Global harmonisiertes System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien


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Das Global harmonisierte System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien (GHS, englisch Globally Harmonized System of Classification, Labelling and Packaging of Chemicals) der Vereinten Nationen ist ein weltweit einheitliches System zur Einstufung von Chemikalien sowie deren Kennzeichnung auf Verpackungen und in Sicherheitsdatenblättern.

Auf der Basis dieses Kennzeichnungssystems wurde nach intensiver Vorbereitung für Europa eine eigene Verordnung zur Umsetzung der UN-Modellvorschriften erarbeitet: Die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008<ref>Urfassung der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen …, (PDF; 6,9 MB; 1.355 Seiten!), ABl. L 353 vom 31. Dezember 2008, S. 1; abgerufen am 29. August 2015; aktuelle konsolidierte Fassung mit allen bisherigen Änderungen (Stand: 1. Juni 2015) siehe unter Literatur.</ref>, auch CLP-Verordnung genannt, trat am 20. Januar 2009 in Kraft. Seit dem 1. Dezember 2010 konnten Stoffe nach dem GHS-Standard eingestuft und gekennzeichnet werden. Seit dem 1. Dezember 2012 ist dies obligatorisch. Gemische, bislang „Zubereitungen“ genannt, durften ebenfalls seit dem 1. Dezember 2010 nach dem neuen System eingestuft und gekennzeichnet werden, müssen dies aber erst seit dem 1. Juni 2015.<ref>BAG: Chemische Produkte nach GHS richtig kennzeichnen (PDF; 1,7 MB). April 2012, S. 2.</ref>

Grundlagen

Durch eine global gültige Einstufungsmethode mit einheitlichen Gefahren-Piktogrammen und Texten sollen die Gefahren für die menschliche Gesundheit und die Umwelt bei Herstellung, Transport und Verwendung von Chemikalien bzw. Gefahrstoffen weltweit minimiert werden.

Die bisher in der EU geltenden Kennzeichnungsmethoden für Gefahrstoffe werden ersetzt; im GHS treten an die Stelle der

  • Gefahrensymbole mit ihren Gefahrenbezeichnungen die Gefahrenpiktogramme; gegebenenfalls mit einem gemeinsamen Signalwort („Achtung“ oder „Gefahr“),
  • R-Sätze die H-Sätze (Hazard Statements) sowie zusätzliche EUH-Sätze (besondere Gefährdungen),
  • S-Sätze die P-Sätze (Precautionary Statements),

Die Texte sind mit dreistelligen Nummern kodiert. Die Buchstaben stehen für die Art des Hinweises und bei den H- und P-Sätzen geben nach Art der Gefährdung beziehungsweise Typ der Sicherheitsmaßnahme die ersten Stellen der Zahl eine Gruppierung.

Siehe H- und P-Sätze mit der vollständigen Liste.

Änderungen gegenüber der bisherigen Gefahrstoffkennzeichnung

Bei den Gefahrenpiktogrammen werden teilweise die im Anhang II der Richtlinie 67/548/EWG<ref>Anhang II der Richtlinie 67/548/EWG (pdf).</ref> verwendeten Gefahrensymbole genutzt. Alle bisherigen Symbole wurden grafisch abgeändert und heben sich durch die rot umrandete Raute mit weißem Hintergrund von den bisherigen quadratischen Symbolen mit orangem Hintergrund ab. Neu hinzugekommen sind der „Gaszylinder“ für komprimierte Substanzen, das „dicke Ausrufezeichensymbol“ und das Symbol für die Gesundheitsgefahr für Gefahren für die Gesundheit, außer Toxizität (giftig) und Augen- und Hautreizung (Ätzwirkung). Das „Andreaskreuz“ (Symbol mit dem Kennbuchstaben Xn oder Xi) wird zukünftig nicht mehr verwendet und durch die Gefahrenpiktogramme „Ätzwirkung“, „Gesundheitsgefahr“ oder „dickes Ausrufezeichensymbol“ ersetzt.<ref>Lit. UBA Leitfaden, 2.2 Kennzeichnung S. 19.</ref>

Da es sich beim GHS um ein zum bisherigen EU-Recht unterschiedliches Konzept<ref>Comparison between EU and GHS Criteria Human Health and EnvironmentS. DG ENTR G1 REACH, 8. Juni 2005, archiviert vom Original am 21. Juni 2006, abgerufen am 10. April 2009 (pdf, engl., Vergleich der Konzepte EU/GH; Entwurf: “The comparison is based on the GHS ST/SG/AC.10/30, 2003 as amended by ST/SG/AC.10/32/Add.3, 9 March 2005”).</ref> handelt, ist eine Einbindung in bestehende Systeme oder direkte Übertragung nicht möglich. Die Stoffe werden zum Teil auch nach anderen Regeln gekennzeichnet; so unterliegt z. B. die Einstufung als „giftig“ anderen Kriterien als im bisherigen EU-Recht.

Struktur des GHS

Die Art der Gefahr wird durch die Gefahrenklassen wiedergegeben. Die Abstufung der Gefahr innerhalb einer Gefahrenklasse erfolgt durch die Unterteilung in Gefahrenkategorien (hazard category). So werden beispielsweise entzündbare Flüssigkeiten in Abhängigkeit vom Flammpunkt in drei Gefahrenkategorien unterteilt. Für jede Gefahrenklasse samt Kategorie, die auf einen Stoff zutrifft, werden ihm ein oder mehrere Gefahrenhinweise (H-Sätze, Hazard Statements) zugeordnet, die ein bestimmtes Gefahrenpiktogramm und gegebenenfalls auch ein Signalwort – entweder Gefahr (danger) oder Achtung (warning) – zur Folge haben sowie eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen (P-Sätze, Precautionary Statements).

Übersicht: EU-Gefahrensymbole, UN/GHS-Gefahrenpiktogramme, UN/ADR-Gefahrensymbole

Hauptartikel: Gefahrenklasse
CLP-Verordnung UN Rec.Tr. / ADR(G)
EU-Kennzeichnung GHS-Kennzeichnung
Gefahren­symbol Gefah­ren­bezeichnung Kenn­buch­stabe Pikto­gramm Bezeich­nung Kodie­rung Signal­wort<ref>Art. 2 Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 Begriffsbestimmungen 4., siehe Lit. UBA Leitfaden, S. 20.</ref> Gefahren­klasse(G) Gefahr­gut­klasse(G)
48px Explo­sions­gefähr­lich E 48px Explodierende Bombe GHS01 Gefahr(1)(2) Instabile explosive Stoffe, Gemische und Erzeugnisse mit Explosiv­stoff(en), selbstzersetzliche Stoffe und Gemische, Organische Peroxide(1)(3) 32px Klasse 1
32px Klasse 5.2
48px Hoch­ent­zünd­lich F+ 48px Flamme GHS02 Gefahr(1)(2) Entzündbar, selbsterhitzungsfähig, selbstzersetzlich, pyrophor, Organische Peroxide(1)(3) 32px Klasse 2.1
32px Klasse 3
32px Klasse 4.1
32px Klasse 4.2
32px Klasse 4.3
32px Klasse 5.2
48px Leicht-
entzündlich
F
48px Brandfördernd O 48px Flamme über einem Kreis(1)(3) GHS03 Gefahr(1)(2) Entzündend (oxidierend) wirkend 32px Klasse 5.1
keine Entsprechung 48px Gasflasche GHS04 Achtung Gase unter Druck, verdichtete, verflüssigte, tiefgekühlt verfl., gelöste Gase 32px Klasse 2.2
48px Ätzend(5) C 48px Ätzwirkung GHS05 Gefahr / Achtung(5) Auf Metalle korrosiv wirkend, hautätzend, schwere Augenschädigung(5) 32px Klasse 8
48px Sehr giftig(7) T+ 48px Totenkopf mit gekreuzten Knochen GHS06 Gefahr Akute Toxizität(7) 32px Klasse 6.1
32px Klasse 2.3
48px Giftig(7) T
48px Reizend(5) Xi 48px dickes Ausrufe-
zeichensymbol(8)
GHS07 (8)(4)(5) (8) keine direkte Entsprechung
48px Gesundheits­schädlich(4) Xn 48px Gesund­heits­gefahr GHS08 Gefahr / Achtung div. Gesundheitsgefahren
48px Umwelt­gefähr­lich N 48px Umwelt(1)(9) GHS09 Achtung / Gefahr(1)(9) Gewässergefährdend(9) 48px Kenn­zeichen für umwelt­gefähr­dende Stoffe
keine Entsprechung keine direkte Entsprechung 32px Klasse 6.2
32px Klasse 7
32px Hot
Quelle: UNECE<ref>GHS Gefahrenpiktogramme in verschiedenen Formaten, unece.org</ref>, Leitfaden zur Anwendung der GHS-Verordnung Umweltbundesamt 2007<ref>Lit. UBA Leitfaden, 2.2 Kennzeichnung S. 18ff.</ref>, ADR
(G) Die Gefahrenklassen (Piktogramm) und zusätzlichen Gefahrenkategorien entsprechen ausdrücklich weitestgehend den Gefahrgutklassen 1–9 der UN Recommodations und ADR (wie auch RID, IMDG, DGR, ADN, u. a.) – es ist ein wesentliches Ziel des GHS, die bisher getrennten Gefahrstoff- und transportspezifische Gefahrgutkennzeichnungen auf einheitlicher Rechtsgrundlage zu harmonisieren. In Einzelfällen können sich Abweichungen in Einstufung nach UN-GHS und UN-Rec.Transp./IMO/ICAO-IATA/EU-GG ergeben. Auch Systeme wie US NFPA 704<ref>The Globally Harmonized System for Hazard Communication. In: Hazard Communication. Occupational Safety & Health Administration, United States Department of Labor, 10. Juni 2009, abgerufen am 15. Oktober 2009 (engl.).</ref> und CA WHMIS<ref>Vorlage:Internetquelle/Wartung/Zugriffsdatum nicht im ISO-FormatLe SIMDUT. In: Système d'Information sur les Matières Dangereuses Utilisées au Travail. Commission de la santé et de la sécurité du travail Québec, abgerufen am 15. Oktober 2009 (frz.).</ref> werden angeglichen bzw. ersetzt.
(1) teilweise Gefahrenkategorien ohne Piktogramm und/oder ohne Signalwort
(2) Signalwort Achtung für mindere Gefahrenkategorien
(4) die als gesundheitsschädlich (früher als mindergiftig) eingestuften Gefahrenkategorien nur mit dickem Ausrufezeichensymbol
(5) ätzend/reizend für Haut und Augen und auf Metalle korrosiv wirkend werden konsequent unterschiedlich gekennzeichnet: ersteres mit Doppelkennzeichnung als „Ätzwirkung“ und „dickes Ausrufezeichensymbol“, Signalwort Gefahr, letzteres nur dieses Piktogramm mit dem Signalwort Achtung
(7) die Kennzeichnung der Unterscheidung sehr giftig/giftig bzw. tödlich (akute Toxizität Kategorie 1/2)/giftig (Kategorie 3) wurde prinzipiell aufgegeben
(9) Gewässergefährdend mit Signalwort Achtung, Schädigung der Ozonschicht ohne Piktogramm und mit Signalwort Gefahr

Aufbau des GHS-Kennzeichnungsetiketts

Folgendes Muster gibt die Anforderungen an ein Kennzeichnungsetikett nach GHS wieder:<ref>Muster nach Lit. UBA Leitfaden, S. 66; in Bezug auf GHS 1.4.10.5.2 Information required on a GHS label und Annex 6 Examples of arrangements of the GHS label elements (pdf, UNECE); Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 TITEL III Gefahrenkommunikation durch Kennzeichnung Kap. 1 Inhalt des Kennzeichnungsetiketts Art. 17 ff.</ref> 600px

Entwicklung des GHS

Die Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (UNCED) hat mit der 1992 verabschiedeten Agenda 21 den Anstoß für die Entwicklung des GHS gegeben. Im Kapitel 19 der Agenda 21 wird u. a. eine Harmonisierung der Einstufung und Kennzeichnung von Stoffen gefordert. Der auf der Nachfolgekonferenz Rio+10 in Johannesburg, Südafrika, im September 2002 verabschiedete Durchführungsplan fordert die Länder auf, das GHS bis zum Jahr 2008 anzuwenden.

Im Dezember 2002 wurde das GHS von einer UN-Kommission inhaltlich verabschiedet.

Am 3. September 2008 hat die EU-Kommission beschlossen, GHS in weiten Teilen zu übernehmen und den Entwurf dem Europäischen Rat zur Verabschiedung zugeleitet. Dieser hat am 16. Dezember 2008 die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates (GHS-Verordnung) erlassen und am 31. Dezember 2008 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht, so dass die Verordnung am 20. Januar 2009, nämlich 20 Tage nach Veröffentlichung, ohne nationale Umsetzung in Kraft trat. Die neuen Kennzeichnungen können ab diesem Zeitpunkt für chemische Stoffe und Zubereitungen (Gemische) genutzt werden. Stoffe müssen parallel zur Umsetzung der REACH-Verordnung ab 1. Dezember 2010 nach GHS gekennzeichnet werden, Gemische ab 1. Juni 2015. Für Lagerbestände kann darüber hinaus noch eine zweijährige Übergangsfrist genutzt werden.

In der gleichen Verordnung ist auch der Anhang I der Stoff-Richtlinie 67/548/EWG mit der bisherigen EU-Kennzeichnung enthalten. Sie gilt (mit der am 15. Januar 2009 erschienenen 31. Anpassung) während der Übergangsfrist und ist infolge ihrer Veröffentlichung als Verordnung zum unmittelbar geltenden EU-Recht geworden, bedarf also erstmals keiner Umsetzung in nationales Recht.

Änderungen

Die durch die 2. ATP (Anpassung an den Technischen Fortschritt) bewirkten Änderungen müssen seit dem 1. Dezember 2012 für Stoffe und ab dem 1. Juni 2015 für Gemische umgesetzt werden. Die 3. ATP wurde am 10. Juli 2012 veröffentlicht.

Mit der am 1. Juni 2013 publizierten 4. ATP der CLP-Verordnung sind drei neue H-Sätze in Zusammenhang mit Aerosolen (neue Kategorie 3) und der neuen Klasse Chemisch unstabile Gase (Chem. Unstab. Gas) eingeführt worden. Zudem wurde das Set der P-Sätze und deren Kombinationen bereinigt. (Hinweis: Als Aerosole gelten nur die Druckgaspackungen (UN Nr. 1950), deren Volumen auf 1 Liter begrenzt ist, und nicht die "Chemikalien unter Druck" in größeren Druckbehältern.) Die mit der 4. ATP eingeführten Änderungen können im EWR sofort auf freiwilliger Basis angewendet werden. Gemische, deren Einstufung/Kennzeichnung noch nicht den Anforderungen der 4. ATP entspricht und die vor dem 1. Juni 2015 im EWR in Verkehr gebracht (z.B. importiert) wurden, können dort noch bis zum 1. Juni 2017 ohne Änderung der Kennzeichnung abverkauft werden. Stoffe, deren Einstufung/Kennzeichnung noch nicht den Anforderungen der 4. ATP entspricht, und die vor dem 1. Dezember 2014 im EWR in Verkehr gebracht (z.B. importiert) wurden, können dort noch bis zum 1. Dezember 2016 ohne Änderung der Kennzeichnung abverkauft werden.<ref name="reach">reach-compliance: Die H- und P-Sätze der EU, abgerufen am 22.Dezember 2014.</ref>

Es ist aber zu beachten, dass im Oktober 2013 bereits die 5. ATP und im Juni 2014 die 6. ATP der CLP-Verordnung veröffentlicht wurden.

  • Die 1. ATP der CLP Verordnung, (EU) Nr. 790/2009: (geänderte oder neue harmonisierte Einstufungen)
  • Die 2. ATP der CLP Verordnung, (EG) Nr. 286/2011: (geänderte oder neue Einstufungsregeln, H- und P-Sätze)
  • Die 3. ATP der CLP Verordnung, (EU) Nr. 618/2012: (geänderte oder neue harmonisierte Einstufungen)
  • Die 4. ATP der CLP-Verordnung, (EU) Nr. 487/2013: (geänderte oder neue Einstufungsregeln, H- und P-Sätze)
  • Die 5. ATP der CLP-Verordnung, (EU) Nr. 944/2013: (geänderte oder neue harmonisierte Einstufungen + P-Satz P210)
  • Die 6. ATP der CLP-Verordnung, (EU) Nr. 605/2014: (geänderte oder neue harmonisierte Einstufungen + Beitritt der Republik Kroatien)

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

<references />