Kurt Richter
Kurt Richter (* 24. November 1900 in Berlin; † 29. Dezember 1969 ebenda) war ein deutscher Schachspieler.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Mit zehn Jahren erlernte Richter das Schachspiel von seinem Großvater. Am Anfang des Ersten Weltkrieges fiel sein Vater. Daher musste Richter die Schule verlassen. Er trat eine Lehre als Versicherungskaufmann an. Allerdings wurde er – bedingt durch die Not im Krieg – krank; die Krankheit begleitete ihn sein ganzes weiteres Leben. Zunächst wurde Richter Mitglied im Schachklub „Springer“, danach schloss er sich dem „Berliner Schachverein 1876“ an. 1922 wurde er erstmals Stadtmeister von Berlin. Im Jahre 1928 gewann er ein internationales Turnier in Wiesbaden und 1934 in Niendorf wurde er Zweiter hinter Ståhlberg. Als er 1929 seinen Arbeitsplatz verlor, widmete er sich ganz dem Schach. Er verdiente seinen Lebensunterhalt fortan mit Beiträgen in Schachzeitschriften und dem Schreiben von Büchern. Er übernahm die Leitung der Zeitschrift Deutsche Schachblätter und hatte diese bis 1952 inne, als die Schachblätter ihr Erscheinen einstellten. Nachdem er 1942 zur Wehrmacht eingezogen wurde, übernahm Alfred Brinckmann die Vertretung als (Chef-) Schriftleiter. Nach der Einstellung der Deutschen Schachblätter arbeitete Richter bei der Deutschen Schachzeitung mit. In der Zeitschrift Schach leitete Richter lange Zeit sehr erfolgreich die von Berthold Koch gegründete Rubrik Schach lehrt Schach – Hohe Schule der Kombination, welche heute noch besteht.
In den Jahren 1930 und 1931 nahm er an den Schacholympiaden in Hamburg und Prag teil. Dabei erreichte die deutsche Mannschaft 1930 den dritten Platz, und Richter erzielte 1931 an Brett 4 mit 70 % der möglichen Punkte das prozentual drittbeste Ergebnis.<ref>Men’s Chess Olympiads - Richter, Kurt (Germany) auf Olimpbase (englisch)</ref> 1931 belegte er in Swinemünde Platz 3 bei der deutschen Einzelmeisterschaft, die Efim Bogoljubow gewann.<ref>Deutsche Einzelmeisterschaft 1931 in Swinemünde auf TeleSchach (Tabelle und Partien)</ref> 1935 wurde er in Aachen Meister von Deutschland, vor Carl Ahues, Wilhelm Ernst und Paul Michel.<ref>Deutsche Schacheinzelmeisterschaft 1935 in Aachen auf TeleSchach (Tabelle und Partien)</ref> Richter war 1936 Spitzenspieler der deutschen Mannschaft bei der inoffiziellen Schacholympiade in München.<ref>unofficial Chess Olympiad: Munich 1936 - Germany (GER) auf Olimpase (englisch)</ref> 1937 in Bad Oeynhausen wurde er Zweiter bei der deutschen Schacheinzelmeisterschaft, die Georg Kieninger gewann.<ref>Deutsche Einzelmeisterschaft 1937 in Bad Oeynhausen auf TeleSchach (Kreuztabelle und Partien)</ref> 1940 ebenfalls in Bad Oeynhausen belegte er hinter Kieninger zusammen mit Karl Gilg den dritten Platz.<ref>Deutsche Einzelmeisterschaft 1940 in Bad Oeynhausen auf TeleSchach (Kreuztabelle und Partien)</ref> 1941 in Bad Oeynhausen wurde er Dritter hinter Paul Felix Schmidt und Klaus Junge.<ref>Deutsche Einzelmeisterschaft 1941 in Bad Oeynhausen auf TeleSchach (Kreuztabelle und Partien)</ref>
Wegen seines kompromisslosen Angriffsstils nannte man ihn auch den Scharfrichter von Berlin. 1950 wurde er Internationaler Meister.<ref>Willy Iclicki: FIDE Golden book 1924-2002. Euroadria, Slovenia, 2002, S. 87</ref> Nebenbei schuf Richter auch einige Schachkompositionen. Später war er einer der bekanntesten Schachjournalisten und verfasste zahlreiche Bücher, meist über Schachtaktik. Mit seinem unterhaltsamen Stil gehörte er zu den besten Schachkommentatoren.
Nach ihm ist ein Angriffssystem gegen die Sizilianische Verteidigung mitbenannt, das durch die Zugfolge 1.e4 c5 2.Sf3 Sc6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 d6 6.Lg5 (Richter-Rauser-Variante) e6 7.Sxc6 (heutzutage wird stattdessen meist Dd2 gespielt) bxc6 8.e5 eingeleitet wird. Seine beste historische Elo-Zahl betrug 2652. Diese erreichte er im Oktober 1942. In den Jahren 1943 und 1944 lag er zeitweilig auf Platz 15 der Weltrangliste.
Partiebeispiel
München, 1936
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Auf der Schacholympiade 1936 in München gelang Kurt Richter eine Glanzpartie gegen den rumänischen Meister Gheorghe Alexandrescu.
- 19. Txg7! Kxg7
- 20. Lxh6+! Kg8
- 21. Df3 Se8
- 22. Dg4+ Kh8
- 23. Lg7+ Sxg7
- 24. Dh3+ Lh4
- 25. Dxh4+ Sh5
- 26. Dxh5+ Kg7
- 27. Dg5+ Schwarz gab auf
Schachkomposition
DAZ, 1935
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Etwa 30 Schachkompositionen hat Richter publiziert, darunter zwei Studien.
Lösung:
1. Tf7+! Kxf7 2. Dg7+ Ke6 3. Dd7 matt
1. … Lxf7 2. Dg5+ Sf6 3. Dxf6 matt bzw. 2. … Ke6 (oder 2. … Kd6) 3. De5 matt
1. … Txf7 2. hxg8S+ Ke6 3. De5 matt bzw. 2. … Kd8 (oder 2. … Kf8) 2. Db8 matt
1. … Ke6 2. De5+ Kxf7 3. h8S matt
1. … Kd8 2. Db8 matt
Privat
Richter blieb Junggeselle. Er lebte bis zu deren Tod bei seiner Mutter in Berlin-Karlshorst. Nur ungern und selten reiste er ins Ausland, für Politik interessierte er sich nicht.
Publikationen
- Kurt Richter: Schach-Olympia München 1936 (I. & II.Teil - Bücherei d. Großdt. Schachbundes Band 6 & 7) Reprint, Olms Verlag, Zürich 1997
- Kurt Richter: Kombinationen, 2. Auflage. Walter de Gruyter & Co., Berlin 1940 (Erstauflage 1936)
- Kurt Richter: Die ersten Schritte. Walter de Gruyter & Co., Berlin 1940
- Kurt Richter: Der Weg zum Matt. Walter de Gruyter & Co., Berlin 1941
- Kurt Richter: Das Matt – Eine Plauderei über den Mattangriff im Schach (Sonderdruck für das Oberkommando der Wehrmacht Abteilung Inland) Berlin, 1942
- Kurt Richter, Jerzy Konikowski: Mein erstes Schachbuch. 12. Auflage. Joachim Beyer Verlag, Hollfeld 2003, ISBN 978-3-88805-245-3 (Erstauflage 1946)
- Kurt Richter: Der Schachpraktiker. (1946)
- Kurt Richter: Kurzgeschichten um Schachfiguren. 4. überarbeitete Auflage. Joachim Beyer Verlag, Hollfeld 2010 ISBN 978-3-88805-495-2 (Erstauflage 1947)
- Kurt Richter: Die moderne Schachpartie – Theorie und Praxis der Eröffnungen. Horizont Verlag, Berlin 1948 (Der Vorläufer des „kleinen Bilguer“)
- Kurt Richter: Schachmatt. (1950)
- Kurt Richter: Hohe Schule der Schachtaktik. (1952)
- Kurt Richter, Rudolf Teschner: Schacheröffnungen – Der Kleine Bilguer. Walter de Gruyter & Co., Berlin 1953
- Kurt Richter: Schach-Delikatessen. Walter de Gruyter & Co., Berlin 1961
- Kurt Richter, Hilmar Staudte: Richtig und falsch – Praktische Endspielkunde. 2. Auflage, Walter de Gruyter & Co., Berlin/New York 1978
- Kurt Richter: Einfälle und Reinfälle. Joachim Beyer Verlag, Hollfeld 2010, ISBN 978-3-88805-496-9
- Kurt Richter, Rudolf Teschner: Dr. Max Euwe – Eine Auswahl seiner besten Partien. 2. Auflage, Walter de Gruyter & Co., Berlin/New York 1986
- Kurt Richter: 666 Kurzpartien
- Werner Golz und Paul Keres: Schönheit der Kombination. Sportverlag Berlin, 1972 (Buch über Kurt Richters Schachecke in der Zeitschrift Schach)
Literatur
- Alfred Brinckmann: Kurt Richters beste Partien. 2. Auflage. De Gruyter, Berlin 1961
- Horst Ewald: Der "Scharfrichter von Berlin" - Zum 10. Todestag Kurt Richters, Europa-Rochade, November 1979, Seite 318 ff.
- Helmut Wieteck: Richter, Kurt. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, ISBN 3-428-11202-4, S. 535 (Digitalisat).
Weblinks
- Literatur von und über Kurt Richter im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kompositionen von Kurt Richter auf dem PDB-Server
Einzelnachweise
<references />
Personendaten | |
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NAME | Richter, Kurt |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schachspieler |
GEBURTSDATUM | 24. November 1900 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 29. Dezember 1969 |
STERBEORT | Berlin |