Lucien Bianchi


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Lucien Bianchi
Lucien Bianchi 1968
Nation: BelgienBelgien Belgien
Automobil-Weltmeisterschaft
Erster Start: Großer Preis von Belgien 1960
Letzter Start: Großer Preis von Mexiko 1968
Konstrukteure
1960 Cooper 1961 Lotus 1962 Lotus ENB 1963 Lola 1965 B.R.M. 1968 Cooper
Statistik
WM-Bilanz: WM-17. (1968)
Starts Siege Poles SR
17
WM-Punkte: 6
Podestplätze: 1
Führungsrunden:

Lucien Bianchi (* 10. November 1934 in Mailand, Italien; † 30. März 1969 in Le Mans, Frankreich) war ein belgischer Autorennfahrer. Er gewann das 24-Stunden-Rennen von Le Mans und war für seine Vielseitigkeit im Motorsport bekannt. Sein jüngerer Bruder Mauro Bianchi war ebenfalls Autorennfahrer.

Jugend und Herkunft

Bianchi wurde als Sohn eines Alfa-Romeo-Mechanikers in Norditalien geboren. Doch zog die Familie mit dem Jugendlichen um 1950 nach Belgien, wo der Vater für den recht bekannten Amateur-Rennfahrer Johnny Claes arbeitete.

Rallyes und Sportwagenrennen

Sowohl sein jüngerer Bruder Mauro als auch Lucien waren bald im Motorsport engagiert. So startete der Ältere ab 1951/52 an der Seite von Claes bei der Alpine Rallye und anderen Prüfungen. Bei der Tour de France für Sportwagen schnitt er Ende der 1950er-Jahre bemerkenswert ab. Zusammen mit Olivier Gendebien gewann er auf einem Ferrari 250 GT Berlinetta die GT-Klasse dieses Rennens von 1957 bis 1959 dreimal. In den beiden anschließenden Jahren gewann er das renommierte Sportwagenrennen von Paris, das über 1000 km ging und an dem auch aktive oder ehemalige Formel-1-Piloten teilnahmen.

Sporadische Einsätze in der Formel 1 (1960–1965)

Datei:Bianchi and McLaren at 1968 Dutch Grand Prix.jpg
Lucien Bianchi Im Cooper T86B beim Großen Preis der Niederlande 1968

Mit einem vierten Platz in der Formel 2 auf dem Flugplatzkurs von Zeltweg 1959 empfahl er sich für die höhere Rennwagenklasse. Während der Formel-1-Saison 1960 startete er erstmals mit einem veralteten Cooper T 51, mit dem er den sechsten Platz bei seinem ersten Rennen auf seiner Heimstrecke belegte. 1962 fuhr er zunächst mit einem Emeryson, den die Ecurie Nationale Belge einsetzte. Nach der Nichtqualifikation durch einen zu schwachen Motor setzte das Team bald einen Lotus ein, der bessere Chancen erhoffen ließ. Aber auch mit diesem Wagen war Bianchi kein Glück beschieden; er musste erneut mit technischen Problemen aufgeben. Ein Wechsel zum UDT-Laystall-Racing-Team brachte ebenfalls keine Besserung. In der Formel 1 blieben von 1963 bis 1965 größere Erfolge aus, da er nur sporadisch mit wechselnden Teams und Fahrzeugen (17 Rennen in neun Jahren unter anderem auf Lola, B.R.M.) an einzelnen Rennen teilnahm. Seine Erfolgserlebnisse holte sich Bianchi in allen anderen Motorsportklassen, egal ob es Tourenwagen, Sportwagen oder Rallyefahrzeuge waren.

Siege in Le Mans und weitere Erfolge (1962–1968)

Bianchis größter Erfolg war der Sieg beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1968 mit einem Ford GT40, den er zusammen mit Pedro Rodríguez steuerte. Es war sein 13. „Anlauf“ auf dieses Rennen. 1963 war er zum Beispiel gemeinsam mit Phil Hill auf einer Spezialversion des Aston Martin DB4 GT an den Start gegangen, der zwar extrem schnell, aber sehr defektanfällig war. Gleich danach ist der Gewinn des schwierigen 12-Stunden-Rennens von Sebring zu nennen, das er bereits sechs Jahre zuvor mit Joakim Bonnier auf einem Ferrari Testa Rossa für sich entschieden hatte. 1964 gewann er erneut die Tour de France, diesmal auf einem Ferrari 250 GTO.

Bei dem kuriosen London-Sydney-Marathonrennen lag er mit seinem Citroën in Führung, als er mit einem normalen Verkehrsteilnehmer kollidierte und ausscheiden musste. 1961 hatten er und Georges Harris mit dem Citroën DS 19 die legendäre Liège-Sofia-Liège-Rallye gewonnen, wobei sie vermeintlich stärkere Gegner wie den Austin Healey 3000, den Mercedes 220 SE oder den Porsche Carrera distanzieren konnten. Am 28. Juli 1963 gewann Bianchi das Solitude-Rennen auf einem Abarth 1000 GT in der entsprechenden Klasse.

Seine Experimentierfreude in Sachen Motorsport trieb ihn bis in die USA. Dort versuchte er sich wie einige andere Formel-1-Piloten 1967 bei den 500-Meilen von Indianapolis erfolglos, da er bereits im offiziellen Vortraining die Kurve 1 touchierte.

Erfolge in der Formel 1 und Tod

Bianchi lebte in Brüssel, wo er eine Autowerkstatt betrieb, die sich auf die Abstimmung von Sportwagen spezialisiert hatte.

1968 unterschrieb er beim Cooper-B.R.M.-Team erstmals für eine komplette Saison. Ein dritter Platz beim Grand Prix von Monaco und ein sechster Rang in Spa versprachen mehr für die Zukunft, aber im Verlauf der Formel-1-Saison 1968 hielt ihn neben mäßigen Startplätzen meist der Defektteufel auf. Bianchi hatte als Rennfahrer zwar nicht den unbedingten Qualifikationsspeed, aber die notwendigen Steherqualitäten, um auch mit schwächerem Material bessere Platzierungen zu erreichen. Gerade diese Qualitäten wurden bei Sportwagenrennen geschätzt.

Im Frühjahr 1969 kam er mit seinem Alfa Romeo T33 ums Leben, als er beim Vortraining zum 24-Stunden-Rennen von Le Mans am Ende der Mulsanne-Geraden gegen einen Telegrafenmast prallte. Mit ihm starb einer der letzten Piloten, die sowohl mit Rallyefahrzeugen und Sportwagen als auch Monopostos erfolgreich waren.

Statistik

Statistik in der Formel 1

Gesamtübersicht

Saison Team Chassis Motor Rennen Siege Zweiter Dritter Poles schn.
Rennrunden
Punkte WM-Pos.
1960 Equipe Nationale Belge Cooper T51 Climax 2.5 L4 1 1 24.
Fred Tuck Cars Cooper T51 Climax 2.5 L4 2
1961 Equipe Nationale Belge Lotus 18 Climax 1.5 L4 1 NC
UDT Laystall Racing Team Lotus 18/21 Climax 1.5 L4 2
1962 Equipe Nationale Belge Lotus 18/21 Climax 1.5 L4 1 NC
ENB Maserati 1.5 L4 1
1963 Reg Parnell Racing Lola Mk4A Climax 1.5 V8 1 NC
1965 Scuderia Centro Sud BRM P57 BRM 1.5 V8 1 NC
1968 Cooper Car Company Cooper T86B BRM 3.0 V12 7 1 5 17
Gesamt 17 1 6

Einzelergebnisse

Saison 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
1959 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px      
DNQ                      
1960 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px    
        6 DNF DNF          
1961 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px        
DNQ   DNF DNF DNF              
1962 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px      
    9     16            
1963 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px    
  DNF                    
1965 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px    
    12                  
1968 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px 20px
    3 6 DNF     DNF   NC NC DNF
Legende
Farbe Abkürzung Bedeutung
Gold Sieg
Silber 2. Platz
Bronze 3. Platz
Grün Platzierung in den Punkten
Blau Klassifiziert außerhalb der Punkteränge
Violett DNF Rennen nicht beendet (did not finish)
NC nicht klassifiziert (not classified)
Rot DNQ nicht qualifiziert (did not qualify)
DNPQ in Vorqualifikation gescheitert (did not pre-qualify)
Schwarz DSQ disqualifiziert (disqualified)
Weiß DNS nicht am Start (did not start)
WD zurückgezogen (withdrawn)
Hellblau PO nur am Training teilgenommen (practiced only)
TD Freitags-Testfahrer (test driver)
ohne DNP nicht am Training teilgenommen (did not practice)
INJ verletzt oder krank (injured)
EX ausgeschlossen (excluded)
DNA nicht erschienen (did not arrive)
C Rennen abgesagt (cancelled)
  keine WM-Teilnahme
sonstige P/fett Pole-Position
SR/kursiv Schnellste Rennrunde
* nicht im Ziel, aufgrund der zurückgelegten Distanz aber gewertet
() Streichresultate
unterstrichen Führender in der Gesamtwertung

Le-Mans-Ergebnisse

Jahr Team Fahrzeug Teamkollege Platzierung Ausfallgrund
1956 BelgienBelgien Equipe Nationale Belge Ferrari 500TR BelgienBelgien Alain de Changy Ausfall Lenkung
1957 BelgienBelgien Ecurie Francorchamps Ferrari 500TRC BelgienBelgien George Harris Rang 7 und Klassensieg
1958 BelgienBelgien Ecurie Francorchamps Ferrari 250TR BelgienBelgien Willy Mairesse Ausfall Unfall
1959 BelgienBelgien Equipe Nationale Belge Ferrari 250TR 58 BelgienBelgien Alain de Changy Ausfall Benzinpumpe
1960 BelgienBelgien Equipe Nationale Belge Ferrari 250 GT SWB BelgienBelgien Jean Blaton Ausfall Unfall
1961 BelgienBelgien Ecurie Francorchamps Ferrari 250 GT SWB BelgienBelgien Georges Berger Ausfall Kupplungsschaden
1962 FrankreichFrankreich Maserati France Maserati Tipo 151 FrankreichFrankreich Maurice Trintignant Ausfall Aufhängung
1963 Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Aston Martin Lagonda Ltd. Aston Martin DP215 Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Phil Hill Ausfall Getriebeschaden
1964 BelgienBelgien Equipe Nationale Belge Ferrari 250 GTO BelgienBelgien Jean Blaton Rang 5 und Klassensieg
1965 Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Maranello Concessionaires Ferrari 250LM Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Mike Salmon Ausfall Getriebeschaden
1966 Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Holman & Moody Ford GT40 Mk.II Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Mario Andretti Ausfall Zylinder überhitzt
1967 Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Holman & Moody Ford Mk.IV Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Mario Andretti Ausfall Unfall
1968 Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich John Wyer Automotive Ford GT40 MexikoMexiko Pedro Rodríguez Gesamtsieg

Sebring-Ergebnisse

Jahr Team Fahrzeug Teamkollege Platzierung Ausfallgrund
1962 ItalienItalien Scuderia SSS Repubblica di Venezia Ferrari 250 TRI/61 SchwedenSchweden Joakim Bonnier Gesamtsieg
1966 ItalienItalien Autodelta SpA Alfa Romeo Giulia TZ2 FrankreichFrankreich Bernard Consten Ausfall Getriebeschaden
1969 ItalienItalien Autodelta S.P.A. Alfa Romeo T33/3 ItalienItalien Nino Vaccarella Ausfall Motor überhitzt

Literatur

  • Lucien Bianchi: Mes Rallyes. Flammarion, Paris 1969.

Weblinks

Commons Commons: Lucien Bianchi – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien