Mutterkreuz
Das Ehrenkreuz der Deutschen Mutter, kurz Mutterkreuz, wurde am 16. Dezember 1938 per Verordnung von Adolf Hitler gestiftet. Der Entwurf des Ehrenkreuzes stammt von Franz Berberich. Die Eingangsworte dieser Verordnung lauteten: „Als sichtbares Zeichen des Dankes des Deutschen Volkes an kinderreiche Mütter stifte ich das Ehrenkreuz der Deutschen Mutter.“<ref>Verordnung über die Stiftung des Ehrenkreuzes der Deutschen Mutter vom 16. Dezember 1938, Reichsgesetzblatt Nr. 224 vom 24. Dezember 1938, Eingangswortlaut</ref> Die weiteren Verfahrensregeln wurden in der gleichnamigen Satzung veröffentlicht.
Das Abzeichen zählt in der BRD zu den verfassungsfeindlichen Propagandamitteln. Sein Herstellen, öffentliches Tragen oder Verbreiten ist verboten.<ref>Strafgesetzbuch: § 86a Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, auf: dejure.org</ref>
Inhaltsverzeichnis
Vorgeschichte
In der Zeit des Nationalsozialismus wurden Frauen aus dem öffentlichen Leben verdrängt und nach dem nationalsozialistischen Frauenbild wurde ihre Rolle auf die Gebärende und Mutter reduziert. Auch als der Muttertag am 3. Maisonntag des Jahres 1934 offiziell als Feiertag eingeführt wurde, änderte sich dies nicht, Frauen wurden dadurch weiter verdrängt.<ref name="Bendel">Carolin Bendel, Die deutsche Frau und ihre Rolle im Nationalsozialismus auf Shoa.de</ref> Um die weibliche Benachteiligung weiterhin zu mindern, aber auch die Gebärfreudigkeit zu steigern und aufzuzeigen, „wie wichtig ihr Beitrag, den sie in Form von Kindern erbrachten, für das Reich war“<ref name="Bendel" />, wurde das Mutterkreuz im Jahre 1938 in der Vorbereitungsphase des Krieges gestiftet. Eine ähnliche Praxis war bereits in Frankreich durch die Vergabe der Médaille de la Famille française üblich. Diese Ehrung der französischen Mutter besteht bis heute fort.
Satzungsinhalt
Zweck des Ehrenkreuzes
Das Ehrenkreuz der Deutschen Mutter war eine Auszeichnung für Verdienste deutscher Mütter um das Deutsche Volk.<ref>Satzung des Ehrenkreuzes der Deutschen Mutter vom 16. Dezember 1938, Reichsgesetzblatt Nr. 224 vom 24. Dezember 1938, Artikel 1</ref>
Voraussetzungen für die Verleihung
Die Voraussetzungen zur Verleihung des Ehrenkreuzes der Mutter entsprachen der NS-Ideologie. Demnach konnte eine Frau nur dann das Mutterkreuz erhalten, wenn:
- a) die Eltern der Kinder „deutschblütig“ und „erbtüchtig“ waren,
- b) die Mutter der Auszeichnung würdig war (d.h. „erbgesund“, „anständig“<ref>Zur Ablehnung aufgrund von „Asozialität“ vgl. Wolfgang Ayaß (Bearb.): „Gemeinschaftsfremde“. Quellen zur Verfolgung von „Asozialen“ 1933–1945, Koblenz 1998, Nr. 86 und Nr. 89.</ref> und „sittlich einwandfrei“)<ref name="Bendel" />,
- c) die Kinder lebend geboren worden waren.<ref>Satzung des Ehrenkreuzes der Deutschen Mutter vom 16. Dezember 1938, Reichsgesetzblatt Nr. 224 vom 24. Dezember 1938, Artikel 2</ref>
Einteilung des Ehrenkreuzes
Die Einteilung des Ehrenkreuzes folgte den damaligen Ordensstatuten und war dreistufig angelegt. So konnte die Mutter die:
- a) dritte Stufe erhalten, wenn sie vier oder fünf Kinder hatte,
- b) zweite Stufe erhalten, wenn sie sechs oder sieben Kinder hatte,
- c) erste Stufe erhalten, wenn sie acht oder mehr Kinder hatte.<ref>Satzung des Ehrenkreuzes der Deutschen Mutter vom 16. Dezember 1938, Reichsgesetzblatt Nr. 224 vom 24. Dezember 1938, Artikel 3</ref>
- Mutterkreuz-mit-Ordenskreuz.jpg
Mutterkreuz (1. Stufe in Gold)
- Ehrenkreuz der deutschen Mutter mit Spange und Schatulle.jpg
Mutterkreuz der 1. Stufe in Gold mit Spange und Schatulle
- Mutterkreuz silver.jpg
Mutterkreuz der 2. Stufe in Silber
- Ehrenkreuz der deutschen Mutter envelope.jpg
Verleihungstüte zur 2. Stufe
- Mutterkreuz1940.jpg
Mutterkreuz der 3. Stufe in Bronze mit dazugehöriger Verleihungsurkunde
- Bundesarchiv Bild 183-J06142, Verleihung des Ehrenkreuzes der deutschen Mutter.jpg
Verleihung des Mutterkreuzes durch Parteifunktionäre und Bund Deutscher Mädel (BDM)
- Bundesarchiv Bild 183-J05118, Berlinerin mit Goldenem Mutterkreuz.jpg
Ehrung einer Berlinerin mit dem Ehrenkreuz der Mutter in Gold
- Bundesarchiv Bild 183-J15063, Familie mit 12 Kindern.jpg
NS-Leiter Reichel mit Frau (goldenes Mutterkreuz) und Kindern 1943
Form, Trageweise und Beschaffenheit des Ehrenkreuzes
Form
Das Ehrenkreuz der Mutter bestand aus einem schmalen, blau emaillierten Langkreuz mit weißem Rand, das mittig mit einer ebenfalls weiß gehaltenen Runden Scheibe belegt war. Die Scheibe zeigte dabei zentriert ein schwarzes Hakenkreuz mit der Umschrift (in Großbuchstaben): DER DEUTSCHEN MUTTER. Aus den Winkeln des Ehrenkreuzes gingen metallene Strahlenbündel hervor.<ref>Satzung des Ehrenkreuzes der Deutschen Mutter vom 16. Dezember 1938, Reichsgesetzblatt Nr. 224 vom 24. Dezember 1938, Artikel 4 Absatz 1</ref> Während die Vorderseite des Ehrenkreuzes zeit ihres Bestehens gleich blieb, war die Rückseite zwei Veränderungen unterzogen. So war zu lesen:
- auf der 1. Form: Das Kind adelt die Mutter und der Namenszug Adolf Hitlers.<ref>Satzung des Ehrenkreuzes der Deutschen Mutter vom 16. Dezember 1938, Reichsgesetzblatt Nr. 224 vom 24. Dezember 1938, Artikel 4 Absatz 2</ref>
- auf der 2. Form: 16. Dezember 1938 (Stiftungsdatum) und der Namenszug Adolf Hitlers
Trageweise
Das Ehrenkreuz wurde dabei an einem blauen, weiß-blau-weiß geränderten Band um den Hals der Trägerin getragen.<ref>Satzung des Ehrenkreuzes der Deutschen Mutter vom 16. Dezember 1938, Reichsgesetzblatt Nr. 224 vom 24. Dezember 1938, Artikel 4 Absatz 3</ref>
Beschaffenheit
Die Metallteile des Ehrenkreuzes waren entsprechend der verliehenen
- 3. Stufe bronzegetönt
- 2. Stufe versilbert und bei der
- 1. Stufe vergoldet<ref>Satzung des Ehrenkreuzes der Deutschen Mutter vom 16. Dezember 1938, Reichsgesetzblatt Nr. 224 vom 24. Dezember 1938, Artikel 4, Absatz 4</ref>
Die Beliehene erhielt mit Aushändigung des Ehrenkreuzes ein Besitzzeugnis<ref>Satzung des Ehrenkreuzes der Deutschen Mutter vom 16. Dezember 1938, Reichsgesetzblatt Nr. 224 vom 24. Dezember 1938, Artikel 5</ref>, mit Faksimile-Unterschrift Hitlers und Gegenzeichnung des Chefs der Präsidialkanzlei.<ref>Durchführungsverordnung zur Verordnung über die Stiftung des Ehrenkreuzes der Deutschen Mutter vom 16. Dezember 1938, Reichsgesetzblatt Nr. 224 vom 24. Dezember 1938, Seite 1926 § 2</ref> Das Ehrenkreuz selbst verblieb nach dem Tod der Beliehenen den Hinterbliebenen als Andenken.<ref>Satzung des Ehrenkreuzes der Deutschen Mutter vom 16. Dezember 1938, Reichsgesetzblatt Nr. 224 vom 24. Dezember 1938, Artikel 6</ref>
Durchführungsverordnung
Die ebenfalls am 16. Dezember 1938 erlassene Durchführungsbestimmung zum Ehrenkreuz der Mutter sah hinzukommend vor:
Vorschläge auf Verleihung
Die Vorschläge auf Verleihung des Ehrenkreuzes waren vom Bürgermeister von Amts wegen aufzustellen oder auf Antrag des Ortsgruppenleiters der NSDAP. Ferner waren antragsberechtigt der „Kreiswart des Reichsbundes der Kinderreichen“,<ref>Durchführungsverordnung zur Verordnung über die Stiftung des Ehrenkreuzes der Deutschen Mutter vom 16. Dezember 1938, Reichsgesetzblatt Nr. 224 vom 24. Dezember 1938, Seite 1926 § 1 Absatz 1</ref> in dessen Bereich die zu Beliehene ihren Wohnsitz innehatte. Der Bürgermeister legte sodann die Vorschläge der unteren zuständigen Verwaltungsbehörde vor. Diese holte sogleich eine gutachtliche Äußerung des zuständigen Gesundheitsamtes der Mutter ein um anschließend im Einvernehmen mit dem Kreisleiter der NSDAP die Verleihungsanträge zu fertigen. In nicht kreisangehörigen Gemeinden war die gutachterliche Äußerung des Gesundheitsamtes sowie das Einvernehmen des Kreisleiters unmittelbar vom Bürgermeister herbeizuführen.<ref>Durchführungsverordnung zur Verordnung über die Stiftung des Ehrenkreuzes der Deutschen Mutter vom 16. Dezember 1938, Reichsgesetzblatt Nr. 224 vom 24. Dezember 1938, Seite 1926 § 1 Absatz 2</ref> Etwa fünf Prozent der Vorschläge wurden nach der Begutachtung durch Ärzte und Fürsorgerinnen zurückgezogen.<ref>Nicole Kramer: Anmerkungen zur Einführung des Mutterkreuzes..., In: Zeitgeschichte-online, Mai 2014 (Abgerufen 29. Mai 2014)</ref> Die untere Verwaltungsbehörde stellte in weiterer Folge dann die Vorschläge listenmäßig zusammen und reichte sie der höheren Verwaltungsbehörde weiter, die diese dann monatlich zum Monatsende der Präsidialkanzlei der Ordenskanzlei weiterleitete.<ref>Durchführungsverordnung zur Verordnung über die Stiftung des Ehrenkreuzes der Deutschen Mutter vom 16. Dezember 1938, Reichsgesetzblatt Nr. 224 vom 24. Dezember 1938, Seite 1926 § 1 Absatz 3</ref>
Aushändigung des Ehrenkreuzes
Die Aushändigung des Mutterkreuzes war im gesamten Deutschen Reich einheitlich geregelt. So wurde es jeweils am Muttertag durch den Ortsgruppenleiter der NSDAP, denen zuvor die Ehrenkreuze und Besitzurkunden durch die untere Verwaltungsbehörde zugeleitet worden waren, in einem festlichen Akt verliehen.<ref>Durchführungsverordnung zur Verordnung über die Stiftung des Ehrenkreuzes der Deutschen Mutter vom 16. Dezember 1938, Reichsgesetzblatt Nr. 224 vom 24. Dezember 1938, Seite 1926 § 3</ref> Die Aushändigung des Ehrenkreuzes erfolgte üblicherweise in einer blau gehaltenen Schachtel bzw. in einer einfachen Papiertüte oder aber auch öffentlichkeitswirksam direkt durch den Ortsgruppenleiter.
Entziehung des Ehrenkreuzes
Unter bestimmten Umständen konnte das Mutterkreuz auch wieder durch den Reichsminister des Innern entzogen werden,<ref>Durchführungsverordnung zur Verordnung über die Stiftung des Ehrenkreuzes der Deutschen Mutter vom 16. Dezember 1938, Reichsgesetzblatt Nr. 224 vom 24. Dezember 1938, Seite 1926 § 4</ref> und zwar in jenen Fällen, in denen sich die Trägerin „unwürdig“ verhielt, wobei dieser Begriff stark gedehnt wurde. Als unwürdiges Verhalten galt zum Beispiel die Liebesbeziehung zu einem Kriegsgefangenen oder Zwangsarbeiter.
Verleihungszahlen
Die erste Verleihung nach Stiftung des Ehrenkreuzes im Jahr 1938 fand am 21. Mai 1939<ref>Meyers Lexikon, 8. Aufl., Bd. 8, Sp. 14 Muttertag</ref> statt. Erste Empfängerin war die 61-jährige Louise Weidenfeller aus München († 1948), die insgesamt acht Kinder geboren hatte.
Wegen der bei der anfänglichen Planung nicht erwarteten hohen Anzahl von 5,5 Millionen Ehrenkreuzen wurden bei dieser ersten Verleihung nur solche Mütter ausgezeichnet, die bereits älter als 60 Jahre waren. So erhielten das Ehrenkreuz insgesamt ca. drei Millionen Mütter. Die übrigen Frauen erhielten es beim Erntedankfest desselben Jahres. Bis September 1941 hatten 4,7 Millionen Frauen das Mutterkreuz erhalten. Diese Zahl stieg in den folgenden Jahren nur noch moderat.<ref>Nicole Kramer: Anmerkungen zur Einführung des Mutterkreuzes... In: Zeitgeschichte-online, Mai 2014 (Abgerufen 29. Mai 2014)</ref> Weitere Verleihungszahlen sind nicht belegbar; andere Schätzungen gehen von über 10 Millionen aus.
Verfassungsfeindliches Abzeichen
Das Ehrenkreuz der Deutschen Mutter gehört zu den nationalsozialistischen Auszeichnungen, deren Führung in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Gesetz über Titel, Orden und Ehrenzeichen vom 26. Juli 1957 in keiner Form zulässig ist.
Siehe auch
Literatur
- Irmgard Weyrather: Mutterkreuz und Muttertag. Der Kult um die „deutsche Mutter“ im Nationalsozialismus. Fischer, Frankfurt am Main 1993, ISBN 3-596-11517-5 (= Fischer Taschenbuch, Band 11517 Geschichte – Die Zeit des Nationalsozialismus).
- Anna Maria Sigmund: Die Frauen der Nazis. Komplett aktualisierte und erweiterte Neuausgabe in einem Band, Heyne, München 2013 (Erstausgabe in drei Bänden 1998-2002), ISBN 978-3-453-60261-8.
- Günther Rambach: Hakenkreuz und Martinskirche. Schicksalsjahre in der Oberpfalz. 1933–1959. Selbstverlag, Kümmersbruck 2010, ISBN 978-3-00-031635-7 (S. 76ff: September 1941 - Protest von 500 Müttern mit Rückgabe des Mutterkreuzes).
Weblinks
- Deutsches Historisches Museum: Das Mutterkreuz
- Mutterkreuz einmotten. Artikel im Magazin prager frühling. Enthält u. a. die Satzung des Ehrenkreuzes für die Deutsche Mutter im Volltext.
- Verfassungsschutz.de: Rechtsextremismus: Symbole, Zeichen und verbotene Organisationen (PDF)
Einzelnachweise
<references />
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