KFOR
Die Kosovo-Truppe, kurz KFOR (englisch Kosovo Force) ist die im Jahre 1999 nach Beendigung des Kosovokrieges aufgestellte multinationale militärische Formation unter der Leitung der NATO. Ihr obliegt es, gemäß der vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 10. Juni 1999 beschlossenen Resolution 1244 für ein sicheres Umfeld für die Rückkehr von Flüchtlingen zu sorgen. Das Hauptquartier befindet sich in Priština, der Hauptstadt des Kosovo.
Inhaltsverzeichnis
Allgemein
Sie bestand ursprünglich aus Kontingenten von über 40 Staaten und wies eine Truppenstärke von mehr als 50.000 Soldaten auf. Im August 2007 waren 37 Nationen mit ca. 16.000 Soldaten beteiligt. Diese Zahl sank bis Januar 2012 auf etwa 6.000 Soldaten.<ref name="placemap">NATO-Grafik mit der Verteilung der KFOR-Truppen, aktualisiert am 4. Januar 2012 (PDF; 348 kB)</ref>
Deutsches Kontingent
Siehe auch: Auslandseinsätze der Bundeswehr
Am 12. Juni 1999 begann der Einsatz der Bundeswehr im Kosovo.<ref>Einsatz der Bundeswehr im Kosovo (KFOR) - Chronologie des KFOR-Einsatzes bei bundeswehr.de</ref> Deutschland unterhielt 1999 vier Feldlager: in Neprosteno, in Čegrane, in Quatrum und in Drenove. Das deutsche Einsatzkontingent (EinsKtgt KFOR) umfasste im November 2007 2813 Soldaten. Die Mandatsobergrenze machte dabei eine kurzfristige Aufstockung auf bis zu 8500 Soldaten möglich. Das Einsatzmandat wurde vom Deutschen Bundestag im Juni 2008 um weitere zwölf Monate verlängert.<ref> www.einsatz.Bundeswehr.de (Chronologie des Einsatzes im Kosovo)</ref> Die damit verbundenen Kosten sind mit 154 Mio. EUR im Bundeshaushalt eingeplant.<ref>Bundestagsdrucksache 16/5600 (Antrag der Bundesregierung zur Verlängerung des Mandats) (PDF; 48 kB)</ref> Im Mai 2009 wurde das Mandat abermals um 12 Monate verlängert, wobei gleichzeitig die zulässige Mandatsobergrenze auf 3500 Soldaten reduziert wurde. Mit Stand Juni 2014 befinden sich jedoch nur noch rund 740 deutsche Soldaten im Kosovo.
Im Zuge der Aufstockung von KFOR als Reaktion auf wiederaufflammende Unruhen wuchs das deutsche Kontingent durch den Einsatz von in Deutschland bereitgehaltenen Eingreifreserven zwischenzeitlich auf ca. 3200 Soldaten.
Die Bundeswehr leistete für die KFOR 226 Flüge mit Transall und 33 mit A310 sowie 10 Flüge mit Challenger im Jahr 2007; 155 Flüge mit Transall sowie 21 Flüge mit A310 2008.<ref>Bundestagsdrucksache 16/5620, Seite 47 (PDF; 554 kB)</ref>
2014 übernahm das 38. deutsche Einsatzkontingent die Aufgaben und untersteht seit dem 4. Juni 2014 mit rund 740 Soldaten dem Kommando von Oberst Hans-Jürgen Freiherr von Keyserlingk.
Österreichisches Kontingent
Mit dem Ministerratsbeschluss vom 25. Juni 1999 und Zustimmung des Nationalrates vom 1. Juli 1999 entsandte Österreich unter dem Kürzel AUCON/KFOR ein Infanteriekontingent von maximal 500 Soldaten in den Kosovo, wobei die reale Personalstärke seither zwischen 400 und 500 Personen schwankt. Zur Ausrüstung zählen unter anderem auch Mannschaftstransporter vom Typ Pandur.<ref>http://www.bmlv.gv.at/facts/geschichte/chronik_1990.shtml</ref><ref>http://www.bmlv.gv.at/ausle/kfor/index.shtml</ref>
Schweizer Kontingent
Seit Oktober 1999 beteiligt sich die Schweizer Armee mit der SWISSCOY an der internationalen friedensfördernden Mission Kosovo Force (KFOR) in Kosovo. Der Einsatz der SWISSCOY geht auf den Bundesratsentscheid vom 23. Juni 1999 zurück, sich militärisch, basierend auf der UNO-Resolution 1244, an der KFOR zu beteiligen. Das Schweizer Kontingent setzt sich zusammen aus bis zu 220 freiwilligen Angehörigen der Schweizer Armee und ist (seit der Aufhebung des mit den Österreichern gemeinsam geführten und betriebenen Camps Casablanca in Suva Reka 2012)<ref>SWISSCOY: Das Camp Casablanca ist Geschichte Medienmitteilung SWISSINT.</ref> dezentral stationiert im Kosovo (fünf verschiedene Standorte). Nebst dem Kommando im Joint Regional Detachement North (JRD-N) und vier Liaison and Monitoring Teams (LMT) erbringen die Schweizer Truppenteile heute vor allem Leistungen zugunsten der KFOR in den Bereichen Logistik, Transport und Pionierarbeit sowie Kampfmittelbeseitigung (EOD). Seit deren Abzug im Sommer 2012 stellt die Schweiz der KFOR keine Infanterieeinheiten mehr zur Verfügung.<ref>Factsheet SWISSCOY (Kosovo). Friedensfördernde Einsätze im Ausland – SWISSINT.</ref>
Türkisches Kontingent
Das türkische Kontingent umfasst 540 Soldaten und ist im Sektor MNTF Süd stationiert. Es bildet sich aus folgenden Einheiten:
- eine logistische Kompanie stationiert im ManBN Prizren
- ein türkisches Manöver-Bataillon (ManBN Dragash) stationiert im Camp Sultan Murat/Prizren und Camp Sultan Yildirim Beyazit/Dragash bestehend aus:
- zwei türkischen Infanterie-Kompanien,
- einer türkischen Marine-Kompanie und einem türkischen Gendarmerie-Zug,
- einer türkischen Logistik-Kompanie
Darüber hinaus sind türkische Soldaten und Gerätschaften im Aviations Battalion, Aufklärungsbataillon, in der Logistik-Einheit, in der Ingenieurskompanie, in der Militärpolizeikompanie sowie im medizinischen Einsatzverband tätig.
Auftrag
Im Vollzug der UNSR-Resolution 1244 ergeben sich die Missionsaufgaben der KFOR:
- Aufbau und Erhaltung eines sicheren Umfelds im Kosovo, einschließlich öffentlicher Sicherheit und Ordnung
Die KFOR hat das Mandat, Recht und Ordnung zu gewährleisten, sofern die Übergangsverwaltungsmission der Vereinten Nationen im Kosovo (UNMIK) oder die lokalen Polizeikräfte (KPS – Kosovo Police Service) nicht dazu in der Lage sein sollten. Dieses Ziel wird umgesetzt durch Patrouillenfahrten, Luftraumüberwachung, Errichtung von Checkpoints, Reaktion auf Notrufe, Suchaktionen, Grenzraumüberwachung, Ermittlungen krimineller Aktivitäten sowie Verhaftung oder Anhaltung strafrechtlich verdächtiger Personen. Mit der Entwicklung des Kosovo Police Service (KPS) treten die polizeilichen Funktionen der KFOR immer mehr in den Hintergrund und werden auf den KPS übertragen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International beklagte im Jahr 2004, dass es im Zuge der internationalen Mission im Kosovo zu einem erheblichen prostitutionsbedingten Menschenhandel gekommen ist und wies darauf hin, dass das Personal der internationalen Mission vor Strafverfolgung durch die Behörden des Kosovo geschützt sei.<ref>Bericht der BBC (2004) Kosovo UN troops 'fuel sex trade', Bericht des Guardian (2004) Nato force 'feeds Kosovo sex trade' (beide abgerufen 16. Juni 2014)</ref><ref>Human Trafficking: The Unintended Effects of United Nations Intervention Analyse der International Political Science Review (2010) (abgerufen 16. Juni 2014)</ref> Die USAID hat schließlich im Jahr 2008 ein auf drei Jahre angelegtes Aktionsprogramm gegen Menschenhandel im Kosovo durchgeführt.<ref>Kosovo Anti-Trafficking Programme (KAP) (abgerufen 16. Juni 2014)</ref>
- Überwachung, Prüfung und erforderlichenfalls Durchsetzung des Militärisch-Technischen Übereinkommens (Military Technical Agreement) und des Demilitarisierungsabkommen zwischen NATO und UÇK von 21. Juni 1999<ref>www.nato.int (Military Technical Agreement) (PDF; 160 kB)</ref>
Eine der Hauptaufgaben ist die Entmilitarisierung des Kosovo. Tonnen von Waffen und Munition wurden von der KFOR aufgespürt und eingezogen, darunter Tausende Pistolen, Gewehre, Handgranaten, Anti-Personen-Minen aber auch Panzer-Abwehr-Granaten.
- Unterstützung der Übergangsverwaltungsmission der Vereinten Nationen im Kosovo (UNMIK)
Die KFOR und UNMIK arbeiten für die Wiederherstellung des Kosovo und unterstützen den Prozess der einheimischen Bevölkerung in eine freie und demokratische Gesellschaft, die jedermann offensteht. Obgleich die Hauptaufgabe der KFOR darin besteht, ein sicheres Umfeld herzustellen, stellt die multinationale Truppe Ressourcen und Fachpersonal den unterschiedlichen Organisationen und Behörden zur Verfügung, die unter der Schirmherrschaft der UNMIK arbeiten. Aktivitäten erstrecken sich auf unterschiedliche Bereiche wie: öffentliche Hilfsprogramme, Infrastruktur, Brückenbau, Transportwesen, Schienenverkehr, Minenräumung, „erforderlichenfalls Wahrnehmung von Grenzüberwachungsaufgaben“,<ref>Resolutionen und Beschlüsse des Sicherheitsrats im Jahr 1999. S. 37.</ref> Feuerwehrdienste, Personenschutz für internationale Mitarbeiter, Lebensmittelverteilung, Kampfmittelbeseitigung (EOD), Schulungen über Minengefahr, medizinische Dienste usw.
Organisation
Die KFOR war bis 2010 in multinationale Taskforces (MNTF) gegliedert, die jeweils für die Sicherung eines Teilbereichs des Kosovo zuständig sind. Jede MNTF wird von einer Lead Nation (deutsch Führungsnation) geführt. So ergibt sich folgende Gliederung und Dislozierung (Stand: 12. Oktober 2006):
- KFOR Headquarter in Priština
- Multinationale Spezialeinheit (Multinational Specialized Unit – MSU) in Priština unter der Führung Italiens
- MNTF Zentrum in Lipljan unter der Führung Schwedens, Finnlands oder der Tschechischen Republik
- MNTF Nord in Novo Selo in unter der Führung Frankreichs
- MNTF Süd in Prizren unter der Führung Deutschlands<ref>KFOR: MNTF South</ref>
- MNTF West in Peć unter der Führung Italiens
- MNTF Ost in Uroševac unter der Führung der USA
- Reservebataillon in Priština unter Führung Portugals
Das Reservebataillon KTM (KFOR Tactical Reserve Manoeuvre Bataillon) untersteht dem COM KFOR. Die Aufgabe der MSU-Einheit (Multinational Specialized Unit) ist die Kriminalitätsbekämpfung.
Seit 2011 ist die KFOR in zwei Multinational Battle Groups mit Sitz in Peć und Camp Bondsteel gegliedert.<ref name="placemap"/>
KFOR sichert militärisch auch die Rechtsstaatlichkeitsmission der Europäischen Union im Kosovo (EULEX Kosovo) ab.
Truppenstellende Nationen
Dislozierung von NATO-Mitgliedstaaten<ref>Truppenstellende Nationen der KFOR Webpräsenz der KFOR auf aco.nato.int</ref> | ||||||||
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Nation | KFOR HQ | MNTF C | MNTF E | MNTF N | MNTF S | MNTF W | MSU | Reserve-Bataillon |
20px Albanien | • | |||||||
20px Belgien | • | • | ||||||
20px Bulgarien | • | |||||||
20px Dänemark | • | • | ||||||
20px Deutschland | • | L | L | |||||
20px Estland | • | • | ||||||
20px Frankreich | • | L | • | |||||
20px Griechenland | • | • | • | |||||
20px Großbritannien | • | |||||||
20px Italien | • | L | L | |||||
20px Luxemburg | • | • | ||||||
20px Niederlande | • | |||||||
20px Norwegen | • | |||||||
20px Polen | • | • | ||||||
20px Portugal | • | |||||||
20px Rumänien | • | • | • | |||||
20px Slowakei | • | • | ||||||
20px Slowenien | • | • | ||||||
20px Spanien | • | • | ||||||
20px Türkei | • | • | ||||||
20px Tschechische Republik | • | • | ||||||
Ungarn Ungarn | • | • | ||||||
20px Vereinigte Staaten | • | L | ||||||
• = Nation stellt Truppenteile in diesem Bereich | ||||||||
L = Nation ist die Lead Nation in diesem Bereich | ||||||||
Dislozierung von Nicht-NATO-Mitgliedstaaten | ||||||||
Nation | KFOR HQ | MNTF C | MNTF E | MNTF N | MNBG S | MNTF W | MSU | Reserve Bataillon |
20px Finnland | • | • | ||||||
20px Irland | • | • | ||||||
20px Marokko | • | • | ||||||
20px Österreich | • | • | ||||||
20px Schweden | • | L | ||||||
20px Schweiz | • | • | ||||||
20px Ukraine | • | • | ||||||
• = Nation stellt Truppenteile in diesem Bereich | ||||||||
L = Nation ist die Lead Nation in diesem Bereich |
Kommandeure
Die KFOR wurde bis zur Truppenreduzierung 2010 von einem Generalleutnant geführt, der üblicherweise einer der Lead Nations angehört, die auch die Leitung einer der fünf multinationalen Brigaden innehaben. Aufgrund der Truppenreduzierung wird dieser Dienstposten ab September 2010 von einem Generalmajor besetzt. Dies ist aber nicht Bedingung, Ausnahmen sind möglich.
Folgende Offiziere haben bisher den KFOR-Einsatz als COMKFOR (Commander Kosovo Force) geführt:
Nr. | Name | Nation | Beginn der Berufung | Ende der Berufung |
---|---|---|---|---|
1 | General Wesley Clark | Vereinigte Staaten | 1999 | 9. Juni 1999 |
2 | Generalleutnant Mike Jackson | Vereinigtes Königreich | 9. Juni 1999 | 8. Oktober 1999 |
3 | General Klaus Reinhardt | Deutschland | 8. Oktober 1999 | 18. April 2000 |
4 | Generalleutnant Juan Ortuño | Spanien | 18. April 2000 | 16. Oktober 2000 |
5 | Generalleutnant Carlo Cabigiosu | Italien | 16. Oktober 2000 | April 2001 |
6 | Generalleutnant Thorstein Skiaker | Norwegen | April 2001 | 7. Februar 2002 |
7 | Generalleutnant Marcel M. Valentin | Frankreich | 7. Februar 2002 | 4. Oktober 2002 |
8 | Generalleutnant Fabio Mini | Italien | 4. Oktober 2002 | 3. September 2003 |
9 | Generalleutnant Holger Kammerhoff | Deutschland | 3. September 2003 | 31. August 2004 |
10 | Generalleutnant Yves de Kermabon | Frankreich | 1. September 2004 | 31. August 2005 |
11 | Generalleutnant Giuseppe Valotto | Italien | 31. August 2005 | 1. September 2006 |
12 | Generalleutnant Roland Kather | Deutschland | 1. September 2006 | 31. August 2007 |
13 | Generalleutnant Xavier de Marnhac | Frankreich | 31. August 2007 | 29. August 2008 |
14 | Generalleutnant Giuseppe Emilio Gay | Italien | 29. August 2008 | (1. September 2009) |
15 | Generalleutnant Markus Bentler | Deutschland | 8. September 2009 | 1. September 2010 |
16 | Generalmajor Erhard Bühler | Deutschland | 1. September 2010 | 9. September 2011 |
17 | Generalmajor Erhard Drews | Deutschland | 9. September 2011 | 7. September 2012 |
18 | Generalmajor Volker Halbauer | Deutschland | 7. September 2012 | 6. September 2013 |
19 | Generalmajor Salvatore Farina | Italien | 6. September 2013 | 3. September 2014 |
20 | Generalmajor Francesco Paolo Figliuolo | Italien | 3. September 2014 |
Literatur
- Bernhard Chiari, Agilolf Keßelring (Hrsg.): Wegweiser zur Geschichte. Kosovo (= Wegweiser zur Geschichte). Im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes, Schöningh, Paderborn u. a. 2006, ISBN 3-506-75665-6.
- Alexander Poretschkin: Als Jurist im Kosovo. Persönliches Tagebuch einer ungewöhnlichen Wehrübung (= Berichte aus der Rechtswissenschaft). Shaker, Aachen 2001, ISBN 3-8265-8734-0.
- Andreas M. Rauch: Auslandseinsätze der Bundeswehr. Nomos, Baden-Baden 2006, ISBN 3-8329-1599-0, S. 180 ff.
- Klaus Reinhardt: KFOR. Streitkräfte für den Frieden. Tagebuchaufzeichnungen als deutscher Kommandeur im Kosovo. 2. Auflage, Blazek & Neumann, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-9806536-9-2.
Weblinks
- Offizielle Website der KFOR
- Die deutsche Bundeswehr im Kosovo
- Das österreichische Bundesheer im Kosovo
- Die Schweizer Armee im Kosovo
- Übersicht der Kommandeure verschiedener Nationen
- Informationen über die Einsatzgebiete der Bundeswehr
- Einsatzkritik 3. GeconKFOR RettZ/ Tetovo 7. Juli 2000
Einzelnachweise
<references />