Strawberry Hill (Bauwerk)


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Strawberry Hill (dt. Erdbeerhügel) ist ein schlossartiges Landhaus, das sich der Schriftsteller und Politiker Horace Walpole, 4. Earl of Orford, in den Jahren 1749 bis 1776 an der Themse nahe Twickenham (London) erbauen ließ. Das Bauwerk wurde Vorbild für eine große Zahl ähnlicher Villen und Schlösser in Europa und gab Anstoß für die Gothic Revival (Neugotik) genannte Wiederbelebung des gotischen Baustils.

1748 hatte Horace Walpole eine kleine Villa an der Themse gekauft und dachte daran, es in sein „little gothic castle“ umzubauen. Er fertigte eine grobe Skizze an, die den Architekten vorgab, wie er sich die neogotische Veränderung vorstellte. Ab 1749 wurde es daher in mehreren Baustufen erweitert. Walpole hatte dazu mit zwei Freunden, dem Architekten John Chute und dem Zeichner Richard Bentley, das „Committee of Taste“ gegründet. Bentley verließ das „Committee“ 1761 nach einem Streit, da Walpole dessen Entwürfe inzwischen rigoros ablehnte. William Robinson (1720–1775) vom Royal Office of Works sorgte für die professionelle Bauaufsicht. Von ihm stammen auch der Kaminsims und das Erkerfenster im Frühstücksraum.

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Die Galerie in Strawberry Hill (Edward Edwards, Tusche und Aquarell, um 1784)

Architektonische Vorbilder waren verschiedene Gebäude in England und anderen Ländern aus der Zeit der Gotik. Eine unter Heinrich VII. erbaute Kapelle in der Westminster Abbey lieferte das Vorbild für ein Kreuzrippengewölbe oberhalb der Galerie, aber auch Details von Grabmälern in Westminster und Canterbury konnten in abgeänderter Form in den Bau integriert werden. Äußere Formen von Kathedralen verwendete Walpole im Inneren seines Hauses, außen war der Bau eine Mischung aus Burg mit Zinnen und Türmen und gotischem Kirchenbau mit Spitzbogenfenstern.

Der erste Bauabschnitt wurde 1749 begonnen und 1753 fertiggestellt, der zweite begann 1760. Von 1772 bis 1776 wurden weitere Veränderungen und Zubauten vorgenommen wie der Beauclerk Tower. Dieser wurde nach den Plänen eines professionellen Architekten, James Essex, fertiggestellt.

Das Jahr 1776 wird in der Kunstgeschichte auch meist als die Trennlinie zwischen „gothic survival“ und „gothic revival“, also Nachgotik und Neugotik angesehen.

Strawberry Hill war auch Vorbild für Das Schloss von Otranto (The Castle of Otranto) Walpoles 1764 zuerst unter einem Pseudonym veröffentlichten Roman, mit dem er die Literaturgattung der „Gothic Novel“ begründete. Seitdem spielte in jedem Schauerroman die Architektur des Schauplatzes eine wesentliche Rolle. Treppen, Galerien, verborgene Räume, Gewölbe und Verliese waren in der Folgezeit mit diesem in der Romantik sehr gepflegten Genre verbunden. Während aber Walpoles Literatur letztlich noch der Aufklärung verbunden war, tritt in späteren literarischen Werken dieser Gattung das Irrationale wieder stärker in den Vordergrund.

Strawberry Hill gehört seit 1923 zum St. Mary’s University College in Twickenham und wird seit 2007 vom Strawberry Hill Trust verwaltet. Nach umfangreichen Restaurierungen kann das Haus seit 2010 wieder besichtigt werden. Als Lebensstätte von Horace Walpole ist das Schloss auch eine literarische Gedenkstätte ersten Ranges, vergleichbar mit Abbotsford, dem schlossartigen Wohnsitz des schottischen Schriftstellers Walter Scott.

Literatur

  • Horace Walpole: Das Schloss von Otranto. Berlin, 1810. Volltext bei zeno.org
  • Edward Jones, Christopher Woodward: A Guide to the Architecture of London. Weidenfeld & Nicolson, London 1983, ISBN 0-297-78188-X.
  • Norbert Miller: Strawberry Hill. Horace Walpole und die Ästehtik der schönen Unregelmäßigkeit. Carl Hanser, München 1986, ISBN 3-446-13124-8.
  • Anna Chalrcraft, Judith Viscardi: Strawberry Hill. Horace Walpole's Gothic Castle. Frances Lincoln, London 2007, ISBN 0-711-22687-3.
  • Michael Snodin (Hrsg.): Horace Walpole's Strawberry Hill, Austellungskatalog Yale Center for British Art 2009. Yale University Press, New Haven / London 2009, ISBN 0-300-12574-7.

Weblinks

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