Wölbung (Statistik)
Die Wölbung, Kyrtosis, Kurtosis oder auch Kurtose (griechisch κύρτωσις kýrtōsis „Krümmen“, „Wölben“) ist eine Maßzahl für die Steilheit bzw. „Spitzigkeit“ einer (eingipfligen) Wahrscheinlichkeitsfunktion, statistischen Dichtefunktion oder Häufigkeitsverteilung.<ref name=Roenz1994>Bernd Rönz, Hans G. Strohe (1994), Lexikon Statistik, Gabler Verlag, S. 115</ref> Die Wölbung ist das zentrale Moment 4. Ordnung. Verteilungen mit geringer Wölbung streuen relativ gleichmäßig; bei Verteilungen mit hoher Wölbung resultiert die Streuung mehr aus extremen, aber seltenen Ereignissen.
Der Exzess gibt die Differenz der Wölbung der betrachteten Funktion zur Wölbung der Dichtefunktion einer normalverteilten Zufallsgröße an.<ref name="Roenz1994" />
Inhaltsverzeichnis
Wölbung
Empirische Wölbung
Zur Berechnung der Wölbung einer empirischen Häufigkeitsverteilung <math>x_1,\ldots,x_n</math> wird die folgende Formel benutzt:
- <math>w = \frac1n \sum_{i=1}^n \left(\frac{x_i-\bar{x}}{s}\right)^4</math>
Damit die Wölbung unabhängig von der Maßeinheit der Variablen ist, werden die Beobachtungswerte <math>x_i</math> mit Hilfe des arithmetischen Mittelwertes <math>\bar{x}</math> und der Standardabweichung <math>s</math>
- <math>z_i = \frac{x_i-\bar{x}}{s}</math>
standardisiert. Durch die Standardisierung gilt
- <math>\bar{z}=\frac1n\sum_{i=1}^n z_i = 0, \quad s_z^2=\frac1n\sum_{i=1}^n z_i^2 = 1 \quad \text{und} \quad w=\frac1n\sum_{i=1}^n z_i^4.</math>
Da die Wölbung nur nicht-negative Werte annehmen kann, deutet ein kleiner Wert darauf, dass die standardisierten Beobachtungen <math>z_i</math> nahe dem Mittelwert stark konzentriert sind (bei einer Varianz von 1), d.h. die Verteilung ist flachgipflig.
Wölbung einer Zufallsvariable
Analog zur empirischen Wölbung einer Häufigkeitsverteilung ist die Wölbung bzw. Kurtosis der Dichtefunktion bzw. Wahrscheinlichkeitsfunktion einer Zufallsvariablen <math>X</math> definiert als ihr auf die vierte Potenz der Standardabweichung <math>\sigma</math> normiertes viertes zentrales Moment <math>\mu_4(X)</math>.
- <math> \beta_2=\frac{\mu_4(X)}{\mu_2(X)^2}=\frac{\mu_4(X)}{\sigma^4(X)} = \frac{\operatorname{E}[(X-\mu)^4]}{(\operatorname{E}[(X-\mu)^2])^2}</math>
mit dem Erwartungswert <math>\mu = \operatorname{E}[X]</math>.
Als Darstellung mittels der Kumulanten <math> \kappa_i </math> ergibt sich
- <math>\beta_2=\frac{\kappa_4}{\kappa_2^2}+3=\frac{\kappa_4}{\operatorname{Var}(X)^2}+3 </math>
Schätzung der Wölbung einer Grundgesamtheit
Zur Schätzung der unbekannten Wölbung <math>\omega</math> einer Grundgesamtheit mittels Stichprobendaten <math>x_1,\ldots,x_n</math> (<math>n</math> der Stichprobenumfang) müssen der Erwartungswert und die Varianz aus der Stichprobe geschätzt werden, d. h. die theoretischen durch die empirischen Momente ersetzt werden:
- <math>\hat{\omega} = \frac1n \sum_{i=1}^n \left(\frac{x_i-\bar{x}}{s}\right)^4</math>
mit dem Stichprobenmittel <math>\bar{x}</math> und der Stichprobenstandardabweichung <math>s</math>.
Exzess
x150px |
x150px |
Um das Ausmaß der Wölbung besser einschätzen zu können, wird sie mit der Wölbung einer Normalverteilung verglichen, für die <math>\beta_2=3</math> gilt. Der Exzess (auch: Überkurtosis) ist daher definiert als
- <math> \gamma = \mathrm{Exzess} = \mbox{Wölbung}-3</math>
Mittels der Kumulanten ergibt sich
- <math> \gamma =\frac{\kappa_4}{\operatorname{Var}(X)^2}</math>
Nicht selten wird die Wölbung fälschlicherweise als Exzess bezeichnet.
Arten von Exzess
Verteilungen werden entsprechend ihres Exzesses eingeteilt in:
- <math>\mathrm{Exzess}=0</math>: normalgipflig oder mesokurtisch. Die Normalverteilung hat die Kurtosis <math>\beta_2=3</math> und entsprechend den Exzess <math>0</math>.
- <math>\mathrm{Exzess}>0</math>: steilgipflig, supergaußförmig oder leptokurtisch. Es handelt sich hierbei um im Vergleich zur Normalverteilung spitzere Verteilungen, d.h. Verteilungen mit starken Peaks.
- <math>\mathrm{Exzess}<0</math>: flachgipflig, subgaußförmig oder platykurtisch. Man spricht von einer im Vergleich zur Normalverteilung abgeflachten Verteilung.
Siehe auch
Einzelnachweise
<references />