Schattenkabinett
Als Schattenkabinett bezeichnet man in der Politik eine von kandidierenden Parteien zusammengestellte Regierungsmannschaft, zu der auch die sogenannten Schattenminister gehören. Sie sollen im Falle eines erfolgreichen Wahlausgangs das Regierungskabinett bilden.<ref>Grüne verdrängen SPD-Schattenminister: Mindestens drei Kandidaten ziehen nicht ins Kabinett ein – Wenzel Vize-Ministerpräsident?</ref>
Das Aufstellen eines Schattenkabinetts ist ein häufig praktiziertes Wahlkampfmittel. Dadurch sollen die geplanten Akzente der zukünftigen Politik in die Öffentlichkeit transportiert und der Wahlkampf um personelle Elemente erweitert werden.<ref>"Team" ersetzt Riege der Schattenminister</ref>
Inhaltsverzeichnis
Begriff
In Großbritannien, woher das Konzept stammt, ist das Schattenkabinett seit Ende des 19. Jahrhunderts<ref>Begriffserklärung auf der Webseite der Gesellschaft für Deutsche Sprache, abgerufen am 15. Februar 2013</ref> eine feste Größe. Dort bildet die Opposition nach jeder Unterhauswahl spiegelbildlich zur britischen Regierung eine Mannschaft von Schattenministern, die sich zu den jeweiligen Plänen und Entscheidungen der amtierenden Minister äußern und sich zugleich auf die Übernahme des Amts nach einem Regierungswechsel vorbereiten.<ref>Thomas Krumm, Thomas Noetzel: Das Regierungssystem Großbritanniens - Eine Einführung, Oldenbourg Verlag, 2006, ISBN 978-3-486-58062-4, S. 194 Online</ref> Der jeweilige Parteivorsitzende ist „Schatten-Premierminister“.
Da dort die Frist von der Ankündigung bis zur Durchführung der Parlamentswahlen traditionell nur einen Monat beträgt, bliebe der Opposition sonst zu wenig Zeit, ein glaubwürdiges Regierungsteam zusammenzustellen.
In Deutschland wurden Schattenkabinette seit den 1960er Jahren gebildet<ref>Spiegel 32/1964, abgerufen am 15. Februar 2013</ref>. In der deutschen Politologie wurde häufiger der Begriff „Regierungsmannschaft“ verwendet, während in der Presse der bildhafte Begriff „Schattenkabinett“ nicht selten verwendet wird.<ref>Begriffserklärung auf der Webseite der Gesellschaft für Deutsche Sprache, abgerufen am 15. Februar 2013</ref>
Zusammensetzung
Bei der Bildung eines Schattenkabinetts oder Kompetenzteams wird meist Wert darauf gelegt, dass wichtige Themenfelder besetzt werden, große gesellschaftlich relevante Gruppen einbezogen werden, Frauen angemessen vertreten sind<ref>Die Welt vom 3. November 2012: Frauenquote für Steinbrücks Schattenkabinett gefordert</ref> sowie Personen aus verschiedenen Regionen bzw. Bundesländern berücksichtigt werden.<ref>Thüringer Allgemeine: Thüringer Minister ist im Schattenkabinett des SPD-Chefs, abgerufen am 15. Februar 2013</ref>
Kompetenzteam
In den letzten Jahren haben verschiedene deutsche Spitzenpolitiker mehrfach vor Wahlen statt einer kompletten Regierungsmannschaft ein kleineres Kompetenzteam (Unionsparteien und SPD) oder Spitzenteam (Die Grünen) vorgestellt, so Edmund Stoiber vor der Bundestagswahl 2002,<ref>Kompetenz-Team 2002 - Das Schattenkabinett Stoibers im Kurzportrait auf sisol.de</ref> Jürgen Rüttgers vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2005,<ref>Gutes von gestern: Helmut Linssen ist zurück</ref> die Spitzenkandidaten von Grünen und Union zur Bundestagswahl 2005, Joschka Fischer<ref>Fischer wird Teil eines Spitzenteams der Grünen</ref> und Angela Merkel<ref>Angela Merkel stellt ihr Kompetenzteam vor und endlich spielen einmal alle die Rolle, die sie ihnen zugewiesen hat - auch Edmund Stoiber</ref> sowie in den Bundestagswahlkämpfen 2009 und 2013 die Spitzenkandidaten der SPD, Frank-Walter Steinmeier<ref>SPD-Kompetenzteam: Steinmeier zieht ohne Stars in den Wahlkampf</ref> bzw. Peer Steinbrück.<ref>http://peer-steinbrueck.de/Kompetenzteam/</ref> Die Mitglieder dieser Kompetenzteams sollen nicht in jedem Fall auch tatsächlich Minister werden, sondern den Spitzenkandidaten um zusätzliche, kompetente Expertise ergänzen.<ref>Wer sitzt in einem Schattenkabinett? (Memento vom 4. März 2011 im Internet Archive)</ref>
Sonstiges
Über die Politik hinaus hat sich der Begriff im weiteren Sinn für Gruppierungen eingebürgert, die bestimmte Führungsfunktionen gemeinsam übernehmen wollen, z. B. beim Versuch von Stefan Effenberg, die Führung bei Borussia Mönchengladbach zu übernehmen<ref>Focus vom 3. Mai 2011: Effenbergs Schattenkabinett nimmt Formen an</ref> oder in Bezug auf Fernsehmoderatoren, die für größere Aufgaben im Gespräch sind.<ref>Tagesspiegel vom 26. Januar 2013: Schattenkabinett des deutschen Fernsehens: Die Welt als Pose</ref>
Siehe auch
Einzelnachweise
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