Tourismus in Albanien
Der Tourismus in Albanien ist – typisch für Schwellenländer – wenig entwickelt, heute aber doch ein wichtiger Wirtschaftszweig im Land. Im Gegensatz zu den Nachbarn Griechenland, Italien und Montenegro setzte die touristische Entwicklung in Albanien erst spät ein. Langsam finden immer mehr Neugierige und Entdecker Gefallen an Reisen nach Albanien. Mehr als die Hälfte der Touristen sind Einheimische, Emigranten und Albaner aus den Nachbarländern.<ref name="beka" />
Inhaltsverzeichnis
Urlaubsarten und meistbesuchte Reiseziele
Mit Stränden am Mittelmeer, Berglandschaften, Seen, noch unberührten Gegenden und historischen Städten bietet das Land Touristen ein breites Spektrum. Albaniens Geschichte reicht bis zu den Illyrern zurück. Verschiedene Kulturen haben Spuren hinterlassen, so dass das Land eine große Vielfalt architektonischer Monumente und gesellschaftlicher Einflüsse aufweist. Es existieren mehrere antike Ruinen und andere Relikte aus vergangener Zeit, historische Monumente aus dem Osmanischen Reich und alte orthodoxe Kirchen.
Die Strände Albaniens ziehen die meisten Urlauber an. Die Hochsaison beschränkt sich auf die Monate Juli und August, obwohl die Luft- und Wassertemperaturen das Baden auch zu anderen Zeiten ermöglichen. Die Berge im Norden entwickeln sich im Sommer zu einem bei mitteleuropäischen Wanderern beliebten Ziel für Trekkings in naturbelassenen Landschaften.
Im Land gibt es 15 Nationalparks, von denen aber einige kaum erschlossen sind.
Zu den am häufigsten besuchten Reisezielen gehören:
- Albanische Riviera – Steilküste, beliebt für Badeurlaub in kleinen Dörfern
- Apollonia – Ruinen einer antiken Großstadt, die zu ihrer Blütezeit rund 60.000 Einwohner hatte
- Berat – balkanisch-osmanische Altstadt und Burg (auch Stadt der 1000 Fenster genannt; UNESCO-Weltkulturerbe)
- Butrint – am besten erhaltene Ruinenstätte Albaniens (UNESCO-Welterbe)
- Byllis – Ruinen einer antiken illyrischen Stadt
- Durrës – antike Hafenstadt Dyrrhachium mit Amphitheater, beliebt für Badeurlaub
- Gjirokastra – Museumsstadt mit typischen balkanisch-osmanischen Bürgerhäusern und Festung (UNESCO-Weltkulturerbe)
- Korça – balkanisch-osmanisch und westeuropäisch geprägte Altstadt mit mehreren Gassen und Alleen (auch Paris Albaniens genannt)
- Kruja – Festung mit Skanderbeg-Museum, kleines Basar-Viertel
- Pogradec – am Ohridsee, beliebt für Badeurlaub
- Saranda – beliebt für Badeurlaub am Ionischen Meer
- Shkodra – geschichtsträchtige Burg, Altstadt mit einer der größten katholischen Kathedralen ihrer Zeit, Shkodrasee und die nahe gelegenen Albanischen Alpen
- Tirana – Hauptstadt mit Museen, verschiedenen kulturellen und Freizeitaktivitäten, vielen bunten Gebäuden, Läden, reges Nachtleben, Hausberg Dajti mit Seilbahn
- Vlora – beliebt für Badeurlaub
Geschichte
Das ehemalige kommunistische Regime erlaubte mehrere Jahrzehnte lang keine touristischen Aktivitäten. In den späten 1950er und frühen 1960er Jahren waren einzig Reisende aus den osteuropäischen Bruderstaaten zugelassen. Die touristische Infrastruktur war derzeit – wie fast alles im Land – gerade im Aufbau. Das Deutsche Reisebüro der Deutschen Demokratischen Republik warb in seinem Prospekt von 1958 folgendermaßen für Albanien:
„Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass bei diesen Reisen keinerlei Komfort erwartet werden kann. Die landschaftliche Schönheit, der ideale Sandstrand und die Großartigkeit der imposanten Bergwelt müssen hier für die Teilnehmer ausschlaggebend sein.“
Mit dem Bruch zwischen der albanischen und russischen Regierung fanden diese Ansätze des Tourismus ein abruptes Ende. Die wenigen, soeben erstellten Hotelneubauten an der Küste konnten nur eine geringfügige Anzahl an Gäste verzeichnen. Bis zum Tod Enver Hoxhas im Jahr 1985 wurde ausländischer Tourismus in Albanien kaum gefördert. Zwar verfügte zwischenzeitlich fast jede Stadt über ein Hotel und an den Küsten und Bergen standen mehrere Erholungsheime, diese waren aber für Parteifunktionäre, Geschäftsreisende und ausgezeichnete inländische Arbeiter gedacht.
In den 1970ern waren fast nur kommunistische Gruppierungen aus Westeuropa in Albanien zu Gast. In den 1980er Jahren durften Ausländer das Land in Gruppen besuchen. Journalisten und Amerikaner waren nicht erwünscht. Im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten des Entwicklungslandes wurden der Ausbau der touristischen Infrastruktur gefördert und im Ausland diverse Reiseführer publiziert.
In den 1990ern hielten der Transformationsprozess mit seinen gewalttätigen Auseinandersetzungen und Versorgungsengpässen sowie die Jugoslawienkriege weitere Touristen vom Land fern. Erholungssuchenden aus dem Westen war der Balkan zu gefährlich; Entwicklungshelfer gehörten zu den wenigen Ausländern im Land.
Als mit Ende des Kosovokriegs die Grenzen zwischen den südosteuropäischen Staaten wieder durchlässiger wurden, nahm die Anzahl ausländischer Besucher wieder zu. Zu Beginn um das Jahr 2000 waren dies neben für Heimaturlaub zurückkehrenden Emigranten vor allem in den Nachbarländern lebende Albaner.
Seither hat eine rasante Entwicklung eingesetzt. Vor allem an den Stränden Mittelalbaniens sind neue Hotels gebaut worden. Die Zahl albanischer Badetouristen aus dem In- und Ausland nimmt stetig zu. Bei Westeuropäern sind vor allem Tagesausflüge von Korfu nach Saranda und Butrint beliebt. So wurden zirka 1.500.000 Touristen im Jahr 2009 verzeichnet, was einem relativen Wachstum gegenüber 2006 von zirka 221 Prozent entspricht.<ref name="AIF 10" />
Der weltweit größte Verlag für Reise- und Sprachführer – Lonely Planet – erklärte Albanien für das Jahr 2011 zur internationalen „Top-Destination“. „Albanien biete vor allem günstige Preise, Gastfreundschaft, hervorragendes Essen und ein ausgesprochen pulsierendes Nachtleben“, so der australische Verlag weiter. Als „neue mediterrane Liebe“ werde das Land nicht mehr lange abseits des Touristenrummels bleiben.<ref>Albanien? Albanien! In: 20 Minuten. 28. Dezember 2010, abgerufen am 7. Januar 2011. </ref>
Hindernisse
Abgeschlossenheit und Unzugänglichkeit sowie die politische Instabilität des Landes zählten zu den wesentlichen Problemen, die Touristen in der Vergangenheit von Reisen nach Albanien abgehalten haben. Weiter beeinträchtigen Infrastrukturprobleme früher die Entwicklung des Tourismus: Stromausfälle und Unterbrechungen der Wasserversorgung waren üblich und das Straßennetz unzureichend. Zwischenzeitlich wurden die nationalen Verkehrsachsen aber mehrheitlich ausgebaut, alle wichtigen Sehenswürdigkeiten sind erreichbar, und private Fahrer bieten mit Bussen und Kleinbussen günstige Transporte zwischen bedeutenden Orten ohne feste Preise und Fahrpläne. Das Netz der Eisenbahn Hekurudha Shqiptare ist für den Personentransport auf zwei Strecken mit geringer Auslastung begrenzt.
Hingegen drohen viele der schönsten Plätze durch illegales Bauen und Umweltverschmutzung zerstört zu werden. Insbesondere südlich von Durrës wurden in den 2000er Jahren verstärkt Hotels erbaut. Fehlende Müllentsorgung in vielen Orten Albaniens und illegales Deponieren von Abfällen – teilweise auch an Stränden – stört Touristen.<ref>urlaub-im-web.de (12. Juli 2009): Albanien – ernste Umweltprobleme belasten Entwicklung des Tourismus. Abgerufen am 15. Mai 2010. </ref>
Die Sicherheitslage in Albanien ist weit besser als ihr Ruf. Touristen drohen keine spezifischen Gefahren.<ref>Bericht von United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC): Greater stability in the Balkans is lowering crime (Mai 2008)</ref><ref>Albanien: Reise- und Sicherheitshinweise. In: Auswärtiges Amt. 10. März 2011, abgerufen am 21. März 2011. </ref>
Mit anderen Unsicherheiten kämpften einzelne ausländische Investoren: Club Méditerranée hat Pläne für den Bau einer Hotelanlage an der Albanischen Riviera nach jahrelangem Streit um die Eigentümerrechte am erworbenen Grundstück wieder aufgegeben. Die Aktivitäten von Club Mediterranée dienten zuvor als Beispiel, dass der Tourismus in Albanien entgegen allen anderen Behauptungen für große ausländische Investoren attraktiv und reif sei.<ref>Benet Koleka (Reuters): Club Med quits Albania resort, cites land problems. 16. Juni 2009, abgerufen am 22. Oktober 2010 (english). </ref>
Wirtschaftliche Bedeutung
Der Tourismus hat für die wirtschaftliche Entwicklung eine große Bedeutung. Entwicklungspläne von allen Regierungen der letzten Jahre sehen den Tourismus als wichtiges Standbein der künftigen Volkswirtschaft. Der Bereich Transport und Tourismus habe im Jahr 2011 direkt und indirekt rund ein Viertel des Bruttoinlandprodukts beigetragen.<ref name="unitt">Salvatore Messina: The importance of tourism for the Albanian economy. In: Universiteti Europian për Turizmin. 14. April 2011, archiviert vom Original am 8. August 2012, abgerufen am 22. Mai 2012 (english). </ref><ref name="usaid" /> Der Tourismussektor ist von 2005 bis 2010 um 70 Prozent gewachsen.<ref name="usaid">USAID Builds Entrepreneurship in Tourism. In: USAID Albania. 14. April 2011, abgerufen am 22. Mai 2012 (english). </ref>
Das Land verfügte im Jahr 2009 laut einem Bericht des Statistikinstitutes (albanisch Instituti i Statistikave) über 369 Hotels mit 5.888 Zimmern und 11.932 Betten. 2009 wurden über 1,5 Millionen ausländische Reisende gezählt; darunter waren knapp 236.000 Hotelgäste, die rund 540.000 Hotelnächte verbrachten.<ref name="AIF 10">Ines Nurja: Shqipëria në Shifra/Albania in Figures 2010. In: Instituti i Statistikave. 2009, abgerufen am 20. Dezember 2015 (al). </ref> Ein Großteil der Touristen stammt vom Balkan (Kosovo: 45 %, Mazedonien: 18 %, Montenegro: 6 %, Italien und Griechenland je 5 %, Serbien, Deutschland und Vereinigtes Königreich je 3 %).<ref name="unitt" /><ref name="akt" /> In den ersten acht Monaten des Jahres 2009 war rund ein Drittel der Touristen im Ausland wohnhafte Albaner.<ref name="akt">Statistics. In: Agjencia Kombetare e Turizmit. Archiviert vom Original am 20. Januar 2013, abgerufen am 22. Mai 2012 (english). </ref>
2012 kamen 20 bis 30 Prozent mehr ausländische Touristen im Vergleich zum Halbjahr 2011. Vor allem waren dies Polen, Tschechen, Österreicher und Asiaten. Die Besucherzahlen aus dem Kosovo und Mazedonien vergrößerten sich hingegen um 10 Prozent.<ref>Das Jahr 2012 erfolgreich für den albanischen Tourismus. Albanian Broadcasting Corporation News, 1. August 2012, abgerufen am 1. August 2012 (shqip). </ref>
In Albanien sind mindestens einer von sechs Arbeitnehmern respektive je nach Quelle 17 bis 24 Prozent aller Arbeitnehmer im Bereich Transport und Tourismus tätig.<ref name="unitt" /><ref name="usaid" /> In einzelnen Regionen zählt der Tourismus schon jetzt zu den einzigen wichtigen Arbeitgebern neben der Landwirtschaft. Dies betrifft Badeorte an der Küste und Dörfer in den Bergen: Regionen, die insbesondere in den 1990er Jahren unter starker Abwanderung litten. So rechnete man beispielsweise für das kleine Bergdorf Theth, das fast alle seine Einwohner verloren hatte, für 2009 bei 7500 Gästen mit Einnahmen von € 150.000 aus dem Fremdenverkehr.<ref name="beka">Ismail Beka: Grenzüberschreitende Destinationsentwicklung für Bergtourismus (Albanien, Montenegro, Kosovo). 24. April 2010, abgerufen am 19. Dezember 2014 (PDF). </ref>
Infrastrukturprojekte wie der Neubau des Flughafenterminals in Tirana, der Ausbau des Straßennetzes und der Häfen werden vorangetrieben. Verbesserte Straßen führen auch in vormals sehr abgelegene Regionen wie zum Beispiel nach Theth, wo mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit viele Bewohner in ihren Häusern Privatunterkünfte einrichteten und Wanderwege markiert wurden.<ref name="beka" /> Investiert werden müsste auch noch in die Ausbildung der Personen, die im Tourismussektor arbeiten.<ref name="unitt" />
Literatur
- Renate Ndarurinze: Albanien. Mit Tirana, Adriaküste und Albanischen Alpen. 4 Auflage. Trescher Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-89794-223-3.
- Drita Kruja, Edlira Gjuraj: Tourism Employment During Economic Transition in Albania. Shkodra (ohne Datum) (Bericht online). (PDF; 275 kB)
Weblinks
- Offizielle Webpräsenz für Touristen (englisch)
- Fotogalerie (albanisch)
- Online-Reiseführer mit Reisetipps und Ortsbeschreibungen
Einzelnachweise
<references />
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