Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz
Das Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz (bis 31. Dezember 2008: Staatliches Museum für Naturkunde) ist ein naturkundliches Museum mit den Schwerpunkten Zoologie, Botanik und Geologie. Die Hauptforschungsrichtung liegt auf dem Gebiet der Bodenbiologie.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Im Jahre 1811 wurde auf Initiative des Tuchkaufmanns Johann Gottlieb Kretzschmar und des Aktuars Giese die Ornithologische Gesellschaft zu Görlitz gegründet. Aus ihr ging 1823 die Naturforschende Gesellschaft zu Görlitz (1990 als Naturforschende Gesellschaft der Oberlausitz wiedergegründet) hervor. Die Görlitzer Gesellschaft errichtete in den Jahren 1858 bis 1860 ihr eigenes Museum am zentral gelegenen Marienplatz auf dem ehemaligen Stadtgrabengelände. Es wurde am 26. Oktober 1860 durch Georg von Möllendorff feierlich eröffnet. Anwesend waren Vertreter des Magistrats, der Stadtverordnetenversammlung, der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften sowie des Gewerbevereins. Nach einem Umbau des Museumsgebäudes konnte der Präsident Walther Freise die Sammlungen am 15. Juni 1902 wiedereröffnen. Im Jahr 2008 wurde das Museum in die Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz aufgenommen. Seit dem 1. Januar 2009 gehört es, gemeinsam mit dem Naturmuseum Senckenberg in Frankfurt am Main und den Senckenberg Naturhistorische Sammlungen Dresden zum Verbund der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung.
Besucherzahl 2013: ca. 31.400
Leitung
Reinhard Peck wurde 1885 zum ersten Museumsdirektor der Naturforschenden Gesellschaft ernannt. Nach ihm wurde der Botaniker Hugo von Rabenau Museumsdirektor. 1921 übernahm nach Freises Tod der Biologielehrer Oskar Herr aus Geldknappheit nebenamtlich die Museumsdirektion. Von 1959 bis 1995 leitete Wolfram Dunger das Görlitzer Naturkundemuseum. 1995 übergab er die Museumsleitung an Willi Xylander.
Sammlungsbestand
Im Jahr 1819 bildeten die ersten Präparate von 181 einheimischen Land- und Wasservögeln, 50 exotischen Vögeln sowie eine Nester- und Eiersammlung das „Kabinet“ der Ornithologischen Gesellschaft. 1827 wurde die Sammlung um 150 nordamerikanische Vogelarten (von G.S. Oppelt, Fairfield, Kanada) erweitert. 1837 wurde die Münzsammlung gestohlen sowie im selben Jahr die Mineralienschränke aufgebrochen. Für die Sammlungsunterbringung wurden 1846 im ersten Stock der Petersstraße 3 für 50 Thaler jährlich drei geräumige Zimmer angemietet. Im selben Jahr konnten Besucher an zwei Vormittagen der Woche die Sammlungen bestaunen. Zum Schutz der Sammlungen vor Unbefugten wurde 1850 ein Vorlegeschloss an der „Kabineths-Thüre“ angebracht. Die Naturforschende Gesellschaft erhielt 1858 von Johann Christian Breutel aus Herrnhut (ein bedeutender Kryptogamen-Spezialist) eine Sammlung von afrikanischen Pflanzen. Im folgenden Jahr kaufte man für 200 Taler die Sammlung des Entomologen und Botanikers August Kelch aus Ratibor. 1860 wurde der Apotheker Reinhard Peck als Kustos (1885 erster Museumsdirektor) verpflichtet. Unter seiner Amtszeit erlebten die Sammlungen einen bedeutenden Aufschwung. Der Ornithologe und Präsident der Gesellschaft Julius von Zittwitz setzte sich für die Erweiterung der Sammlungen ein und präparierte selbst 1500 Vögel für die Gesellschaft. Der Museumsdirektor Hugo von Rabenau erwarb das zentralasiatische Herbar von Sintenis und die umfangreiche Schwarzsche Käfersammlung. 1914 erhielt das Museum als Geschenk des Gesellschaftsmitgliedes Hans Schäfer einen Gorilla aus Kamerun, der zu dieser Zeit in Europa eine Seltenheit war. Im selben Jahr wurde der Gesellschaft auch die Eiersammlung (mit 1400 Eiern von 363 mitteleuropäischen Vogelarten) von Bruno Hecker geschenkt. Die Vogelsammlung von Robert von Loebenstein, eine der bedeutendsten privaten Vogelsammlungen in der Oberlausitz, wurde 1930 ebenso der Gesellschaft geschenkt. Sie fand jedoch keinen Platz mehr in den Räumlichkeiten des Museums und kam daher im ehemaligen Vogtshof (an der Peterskirche) unter.
In den Sammlungen werden heute (Stand 2014) etwa 6,5 Millionen Insekten, Milben, Tausendfüßer, Schnecken, Muscheln, Wirbeltiere, Pflanzen und Pilze sowie tausende von Mineralien, Gesteinen und Fossilien aufbewahrt. Die Sammlungsgegenstände sind Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen der mehr als 40 Forscher des Museums. Zum Museum gehört eine wissenschaftliche Spezialbibliothek die ca. 120.000 Bestandseinheiten aufweist.
Ausstellungen
Das Museum stellt auf 1200 m² Ausstellungsfläche ihre Exponate aus:
- Naturnah gestaltete Dioramen zeigen speziell präparierte Lebensräume der Oberlausitz mit ihren typischen Pflanzen und Tieren (Wolf, Seeadler) - von den Kiefernheiden im Norden bis in das Zittauer Gebirge im Süden.
- Die Geologie-Ausstellung zeigt die wechselvolle Geschichte der Region: Vulkane, Meeresstrände und Kohlewälder. Aber auch die Eiszeit prägte die Landschaft, wie die Funde von Mammut und Auerochse beweisen.
- An einer 30fach vergrößert dargestellten Bodensäule werden das Edaphon des Bodens gezeigt.
- In der Regenwald- und der Savannenausstellung werden große und kleine, bekannte und unbekannte Bewohner vorgestellt: vom Schnabel- bis zum Fingertier, von der Harpyie bis zum Strauß, vom Gorilla bis zum Tiger.
- Ein Vivarium ergänzt die Ausstellungen durch lebende Tiere aus den Regenwäldern und aus heimischen Gefilden. Für die Besucher werden regelmäßig Schaufütterungen angeboten.
- In der Eingangshalle informiert eine temporäre Ausstellung über die 200-jährige Geschichte des Museums.
Jeweils zwei Sonderausstellungen erweitern das Programm des Museums. Die internationalen Wanderausstellungen „Unter unseren Füßen Lebensraum Boden“ und „Wölfe“ machen die Forschungen der Görlitzer Wissenschaftler europaweit bekannt. Darüber hinaus bietet das Museum Spielbereiche, multimediale, interaktive Lernangebote und Videofilme. Audioführer in deutscher, englischer und polnischer Sprache sind kostenlos an der Kasse erhältlich. Die Ausstellungen sind für behinderte Besucher barrierefrei zugänglich. Führungen, Kinderveranstaltungen und -geburtstage können über die Museumspädagogik erfragt werden.
Einzelnachweise
<references />
Literatur
- Julia Hammerschmidt: 200 Jahre Naturforschende Gesellschaft und Museum für Naturkunde Görlitz. Görlitz: Senckenberg, 2011
Weblinks
Koordinaten: 51° 9′ 12″ N, 14° 59′ 13″ O{{#coordinates:51,153333333333|14,986944444444|primary
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