. 5. wesentlich überarbeitete Auflage. Verlag Neue Wirtschafts-Briefe, Herne u. a. 2003, ISBN 3-482-56755-7 (NWB-Studienbücher Wirtschaftswissenschaften).
  • Klaus Olfert, Christopher Reichel: Finanzierung. 13. aktualisierte Auflage. Kiehl, Ludwigshafen/Rhein 2005, ISBN 3-470-53493-4 (Kompendium der praktischen Betriebswirtschaft).
  • Klaus Olfert, Christopher Reichel: Investition. 10. aktualisierte und verbesserte Auflage. Kiehl, Ludwigshafen 2006, ISBN 3-470-70470-8 (Kompendium der praktischen Betriebswirtschaft).
  • Louis Perridon, Manfred Steiner: Finanzwirtschaft der Unternehmung. 15. überarbeitete und erweiterte Auflage. Vahlen, München 2009, ISBN 978-3-8006-3679-2 (Vahlens Handbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften).
  • Günter Wöhe, Jürgen Bilstein: Grundzüge der Unternehmensfinanzierung. 9. überarbeitete und erweiterte Auflage. Vahlen, München 2002, ISBN 3-8006-2823-6 (Lernbücher für Wirtschaft und Recht).
  • Roger Zantow: Finanzierung. Die Grundlagen modernen Finanzmanagements. Pearson Studium, München u. a. 2004, ISBN 3-8273-7088-4 (Wirtschaft. BWL, Finanzierung).