Mehrwertsteuer


aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Wechseln zu: Navigation, Suche
25px Dieser Artikel befasst sich mit grundsätzlichen Aspekten der Mehrwertsteuer. Zur Bedeutung im deutschen Sprachgebrauch siehe Umsatzsteuer (Deutschland). Zur schweizerischen Mehrwertsteuer siehe Mehrwertsteuer (Schweiz)

Eine Mehrwertsteuer (MwSt.) ist eine auf mehreren Stufen der Wertschöpfung erhobene Steuer, für deren Festsetzung die Einnahmen von Unternehmen mit Ausgaben der Unternehmen verrechnet werden.<ref name="IMF"> Liam P. Ebrill, Michael Keen, Jean-Paul Bodin, Victoria Summers: The modern VAT. Internationaler Währungsfonds, Washington 2001, ISBN 978-1-58906-026-5 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).</ref>

Abgrenzung zur Umsatzsteuer

Die Mehrwertsteuer ist der Umsatzsteuer ähnlich. Die in Deutschland und Österreich als „Umsatzsteuer“ bezeichnete Steuer ist der Sache nach eine Mehrwertsteuer. Daher ist die Verwendung dieses Begriffes im deutschen und österreichischen Umsatzsteuerrecht irreführend.

Die eigentliche Umsatzsteuer wird dem Wortsinne nach bei jedem Zwischenverkauf auf den gesamten Umsatz erhoben, wodurch sie sich bei mehreren Zwischenverkäufen kumuliert. Insofern unterscheidet sie sich von der Mehrwertsteuer.

Dagegen wird die Mehrwertsteuer, wie sie in der Europäischen Union ausgestaltet ist, zwar auch bei jedem Zwischenverkauf auf den gesamten Umsatz erhoben; jeder Zwischenverkäufer kann sich die von ihm selbst bezahlte Mehrwertsteuer aber als Vorsteuer erstatten oder auf die eigene Mehrwertsteuerschuld anrechnen lassen, so dass er selbst nur mit der Steuer auf die Differenz zwischen seinen mit Umsatzsteuer belasteten Kosten und dem Verkaufspreis belastet ist, also dem von ihm geschaffenen Mehrwert.

Geschichte

Die Idee einer Mehrwertsteuer geht auf Carl Friedrich von Siemens zurück. Als von Siemens 1919 die Umsatzsteuer kritisierte, war die Steuerlast noch umso höher, je mehr Unternehmen ein Produkt auf dem Weg zum Endkunden durchlief.<ref>Qualm unterm Hut. Spiegel-Verlag, 21. August 1967, abgerufen am 9. Juni 2010.</ref> Dies begünstigte Großunternehmen mit hoher Fertigungstiefe (deren interne Stationen prinzipbedingt nicht besteuert wurden) und verzerrte somit den Wettbewerb.

Erst Ende der 1940er Jahre begann man, von dieser Praxis abzurücken. Frankreich machte diese ersten Schritte, allerdings ohne alle Wirtschaftszweige einzubeziehen. Die erste alle Wirtschaftszweige umfassende Mehrwertsteuer wurde 1953 in Michigan eingeführt.<ref name="van Brederode"> Robert F. van Brederode: Systems of General Sales Taxation. Theory, Policy and Practice. Kluwer Law International, Austin 2009, ISBN 978-90-411-2832-4, S. 7 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).</ref>

Um die Jahrtausendwende erhoben rund 120 Staaten eine Mehrwertsteuer und erzielten daraus durchschnittlich rund 25 % ihrer Steuereinnahmen.<ref name="IMF" />

Innerhalb der Europäischen Union ist die Mehrwertsteuer rechtlich vereinheitlicht durch die sogenannte Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL).<ref>Richtlinie 2006/112/EG (PDF). EUR-Lex, 11. Dezember 2006, abgerufen am 14. November 2015.</ref> Die Richtlinie wurde seit der Veröffentlichung 2006 mehrmals angepasst.<ref>Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem. Europäische Union, 4. Februar 2011, abgerufen am 13. September 2013.</ref>

Festsetzungsmethoden

Subtraktionsmethode

Von der Summe der Erlöse eines Unternehmens werden anrechenbare Ausgaben abgezogen. Am verbleibenden Betrag wird die Mehrwertsteuer bemessen.<ref name="IMF" /> Diese Methode wurde unter anderem bei der 1953 bis 1975 im US-Bundesstaat Michigan geltenden Mehrwertsteuer<ref>Michigan's Single Business Tax. State of Michigan, abgerufen am 9. Juni 2010 (PDF; 372 KB).</ref> und wird bei der Mehrwertsteuer in Japan angewendet.

Additionsmethode

Die Erlöse eines Unternehmens werden zusammengezählt und dabei gegebenenfalls angepasst; anhand der Summe wird die Wertschöpfung abgeschätzt und die Mehrwertsteuer bemessen.<ref name="IMF" /> Nur New Hampshire erhebt eine allgemeine Mehrwertsteuer, die nach dieser Methode festgesetzt wird. Einige Staaten wenden sie bei Mehrwertsteuern an, die auf den Finanzsektor beschränkt sind.

Rechnungsmethode

Die Unternehmen stellen Rechnungen aus, in denen die im Rechnungsbetrag enthaltene Mehrwertsteuer ausgewiesen wird. Wenn die Mehrwertsteuer auf Einnahmen gegenüber der Mehrwertsteuer auf Ausgaben überwiegt, zahlt das Unternehmen die Differenz an die Finanzbehörden. Im umgekehrten Fall zahlen die Finanzbehörden dem Unternehmen die Differenz aus. Diese Methode ist am weitesten verbreitet und wird beispielsweise von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union angewendet.<ref>Wie die Mehrwertsteuer funktioniert. Europäische Kommission, abgerufen am 9. Juni 2010.</ref>

Mehrwertsteuer-Typen

Produkt-Typ

Bei diesem Typ wird die auf Investitionsgüter gezahlte Mehrwertsteuer nicht verrechnet. Die erste Mehrwertsteuer überhaupt war von diesem Typ. Er wurde beispielsweise auch in China und Brasilien eingeführt.<ref name="IMF" />

Einkommen-Typ

Bei diesem Typ wird die gezahlte Mehrwertsteuer nur im Rahmen des Wertverlusts verrechnet.<ref name="IMF" /> Die 1953 in Michigan eingeführte Mehrwertsteuer war von diesem Typ.

Konsum-Typ

Bei diesem Typ wird die gezahlte Mehrwertsteuer grundsätzlich unbeschränkt verrechnet. In der Praxis kommen jedoch Einschränkungen vor, die zum Teil beabsichtigt sind und zum Teil auf Verwaltungsmängeln beruhen.<ref name="IMF" /> Unter Einbeziehung unvollkommener Umsetzungen ist dieser Typ am meisten verbreitet.

Siehe auch

Einzelnachweise

<references />