Freudscher Versprecher


aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Wechseln zu: Navigation, Suche

Ein Freudscher Versprecher (nach Sigmund Freud), auch Lapsus linguae genannt, ist eine sprachliche Fehlleistung, bei der angeblich ein eigentlicher Gedanke oder eine Intention des Sprechers unwillkürlich zutage tritt.

Allgemeine Beschreibung

Bei der Bewertung eines scheinbar sinnvollen Versprechers als einer Freudschen Fehlleistung wird davon ausgegangen, dass in der Bedeutungsabweichung, die durch einen Versprecher entsteht, eine unbewusste Aussage zum Vorschein kommt. Es wird also nicht angenommen, dass solchen Versprechern eine einfache, (neuro-)physiologische oder auch assoziative Beeinflussung der Sprachproduktion zugrunde liegt,<ref>Nora Wiedenmann (1998): Versprecher. Phänomene und Daten. Mit Materialien auf Diskette. Wien: Wissenschaftsverlag Edition Praesens.</ref><ref>Nora Wiedenmann (1997): Versprecher – Dissimilation und Similation von Konsonanten. Sprachproduktion unter spatio-temporalem Aspekt. Dissertation. Sprechwissenschaft und Psycholinguistik, Institut für Phonetik und Sprachliche Kommunikation; Philosophische Fakultät für Sprach- und Literaturwissenschaft II; Ludwig-Maximilians-Universität München; = 1999: Versprecher: Dissimilation von Konsonanten. Sprachproduktion unter spatio-temporalem Aspekt (Linguistische Arbeiten, 404). Tübingen: Niemeyer.</ref> sondern behauptet, dass es v. a. eine psychische Ursache dafür gibt. Bei den Freud’schen Fehlleistungen würde somit anstelle des eigentlich Gemeinten etwas gesagt werden, das dem Gedachten ggf. sogar besser entspräche und in diesem Sinne interpretiert werden könnte.

Die Existenz eines solchen Phänomens wurde durch Freud (1900, 1904) in Zur Psychopathologie des Alltagslebens behauptet. Seit dem allgemeinen Bekanntwerden der auf Freuds Befunde gestützten Theorie der Fehlleistungen hat jemand, dem ein solcher Versprecher unterläuft, einen schlechten Stand, seinem Publikum nachzuweisen, dass es sich gar nicht um einen Lapsus der Freud’schen Art handelt, wohingegen vor Freuds Zeit solch ein Versprecher lediglich ein Anlass zur Heiterkeit gewesen wäre, oder eventuell begleitet von völligem Unverständnis, auch empörtem Getuschel.

Ein Beispiel von Freud sei hier berichtet:<ref> Hartmann Hinterhuber: Sigmund Freud, Rudolf Meringer und Carl Mayer: Versprechen und Verlesen. In: Neuropsychiatrie. 21, Nr. 4, 2007, S. 291–296.</ref>

„Ein Mann erzählt von irgendwelchen Vorgängen, die er beanstandet, und setzt fort: Dann aber sind Tatsachen zum ‚Vorschwein‘ gekommen. ( so wollen wir das auch rückgratlos tun.“ Nach, laut Sitzungsprotokoll, minutenlanger stürmischer Heiterkeit erklärt der Redner, er habe natürlich rückhaltlos gemeint.

Literatur

  • Sven Staffeldt: Das Drängen der störenden Redeabsicht. Dieter Fladers Kritik an Freuds Theorie der Versprecher, Kümmerle, Göppingen 2004.
  • Sebastiano Timpanaro: Il lapsus freudiano: Psicanalisi e critica testuale (Florenz: La Nuova Italia 1974). Englische Übersetzung: The Freudian Slip: Psychoanalysis and Textual Criticism. Transl. by Kate Soper (London, 1976).

Weblinks

Einzelnachweise

<references />