Alpsegen
Der Alpsegen, auch Betruf, Ave-Maria-Rufen, Sennen-Ave (in Liechtenstein) oder Sankt-Johannis-Segen genannt, ist ein Schutzgebet in Form eines Sprechgesangs. In einigen katholischen Teilen der Alpen wird er allabendlich vom Senn auf einer kleinen Anhöhe seiner Alp / Alm gerufen.
Inhaltsverzeichnis
Begriff
In der deutschsprachigen Schweiz wird der Schutzruf zumeist als «Alpsegen» bezeichnet. In der Innerschweiz wird teilweise der Begriff des «Betrufs» bevorzugt, damit keine Konfusion mit dem Akt der Segnung der Alp zu Beginn des Sommers entsteht.<ref name="Betruf in der Zentralschweiz">Betruf in der Zentralschweiz Die lebendigen Traditionen der Schweiz, Bundesamt für Kultur BAK, Schweizerische Eidgenossenschaft</ref>
Verbreitung
Der Betruf ist in katholischen Berggebieten der Schweiz verbreitet: In den Kantonen Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwalden, in Teilen des Kantons Luzern (in der Gegend des Pilatus und im Entlebuch), im Kanton St. Gallen (Sarganserland), im Kanton Appenzell Innerrhoden und in Teilen des Kantons Wallis (Oberwallis) sowie des Kantons Graubünden (Surselva). Auch im Fürstentum Liechtenstein, im österreichischen Vorarlberg und im süddeutschen Allgäu wird er praktiziert.<ref name="Betruf in der Zentralschweiz" /><ref name="HLS">Alpsegen HLS (Historisches Lexikon der Schweiz)</ref><ref>Brigitte Bachmann-Geiser: Der Betruf in den Schweizer Alpen (PDF; 198 kB)</ref>
Geschichte
Vorgänger der Alpsegen sind wahrscheinlich Viehsegen, für die handschriftliche Belege aus dem 14. Jahrhundert überliefert sind.<ref>Sarganserländer Alpsegen Die lebendigen Traditionen der Schweiz, Bundesamt für Kultur BAK, Schweizerische Eidgenossenschaft</ref> Auf dem Gebiet der heutigen Schweiz sind Betrufe erstmals im 16. Jahrhundert auf dem Pilatus beim Luzerner Stadtschreiber Renward Cysat erwähnt. 1609 verbot die Luzerner Obrigkeit das Ritual, da es heidnisch sei. Daraufhin soll es ein Jesuitenpater, Johann Baptist Dillier (1668–1745), den Text christlich umgedeutet haben.<ref name="HLS" /> 1767 wurde erstmals der Text eines Betrufs schriftlich festgehalten.<ref name="Betruf in der Zentralschweiz" />
Form und Inhalt
Es handelt sich um einen textbezogenen Sprechgesang mit Rufmelodik und psalmodierendem Vortrag ohne Liedgestalt. In einer Art Gebetsrezitation werden nach allen vier Himmelsrichtungen Maria und die Schutzheiligen nach Schutz für alle Lebewesen und die Habe auf der Alp angerufen.
Der Älpler benutzt zur megaphonartigen Verstärkung seiner Stimme einen hölzernen oder blechernen Milchtrichter („Folle“), durch den er seine Bitte auf vier bis fünf Rezitationstönen singt, um „alles, was auf dieser Alp ischt und dazugehört, zu behüätä und zu bewahre“ (Ringmotiv in der Innerschweiz) oder das Vieh „vor dem Wolf sin Rache“ und „dem Bäre si Tatze“ (Sarganserland) zu beschützen.
Literatur
- Brigitte Bachmann-Geiser (Hrsg.): Bättruef – Alpsegen. Swiss Alpine Prayer. Oberhofen 2006 (Compact Disc).
- August Wirz: Der Betruf in den Schweizer Alpen. Diss. phil., Freiburg/Schweiz 1943.
- Tonisep Wyss-Meier: Der Betruf im deutschsprachigen und rätoromanischen Raum. Sammlung von Texten und Erläuterungen. Appenzell 2007.
Weblinks
- Max Peter Baumann: Alpsegen im Historischen Lexikon der Schweiz.
- Brigitte Bachmann-Geiser: Der Betruf in den Schweizer Alpen (PDF; 198 kB).
- Betruf – Ein Alpsegen, Informationsseite des Liturgischen Institut der deutschsprachigen Schweiz, mit dem Text eines innerschwyzer Alpsegens.
- Der Ruf der Bergbauern (PDF-Datei; 192 kB), Artikel des Kirchenbotens, Bistumszeitung der Diözese Osnabrück, Nummer 29, 22. Juli 2007, S. 3.
- Betruf in der Zentralschweiz (PDF-Datei; 207 kB).
- Sarganserländer Alpsegen (PDF-Datei; 235 kB).
- Tondokument: Alpsegen Innerschweiz, (MP3; 4,6 MB).
- Tondokument: Alpsegen, (MP3; 1,3 MB).
Einzelnachweise
<references />