Syncytium
Ein Syncytium (Plural: Syncytien, griechisch σύν syn „mit“, „zusammen“ + κύτος kýtos „Gefäß“, „Höhlung“ bzw. „Zelle“, eingedeutscht auch Synzytium bzw. Synzytien), Coenoblast (κοινός koinós „gemeinsam“, βλάστη blástē „Spross“) oder Coenocyt (κοινός + κύτος) bezeichnet eine mehrkernige (polyenergide) Zelle. So aufgefasst, kann ein Synzytium entweder durch Verschmelzung von mehreren Einzelzellen, oder durch Kernteilungen ohne anschließende Teilung des Zytoplasma, oder auch durch Serien unvollständiger Zellteilungen entstehen. Als funktionelle Synzytien werden Zellen bezeichnet, die morphologisch voneinander getrennt, deren Zytoplasma jedoch über Gap Junctions miteinander verbunden ist.
Inhaltsverzeichnis
Synzytien in der Histologie, Einschränkung der Definition
Gängige Lehrbuch-Definitionen bezeichnen als Synzytien nur solche polyenergide Zellen bzw. Zellkomplexe, die durch Fusion entstanden sind (diese Definition entspricht der eigentlichen Bedeutung des Begriffes, in dem die Silbe "Syn" den Fusionsvorgang, und damit die Entstehung eines charakteristischen Gewebetyps durch Zusammenschluss von Zellen, bezeichnet).<ref> Syncytium. In: Lexikon der Biologie Bd.8, Spektrum Akademischer Verlag (1994), S.138</ref> Zur Abgrenzung werden Produkte unvollständiger Zellteilung deshalb manchmal als Plasmodium (Plural: Plasmodien) bezeichnet. Außerdem wären z.B. die vielen bekannten Formen mehrkerniger Einzeller (Protozoa) als Polyenergide von Synzytien abzugrenzen (eine Energide (Plural: Energiden) bezeichnet einen Zellkern und den ihn umgebenden Plasmabereich eines Synzytiums).
Beispiele
Synzytien sind zum Beispiel:
- Die Fasern der quergestreiften Skelettmuskulatur, wobei ein Muskel aus mehreren Muskelfasern (Synzytien) besteht. Sie entstehen durch die Verschmelzung der Muskelbildungszellen (Myoblasten).
- Die frühen Stadien der superfiziellen Furchung bei Insekten-Eiern werden je nach Definition als Synzytium oder als polyenergid bezeichnet, da sie nicht durch Fusion entstehen.
- Das Endosperm der Kokosnuss, im Volksmund auch Kokosmilch genannt.
- Das Phloem des Leitgewebes von Sprosspflanzen.
- Viele Pilze.
- Die Plasmodien der Schleimpilze.
- Die Grünalge Caulerpa, hier besteht die ganze Alge aus einer Zelle.
- Die Neodermis von Bandwürmern (Cestoda), Fadenwürmern (Nematoda) und Saugwürmern (Trematoda).
Synzytien in Evolutionsmodellen
Gelegentlich wird die besondere Organisation der Wimpertierchen (Ciliata) als weiterentwickeltes Synzytium diskutiert.<ref> Edlinger, K. (1996): Bilateralsymmetrie und Evolution. In: Hahn, W. & Waibel, P. (Hrsg.): Evolutionäre Symmetrietheorie. Selbstorganisation und dynamische Systeme. Hirzel Verlag, Stuttgart: S.77-89</ref> Hier spielen also Hypothesen und Modelle für Evolutionsprozesse eine Rolle, die manchmal sogar auf die Evolution der Gesamtheit der Metazoa ausgedehnt werden. Solchen Annahmen zufolge traten in der Evolution der Metazoa schon sehr früh synzytiale Gewebe auf, allerdings nicht durch Fusion von Zellen, sondern hervorgehend aus einer polyenergiden, einzelligen Vorstufe der vielzelligen Lebensformen (ausführlich dargestellt z.B. von Jovan Hadzi, Wolfgang Friedrich Gutmann)<ref> Hadzi, J. (1963): The evolution of the metazoa. Pergamon Press, Oxford</ref><ref> Bonik, K., Grasshoff, M. & Gutmann, W. F. (1976): Die Evolution der Tierkonstruktionen. Natur und Museum 106, S.129-143</ref>. Als Lebendmodell hierfür wird manchmal auf den urtümlichen Vielzeller Trichoplax adhaerens, aber auch auf manche Schwammarten verwiesen.
Quellen
<references/>