Friedrich Thiersch
Friedrich Wilhelm von Thiersch (* 17. Juni 1784 in Kirchscheidungen bei Freyburg; † 25. Februar 1860 in München) war ein deutscher Philologe, der auch als „Praeceptor Bavariae“ („Lehrer Bayerns“) und als „Vater der humanistischen Bildung“ in Bayern bezeichnet wurde, ähnlich wie Wilhelm von Humboldt in Preußen.
Einer seiner Brüder war der Dichter des Preußenliedes, Bernhard Thiersch. Ein Sohn, Carl Thiersch, war ein berühmter Chirurg, ein anderer Sohn Heinrich Wilhelm Josias Thiersch Theologe, ein dritter Sohn der Maler Ludwig Thiersch und der Architekt und Maler Friedrich von Thiersch war ein Enkel von ihm.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Thiersch studierte seit 1804 in Leipzig und Göttingen und wurde dort 1808 Privatdozent. 1809 kam er als Professor an das Münchener Wilhelmsgymnasium und 1811 an das Lyzeum. Im Jahr darauf gründete er das mit der Bayerischen Akademie der Wissenschaften verbundene Philologische Institut und gab als Forum von 1811 bis 1829 die vierbändige Acta philologorum Monacensium heraus. Nach dem 1826 erfolgten Umzug der Universität von Landshut nach München wurde Friedrich Thiersch ordentlicher Professor. Von 1831 bis 1832 war er in Griechenland und scheint stark dahin gewirkt zu haben, dass Otto I. griechischer König wurde. Erbittert hatte er zuvor die These seines Kollegen Jakob Philipp Fallmerayer bekämpft und als Philhellene in zahlreichen Zeitungsartikeln die griechische Revolution zu rechtfertigen versucht.
In Göttingen gründete er 1837 die Philologenversammlungen mit.<ref>Peter Aufgebauer: Jubel - Protest - Philologie: die Gründung des "Vereins deutscher Philologen und Schulmänner" 1837 in Göttingen. In: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte, Bd. 82, 2010, S. 95 - 110.</ref> 1848 wurde Thiersch, der seit 1814 Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften war, ihr Präsident.
Schon bald nach seiner Ankunft in München verwickelte sich Thiersch in Streitereien mit seinen Vorgesetzten am Gymnasium und mit den Kreisen um den Baron Johann Christoph von Aretin. Es ging dabei auch um Losungen wie „protestantischer Norden“ kontra „katholischer Süden“, jedoch scheint es mehr darum gegangen zu sein, ob man weiterhin mit dem Frankreich Napoleons zusammenarbeiten solle, wie dies insbesondere der Baron von Aretin stark verfocht, und ob man in der Bildungspolitik von der bisherigen aufklärerischen Richtung abrücken solle hin zu einem mehr romantisch verklärten, neuhumanistischen Bildungswesen. Als am Rosenmontag 1811 ein Mordanschlag auf Thiersch versucht wurde, schob dieser die Schuld auf seine Gegner um den Baron von Aretin; jedoch scheint schon länger erwiesen zu sein, dass dahinter eine Liebesaffäre stand.
Nach der Thronbesteigung Ludwigs I. 1825 wurde Thiersch mit der Umgestaltung des höheren Bildungswesens beauftragt. In dem von ihm verfassten Lehrplan von 1829 wurde der Unterricht an den Gymnasien fast vollständig auf das Erlernen der alten Sprachen reduziert. Dies kam den Vorstellungen des Königs nahe, der seinen dynastischen Patriotismus mit einem klassizistischen Ethos verschmelzen wollte (siehe Walhalla). 1855 wurde er in die American Academy of Arts and Sciences gewählt.
Friedrich Wilhelm Thiersch starb am 25. Februar 1860 in München. Dort ist die Thierschstraße (beim Wilhelmsgymnasium, zwischen Isartorplatz und Lehel) nach ihm benannt. In Athen wurde die Theirsiou-Straße (griechisch Θειρσίου; 37° 59′ 52,7″ N, 23° 43′ 18,1″ O {{#coordinates:37,997972222222|23,721694444444|
|dim= |globe= |name=Theirsiou |region=GR |type=landmark }}) nach ihm benannt.<ref>Evi Melas: Richtig reisen. Griechenland., 12. Auflage Köln 1990, S. 78.</ref>
Schriften (chronologisch)
- Über den angenommenen Unterschied zwischen Nord- und Süddeutschland, 1809
- Griechische Grammatik, vorzüglich des Homerischen Dialekts, 1812
- Griechische Grammatik für Schulen, 1812
- Über die Gedichte des Hesiodus, ihren Ursprung und Zusammenhang mit denen des Homer, 1813
- Über die Epochen der bildenden Kunst unter den Griechen, 3 Bände, 1816–1825
- Lobschrift auf Carl Wilhelm Friedrich von Breyer, 1818
- Die Bearbeitung des Pindar, 2 Bände, 1820
- Über eine griechische Gemma litterata im Besitze seiner Majestät des Königs, 1824
- Vorläufige Nachricht von dem in der k. Residenz zu München befindlichen Antiquarium, 1825
- Über gelehrte Schulen, mit besonderer Rücksicht auf Bayern, 3 Bände, 1826–1829
- Über die neugriechische Poesie, besonders über ihr rhythmisches und dichterisches Verhältniß zur altgriechischen, 1828
- Über den Cinctus Gabinus, 1829
- Über eine Tabula honestae missionis im K. : Einfach „Thiersch“ in den oberen Suchschlitz eingeben.
- Nachlass: Briefe zur Politik Griechenlands 1821-1841 (BSB Thierschiana I.63.I.g)
- Der umfangreiche Nachlass befindet sich in der Bayerischen Staatsbibliothek
Einzelnachweise
<references />
Erster Lehrstuhl (Lateinische Philologie): Friedrich Ast (1826–1841) | Franz Hocheder (1842–1844) | Ernst von Lasaulx (1844–1847) | Leonhard Spengel (1847–1880) | Eduard Wölfflin (1880–1905) | Friedrich Vollmer (1905–1923) | Johannes Stroux (1924–1935) | Rudolf Till (1938–1945) | Franz Egermann (1951/62–1970) | Werner Suerbaum (1970–2001) |
Zweiter Lehrstuhl (Griechische Philologie II): Friedrich Thiersch (1826–1859) | Wilhelm von Christ (1860–1903) | Otto Crusius (1903–1918) | Eduard Schwartz (1919–1929) | Rudolf Pfeiffer (1929–1937) | Franz Dirlmeier (1938–1945) | Rudolf Pfeiffer (1951–1957) | Kurt von Fritz (1958–1968) | Uvo Hölscher (1970–1982) | Hellmut Flashar (1982–1997) | Martin Hose (seit 1997)
Dritter Lehrstuhl (Griechische Philologie I): Conrad Bursian (1874–1883) | Rudolf Schöll (1885–1893) | Iwan von Müller (1893–1906) | Albert Rehm (1906–1936) | Richard Harder (1941–1945) | Friedrich Klingner (1947–1963) | Carl Becker (1963–1973) | Ernst Vogt (1975–1999) | Oliver Primavesi (seit 2000)
Vierter Lehrstuhl (Lateinische Philologie): Karl von Prantl (1859–1888) | Carl Weyman (1905–1931) | Wilfried Stroh (1976–2005) | Therese Fuhrer (seit 2013)
Professur für Klassische Philologie/Fachdidaktik: Karl Felix Halm (1856–1882) | Markus Janka (seit 2007)
Professur für Lateinische Philologie der Antike: Niklas Holzberg (1988–2011)
Personendaten | |
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NAME | Thiersch, Friedrich |
ALTERNATIVNAMEN | Thiersch, Friedrich Wilhelm von (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Philologe |
GEBURTSDATUM | 17. Juni 1784 |
GEBURTSORT | Kirchscheidungen bei Freyburg |
STERBEDATUM | 25. Februar 1860 |
STERBEORT | München |