Arbitrage
Arbitrage (von franz. arbitrage, von lat. arbitratus „Gutdünken, freie Wahl, freies Ermessen“) bezeichnet das Ausnutzen von Preisunterschieden für gleiche Waren auf verschiedenen Märkten.
Infolge der ausgleichenden Wirkung der Arbitrage passen sich die Preise in verschiedenen Märkten einander an; dieser Vorteil existiert daher in der Regel nur eine bestimmte Zeit lang.
Inhaltsverzeichnis
Verfahren
Bei der praktischen Durchführung der Arbitrage kauft der Arbitrageur (meist unter Einsatz von hohen Volumina im Vergleich zu den erzielten Gewinnen) an dem einen Ort das billigere Instrument, bei (theoretisch) simultanem Verkauf des teureren Instruments an einem anderen Ort, ohne dass es für ihn dabei zu nennenswerten Nettoausgaben kommt. Jede Arbitrage beruht hierbei auf dem ökonomischen „Gesetz des einheitlichen Preises“ (Law of One Price, siehe unten), das für gleichwertige Handlungsalternativen gleiche Preise postuliert.
Beobachtet beispielsweise ein Arbitrageur, dass der Euro in den USA zu einem Kurs A und in der EWWU (Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion) zu einem höheren Kurs B (also B > A) gehandelt wird, so könnte er eine große Menge an Euro in den USA kaufen und (theoretisch) gleichzeitig teurer in der EWWU verkaufen. Durch die theoretische Gleichzeitigkeit der Handlungen wäre ein praktisch risikoloser Gewinn erzielt.
In einer strengeren Definition gilt Arbitrage nur dann als möglich, wenn die Gewinnerzielung nicht nur risikoarm, sondern risikolos, also sicher erfolgen kann.
Arten
Folgende Arten von Arbitrage können unterschieden werden:
- Kulturelle Arbitrage
- Kulturbedingte Eigenheiten werden genutzt, um Handelsvorteile zu erzielen. Beispielsweise kann Bier in Bayern oder Wein in Mittelmeerländern aus traditionellen Gründen (Grundnahrungsmittel) billiger als anderswo sein. Arbitrageure könnten dann dort billig einkaufen und teurer andernorts verkaufen.
- Geografische Arbitrage
- Geografische Vorteile können weltweit genutzt werden, beispielsweise durch reduzierte Transportkosten. Durch sofortige Kommunikation und minimale Kommunikationskosten werden im Börsengeschäft die Kursunterschiede eines Wertpapiers an verschiedenen Börsen zu Gewinnvorteilen genutzt.
- Mathematische oder statistische Arbitrage
- Historisch korrelierende Güter werden betrachtet. Wenn eines der beiden Güter aus der Korrelation ausschert, besteht kurzfristig die Möglichkeit zur Arbitrage, da angenommen werden kann, dass die Preise schließlich wieder zusammenlaufen werden, um die Arbitragelosigkeit wiederherzustellen.
- Ökonomische Arbitrage
- Letztendlich sind alle Formen der Arbitrage ökonomischer Natur. Der Begriff wird verwendet, um Formen der Arbitrage zu beschreiben, die ihren Ursprung nicht in Kultur, Administration oder Geographie haben.
Ökonomische Auswirkungen
Arbitrage wird in der Wirtschaftswissenschaft überwiegend als nützlich beurteilt, da sie Markteffizienz schafft. Im Rahmen der Globalisierungskritik wird ein Missverhältnis zwischen dem tatsächlichen Handelsvolumen und den auf den Devisenmärkten umgesetzten Beträgen als kritikwürdig angesehen. Bei diesen angesprochenen Devisengeschäften handelt es sich fast vollständig um Arbitragegeschäfte zwischen verschiedenen Währungen, die innerhalb von Sekunden elektronisch abgewickelt werden, wodurch im Tagesverlauf sehr hohe Handelsvolumina entstehen können. Diese Arbitragegeschäfte werden gelegentlich als Zinsarbitrage bezeichnet (besser: Currency Carry Trades, um Verwechslungen auszuschließen). Dabei handelt es sich um Spekulationsgeschäfte zum Ausnutzen von Zinsunterschieden einzelner Währungen.
Joseph Schumpeter stellte den Arbitrage-Unternehmer dem innovativen schöpferischen Unternehmer gegenüber. Schumpeter bewertet die Leistung des schöpferischen Unternehmers höher, erkennt jedoch zugleich an, dass der Arbitrage-Unternehmer ungewollt den Wettbewerb fördere, da er Kenntnisse, die vorher nur ihm zur Verfügung standen (und die Voraussetzung seiner Arbitrage-Tätigkeit sind), dem Markt zugänglich macht.
Arbitrage-Bedingung
Unter Arbitrage-Bedingung versteht man, dass es dauerhaft nicht möglich sein wird, einen risikolosen Gewinn durch den Kauf und Verkauf von Vermögensgegenständen auf einem Markt zu realisieren, da sich die Preise irgendwann angleichen werden.
Im Folgenden sollen die einzelnen Voraussetzungen sowie die auf den Märkten ablaufenden Vorgänge, welche zum Einsetzen der Arbitrage-Bedingung notwendig sind, dargestellt werden. Auf eine spezielle Art sind Märkte verbunden, auf denen sich für das gleiche Gut Preise auf räumlich unterschiedlichen Märkten bilden. Weichen diese Preise voneinander ab, so dass sich regional differenzierte Preise ergeben, ist es möglich, durch sogenannte Arbitragegeschäfte die Preisunterschiede zu nutzen, um Gewinne zu erzielen.<ref name="demmler1993"> Demmler (1993), Einführung in die Volkswirtschaftslehre, 4. Auflage, München: Oldenbourg Verlag
S. 61</ref>
Beispiel
Existenz zweier Anlagemöglichkeiten:
- A. Anlage eines Betrages K in Form des Kaufs von x Kühen auf dem Viehmarkt zum Zeitpunkt <math>t_0</math> und zum Preis <math>P_0</math> pro Kuh, Verkauf nach einer Periode (<math>t_1</math>) zum Preis <math>P_1</math> pro Kuh
- B. Anlage des Betrages K durch Kauf einer Anleihe mit sicherer Verzinsung <math>i</math> für eine Periode (von <math>t_0</math> bis <math>t_1</math>)
(Folgende Berechnungen in Anlehnung an Varian)<ref name="varian1999"> Varian (1999), Grundzüge der Mikroökonomie, 4. Auflage, München: Oldenbourg Verlag
S. 193-194</ref>
Der künftige Wert <math>V</math> aus der Anlage A ergibt sich (ohne Berücksichtigung von Zinseffekten) somit als:
- (1) <math>V = P_1 \cdot x</math>
Da in <math>t_0</math> der gesamte Betrag K angelegt wurde, gilt <math>P_0 \cdot x= K</math>. Somit erhält man <math>x=K/P_0</math>. Durch Einsetzen in (1) gelangt man zu:
- (2) <math>V = P_1 / P_0 \cdot K </math>
Der künftige Wert der Anlage B entspricht:
- (3) <math>V = K+i</math>
Gilt nun <math>P_1/P_0 \cdot K ></math> oder <math>< K+i</math> so ist Arbitrage möglich.
Exemplarisch soll dies für den Fall
- (4) <math>K+i > P_1/P_0 \cdot K</math> dargestellt werden.
Wäre ein Individuum in diesem Fall im Besitz einer Kuh (<math>x = 1</math>) und würde diese veräußern zu einem Preis pro Kuh von <math>P_0</math> erhielte er einen Verkaufserlös von <math>K = P_0 \cdot 1 = P_0</math>. Würde es diesen Betrag in Anlage B investieren, erhielte es zum Zeitpunkt <math>t_1</math>: <math>V = P_0 + i</math>.
Durch Umstellung von (4) ergibt sich <math>(K+i) \cdot P_0 > P_1 \cdot K</math>, durch Einsetzen von <math>K = P_0</math> und anschließendem Kürzen von <math>P_0</math> ergibt sich <math>P_0+i>P_1</math>. Somit würde das Individuum mit <math>P_0+i</math> zum Zeitpunkt <math>t_1</math> mehr erhalten als es benötigen würde, um die Kuh zum Preis von <math>P_1</math> zurück zu kaufen. Somit würde man einen risikofreien Gewinn erzielen – Arbitrage wäre existent.
Marktkräfte und Eintritt der Arbitrage-Bedingung
Im Marktkontext ist die dauerhafte Existenz einer derartigen „Gelddruckmaschine“ allerdings unwahrscheinlich. Es ist zu erwarten, dass die Arbitragemöglichkeiten nach einer gewissen Zeit durch die Marktkräfte beseitigt werden. Ursächlich hierfür sind, mit Bezug auf das oben genannte Beispiel, im Wesentlichen nachfolgende Entwicklungen.
Besteht eine wie im Beispiel beschriebene Arbitragemöglichkeit, so werden rationale Individuen diese Gelegenheit erkennen und versuchen, ihren Nutzen daraus zu ziehen. Das heißt, es werden einerseits vermehrt Kühe in <math>t_0</math> auf dem Viehmarkt angeboten, um den Preis <math>P_0</math> zu erlösen und diesen in der Anleihe anzulegen. Somit ergibt sich ein erhöhtes Angebot, was auf kurz oder lang zu sinkenden Preisen <math>P_0</math> führt. Folglich wird die rechte Seite von (4), also <math>P_1/P_0</math> ansteigen.
Gleichsam führt die vermehrte Nachfrage nach Anleihen zu sinkenden Zinsen <math>i</math>. Somit vermindert sich die linke Seite von (4), also <math>(1+i)</math>.
Schließlich wird sich:
- (5) <math>1+i = P_1/P_0</math> einstellen und sämtliche Arbitragemöglichkeiten sind eliminiert. Dies beschreibt somit die sogenannte Arbitrage-Bedingung.
Voraussetzungen für das Wirken der Marktkräfte
Für ein grundsätzliches Wirken der beschriebenen Marktkräfte hin zum Eintreten der Arbitragebedingung, also der Neutralisierung der Opportunität zur Realisierung eines risikolosen Gewinns, müssen bestimmte Rahmenbedingungen gegeben sein. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um:
(A) einen funktionierenden Markt, d. h. insbesondere:
- vollständige Information der Marktteilnehmer (vollkommene Markttransparenz)
- Sicherheit hinsichtlich der Marktbedingungen (Preise, Kosten etc.)
- freier Marktzugang
- die Nichtexistenz von diskriminierend wirkenden Transaktionskosten (nur gegen einzelne Marktteilnehmer gerichtet)
- homogene Güter
(B) rationale Individuen, die ihre Entscheidungen an der Maximierung ihres erwarteten Nutzens ausrichten.
Siehe auch
Literatur
- Olivier Blanchard, Gerhard Illing: Makroökonomie. 4. aktualisierte und erweiterte Auflage (der amerikanischen Auflage). Pearson Studium, München 2007, ISBN 978-3-8273-7209-3 (Wi – Wirtschaft).
- Horst Demmler: Einführung in die Volkswirtschaftslehre. Hauptband. 4. verbesserte Auflage. Oldenbourg Verlag, München 1993, ISBN 3-486-22552-9.
- Pankaj Ghemawat: The Forgotten Strategy. In: Harvard Business Review. 81, 11, November 2003, ISSN 0007-6805, S. 76–85.
- Karl-Heinz Moritz, Georg Stadtmann: Monetäre Außenwirtschaft. Vahlen Verlag, München 1999, ISBN 3-8006-2491-5 (Kompaktstudium Wirtschaftswissenschaften 15).
- Hal R. Varian: Grundzüge der Mikroökonomie. 4. überarbeitete und erweiterte Auflage. Oldenbourg Verlag, München 1999, ISBN 3-486-24505-8 (Internationale Standardlehrbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften).
- Artur Woll: Allgemeine Volkswirtschaftslehre. 12. überarbeitete und ergänzte Auflage. Vahlen Verlag, München 1996, ISBN 3-8006-2091-X (Vahlens Handbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften).
Weblinks
Einzelnachweise
<references />