Rochade in der Schachkomposition


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Die Rochade ist ein beliebtes Element in der Schachkomposition, weil sie zusätzliche Möglichkeiten bei Konstruktion und Darstellung bestimmter Ideen eröffnet.

Wann ist die Rochade erlaubt?

Zunächst ist die Frage zu stellen, ob und wann die Rochade in Schachkompositionen überhaupt erlaubt ist. Schließlich ging der Stellung in einer Schachkomposition kein Spiel voraus, und wir können daher nicht bestimmen, ob König und Turm bereits gezogen haben. Vereinbart wurde folgende Regel: Die Rochade ist nur dann verboten, wenn bewiesen werden kann, dass in jeder zur Stellung führenden Partie König oder Turm bereits gezogen haben.

Alexei Selesnjow
Tidskrift for Schack, 1921
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8 a8 b8 c8 d8 e8 f8 g8 h8 8
7 a7 b7 c7 d7 e7 f7 g7 h7 7
6 a6 b6 c6 d6 e6 f6 g6 h6 6
5 a5 b5 c5 d5 e5 f5 g5 h5 5
4 a4 b4 c4 d4 e4 f4 g4 h4 4
3 a3 b3 c3 d3 e3 f3 g3 h3 3
2 a2 b2 c2 d2 e2 f2 g2 h2 2
1 a1 b1 c1 d1 e1 f1 g1 h1 1
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Weiß am Zug gewinnt



Lösung:

1. d6-d7 Kb6-c7
2. d7-d8D+ Kc7xd8
3. 0-0-0+! Rochade als Angriffszug, Doppelangriff
gewinnt den Turm auf b2. Es lässt sich hier nicht nachweisen, warum die Rochade verboten sein sollte, also ist sie erlaubt.
H. Kamstra
Tidskrift NSB, 1929
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8 a8 b8 c8 d8 e8 f8 g8 h8 8
7 a7 b7 c7 d7 e7 f7 g7 h7 7
6 a6 b6 c6 d6 e6 f6 g6 h6 6
5 a5 b5 c5 d5 e5 f5 g5 h5 5
4 a4 b4 c4 d4 e4 f4 g4 h4 4
3 a3 b3 c3 d3 e3 f3 g3 h3 3
2 a2 b2 c2 d2 e2 f2 g2 h2 2
1 a1 b1 c1 d1 e1 f1 g1 h1 1
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Matt in 2 Zügen



Weiß setzt matt mittels 1. Tf1-a1 und 2. Ta1-a8#. Schwarz darf nicht rochieren, weil König oder Turm zuletzt gezogen haben müssen.

Wenn der schwarze Bauer hingegen auf h6 steht, könnte der letzte schwarze Zug h7-h6 gewesen sein, und die Rochade wäre nach 1. Tf1-a1? 0-0 legal; Weiß setzt dann mit 1. Tf1-f7 nebst 2. Tb7-b8# matt.

Lässt sich in einer Stellung beweisen, dass nur höchstens eine der beiden Seiten rochieren darf, so gilt der Grundsatz einer a posteriori-Rechtfertigung nach dem Motto „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“.<ref>Otto und Angela Janko: A posteriori. Abgerufen am 16. August 2015.</ref> Man betrachte folgende Stellung:

Rafael Kofman
Shakhmaty Bulletin, 1958 (Version)
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8 a8 b8 c8 d8 e8 f8 g8 h8 8
7 a7 b7 c7 d7 e7 f7 g7 h7 7
6 a6 b6 c6 d6 e6 f6 g6 h6 6
5 a5 b5 c5 d5 e5 f5 g5 h5 5
4 a4 b4 c4 d4 e4 f4 g4 h4 4
3 a3 b3 c3 d3 e3 f3 g3 h3 3
2 a2 b2 c2 d2 e2 f2 g2 h2 2
1 a1 b1 c1 d1 e1 f1 g1 h1 1
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Matt in 3 Zügen



Wenn Weiß in dieser Stellung noch rochieren darf, dann hätte der weiße Königsturm nie die rechte untere Ecke verlassen können. Also wurde er geschlagen, und der weiße Turm auf d3 entstand durch Umwandlung. Der Bauer konnte sich nicht bis nach g8 durchschlagen – dafür fehlen zu wenige schwarze Steine. Er wurde also auf e8, auf f8 oder am Damenflügel umgewandelt. Da er das schwarze Lager im letzteren Fall nur über d8 verlassen konnte, muss der König sich in jedem Fall zwischenzeitlich von e8 entfernt haben. Also darf Schwarz nicht mehr rochieren. Nimmt man umgekehrt an, dass Schwarz noch rochieren darf, ist es Weiß nicht mehr möglich.

Die Lösung der Aufgabe ist 1. 0-0-0 nebst 2. d2xc3 und 3. Td3-d8#, wogegen sich Schwarz ohne Rochade nicht wehren kann (Ke8-f8 wird immer mit Td3-d8 beantwortet). Nach 1. d2xc3? wäre hingegen 1. … 0-0 möglich.

Irreversibilität der Rochade

Neben Bauern- und Schlagzügen, die die Stellung unwiderruflich verändern, ist die Rochade der einzige Zug, der nicht rückgängig gemacht werden kann. Auch das ist ein Thema in Schachkompositionen:

Thomas Rayner Dawson
Chemnitzer Wochenschach, 1925
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8 a8 b8 c8 d8 e8 f8 g8 h8 8
7 a7 b7 c7 d7 e7 f7 g7 h7 7
6 a6 b6 c6 d6 e6 f6 g6 h6 6
5 a5 b5 c5 d5 e5 f5 g5 h5 5
4 a4 b4 c4 d4 e4 f4 g4 h4 4
3 a3 b3 c3 d3 e3 f3 g3 h3 3
2 a2 b2 c2 d2 e2 f2 g2 h2 2
1 a1 b1 c1 d1 e1 f1 g1 h1 1
a b c d e f g h
Matt in 2 Zügen



1. Lb7-c6 erzwingt Matt im nächsten Zug. Die thematische Variante:

  • 1. … 0-0-0 2. Lc6-b7# – Weiß kann seinen Zug zurücknehmen, Schwarz jedoch nicht.




Nebenvarianten:

  • 1… d7xc6 2. Sa6-c7#
  • 1… Ta8-d8 2. Sa6-c7#
  • 1… Te6xc6 2. Dd5-g8#
  • 1.... Te6-d6 2. Dd5-g8#
  • 1… (…) 2. Dd5xd7#

Doppelte Feldräumung

Die Rochade ist der einzige Zug, durch den zwei Felder gleichzeitig geräumt (d. h. für andere eigene Figuren zugänglich gemacht) werden kann. Auch das wurde bereits in künstlerischer Form dargestellt.

Thomas Rayner Dawson
Chess Amateur, 1923
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8 a8 b8 c8 d8 e8 f8 g8 h8 8
7 a7 b7 c7 d7 e7 f7 g7 h7 7
6 a6 b6 c6 d6 e6 f6 g6 h6 6
5 a5 b5 c5 d5 e5 f5 g5 h5 5
4 a4 b4 c4 d4 e4 f4 g4 h4 4
3 a3 b3 c3 d3 e3 f3 g3 h3 3
2 a2 b2 c2 d2 e2 f2 g2 h2 2
1 a1 b1 c1 d1 e1 f1 g1 h1 1
a b c d e f g h
Matt in 3 Zügen



Die weiße Dame könnte entlang der Linien h1-a8 oder e1-a5 matt setzen, weil Schwarz wegen Zugzwang einen Bauer zu ziehen hat. Damit beide Varianten funktionieren, sind die Felder e1 und h1 gleichzeitig zu räumen: 1. 0-0, und nun 1. … b4-b3 2. Dh4-e1! nebst 3. De1-a5# oder 1. … c6-c5 2. Dh4-h1! nebst 3. Dh1-a8#.

Mehr als zwei verschiedene Rochaden

Tim Krabbé
Schaakbulletin, 1972
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8 a8 b8 c8 d8 e8 f8 g8 h8 8
7 a7 b7 c7 d7 e7 f7 g7 h7 7
6 a6 b6 c6 d6 e6 f6 g6 h6 6
5 a5 b5 c5 d5 e5 f5 g5 h5 5
4 a4 b4 c4 d4 e4 f4 g4 h4 4
3 a3 b3 c3 d3 e3 f3 g3 h3 3
2 a2 b2 c2 d2 e2 f2 g2 h2 2
1 a1 b1 c1 d1 e1 f1 g1 h1 1
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Matt in 3 Zügen



1. e6-e7 droht 2. e7-e8D+ und 3. De8-e2#. Die Themavarianten sind:
1. … g4xf3 2. e7-e8D+ Ke3-d3 3. 0-0-0#
1. … d5-d4 2. e7-e8D+ Ke3xf3 (bzw. Ke3-d3) 3. 0-0# (bzw. 0-0-0#)
1. … Ke3xf3 2. e7-e8T! Kf3-g2 3. 0-0-0-0#
1. … Ke3-d3 2. e7-e8T! Kd3-c2 3. 0-0-0-0#

0-0-0-0 ist die Pam-Krabbé-Rochade mit einem Umwandlungsturm auf e8. 1972 ließen die Regeln formal zu, dass jeder noch nicht gezogene Turm rochieren darf. Diese Scherzaufgabe hatte damals also eine legale Lösung.

Literatur

  • Tim Krabbé: Schaakkuriosa (1974) (dt. Schach-Besonderheiten: kuriose, intelligente und amüsante Kombinationen, ECON, Düsseldorf 1988, ISBN 3-612-20336-3)

Einzelnachweise

<references />