Thameslink
Thameslink ist eine 225 km lange Eisenbahnstrecke mit 50 Haltestellen, die in Nord-Süd-Richtung von Bedford durch London nach Brighton führt. Die S-Bahn-ähnliche Strecke bedient auch die Flughäfen London-Gatwick und London-Luton. Pro Jahr befördert Thameslink etwa 40 Millionen Reisende. Der größte Teil der Strecke führt über die Brighton Main Line und den südlichen Teil der Midland Main Line. Im Londoner Stadtzentrum führt sie durch den Snow-Hill-Tunnel. Der Betrieb erfolgte zunächst durch die Eisenbahngesellschaft Govia, seit dem 1. April 2006 ist First Capital Connect dafür verantwortlich.
Inhaltsverzeichnis
Nördlicher Teil
Der nördliche Abschnitt entspricht der früher sogenannten „Bedpan“- (wörtlich „Bettpfanne“) Verbindung von Bedford nach London St Pancras auf der Hauptstrecke Midland Main Line.
Der Snow-Hill-Tunnel, die zentrale Verbindung durch London, wurde 1988 nach 50 Jahren für den Personenverkehr wiedereröffnet. Für Thameslink wurden ältere Tunnelabschnitte, darunter die von der Metropolitan Railway erbauten Widened Lines, zu einer neuen Route zusammengelegt. Die durchgehenden Züge hielten nicht mehr im Bahnhof St Pancras, sondern in der unterirdischen Station King’s Cross Thameslink.
Von 2004 bis Mai 2005 wurden die Züge zwischen King’s Cross und St Pancras getrennt, da in diesem Bereich Tunnel für den Channel Tunnel Rail Link (CTRL), die neue Strecke des Eurostar vom Eurotunnel über Stratford International nach St Pancras, gebaut wurden. Seit der Eröffnung des zweiten Abschnitts des CTRL im Jahr 2007 halten die Thameslink-Züge in einer neuen Thameslink-Station direkt unter dem Bahnhof St Pancras.
In der Londoner Innenstadt werden folgende Stationen von Norden nach Süden angefahren:
- King’s Cross Thameslink unter der Pentonville Road ist in der Nähe der Bahnhöfe King’s Cross und St Pancras, aber nur über die Straße oder einen Fußgängertunnel zu erreichen. 2007 wurde die Station durch einen Neubau unter dem Bahnhof St Pancras ersetzt.
- Farringdon; hier besteht eine Umsteigemöglichkeit in die Circle Line und die Metropolitan Line der London Underground
- City Thameslink, die zunächst St Paul's hieß, aber dann umbenannt wurde, um Verwechslungen mit der deutlich entfernt liegenden U-Bahn-Station St. Paul’s an der Central Line zu vermeiden.
- Blackfriars, mit Umsteigemöglichkeiten zu anderen Eisenbahnlinien und die District Line sowie die Circle Line der London Underground
- London Bridge, wo ebenfalls Umsteigemöglichkeiten zu anderen Eisenbahnlinien wie auch zur Northern Line und zur Jubilee Line bestehen.
Eine Nebenstrecke führte bis 2009 von Farringdon über Barbican nach Moorgate.
Südlicher Teil
Im Süden verzweigt sich die Linie in zwei Richtungen; Die Hauptstrecke führt vom Bahnhof London Bridge über East Croydon und dem Flughafen Gatwick nach Brighton, die Nebenstrecke biegt hinter Blackfriars nach Elephant & Castle ab und führt dann über Streatham, Tooting, Wimbledon, Sutton und Mitcham Junction wieder nach Streatham. Einige Züge biegen von Brighton kommend hinter East Croydon auf die Nebenstrecke ab und treffen erst in Blackfriars wieder auf die Hauptstrecke, so dass nicht alle Züge von Gatwick nach London in London Bridge halten.
Ursprünglich verlief die Nebenstrecke über Elephant & Castle und Streatham nach West Croydon, dann weiter nach Carshalton Beeches und Sutton, Epsom, Leatherhead, Effingham Junction und Guildford. Nach der Privatisierung der britischen Eisenbahn endete die Nebenstrecke zunächst in West Croydon und wurde dann ganz geändert, seit 1995 wird West Croydon nicht mehr angefahren.
Thameslink ist seit der Eröffnung ein großer Erfolg und abgesehen von der U-Bahn und der weiter westlich verkehrenden West London Line die einzige Eisenbahnlinie, die durch London verläuft, statt in einem der Kopfbahnhöfe zu enden. Wegen dieser Querung des Zentrums war die Strecke seit ihrer Wiedereröffnung neben der North London Line in den Streckennetzplänen der U-Bahn enthalten. Seitdem letztere zum Overground-Netz gehört, wurde die Thameslink-Strecke aus den U-Bahn-Plänen wieder entfernt. Crossrail, eine ähnliche Linie in Ost-West-Richtung, befindet sich in Planung, hierfür werden aber wesentlich mehr neue Tunnelbauten notwendig sein.
Rollmaterial
Das Rollmaterial von Thameslink besteht aus 74 Zügen des Typs Class 319, die zwischen 1987 und 1990 von BREL (heute Bombardier Transportation) in Derby gebaut wurden. Dabei handelt es sich um Zweisystem-Züge mit je vier Wagen, die 289, 308 oder 319 Passagiere befördern können. Nördlich von Farringdon beziehen sie den elektrischen Strom aus einer Oberleitung mit 25 kV Wechselspannung, südlich davon aus einer Stromschiene mit 750 V Gleichspannung. Ab 2015 wird die britische Regierung die Thameslink-Flotte erneuern und vergrößern. Dafür erhielt Siemens den Auftrag gemeinsam mit dem Konsortium Cross London Trains (XLT), bestehend aus Siemens Project Ventures GmbH, Innisfree Limited und 3i Infrastructure plc ca. 1.200 Waggons vom Typ Desiro City zu liefern, wie das britische Verkehrsministerium (DfT) am 26. Juni 2013 bekannt gegeben hat. Zuvor war dies schon 2011 angedacht worden.<ref>Department of Transport (DfT): Rail passengers to benefit from 1,200 new carriages, Pressemitteilung vom 16. Juni 2011. Abgerufen am 17. August 2011.</ref> Erfolglos blieb das Drängen einiger Lokalpolitiker und britischer Bahngewerkschaften aus struktur- und regionalpolitischen Gründen darauf, den Milliardenauftrag nicht dem ausländischen Bestbieter, sondern dem bisherigen, jetzt aber nur zweitplatzierten Lieferanten Bombardier zu erteilen.<ref>ÖPNV aktuell: Preiswert oder Protektionismus – England streitet über Bahnauftrag (PDF; 754 kB). In: ÖPNV aktuell 60/11 vom 29. Juli 2011. Abgerufen am 17. August 2011.</ref> Schon Anfang Juni 2013 hatte das Verkehrsministerium bekannt gegeben, dass Siemens den Zuschlag erhalten solle.<ref>Thameslink deal close to completion. In: Pressemitteilung. Department for Transport, 14. Juni 2013, abgerufen am 18. Juni 2013. </ref>
Am 27. Juni 2013 hat Siemens den Auftrag zur Lieferung von 1.140 Wagen erhalten. Der Wert dieser Bestellung beträgt 1,8 Mrd. Euro. Zusätzlich übernimmt Siemens langfristig auch die Instandhaltung der Züge und baut dafür zwei neue Depots in Three Bridges und Hornsey auf. Gebaut werden die Fahrzeuge ab 2014 im Siemens-Werk in Krefeld. Die Desiro City Thameslink Fahrzeuge werden als acht- und zwölfteilige Züge in Dual Mode (750V Gleichspannung oder 25kV Wechselspannung) betrieben. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 160 Kilometer pro Stunde. Siemens-Fahrzeuggeräte (On Board Units, OBU) für das europäische Zugsicherungssystem (ETCS) Level 2 stellen die Kommunikation der Züge mit der Streckenausrüstung sicher.<ref>Siemens-Pressemitteilung. Abgerufen am 28. Juni 2013. </ref>
Zurzeit werden 40 Züge der Klasse 365 saniert und dabei auf den neuesten Stand der Technik gebracht, wobei ein weiterer Grund der Sanierung beim behindertengerechten Umbau liegt, wodurch behindertengerechte Toiletten und Stellplätze für Rollstuhlfahrer entstehen sollen. Für das seit Frühling 2013 bestehende Programm werden 30 Millionen Pfund gezahlt. Der Termin für die Wiederinbetriebnahme aller Fahrzeuge ist auf Herbst 2016 datiert.<ref>Sanierung der 365er Züge</ref>
Building tomorrow's railway today
Durch den Thameslink Railway wurde eine Kampagne unter dem Namen Building tomorrow's railway today ins Leben gerufen, die eine Verbesserung des Thameslink in allen Bereichen erzielen soll. Einen wichtigen Teil leistet dabei die Anwerbung von Auszubildenden, von denen 2015 insgesamt 184 in einem zeitaufwändigen Ausbildungsprogramm zu Zugführern ausgebildet werden.<ref>Informationsseite zur Ausbildung von neuen Zugführern</ref> Zusätzlich wurde in eine neue Bekleidung und eine Ausstattung mit iPads zur besseren Informationsübertragung für die Mitarbeiter des Thameslink investiert.<ref>Informationsseite zur besseren Ausstattung des Personals</ref> Die Kapazität der Linie vor Allem im Berufsverkehr nach London soll durch eine Ausweitung des Angebots verbessert werden. Zusätzlich werden etwa 50 Millionen Pfund in die Erneuerung von Bahnhöfen investiert, um die gesamte vorhandene Stationsinfrastruktur zu verbessern und auszuweiten.<ref>Informationsseite zur Verbesserung des Fahrtenangebots und der Bahnhöfe</ref>
Einzelnachweise
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