Rechenleistung
Die Rechenleistung (auch Datenverarbeitungsleistung, englisch computing power oder performance genannt) ist ein Maß für Rechenmaschinen und Datenverarbeitungs- (kurz DV-Systeme) oder informationstechnische Systeme (kurz IT-Systeme). In der Regel steht dabei die Datenverarbeitungsgeschwindigkeit (für die Berechnungen pro Zeiteinheit), umgangssprachlich auch kurz Geschwindigkeit oder Schnelligkeit genannt, der eingesetzten Maschinenteile (wie z. B. der oder die Haupt- und Grafikprozessor-Einheiten) sowie die Geschwindigkeit einzelner Anwendungen (wie z. B. Simulationsberechnungen oder die Bearbeitung großer Datenbankverwaltungen) im Mittelpunkt der Betrachtung, und seltener auch die Rechenleistung ganzer IT-Systeme, wie etwa Großrechner oder der Verbund derselben in sogenannten Superrechnern.<ref name="Rechenleistung bei ITWissen.info">Rechenleistung – Seite bei ITWissen.info; Stand: 21. Juli 2012 (Abgerufen am: 21. Juli 2012)</ref>
Darüber hinaus wird mit der Leistung auch die physikalische Leistung eines IT-Systems beschrieben, wobei die verrichtete Arbeitsmenge oder die aufgewendete Energie pro Zeiteinheit betrachtet wird.<ref>Peter Stahlknecht, Ulrich Hasenkamp: Einführung in die Wirtschaftsinformatik. Springer-Lehrbuch Series, Verlag Springer, 2005, ISBN 9783540011835, Seite 31 </ref><ref>Willi Albers: Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft. Vandenhoeck & Ruprecht, 1980, ISBN 9783525102572, Seite 100 [3]</ref><ref>Dietmar Moeller: Rechnerstrukturen. Springer, 2002, ISBN 9783540676386, Seite 231 [4]</ref>
- Befehlsmixe
- Die Befehlsausführungszeit von unterschiedlichen Befehlstypen werden nach der erwarteten relativen Häufigkeit ihres Auftretens summiert und als mittlere Befehlsausführungszeit bewertet.
- Kernprogramme
- Kernprogramme sind Lösungen für typische, abgebgrenzte Aufgaben, die für den zu bewertenden Rechner geschrieben werden. Sie werden jedoch nicht zur Ausführung gebracht. Ziel ist es, die Ausführungszeit auf Grundlage der einzelnen Befehlsausführungszeiten zu bestimmen.
Bewertung der DV-Leistung
Leistungswerte (egal ob mittels Messung oder mittels Vorhersagemethoden ermittelt) sind Zahlenwerte physikalischer Größen, die zwar wichtig und interessant sind, die aber für sich allein gesehen noch keine Aussage zu der wichtigen Frage machen, ob das DV-System die (Leistungs-)Bedürfnisse seiner Benutzerschaft erfüllt. Diese Bedürfnisse müssen also zahlenmäßig definiert werden.
Sodann muss ein Vergleich dieser (geforderten) Werte mit den vom DV-System erbrachten Leistungswerten durchgeführt werden. Das Ergebnis dieses Vergleichs ist die Aussage, ob das DV-System ausreichend ist, um die Benutzerbedürfnisse zu befriedigen. Dies ist die Bewertung. Damit kommt man zu dem von den Benutzern letztendlich benötigtem Ergebnis „nicht ausreichend“, „ausreichend“, „übererfüllt“ usw. Die Skala einer solchen Endaussage könnte auch detaillierter gewählt werden.
Hingewiesen sei noch auf folgende Sachverhalte:
- Die Werte von DV-Leistungsgrößen eines betrachteten Systems sind konkrete Zahlen. Sie würden sich nur ändern, wenn das System geändert würde (zum Beispiel durch den Austausch von Hardwarekomponenten, wie den Prozessor oder eine Speichereinheit oder von Softwarekomponenten, etwa die Betriebssystemversion und/oder von Anwendungssoftware mit anderer Software-Effizienz).
- Dagegen sind die Bewertungsergebnisse von der Benutzerschaft, auf die bei der Bewertung Bezug genommen wird, abhängig. So kann beispielsweise die Bewertung eines betrachteten DV-Systems für die Benutzerschaft A sehr gut ausfallen, während dasselbe System für die Benutzerschaft B unbefriedigend ist.
Benchmark und Lasttest
Während das Ziel des Lasttest es ist, einen Nachweis zu erbringen ob die zu erwartende Last in geforderter Zeit abgearbeitet werden kann, ist es das Ziel des Benchmarks eine Kennzahl zu ermitteln die zwischen verschiedenen Systemen verglichen werden kann.<ref>http://www.spec.org/spec/glossary/#benchmark</ref>
Der Lasttest kann so gestaltet sein, dass reale Benutzer den Laststrom erzeugen (reale Last). Der Laststrom kann aber auch durch einen Simulator, welcher die gesamte Benutzerschaft detailliert simuliert, erzeugt werden (simulative Last). Ein Benchmark verwendet stets eine standardisierte, simulative Last um die Ergebnisse vergleichen zu können.
Um genauere Ergebnisse zu erreichen muss eine Messsoftware eingesetzt werden, welche das Auftragsgeschehen genau protokolliert und nach Beendigung des Versuchs die Auswertung (Ermittlung der DV-Leistungsgrößen) vornimmt.
Im Laufe der Zeit ist eine enorme Menge von (Computer-) Benchmarks entwickelt und beschrieben worden, sowohl auf der wissenschaftlichen Ebene, wie auch von der Industrie und der Wirtschaft. Diese Benchmarks haben fast alle unterschiedliche Prinzipien und DV-Leistungsgrößen, sodass Messergebnisse im Allgemeinen nicht vergleichbar sind. Viele dieser Benchmarks hatten eine nur kurze Aktualität und sind wieder verschwunden.
Leistungsdatenbanken
Fachzeitschriften und -magazine veröffentlichen regelmäßig Rankings zur Leistungsfähigkeit von Rechnersystemen oder -komponenten. Diese werden durch Kennzahlen oder Benchmarks bestimmt.
Eine sehr bekannte Datenbank, die TOP500, listet die 500 leistungsfähigsten Superrechner der Welt auf. Hierzu wird der Linpack-Benchmark verwendet.<ref>http://www.top500.org</ref>
Standards
In sich vollständige Vorschläge zur Benchmark-Methodik und zu DV-Leistungsgrößen machen die Normen DIN 66273 „Messung und Bewertung der Leistung von DV-Systemen“ und ISO 14756 „Messung und Bewertung der Leistung und der Software-Effizienz von DV-Systemen“. Die ISO-Norm hat die Prinzipien von DIN 66273 übernommen und erweitert. Messungen, die nach DIN 66273 durchgeführt worden sind, sind auch konform zu ISO 14756. Die ISO-Norm erweitert das Anwendungsfeld über die Messung und Bewertung der DV-Leistung hinaus auf die Messung der (Laufzeit-) Effizienz von System- und/oder Anwendungssoftware. Die DIN-Norm normt die Benchmark-Methodik, verzichtet wegen der Kurzlebigkeit von Benchmarks aber darauf, konkrete Benchmarks zu definieren. Die ISO-Norm enthält darüber hinaus jedoch noch Beispiele vollständiger Benchmarks.
Der Application Response Measurement (ARM), ist ein Standard der Open Group und dient zur Leistungsmessung von Transaktionen aus der Sicht des Benutzers.
Variable Leistung
In der Regel ist die Leistung eines informationstechnischen Systems konstant. Jedoch kann aus Gründen der Abwärtskompatibilität oder um Energie zu sparen eine Verringerung der Leistung zweckmäßig sein. Die Turbo-Taste sorgte bei PCs der 8086er bis Pentium-Ära für Abwärtskompatibilität zum IBM-Standard. Dieses erfolgte oft durch Verringerung des Taktes, aber auch durch Abschalten des Level-1-Cache oder eine Verringerung der Taktfrequenz des Front Side Bus.
In modernen Notebooks hingegen reduzieren Technologien wie PowerNow!, Cool’n’Quiet oder Intel-SpeedStep-Technologie die Leistung wenn diese nicht gebraucht wird um die knappen Energieressourcen in den Akkumulatoren zu schonen. Dieses kann durch Verringerung des Taktes oder der Kernspannung bzw. Abschaltung einzelner Prozessoren bei Mehrprozessorsystemen geschehen.
Siehe auch
Literatur
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- D. Ferrari, G. Serazzi, A.Zeigner: Measurement and Tuning of Computer Systems, Prentice-Hall Inc., Englewood Cliffs, New Yersey, 1983, ISBN 0-13-568519-2
- R. Jain: The Art of Computer Systems Performance Analysis, John Wiley, New York, 1991, ISBN 0-471-50336-3
- G. Bolch: Leistungsbewertung von Rechensystemen mittels analytischer Warteschlangenmodelle, Leitfäden und Monographien der Informatik, B. G. Teubner, Stuttgart,1989, ISBN 3-519-02279-6
- H. Langendörfer: Leistungsanalyse von Rechensystemen (Messen, Modellieren, Simulation), C. Hanser, München, Wien, 1992, ISBN 3-446-15646-1
- A. O. Allen: Introduction to Computer Performance Analysis with Mathematica, AP Professional, Harcourt Brace & Company Publishers, Boston, 1994, ISBN 0-12-051070-7
- W. Dirlewanger: Messung und Bewertung der DV-Leistung auf Basis der Norm DIN 66273, Hüthig, Heidelberg, 1994, ISBN 3-7785-2147-0
- M. Haas, W. Zorn: Methodische Leistungsanalyse von Rechensystemen, R. Oldenbourg, München, Wien, 1995, ISBN 3-486-20779-2
- C. Jones: Applied Software Measurement, Assuring Productivity and Quality. McGraw-Hill, New York 1996, 2. Aufl., ISBN 0-07-032826-9
- W. Dirlewanger: Measurement and Rating of Computer Systems Performance and of Software Efficiency – An Introduction to the ISO/IEC 14756 Method and a Guide to its Applications, Online Verlag Kassel-University-Press-GmbH, Kassel, 2006, www.upress.uni-kassel.de, ISBN 3-89958-233-0 und ISBN 978-3-89958-233-8
- John L. Hennessy, David A. Patterson: Rechnerarchitektur: Analyse, Entwurf, Implementierung, Bewertung. Vieweg, Braunschweig 1994, ISBN 3-528-05173-6
- Andrew S. Tanenbaum, James Goodman: Computerarchitektur. 4. Auflage, Pearson Studium, München 2001, ISBN 3-8273-7016-7
- Niklas Schlimm, Mirko Novakovic, Robert Spielmann, Tobias Knierim: Performance-Analyse und -Optimierung in der Softwareentwicklung. Informatik Spektrum 30. April 2007, PDF
- Theo Ungerer, Uwe Brinkschulte: Mikrocontroller und Mikroprozessoren. Springer, 2010, ISBN 9783540468011, [5]
- Thomas Rauber, Gudula Rünger: Parallele und verteilte Programmierung. Springer, 2000, ISBN 9783540660095 [6]
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- Paul J. Fortier, Howard Edgar Michel: Computer systems performance evaluation and prediction. Digital Press, 2003, ISBN 9781555582609 [8]
Weblinks
- Kapitel 2.5: Leistungsbewertung – Seite zur Numerischen Mathematik bei XiPaint Development (Letzte Änderung: um 2000)
Einzelnachweise
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