Verkröpfung
Eine Verkröpfung (insbesondere in älteren Quellen auch Kröpfung) ist in der Architektur das Herumführen eines waagerechten Gesimses um einen senkrechten Wandvorsprung. Dabei entsteht eine vorspringende Kante, die auch als Kropfkante bezeichnet wird.<ref name="Koepf">nach Hans Koepf, Günther Binding: Bildwörterbuch der Architektur, 4. Auflage, Stuttgart, Kröner, 2005, Lemma Verkröpfung</ref> Senkrechte Wandvorsprünge können in diesem Zusammenhang beispielsweise Säulen, Pfeiler oder Pilaster sein.<ref>Satz nach Hans-Joachim Kadatz: Wörterbuch der Architektur, Leipzig, 1988, Lemma Verkröpfung</ref>
Inhaltsverzeichnis
Begriffe
Der Fachbegriff geht auf die Bedeutung von Kröpfen als „krumm biegen“ zurück.<ref name="Wasmuth">Satz nach Günther Wasmuth (Hrsg.): Wasmuths Lexikon der Baukunst, Berlin, 1929-1932 (4 Bände), Lemma gekröpft, verkröpft</ref> Neben dem stehenden Begriff verkröpftes Gesims wird auch vom verkröpften Gebälk gesprochen. Dabei ist zu beachten, dass unter dem Begriff Gebälk in der Architektur unterschiedliche Dinge verstanden werden, die sich auch mit den Begrifflichkeiten von Gesims überschneiden können.
Verspringt ein Gesims nicht waagerecht um einen Vorsprung, sondern senkrecht, beispielsweise um eine Wandöffnung herum, spricht man von einer Aufkröpfung<ref>nach Wilfried Koch: Baustilkunde, 27. Auflage, Gütersloh/München, 2006, Stichwortverzeichnis Verkröpfung [810]</ref> oder dem Aufkröpfen<ref name="Koepf" />.
Ein verkröpfter Giebel ist ein Giebel, bei dem das Mittelteil gegenüber den Seitenteilen vor oder zurücktritt.<ref>Satz nach Nikolaus Pevsner, Hugh Honour, John Fleming: Lexikon der Weltarchitektur, 3. Auflage, München, Prestel, 1992, Lemma Giebel. Vergleichbar auch bei Fritz Baumgart: DuMont’s kleines Sachlexikon der Architektur, Köln, 1977, Lemma Giebel</ref> Damit ist keine Aussage zur Giebelform (halbrund, segmentbogenförmig, spitz) verbunden.
Architekturgeschichte
Bereits seit der römischen Architektur wurden hervortretende, profilierte Gesimse um Wandsäulen geführt, die aus der Fassade heraustreten. Auch im mittelalterlichen Kirchenbau wurden Verkröpfungen sowohl am Außenbau wie auch in Innenräumen eingesetzt. Eine große Bedeutung erlangten verkröpfte Gesimse als Element der Fassadengestaltung und -gliederung im Barock. Dies entsprach nicht immer dem späteren Zeitgeschmack. So sprach Johann Georg Sulzer 1771 - an der Grenze zwischen Spätbarock und Klassizismus - in seiner Allgemeinen Theorie der Schönen Künste<ref name="Sulzer">Johann Georg Sulzer: Allgemeine Theorie der Schönen Künste, 1771, Lemma Kröpfung, online unter http://www.zeno.org/Sulzer-1771/A/Kr%C3%B6pfung, Abgerufen am 4. November 2008</ref> von der „Brechung eines sonst gerade laufenden Gliedes“. Er kritisierte:
- „Man sieht an neuern Gebäuden nur gar zu ofte Beyspiele hiervon. [...] Sie sind nicht nur, wie schon angemerkt worden, völlig ungereimt und den wesentlichsten Regeln entgegen, sondern geben auch den Gebäuden ein sehr überladenes gothisches, oder vielmehr arabisches Ansehen; weil das Aug nicht gerade über ein Gebälke weglaufen kann, sondern alle Augenblike an Eken anstößt. [...] Es läßt sich nicht begreifen, wie es kommt, daß man diese Würkung eines verdorbenen Geschmaks nicht schon längst gehemmt hat.“
Bilder
- Marcevol 01.JPG
durch einen Wulst verkröpfte Fassadenfenster
- Lattes (34) Église Saint-Laurent 06.JPG
verkröpfte und unverkröpfte Apsisfenster
Einzelnachweise und Fußnoten
<references />