Immanenz


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Immanenz (lateinisch immanere ‚darin bleiben‘, ‚anhaften‘) bezeichnet das in den Dingen Enthaltene, das sich aus ihrem Wesen ergibt. Es ist der Gegenbegriff zur Transzendenz. Das Adjektiv immanent bezeichnet eine einem Gegenstand innewohnende Eigenschaft, die somit nicht durch Folgerung oder Interpretation hergeleitet worden ist.

Geschichte

Die Scholastik unterscheidet immanente Handlungen, die sich auf den Handelnden beziehen, sowie transzendente, die über den Handelnden hinausweisen. Des Weiteren bedeutet Immanenz:

  • in der Philosophie Spinozas die Anwesenheit Gottes in der Welt als Ursache aller Wirkungen<ref>Baruch de Spinoza: Kurze Abhandlung von Gott, dem Menschen und dessen Glück. Hrsg. Werner Baltruschat, Sämtliche Werke, Band 1, Meiner, Hamburg 1991, S. 34.</ref>
  • nach Kant in erkenntnistheoretischer Sicht das Verbleiben in den Grenzen möglicher Erfahrung (KrV B 352 und B 671)
  • bei Schelling, der Spinoza eine Verdinglichung des Seienden und damit einen Determinismus vorhielt, den Einschluss des Endlichen (Naturalismus = Immanenz) in das Absolute (Theismus = Transzendenz) als Vorbedingung der Freiheit, da alles in Gott enthalten und der Mensch ein Reflex Gottes ist<ref>Friedrich Wilhelm Joseph Schelling: Philosophische Untersuchungen über das Wesen der menschlichen Freiheit und die damit zusammenhängenden Dinge. Sämmtliche Werke, Band VII, Stuttgart/Augsburg 1860, S. 336.</ref>
  • in der Phänomenologie Edmund Husserls die Sphäre zweifelloser Gegebenheiten<ref>Edmund Husserl: Idee der Phänomenologie. Husserliana Band II. 1907, S. 30.</ref>, die Natur als Transzendenz in der Erscheinung als Immanenz<ref>Edmund Husserl: Grundprobleme der Phänomenologie. Husserliana Band 13, 1910/11, S. 75.</ref>
  • bei Karl Jaspers Dasein, Bewusstsein überhaupt und Geist als die drei immanenten Weisen des Umgreifenden, die das Subjekt bilden<ref>Karl Jaspers: Chiffren der Transzendenz, S. 99.</ref>
  • bei Gilles Deleuze den Grundbegriff einer differenztheoretischen Ontologie, den er mit dem Leben gleichsetzte<ref>Gilles Deleuze: Die Immanenz: ein Leben ... In: F. Balke, J. Vogel (Hrsg.): Gilles Deleuze – Fluchtlinien der Philosophie, Fink, München 1996, S. 29–33.</ref>

Ganz im Sinne Spinozas dichtete Goethe 1812:

„Was wär ein Gott, der nur von außen stieße, /
Im Kreis das All am Finger laufen ließe! /
Ihm ziemt’s, die Welt im Innern zu bewegen, /
Natur in Sich, Sich in Natur zu hegen, /
So dass, was in Ihm lebt und webt und ist, /
Nie Seine Kraft, nie Seinen Geist vermisst.“<ref>Johann Wolfgang von Goethe: Berliner Ausgabe. Poetische Werke [Band 1–16], Band 1, Berlin 1960 ff, S. 535 (online bei Zeno.org)</ref>

Siehe auch

Literatur

  • L. Oeing-Hanhoff: Artikel Immanenz, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, Band 4, hrsg. von Joachim Ritter und Karlfried Gründer, Schwabe, Basel/Stuttgart 1976, S. 220–237.
  • Susanne Beer: Immanenz und Utopie – Zur Kulturkritik von Theodor W. Adorno und Guy Debord. LIT-Verlag, Münster 2012, ISBN 978-3-643-11487-7.

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: immanent – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

<references />