Überlagerungslenkgetriebe
Das Überlagerungslenkgetriebe dient zur Lenkung von Kettenfahrzeugen (z. B. Baggern oder Panzern). Es ist eine mit zwei Planetengetrieben ausgeführte Weiterentwicklung der „Cletrac“-Lenkung, die Anfang der 1920er Jahre von der US-amerikanischen Cleveland Tractor Company für ihre Schlepper mit Kettenlaufwerk entwickelt wurde. Die Cletrac-Lenkung ist mit zwei Hebeln versehen, die über Lenkbremsen (Bandbremsen) auf zwei Differentialgetriebe wirkten. Ein Überlagerungslenkgetriebe hat geringere Energieverluste, ist präziser und kann auch mit einem Lenkrad gesteuert werden.
Inhaltsverzeichnis
Aufbau
Das Überlagerungslenkgetriebe besteht im Wesentlichen aus folgenden Teilen:
- Zwei gleiche, einstufige Planetengetriebe
- Ein gegenläufiges Getriebe
- Eine mit dem Antriebsmotor verbundene Hydraulikpumpe (ähnlich der Ölpumpe bei Pkw und Lkw)
- Ein über die Hydraulikpumpe angetriebener Hydraulikmotor
- Hydraulik-Steuerventile
In der einfachsten Form sind die beiden Planetengetriebe parallel zu den Antriebsrädern nebeneinander angeordnet. Die Sonnenräder (inneren Räder) der beiden Planetengetriebe sind durch eine Welle fest miteinander gekoppelt. Diese Welle ist mit dem Motor des Fahrzeuges verbunden und überträgt die Antriebskräfte. Die beiden außenliegenden Treibräder (Antriebsräder) des Kettenlaufwerks sind mit den Planetenradträgern der beiden Getriebe starr (evtl. über ein zusätzliches Vorgelege) verbunden. Die beiden Hohlräder mit Innenzahnkränzen wirken jeweils über ein einfaches Stirnradgetriebe auf zwei Wellen, die in ein gegenläufiges Getriebe mit einem Kegelrad münden. Das Kegelrad seinerseits ist mit dem Hydraulikmotor verbunden. Der Hydraulikmotor wird durch das von der Hydraulikpumpe geförderte Öl angetrieben. Die Hydraulikpumpe selbst ist ähnlich der Ölpumpe bei Pkw und Lkw mit dem Antriebsmotor verbunden. Zuletzt sind Hydraulik-Steuerventile zwischen Hydraulikpumpe und Hydraulikmotor geschaltet.
Funktionsweise
Geradeausfahrt
Der Antriebsmotor treibt über Kupplung und Schaltgetriebe die Welle mit den beiden Sonnenrädern an. Diese übertragen das Drehmoment auf die zwei Planetenradsätze, die sich daraufhin zwischen den Sonnenrädern und den beiden stillstehenden Hohlrädern umzuwälzen beginnen. Die Wälzbewegung ist in beiden Planetengetrieben gleich schnell und sorgt für eine gleiche Drehzahl an den zwei Treibrädern. Das Kettenfahrzeug fährt geradeaus.
Kurvenfahrt
Bei Kurvenfahrt kommen die bisher stillstehenden Hohlräder ins Spiel. Diese sind, wie bereits erwähnt, über ein gegenläufiges Getriebe miteinander verbunden. Steht das Kegelrad des gegenläufigen Getriebes still, stehen auch die damit verbundenen Hohlräder still. Wenn sich das äußere Kegelrad jedoch dreht, ergibt sich für die Hohlräder eine entgegengesetzte, aber ansonsten gleich große Drehbewegung. Diese entgegengesetzte Drehbewegung überträgt sich auf die Planetenräder. Während die Planetenräder in dem einen Planetengetriebe nun schneller umlaufen, nimmt die Umlaufgeschwindigkeit im anderen Planetengetriebe im gleichen Verhältnis ab. Somit drehen sich auch die Antriebsräder der jeweiligen Kette unterschiedlich schnell und das Fahrzeug fährt eine Kurve.
Der Antrieb des äußeren Kegelrads wird über den Hydraulikmotor gewährleistet. Die Steuerung sieht dabei aus wie folgt:
Sobald der Antriebsmotor, wenn auch nur im „Standgas“, läuft, fördert die Hydraulikpumpe Öl. Dieses Öl nimmt seinen Weg, je nach Einstellung der Steuerventile, durch einen von drei Arbeitskreisen. Ein Kreis ist für den Leerlauf bestimmt. Das Öl wird dabei, ohne zum Hydraulikmotor zu gelangen, „leer im Kreis befördert“. In der Folge bewegt sich die Welle des Hydraulikmotors nicht. Die beiden anderen Arbeitskreise sind für je eine Öl-Förderungsrichtung vorgesehen. Je nach Einstellung der Steuerventile wird das Öl entweder in der einen oder anderen Flussrichtung durch den Hydraulikmotor getrieben. Dies bewirkt, je nach Einstellung der Steuerventile und damit der Wahl des Arbeitskreises, eine Rotation der Hydraulikmotor-Achse in die eine oder andere Richtung. Da der Hydraulikmotor das gegenläufige Getriebe an seinem äußeren Kegelrad antreibt, ergeben sich die unterschiedlichen Drehrichtungen an den Antriebsrädern.
Der Fahrer des Kettenfahrzeugs steuert mit einem Lenkrad die Steuerventile. Im Idealfall bewirkt der halbe Lenkeinschlag das Stillstehen des einen Antriebsrads und das Drehen des anderen mit doppelter Geschwindigkeit. Bei vollem Lenkeinschlag drehen dann die beiden Antriebsräder in entgegengesetzter Richtung gleich schnell. Unter Vollgas lassen sich Kurven durch die erhöhte Öl-Fördermenge schneller und enger fahren.