Gyokuon-hōsō
In der Radioansprache Gyokuon-hōsō (jap. 玉音放送, dt. etwa: „Übertragung der kaiserlichen (wörtl.: diamantenen) Stimme“) verlas Tennō Hirohito den „Kaiserlichen Erlass zur Beendigung des Großostasiatischen Kriegs“ (大東亜戦争終結ノ詔書, Daitōa sensō shūketsu no shōsho). Es handelt sich um die erste öffentliche Übertragung der Stimme des Tennō. Mit seinem Erlass wies er die japanische Regierung an, die Potsdamer Erklärung zu akzeptieren, in der die bedingungslose Kapitulation Japans im Zweiten Weltkrieg gefordert wurde. Da der Kaiser die Kapitulation nicht ausdrücklich erwähnte, sondern nur davon sprach, die Potsdamer Erklärung zu akzeptieren, herrschte in der japanischen Bevölkerung Verwirrung, ob Japan denn nun tatsächlich kapituliert hätte. Die Rede wurde am 15. August 1945 zu Mittag japanischer Zeit ausgestrahlt, kurz nach der Schlacht um Okinawa, neun Tage nach dem Atombombenabwurf auf Hiroshima und sechs Tage nach demjenigen auf Nagasaki. Außerdem war eine Woche zuvor die Sowjetunion in den Krieg gegen Japan eingetreten. Der Kaiser erwähnte die Bombenabwürfe, jedoch nicht die sowjetischen Siege in der Mandschurei.
Die Rede war eine Aufzeichnung, die ein oder zwei Tage zuvor im Kaiserpalast erfolgt war. Viele japanische Militärs empfanden es als unehrenhaft, den Krieg auf diese Weise zu beenden, und unternahmen am 14. August einen Putschversuch. Unter der Vorgabe falscher Befehle ließ Hatanaka Kenji, einer der hauptverantwortlichen Verschwörer, am Abend jenes Tages den kaiserlichen Palast besetzen, um die Aufzeichnung zu vernichten; diese wurde jedoch nicht gefunden.
Die offizielle englische Übersetzung der Rede unterscheidet sich von der japanischen Originalfassung dahingehend, dass der letzte Satz weggelassen wurde. Dieser enthält in einem scharfen Befehlston die Anweisung, dem Edikt Folge zu leisten.
Der Text ist von rechts nach links zu lesen:
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Seiten 6 und 7 (Unterschriften der Minister)
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Seiten 4 und 5 (Text und Unterschrift des Tennō)
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Seiten 2 und 3 (Text)
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Seite 1 (Text)
Volltext
„An unsere guten und loyalen Untertanen:
Nach tiefem Nachdenken über die allgemeinen Entwicklungen in der Welt und den tatsächlichen Bedingungen unseres Reiches, haben Wir heute beschlossen, eine Beilegung der gegenwärtigen Situation durch den Rückgriff auf eine außerordentliche Maßnahme zu bewirken.
Wir haben unsere Regierung angeordnet, an die Regierungen der Vereinigten Staaten, Großbritanniens, Chinas und der Sowjetunion zu kommunizieren, dass unser Reich die Bestimmungen ihrer gemeinsamen Erklärung akzeptieren will.
Die Bemühung, sich für den gemeinsamen Wohlstand und das Glück aller Nationen sowie die Sicherheit und das Wohlbefinden Unserer Untertanen einzusetzen, ist die feierliche Verpflichtung, die Uns von Unseren kaiserlichen Vorfahren weitergegeben wurde und die Uns am Herzen liegt.
Tatsächlich erklärten Wir Amerika und Großbritannien den Krieg, da es Unser aufrichtiger Wunsch war, Japans Selbsterhaltung und die Stabilisierung Ostasiens zu gewährleisten, wobei es Uns fern lag, weder die Souveränität anderer Nationen zu verletzen, noch auf territoriale Vergrößerung zu drängen.
Aber jetzt hat der Krieg fast vier Jahre gedauert. Trotz des Besten, das von allen geleistet wurde – des ritterlichen Kampfes der Land- und Seestreitkräfte, des Fleißes und der Emsigkeit Unserer Staatsdiener, und des hingebungsvollen Dienstes Unserer einhundert Millionen Menschen – hat sich die Kriegssituation nicht unbedingt zu Japans Vorteil entwickelt, während die allgemeinen Entwicklungen der Welt sich gegen sein Interesse wandte.
Darüber hinaus hat der Feind begonnen, eine neue und grausamste Bombe einzusetzen, deren Zerstörungskraft unberechenbar ist, wobei diese viele unschuldige Leben gefordert hat. Sollten Wir weiter kämpfen, würde dies nicht nur zum ultimativen Zusammenbruch und der Auslöschung der japanischen Nation führen, sondern auch zum vollständigen Aussterben der menschlichen Zivilisation.
Da dies der Fall ist, wie sollen Wir die Millionen unserer Untertanen retten, oder uns selbst vor den heiligen Geistern Unserer Vorfahren verantworten?
Dies ist der Grund, warum Wir die Annahme der Bestimmungen der Gemeinsamen Erklärung der Mächte akzeptieren.
Wir drücken das tiefste Mitgefühl und Gefühl des Bedauerns gegenüber Unseren alliierten Nationen Ostasiens aus, die konsequent mit Uns zusammengearbeitet haben, um die Emanzipation Ostasiens zu erreichen.
Der Gedanke an diese Offiziere und Soldaten sowie andere, die in den Schlachtfeldern gefallen sind, und diejenigen, die auf ihren Posten der Pflicht gestorben sind, oder diejenigen, die mit dem frühen Tod ihrer Hinterbliebenen gepeinigt sind, schmerzt Unser Herz Tag und Nacht.
Das Wohl der Verwundeten und den vom Krieg Betroffenen und derer, die ihre Häuser und Lebensgrundlage verloren haben, sind Ziel Unserer tiefen Sorge.
Die Nöte und Leiden, die auf unsere Nation in Zukunft warten, werden sicherlich groß sein. Wir sind Uns voll im Klaren über die innersten Gefühle von euch allen, Unseren Untertanen. Doch es ist entsprechend dem Diktat der Zeit und des Schicksals, dass Wir beschlossen haben, den Weg für einen großen Frieden zu ebnen für all die Generationen, die ein Leid erdulden müssen, das nicht erduldbar ist.
Wir waren in der Lage, die Struktur des kaiserlichen Staates zu bewahren, und Wir sind immer mit Ihnen, unseren guten und treuen Untertanen, auf ihre Aufrichtigkeit und Integrität zählend.
Hüten Sie sich vor jeglichen Gefühlsausbrüchen, die unnötige Komplikationen hervorrufen könnten, oder einen brüderlichen Streit und Hader, die Verwirrung stiften könnten, in die Irre führen und Sie dazu bringen könnte, das Vertrauen in die Welt zu verlieren.
Lassen Sie die ganze Nation weiterhin als eine Familie von Generation zu Generation überdauern, immer fester in seinem Glauben an die Unvergänglichkeit seines heiligen Landes, und eingedenk seiner schweren Last der Verantwortung und des langen Weges, der vor ihm liegt.
Vereinigt Eure gesamte Stärke, gewidmet dem Wiederaufbau der Zukunft. Kultivieren Sie die Wege der Rechtschaffenheit, der Pflege des Adel des Geistes, und der Arbeit mit Hingabe – damit ihr die angeborene Herrlichkeit des kaiserlichen Staates verbessern und Schritt mit dem Fortschritt der Welt halten könnt.“
Literatur
- Gerhard Krebs: Die Kapitulation Japans und der Abwurf der Atombomben. In: Periplus 1995. Jahrbuch für Außereuropäische Geschichte, 5. Jg., Münster, LIT 1996, S. 34-52. (enthält eine deutsche Übersetzung der Rundfunkansprache)