Künstliche Befruchtung


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Künstliche Befruchtung oder assistierte Reproduktion ist der medizinische Eingriff zur Herbeiführung einer Schwangerschaft.

Künstliche Befruchtung wird angewandt, um Paaren mit Kinderwunsch, die seit längerer Zeit (in Deutschland über einem Jahr) erfolglos versuchen, schwanger zu werden, zu Kindern zu verhelfen. Bei über 90 % der betroffenen Paare liegen körperliche Ursachen für die Kinderlosigkeit zu Grunde.<ref>fertinet.de</ref>

Geschichte

Umstrittener Pionier der Samenspende ist Berthold P. Wiesner (1901–1972), der zusammen mit seiner Partnerin Mary Barton zwischen 1940 und 1960 eine Fruchtbarkeitsklinik in der Londoner Harley Street betrieb, in der Frauen vor allem aus der Mittel- und Oberschicht mit unfruchtbaren Männern Spendersamen erhielten. (Erhebliche Teile des gespendeten Samens musste wegen damals mangelnder gesellschaftlicher Akzeptanz Wiesner selbst beisteuern, weshalb er mit geschätzten 600 Nachkommen heute als kinderreichster Mensch gilt, der jemals lebte.)<ref>Vorlage:Internetquelle/Wartung/Zugriffsdatum nicht im ISO-FormatChristine Kensche: Ein Vater und 600 Kinder – Brüder suchen "Bio-Dad". In: welt.de. 10. April 2012, abgerufen am 3. Februar 2015.</ref>

1978 kam Louise Joy Brown, das erste im Reagenzglas gezeugte „Retortenbaby“, zur Welt.

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Bis Juli 2014 wurden weltweit schätzungsweise fünf Millionen Babys auf diese Weise geboren, bei einer Erfolgsrate abhängig vom Behandlungstyp von etwa 20-30 %. Die Prävalenz der Infertilität wird mit 9 % angegeben und die meisten assistierten Reproduktionstechniken werden bei 30-39-jährigen Patienten durchgeführt<ref name="ESHRE">ART fact sheet (July 2014). European Society of Human Reproduction and Embryology. Abgerufen am 31. Oktober 2015.</ref>.

In Deutschland wurden im Jahre 2003 etwa 20.000 Kinder nach Insemination, In-vitro-Fertilisation (IVF) oder ICSI geboren, also etwa zwei Prozent aller geborenen Kinder insgesamt. Zum Vergleich: In Dänemark, dem Land mit der weltweit höchsten Quote an durch künstliche Befruchtung gezeugten Kindern, war um 2005 die Rate mit 3,9 Prozent fast doppelt so hoch.<ref name="Reproduction"> zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates für das Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zur Kostenübernahme des Bundes für Maßnahmen der künstlichen Befruchtung bei Paaren mit Kinderwunsch (Kinderwunschförderungsgesetz - KiwunschG) (BR-Drucksache 478/11 (Beschluss))[4]</ref>

Die donogene Insemination (unbekannter Fremdspender als Vater) wird nicht von Krankenkassen oder Privaten Krankenversicherungen bezahlt.

Andere Länder

Die rechtliche Lage in einzelnen Ländern der Europäischen Union ist sehr unterschiedlich gestaltet. Einen Überblick hierzu hat das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht erarbeitet: <ref>Max-Planck-Datenbank zu den rechtlichen Regelungen zur Fortpflanzungsmedizin in europäischen Ländern, Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht, Freiburg i. Brsg.</ref>

Belgien

Belgien hat im März 2007 die künstliche Befruchtung legalisiert und seine Regelungen zur künstlichen Befruchtung in dem folgenden Gesetz kodifiziert: <ref>Ärzteblatt: Belgien liberalisiert künstliche Befruchtung</ref> "Gesetz über die medizinisch assistierte Fortpflanzung und die Bestimmung der überzähligen Embryonen und Gameten", Belgisches Staatsblatt, 6. Juli 2007. <ref>Belgisches Staatsblatt</ref>

Frankreich

In Frankreich ist die anonyme Samenspende durch einen Dritten erlaubt.

Italien

In Italien sind Eizellspende und die Leihmutterschaft verboten. Auch die heterologe Insemination durch einen Dritten war bis April 2014 verboten. Ein Referendum zur Abschaffung dieses Verbotes ist 2005 wegen zu geringer Beteiligung gescheitert.<ref>Referendum zur Bioethik gescheitert</ref> Im April 2014 hob das Italienische Verfassungsgericht das Verbot von Spendersamen durch einen Dritten auf.<ref>Rheinische Post:Italien kippt Verbot von Spendersamen</ref>

Niederlande

In den Niederlanden ist die anonyme Samenspende erlaubt.

Österreich

In Österreich ist die Samenspende durch einen Dritten erlaubt. Seit 2015 ist die Samenspende auch verpartnerten lesbischen Paaren rechtlich zugänglich.<ref>queer.de:Österreich: Verbot der Samenspende für Lesben verfassungswidrig</ref>

Schweiz

In der Schweiz ist nur die homologe Insemination bei Ehepaaren erlaubt. Die Kosten der künstlichen Befruchtung tragen die schweizerischen Krankenkassen. Eine entsprechende Volksinitiative, die die Kostentragung durch die Krankenkassen beenden sollte, wurde im Februar 2014 von der schweizerischen Bevölkerung nicht angenommen.

Spanien

Im März 2007 trat in Spanien ein umfassendes Dekret in Kraft: Ministerio de Sanidad y Consumo, Real Decreto 1301/ 2006, de 10 noviembre 2006, No. 19625, BOE núm. 270, 11 noviembre 2006, das die heterologe Samenspende erlaubt.39475<ref>http://www.boe.es/boe/dias/2006/11/11/pdfs/A39475-39502.pdf (PDF; 749 kB)</ref> sowie Tribunal Constitutional, CONFLICTO positivo de competencia n.º 1301-2007, No. 5437, 27 de febrero de 2007, BOE núm. 64, 15 marzo 2007, 11007<ref> http://www.mlop.es/normas/rdecre/RD%20275-2007%20Observatorio%20Convivencia.pdf</ref>.

Vereinigtes Königreich

Im Vereinigten Königreich ist die anonyme Samenspende durch einen Dritten erlaubt.

Kritik an künstlicher Befruchtung

Nachdem in Kalifornien im Februar 2009 eine Frau nach künstlicher Befruchtung Achtlinge geboren hat, die bereits als Alleinerziehende sechs Kinder hat, entbrannte eine allgemeine Debatte über künstliche Befruchtung, Unvernunft solcher Mütter, gesetzliche Verbote in einem solchen Fall, Unverantwortlichkeit der behandelnden Ärzte, kurz: über ethische Grundsätze<ref>Süddeutsche Zeitung vom 5. Februar 2009 S. 10 "Der Preis der acht"</ref>. Gegen den behandelnden Arzt Michael Kamrava laufen Ermittlungen der Gesundheitsbehörde wegen Verletzung der Fürsorgepflicht, auch bezüglich eines anderen Falls, wo er einer 49-jährigen Frau mindestens sieben Embryonen eingepflanzt haben soll <ref>stern.de: Umstrittener US-Mediziner: Arzt pflanzt 49-Jähriger sieben Embryonen ein</ref>. Heftige Ethikdiskussionen löste auch der Fall der Spanierin María del Carmen Bousada aus, die am 29. Dezember 2006 im Alter von 67 Jahren mit Hilfe künstlicher Befruchtung die Zwillinge Pau und Christian gebar. Die älteste Erstgebärende der Welt war alleinerziehende Mutter und starb im Alter von 69 Jahren - also nur zweieinhalb Jahre nach der Geburt ihrer Söhne - an einem Krebsleiden. Dass ihre Söhne nun als Waisen zurückbleiben, ließ die Debatte erneut aufflammen.<ref name="Bousada_tot">Panorama: 69-Jährige nach Geburt von Zwillingen gestorben. SPIEGEL ONLINE. Abgerufen am 15. Juli 2009.</ref>

In jüngster Zeit werden die Qualität der Kulturmedien bei künstlicher Befruchtung kritisch gesehen, da weitgehend "Wildwuchs" herrscht, was die Zusammensetzung angeht und daraus resultierend epigenetische Schäden an der befruchteten Eizelle entstehen mit der Folge von relevanten Gefäßschäden beim so gezeugten Kind<ref name="Gefäßschäden">Künstliche Befruchtung: Fehlerhafte Programmierung in der Retorte. FAZ. Abgerufen am 30. Oktober 2015.</ref>.

Auch die großzügige Indikationsstellung zur IVF-Behandlung wird als kritisch angesehen, da die betroffenen Paare einer erheblichen psychischen und auch körperlichen Belastung ausgesetzt werden und es nach Abbruch der Behandlung in einem hohen Prozentsatz zu spontanen Schwangerschaften kommt<ref name="Indikation">IVF: Wird die Indikation zur künstlichen Befruchtung zu großzügig gestellt?. Medscape Deutschland. Abgerufen am 30. Oktober 2015. (Zugangsdaten oder Benutzung des Google webcaches erforderlich)</ref>.

2002 wurden in Kanada 0,42 % der Gesundheitskosten insgesamt allein für Reproduktionsmaßnahmen wie IVF, ICSI und IUI ausgegeben.<ref>Collins J: An international survey of the health economics of IVF and ICSI. In: Human Reproduction Update Band 8, Nummer 3, Mai - Juni 2002, S. 265-277, PMID 12078837.</ref>

Etwa 30 % der IVF-Behandlungen werden aufgrund der Diagnose "Idiopathische Sterilität" durchgeführt, obwohl außerhalb der für dieses Verfahren originären Indikation "Tubare Sterilität" nur schwache Evidenz besteht, auch bezüglich der Effektivität des Verfahrens<ref name="Indikation"/>.

Hauptgrund für Infertilität ist das PCO-Syndrom<ref name="Hauptursache">Infertility FAQs. CDC. Abgerufen am 31. Oktober 2015.</ref>. Auch bei dieser Indikation für künstliche Befruchtungen ist der Fortschritt der Entwicklung bezüglich des Verständnisses der Krankheit in den 75 Jahren seit der Erstentdeckung langsam und reichlich Kontroversen existieren bezüglich der Therapie in diesem Zusammenhang<ref name="PCO">Treatment for Polycystic Ovary Syndrome: A Critical Appraisal of Treatment Options. Medscape. Abgerufen am 31. Oktober 2015. (Zugangsdaten oder Benutzung des Google webcaches erforderlich)</ref>, was natürlich die Frage offen lässt, wie sinnvoll künstliche Befruchtung für diese Indikation wissenschaftlich ist und bleibt.

Abgrenzung von Samenspende zur Eizellspende

Anders als die Samenspende ist die Eizellspende in Deutschland verboten. In vielen anderen Ländern wie in Spanien, in Belgien, in den Vereinigten Staaten oder in der Tschechischen Republik ist sie im Rahmen der künstlichen Befruchtung hingegen erlaubt. Dort können sich auch deutsche Paare ihren bisher unerfüllten Kinderwunsch per künstlicher Befruchtung erfüllen. Das Durchschnittsalter der spendenden Frauen liegt bei 24 Jahren.<ref>FAZ:Spanische Gene, deutsche Mutter</ref><ref>Welt: Seniorenmutti entfacht Streit über Eizellenspende</ref> Ende 2007 wurde in deutschen Medien und der Politik über die Zulassung der Eizellenspende in Deutschland diskutiert.<ref>RP: Debatte um spätes Mutterglück entbrannt</ref>

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied im März 2010: Wenn ein Staat künstliche Befruchtung zulässt, dann darf er die Eizellspende nicht verbieten. <ref> TAZ:Eizellspende muss erlaubt werden </ref> Das Gericht urteilte, es sei eine "nicht durch objektive und vernünftige Gründe zu rechtfertigende" Ungleichbehandlung, wenn man Paare, die eine Eizellspende benötigen, von der künstlichen Befruchtung ausschließt. Im November 2011 wurde diese Entscheidung durch die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wieder aufgehoben. Ein Verbot widerstrebe nicht dem Recht auf Familienplanung.<ref>Die Presse:EGMR:Eizellspende ist kein Menschenrecht</ref>

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

<references/>


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