Jürgen Manemann


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Jürgen Manemann (Dezember 2009)

Jürgen Manemann (* 6. Oktober 1963 in Lingen (Ems)) ist katholischer Theologe, Politik-Philosoph und Direktor des Forschungsinstituts für Philosophie Hannover. Bis 2009 war er Professor für Christliche Weltanschauung, Religions- und Kulturtheorie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt. Er ist Schüler von Johann Baptist Metz und einer der profiliertesten Vertreter der „neuen“ Politischen Theologie. In der Auseinandersetzung mit dem prophetischen Pragmatismus von Cornel West entwickelt er die Politischen Theologie weiter.

Leben

Nach dem Abitur am Gymnasium Georgianum in Lingen/Ems studierte Manemann in Münster Katholische Theologie. Nach dem Diplom erfolgte 1993 seine Promotion bei Johann Baptist Metz und 2000 die Habilitation. 1997 und 2011 war er Coolidge-Fellow der Association for Religious and Intellectual Life in America an der Columbia University/New York. 2008 war er Gastprofessor an der Dormitio/Jerusalem. Von 2001-2004 lehrte er als Privatdozent Fundamentaltheologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. Mehrere Forschungsaufenthalte in den USA; zahlreiche Gastvorlesungen im In- und Ausland.

Von 2004-2009 war er Professor für Christliche Weltanschauung, Religions- und Kulturtheorie an der Universität Erfurt. Er ist u.a. Mitglied des Steven S. Weinstein Holocaust Symposion<ref>Forschungsinstitut für Philosophie Hannover, abgerufen am 2. Oktober 2012</ref>, Wroxton College, England; Mitbegründer und Organisator des Ahauser Forums Politische Theologie; Mitglied des wissenschaftlichen Beirates der Zeitschrift für Medizinische Ethik; Beiratsmitglied der Zeitschrift „Res Publica. A Journal of Legal and Social Philosophy“ (2000–2009), Schriftleiter der "Theologie der Gegenwart (2007-09) und Herausgeber des Jahrbuchs Politische Theologie(1995-2008). Er ist Herausgeber der Buchreihen "Philosophie aktuell" (Lit-Verlag, Münster), "Preisschriften des Forschungsinstituts für Philosophie Hannover" (Wallstein Verlag, Göttingen). Darüber hinaus ist er Mitorganisator des Festivals der Philosophie in Hannover. Seit 2009 ist er Direktor des Forschungsinstituts für Philosophie Hannover.

Theologie und Philosophie

Als Politik-Philosoph geht es Jürgen Manemann zentral darum, die Erkenntnisse der neuen politischen Theologie in der Auseinandersetzung mit dem prophetischen Pragmatismus von Cornel West weiterzuentwickeln und für eine Philosophie der Politik fruchtbar zu machen.<ref>J. Manemann u.a., Prophetischer Pragmatismus. Eine Einführung in die Philosophie von Cornel West, München 22012</ref> Sowohl Theologie als auch Politik bedürfen s.E. einer neuen Verortung. Manemann teilt das politische Feld in drei Ebenen auf: die Regierungspolitik, deren Ethik die Macht ist, die Bürger_innenpolitik, deren Ethik die Veränderung ist, und die Gerechtigkeit, die das Fundament der Politik ist. So schreibt er: „Das Politische zu kennen, heißt wissen, was gerecht ist.“<ref>J. Manemann, Wie wir gut zusammen leben. 11 Thesen für eine Rückkehr zur Politik, Ostfildern 2013, 78</ref> Die Grundvoraussetzung aller Politik ist jedoch Leidempfindlichkeit. Zentral für sein Denken ist die Frage „Wie sollen wir zusammen leben?“. Neben der repräsentativen und direkten Dimension der Demokratie will Manemann die partizipative stärken, die für ihn basal ist.<ref>Jürgen Manemann:Liquid Democracy - Ein kritischer Diskussionsbeitrag 16.August 2013</ref>. Manemann plädiert für eine aktivierende Politikethik, die sich dafür einsetzt, dass die Grundlagen der Politik erhalten bleiben und verbessert werden. In diesem Zusammenhang fordert er auch eine Transformation der christlichen Sozialethik in eine aktivierende christliche Politikethik.<ref>Jürgen Manemann:Plädoyer für eine aktivierende christliche Politikethik1. April 2014</ref>. In seiner Politikethik setzt er sich auch mit dem Dschihadismus auseinander. Dschihadismus ist für ihn ein aktiver Nihilismus. Ihm könne hierzulande, so Manemann, nur eine konsequente Politik der Anerkennung und der Leidempfindlichkeit widerstehen.<ref>J. Manemann, Der Dschihad und der Nihilismus des Westens- Warum ziehen junge Europäer in den Krieg?</ref> Darüber hinaus befasst sich Manemann mit Fragen eines atheistischen Humanismus.<ref>Anthony Pinn/J. Manemann (Ed.), Studies in Humanism and Atheism</ref>

Die entscheidenden Herausforderungen der Gegenwart sind für Manemann die Demokratie und der Klimawandel.Gegen die Rede vom Anthropozän, das zum Programmwort klimapolitischer Debatten avanciert, plädiert Manemann für eine neue Humanökologie, denn an der Zeit ist nicht eine weitere Hominisierung der Welt, sondern eine tiefere Humanisierung des Menschen. Manemann entwirft eine neue Humanökologie, die auf eine Transformation der Zivilgesellschaft zu einer „Kulturgesellschaft“ (Adrienne Goehler) zielt. <ref>J. Manemann, Kritik des Anthropozäns: Plädoyer für eine neue Humanökologie, Bielefeld 2014.</ref>


Werke

  • „Weil es nicht nur Geschichte ist“ (H. Sherman). Die Begründung der Notwendigkeit einer fragmentarischen Historiographie des Nationalsozialismus aus politisch-theologischer Sicht, Hamburg/Münster 1995
  • Carl Schmitt und die Politische Theologie. Politischer Anti-Monotheismus, Münster 2002
  • Rettende Erinnerung an die Zukunft. Essay über die christliche Verschärfung, Mainz 2005
  • Jahrbuch Politische Theologie, Bd. 1: Demokratiefähigkeit, Hamburg/Münster 1995 (zweite unv. Auflage 2000)
  • Christologie nach Auschwitz − Stellungnahmen im Anschluß an Thesen von Tiemo Rainer Peters (zusammen mit J. B. Metz), Münster 1998 (zweite Auflage 2001 mit einer Antwort von Tiemo Rainer Peters)
  • Jahrbuch Politische Theologie, Bd. 3: Befristete Zeit, Hamburg/Münster 1999
  • Religion und Terror. Stimmen zum 11. September aus Christentum, Islam und Judentum (zusammen mit H. Lutterbach), Münster 2002
  • Jahrbuch Politische Theologie, Bd. 4: Monotheismus, Hamburg/Münster 2002 (zweite verbesserte Auflage 2005)
  • Missing God? Cultural Amnesia and Political Theology (hg. zs.mit J. K. Downey/ S. T. Ostovich), Berlin 2006.
  • Über Freunde und Feinde. Brüderlichkeit Gottes, Kevelaer 2008
  • Jahrbuch Politische Theologie, Bd. 5: Politische Theologie – gegengelesen (hg. zs. mit B. Wacker), Hamburg/Münster 2008
  • Religionsproduktivität in Europa. Markierungen im religiösen Feld (hg. zs. mit J. Malik), Münster 2009
  • Wie sollen wir zusammen leben? Diagnosen zur Zeit (Broschüre), Hildesheim 2010
  • Kirche-Kernenergie-Klimawandel. Eine Stellungnahme mit Dokumenten (hg. zs. mit E. Bohlken/V. Drell/M. Dröscher/T. Hoffmann/A. Holzknecht), Münster 3. Aufl. 2011
  • Prophetischer Pragmatismus. Eine Einführung in das Denken von Cornel West (zs. mit Y. Arisaka/V. Drell/A.M. Hauk), München 2012
  • Religion und Migration heute. Perspektiven - Positionen - Projekte (hg. zs. mit W. Schreer), Regensburg 2012
  • Habituelle Unternehmensethik. Von der Ethik zum Ethos (hg. zs. mit U. Hemel/A. Fritzsche), Baden-Baden 2012
  • Wie wir gut zusammen leben. 11 Thesen für eine Rückkehr zur Politik, Ostfildern 2013
  • Kritik des Anthropozäns: Plädoyer für eine neue Humanökologie, Bielefeld 2014
  • Wirtschaftsanthropologie (hg. zs. mit U. Hemel/C. Dierksmeier), Baden-Baden 2015
  • Studies in Humanism and Atheism, (Series ed. with A. Pinn) New York
  • Der Dschihad und der Nihilismus des Westens. Warum ziehen junge Europäer in den Krieg?, Bielefeld 2015.

Weblinks

Einzelnachweise

<references />