Horizontaler Gentransfer


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Datei:Horizontal-gene-transfer.jpg
Moderner Stammbaum des Lebens. Er teilt sich in drei Domänen, entsprechend der Ergebnisse von Carl Woese und Anderen. Der horizontale Gentransfer durch Chloroplasten und Mitochondrien findet sich in der unteren Mitte der Abbildung. Nach Woese hat bei der Entstehung der drei Domänen aus einem Konsortium von Urzellen mit sehr kleinem Genom der horizontale Gentransfer die entscheidende Rolle gespielt (Abb. unten). <ref>Nature Reviews Microbiology 3, 675-678 (September 2005) </ref>

Horizontaler Gentransfer (HGT) oder lateraler Gentransfer (LGT) bezeichnet eine Übertragung von Genen bzw. Erbmaterial, die nicht entlang der Abstammungslinie erfolgt. Im Gegensatz zum horizontalen Gentransfer erfolgt der vertikale Gentransfer von Vorfahren zu den Nachkommen.

Evolution

Horizontaler Gentransfer bildet in der Evolutionstheorie eine Möglichkeit zur Erklärung von Sprüngen in der Entwicklung vor allem von Mikroorganismen. Ebenfalls gegenüber dem horizontalen Gentransfer lässt sich die vertikale Transmission abgrenzen, bei der Erbgut von Krankheitserregern von einer „infizierten“ Generation an eine andere weitergegeben wird (etwa bei Wolbachia pipientis). Die Gene befinden sich oftmals in einer mobilen Form (ein Vektor wie Bakteriophagen oder Plasmide). Der horizontale Gentransfer ermöglicht eine beschleunigte Anpassung an veränderte Umgebungsbedingungen, z. B. durch Weitergabe von Antibiotikaresistenzen oder eines Virulenzfaktors, teilweise auch gruppiert in Pathogenitätsinseln. Der horizontale Gentransfer erschwert die Bestimmung von Stammbäumen durch molekulare Uhren.<ref name="DOI10.1099/ijs.0.63510-0">J. H. Badger: Genomic analysis of Hyphomonas neptunium contradicts 16S rRNA gene-based phylogenetic analysis: implications for the taxonomy of the orders 'Rhodobacterales' and Caulobacterales. In: INTERNATIONAL JOURNAL OF SYSTEMATIC AND EVOLUTIONARY MICROBIOLOGY. 55, 2005, S. 1021, doi:10.1099/ijs.0.63510-0. PMID 24318976.</ref>

Gentechnik

Horizontaler Gentransfer bildet in der Gentechnik eine wichtige Methode, um transgene Organismen zu erzeugen. Für Prokaryoten und Eukaryoten sind jeweils unterschiedliche Methoden erfolgreich in Gebrauch. Bei Prokaryoten wird die Konjugation, die Transduktion und die Transformation verwendet. Bei Eukaryoten kann als Äquivalent zur Transformation bei Prokaryoten eine Transfektion durchgeführt werden.

Nachweise und Beispiele

Direkt nachgewiesen wurde die Übertragung prokaryotischer DNA auf Eukaryoten bisher bei Agrobacterium tumefaciens (Pflanzenzellen) und Bartonella henselae (menschliche Zellen).<ref name="PMID21314429">M. Van Montagu: It is a long way to GM agriculture. In: Annual review of plant biology. Band 62, Juni 2011, S. 1–23, ISSN 1545-2123. doi:10.1146/annurev-arplant-042110-103906. PMID 21314429. </ref><ref name="PMID21844337">G. Schröder, R. Schuelein u.a.: Conjugative DNA transfer into human cells by the VirB/VirD4 type IV secretion system of the bacterial pathogen Bartonella henselae. In: PNAS Band 108, Nummer 35, August 2011, S. 14643–14648. doi:10.1073/pnas.1019074108. PMID 21844337. PMC 3167556 (freier Volltext).</ref>

Ein Beispiel für einen horizontalen Gentransfer unter höheren Organismen ist der Transfer von Genen für die Carotinoid-Synthese von einem Pilz auf die Erbsenlaus (Acyrthosiphon pisum).<ref>Lateral Transfer of Genes from Fungi Underlies Carotenoid Production in Aphids. www.sciencemag.org. Abgerufen am 15. Januar 2011.</ref><ref>A Fungal Past to Insect Color. www.sciencemag.org. Abgerufen am 15. Januar 2011.</ref>

Ebenso gilt als Beispiel die Übernahme eines Cellulasegens durch einen Zweig der Nematoda von ihren Endosymbionten.<ref>Jones, John T., Cleber Furlanetto, Taisei Kikuchi:[1] Horizontal gene transfer from bacteria and fungi as a driving force in the evolution of plant parasitism in nematodes. Nematology Band 7, Nr. 5, 2005, S. 641–646.</ref><ref>Mayer, Werner E. et al.:Horizontal gene transfer of microbial cellulases into nematode genomes is associated with functional assimilation and gene turnover. BMC Evolutionary Biology, Band 11, Nr. 1, 2011, S. 13.</ref>

2012 fanden Ricardo Acuña und Kollegen<ref>Ricardo Acuña, Beatriz E. Padilla, Claudia P. Flórez-Ramos, José D. Rubio, Juan C. Herrera, Pablo Benavides, Sang-Jik Lee, Trevor H. Yeats, Ashley N. Egan, Jeffrey J. Doyle, Jocelyn K. C. Rose (2012): Adaptive horizontal transfer of a bacterial gene to an invasive insect pest of coffee. Proceedings of the National Academy of Sciences USA vol. 109 no. 11: 4197–4202. doi:10.1073/pnas.1121190109</ref> Indizien dafür, dass der Kaffeekirschenkäfer (Hypothenemus hampei) das Gen HhMAN1 für das Verdauungsenzym Mannanase durch horizontalen Gentransfer von einem noch unidentifizierten Bakterium erworben hat. Das Enzym erlaubt es dem Käfer, Galactomannane, die wichtigsten Speicher-Kohlenhydrate der Kaffeebohne, aufzuschließen und zu verdauen.

Eine umfassende Suche nach Bakteriengenen in den inzwischen zahlreichen offen zugänglichen Sequenzen menschlicher Genome fand insbesondere in bestimmten Krebszellen eingeschleuste Bakteriengene, aber auch in wenigen Fällen in normalen Zellen.<ref name="DOI10.1371/journal.pcbi.1003107">David R. Riley, Karsten B. Sieber u. a.: Bacteria-Human Somatic Cell Lateral Gene Transfer Is Enriched in Cancer Samples. In: PLoS Computational Biology. 9, 2013, S. e1003107, doi:10.1371/journal.pcbi.1003107.</ref>

Siehe auch

Einzelnachweise

<references />