Hartmut A. G. Bosinski


aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Wechseln zu: Navigation, Suche

Hartmut A. G. Bosinski (* 14. August 1956 in Güstrow) ist ein deutscher Sexualmediziner und Psychotherapeut. Nach einer langen Zeit als Professor und Leiter der Sexualmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein arbeitet er heute als niedergelassener Arzt.

Beruflicher Werdegang

Hartmut Bosinski ist der Sohn des Theologen Gerhard Bosinski. Nach Schulbesuch in Neustrelitz und Berlin studierte er 1975 bis 1981 Humanmedizin an der Universität Rostock, wo er 1980 bei dem Entwicklungspsychologen und Sexualpädagogen Heinz Grassel seine Diplomarbeit zum Thema „Sexualwissen bei Vorschulkindern“<ref>Grassel, H./ H.Bosinski: Sexualwissen und Geschlechtsrollenvorstellungen bei Vorschulkindern. In: Zeitschrift für Ärztliche Jugendkunde 74, 1983, S. 110–120.</ref> abschloss. Das Thema weitete er im Rahmen seiner Dissertation auf eine große Stichprobe von Vorschulkindern aus und wurde damit 1986 an der medizinischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin promoviert.<ref>Bosinski, H.A.G.: Zum aktuellen Stand der Geschlechtserziehung im Vorschulalter. In: Zeitschrift für Ärztliche Jugendkunde 80, 1989, S. 290–297.</ref> <ref>Bosinski, H.A.G.: Zur Geschlechtersozialisation im Vorschulalter in der DDR - Ein Nachtrag oder "Als Mutti früh zur Arbeit ging". In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität zu Berlin 41, 1992, S. 39–49.</ref> Nach dem administrativ unterbundenen Versuch einer Ausbildung zum Kinder- und Jugendpsychiater absolvierte er von 1981 bis 1986 eine Ausbildung zum Facharzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin an der Berliner Charité. Von 1987 bis 1992 arbeite er mit dem Forschungsschwerpunkt „Sexualwissenschaft“ als Assistent im Interdisziplinären Forschungsprojekt „Biopsychosoziale Einheit Mensch – Struktur und Dynamik der Humanontogenese“ an der Berliner Humboldt-Universität unter Leitung von Karl-Friedrich Wessel u.a. mit dem Entwicklungspsychologen Hans-Dieter Schmidt, dem Endokrinologen Günter Dörner und dem Tierverhaltensforscher Günter Tembrock zusammen. Er war Mitbegründer der „Volksinitiative Bildung“ und Vertreter in der AG „Bildung, Erziehung, Jugend“ am Runden Tisch im Herbst 1989.<ref>http://www.ddr89.de/ddr89/chronik/0190/170190.html</ref> 1992 wurde er Assistent des Sexualmediziners Reinhard Wille an der Sexualmedizinischen Forschungs- und Beratungsstelle am Universitätsklinikum Kiel, wo er sich 1996 zum Thema „Transsexualität“ habilitierte.<ref>Bosinski, H.A.G.; Peter, M.; Bonatz, G.; Arndt, R.; Heidenreich, M.; Sippell, W.G.; Wille, R.: A higher rate of hyperandrogenic disorders in female-to-male transsexuals. In: Psychoneuroendocrinol 22, 1997, 361–380.</ref> <ref>Bosinski, H.A.G.; Schröder, I.; Peter, M.; Arndt, R.; Wille, R.; Sippell, W.G.: Anthropometrical measurements and androgen levels in males, females, and hormonally untreated female-to-male transsexuals. In: Archives of Sexual Behavior 26, 1997, 143–157.</ref> Von 1997 bis 2013 war er Leiter der Kieler Sexualmedizin, die auf seine Initiative zur Sektion für Sexualmedizin umgewandelt wurde, und etablierte den bundesweit ersten Zertifikatsstudiengang Sexualmedizin für Studierende der Medizin, Psychologie und Rechtswissenschaften. Gemeinsam mit dem Rechtspsychologen Günter Köhnken und der Rechtswissenschaftlerin Monika Frommel gründete er u.a. das „Zentrum für Rechtspsychologie, Kriminalwissenschaften und forensische Psychopathologie“ an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Im September 2013 wurde die Sektion für Sexualmedizin durch die Leitung des Universitätsklinikum Schleswig-Holstein aus Kostengründen aufgelöst<ref> Sabine Rückert: Opferschutz abgewickelt. In: Die Zeit, 2. Februar 2012.</ref> <ref>Eckard Gehm: Sexualmediziner Bosinski wirft aus Protest hin. In: Schleswig-Holsteinische Landeszeitung, 27. Juni 2013.</ref> <ref>Esther Geisslinger: „Kaufleute entscheiden“. In: Taz, 2. Juli 2013.</ref> und Bosinski eröffnete in Kiel eine eigene Praxis für Sexualmedizin.

Forschungsschwerpunkte

  • Forensische Sexualmedizin / Paraphilie
  • Periphere und zentralnervöse Verarbeitung sexueller Reize
  • Ursachen, Verlauf, Diagnostik und Therapie sexueller Störungen
  • Biopsychosoziale Grundlagen der sexuellen Orientierung
  • Störungen der Geschlechtsidentität im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter
  • Psychosexuelle Aspekte bei Intersexualität / Disorders of sex development

Mitgliedschaft in wissenschaftlichen Gesellschaften

Schriften

  • Wessel, K.F.; Bosinski, H.A.G. (Hrsg.): Interdisziplinäre Aspekte der Geschlechterverhältnisse in einer sich wandelnden Zeit. Bielefeld: Kleine Verlag 1992, ISBN 3893701532.
  • Bosinski, H.A.G.; Kirchhof, P.; Nave-Herz, R.; Robbers, G.; Rotter, H.: Eingetragene Lebenspartnerschaft. Rechtssicherheit für homosexuelle Paare – Angriff auf Ehe und Familie? Regensburg: Verl. Friedrich Pustet 2001, ISBN 3621278230
  • Bosinski, H.A.G.: Geschlechtsidentitätsstörungen im Kindesalter. In: Lauth, G.W.; Brack, U.; Linderkamp, F. (Hrsg.): Praxishandbuch: Verhaltenstherapie bei Kindern und Jugendlichen. Weinheim: Beltz-PVU 2001, ISBN 3621278230, S. 265–274.
  • Bosinski, H.A.G.: Sexuelle Übergriffe – Die Opfer. In: Ostendorf,H.; Köhnken, G.; Schütze, G. (Hrsg): Aggression und Gewalt. Frankfurt;M.: Peter Lang 2002, ISBN 3631384440, S. 159–174.
  • Oehmichen, M.; Kaatsch, H.-J.; Bosinski, H.A.G. (Hrsg.): Gewalt gegen Frauen und Kinder. Bestandsaufnahme – Diagnose – Prävention. Lübeck: Schmidt-Römhild 2004, ISBN 3795003296.
  • Beier, K.M.; Bosinski, H.A.G.; Loewit, K.: Sexualmedizin – Grundlagen und Praxis. München: Urban & Fischer 2005 (2. überarb. Auflage), ISBN 3437314521
  • Bosinski, H.A.G.: Nosologie, Symptomatik, Verlauf und Differentialik transsexueller Geschlechtsidentitätsstörungen. In: Stalla, G.K. (Hrsg) Therapieleitfaden Transsexualität. Bremen: Uni-Med Verlag 2006, ISBN 3837414795, S. 28–42.
  • Bosinski, H.A.G.: Somatosexuelle und psychosexuelle Entwicklung normaler und gestörter Geschlechtsidentität. In: Stalla, G.K. (Hrsg.) Therapieleitfaden Transsexualität. Bremen: Uni-Med Verlag 2006, ISBN 3837414795, S. 22–27.
  • Bosinski, H.A.G.: Sexualstörungen - Geschlechtsidentitätsstörungen. In: Förstl, H.; Hautzinger, M.; Roth, G. (Hrsg.) Neurobiologie psychischer Störungen. Heidelberg: Springer 2006, ISBN 3540256946, S. 808-826.
  • Bosinski, H.A.G.: Sexualmedizinische Störungsbilder. In: Kiechle, M. (Hrsg.): Gynäkologie und Geburtshilfe. Urban & Fischer 2007, ISBN 3437424076, S. 167–178.
  • Bosinski, H.A.G.: Neurobiologie der Transsexualität. In: Müller, J. (Hrsg.): Neurobiologie forensisch relevanter Störungen. Grundlagen, Störungsbilder, Perspektiven. Stuttgart: Kohlhammer (S. 394-405) ISBN 978-3-17-020471-3
  • Bosinski, H.A.G.: Geschlechtsidentitätsstörungen – Begutachtungen nach dem Transsexuellengesetz. In: Häßler, F.; Kinze, W.; Nedopil, N. (Hrsg.): Praxishandbuch Forensische Psychiatrie des Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalters. Berlin: MWV 2011, ISBN 978-3941468252, S. 547–566.
  • Bosinski, H.A.G.: Die forensische Bedeutung von "Paraphilia-related Disorder" und "Hypersexual Disorder". In: Saimeh, N. (Hsrg.): Mit Sicherheit behandeln. Eickelborner Schriftenreihe zur Forensischen Psychiatrie. Berlin: MWV 2014, ISBN 978-3-95466-118-3, S. 53–63.
  • Bosinski, H.A.G.: Sexuelle Phantasien, Süchte und Zwänge in der Genese von Sexualdelikten. In: Greuel, L.; Petermann, A.; Boetticher, A. (Hrsg.): Macht - Zwang - Gewalt (?) Sexuelle Gewalt- und Tötungskriminalität im forensischen Kontext. Lengerich: Pabst Science Publishers 2015, ISBN 978-3-95853-065-2.
  • Bosinski, H.A.G.: Eine Normvariante menschlicher Beziehungsfähigkeit: Homosexualität aus Sicht der Sexualmedizin. In: Goertz, S. (Hrsg.): Wer bin ich, ihn zu verurteilen? Homosexualität und katholische Kirche. Freiburg i.Br., Herder-Verlag 2015. ISBN 978-3-451-33273-9, S. 91–130.

Weblinks

Einzelnachweise

<references />