Antiphon (Musik)
Antiphon (die; reformierte Schreibw.: Antifon, von altgr. ἀντίφωνος antiphonos „entgegentönend, antwortend“) bedeutet Gegengesang oder Wechselgesang. Der Begriff bezeichnet sowohl eine Art des Musizierens (Antiphonie) als auch spezifische Stücke dieser Art, insbesondere in der Kirchenmusik.
Inhaltsverzeichnis
Antiphonie
Antiphonie in weiterem Sinne ist in allen Kulturen und zu allen Zeiten anzutreffen. Man versteht darunter antiphonale Arten des Musizierens, bei denen vorgegebene musikalische Elemente von anderen Stimmen oder Instrumenten beantwortet werden. Dazu zählen auch Call-and-Response-Gesänge.
Liturgie und Kirchenmusik
Im engeren Sinne bezeichnet Antiphon im gregorianischen Choral einen Vorvers, Kehrvers oder Refrain, der Verse eines Psalms oder eines Canticums einrahmt. Er wird vor und nach den Versen gesungen, gegebenenfalls auch nach mehreren Versen wiederholt. Die antiphonalen Gesänge gehören zum Proprium und wechseln daher nach dem Kirchenjahr oder dem Fest des Tages. Der Text der Antiphon ist entweder dem Psalm entnommen, den er einschließt, oder aber der Liturgie des Tages – häufig der Epistel – und bildet somit ein kommentierendes oder reflektierendes Element des Gottesdienstes.
Antiphonal werden diese Teile der Liturgie der Messfeier und des Stundengebetes genannt, weil sie als Wechselgesang zwischen zwei Chören oder zwischen Vorsänger(n) und Schola oder Gemeinde vollzogen werden, aber auch, weil sich Antiphon und Verse in innerer Spannung gegenüberstehen.
Antiphonale Gesänge begleiten innerhalb der Messfeier eine liturgische Handlung. Zu ihnen zählen der Introitus als Begleitgesang zum Einzug, das Offertorium als Begleitgesang zur Gabenbereitung und die Communio als Begleitgesang zur Kommunion. In ihrer Länge richten sie sich nach der Dauer der begleiteten Handlung, indem mehr oder weniger Verse oder auch nur die Antiphon allein gesungen werden. Zu den antiphonalen Gesängen zählt auch das Graduale und der Gesang vor dem Evangelium in der Messfeier und der Antwortgesang nach den Lesungen im Stundengebet. Hier spricht man allerdings von Responsorium. Die lateinischen Namen der Kirchensonntage (Judica, Laetare etc.) bestehen in der Regel aus den ersten Worten der Antiphon zum Introitus des jeweiligen Sonntags.
Besondere Formen
Marianische Antiphonen
Marianische Antiphonen sind an die Gottesmutter gerichtete Gesänge. Die Bezeichnung Antiphon hat sich eingebürgert, obwohl es sich strenggenommen nicht um einen antiphonalen Gesang handelt, auch wenn früher auf den Choral ein kurzes Responsorium und eine Oration folgte. Im Stundengebet wird die der liturgischen Zeit im Kirchenjahr entsprechende marianische Antiphon als Schlussgesang am Ende des gemeinsamen täglichen Stundengebetes gesungen: Salve Regina, Alma redemptoris mater, Ave Regina caelorum, Regina coeli. Ihren Ort hat sie nach der Komplet, doch pflegt man sie schon nach der Vesper zu singen, wenn dies die letzte gemeinsame Gebetszeit des Tages ist. In vielen Regionen ist es auch Brauch, das Salve Regina beim Begräbnis einer Person des geweihten Lebens oder eines Priesters am Grab zu singen.
O-Antiphonen
In den letzten sieben Tagen des Advents sind die Antiphonen zum Canticum Magnificat in der Vesper Anrufungen, die sich auf messianische Titel Jesu Christi aus dem Alten Testament beziehen: O Weisheit, O Adonai, O Spross aus Isais Wurzel, O Schlüssel Davids, O Morgenstern, O König aller Völker, O Immanuel. Im römischen Stundenbuch gibt es sieben dieser O-Antiphonen, regional werden auch acht gesungen, im Mittelalter gab es bis zu zwölf.
Literatur
- Heinrich Rennings: Antiphon. In: Walter Kasper (Hrsg.): Lexikon für Theologie und Kirche (LThK). 3. Auflage. Band 1, Herder, Freiburg im Breisgau 1993.
Siehe auch
- Call and Response bei Spirituals und Gospels
- Venezianische Mehrchörigkeit
- Concerto grosso
- Responsorium
- Anthem