Berjosowka (Kaliningrad, Gwardeisk)
Siedlung
Berjosowka/Groß Ottenhagen
Берёзовка
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Berjosowka (russisch Берёзовка, deutsch Groß Ottenhagen, litauisch Otenhagenas) ist ein Ort in der russischen Oblast Kaliningrad (Gebiet Königsberg (Preußen)) und gehört zur Oserkowskoje selskoje posselenije (Landgemeinde Oserki (Groß Lindenau)) im Rajon Gwardeisk (Kreis Tapiau).
Inhaltsverzeichnis
Geographische Lage
Berjosowka liegt an der russischen Fernstraße R 508, 23 Kilometer südöstlich der Oblasthauptstadt Kaliningrad (Königsberg) und 19 Kilometer südwestlich der Rajonshauptstadt Gwardeisk (Tapiau). Innerorts zweigt eine Nebenstraße in südliche Richtung zur Ortsstelle des inzwischen erloschenen Dorfes Polessje (Klein Ottenhagen) ab. Die nächste Bahnstation ist Oserki-Nowyje (Groß Lindenau) an der Bahnstrecke Kaliningrad–Nesterow (Königsberg–Stallupönen/Ebenrode), einem Teilstück der einstigen Preußischen Ostbahn, zur Weiterfahrt nach Litauen und in das russische Kernland.
Geschichte
Das bis 1946 Groß Ottenhagen<ref>D. Lange, Geographisches Ortsregister Ostpreußen (2005): Groß Ottenhagen</ref> genannte ehemalige Kirch- und Gutsdorf ist eine Gründung des Deutschen Ordens aus dem Jahre 1332. Am 30. April 1874 wurde das Dorf Sitz und namensgebend für den neu errichteten Amtsbezirk Ottenhagen<ref>Rolf Jehke, Amtsbezirk Ottenhagen/Groß Ottenhagen</ref> im Landkreis Königsberg (Preußen) und im Regierungsbezirk Königsberg der preußischen Provinz Ostpreußen.
Am 1. Dezember 1910 zählte der Gutsbezirk Ottenhagen 113 und die Landgemeinde Groß Ottenhagen 654 Einwohner<ref>Uli Schubert, Gemeindeverzeichnis, Landkreis Königsberg</ref>. Nachdem am 17. Juli 1927 die Gutsbezirke Ottenhagen und Waldhof (russisch: Saizweo, nicht mehr existent) in die Landgemeinde Groß Ottenhagen eingegliedert worden waren, wurde der Name des Amtsbezirks Ottenhagen und „Amtsbezirk Groß Ottenhagen“ umbenannt. Die neu formierte Gemeinde mit den auch schon vorher zugehörigen Ortschaften Ottenmühle und Vorwerk Schäferei zählte im Jahre 1933 849 und 1939 bereits 875 Einwohner<ref>Michael Rademacher, Deutsch-österreichisches Ortsbuch, Landkreis Samland</ref>. Ab 1939 wurde sie dem fusionierten Landkreis Samland zugeordnet.
In Folge des Zweiten Weltkrieges kam Groß Ottenhagen mit dem nördlichen Ostpreußen zur Sowjetunion und erhielt 1946 die russische Bezeichnung „Berjosowka“. Im Jahre 1947 „wechselte“ das Dorf vom Landkreis Samland zum neu geschaffenen Rajon Gwardeisk (Kreis Tapiau) und wurde in den Osjorskoje selskoje sowjet (Dorfsowjet Oserki (Groß Lindenau)) eingegliedert. Aufgrund einer umfassenden Struktur- und Verwaltungsreform<ref>Nach dem Gesetz über die Zusammensetzung und Territorien der munizipalen Gebilde der Oblast Kaliningrad vom 25. Juni/1. Juli 2009, nebst Gesetz Nr. 502 vom 24. Februar 2005, präzisiert durch Gesetz Nr. 370 vom 1. Juli 2009</ref> ist Berjosowka heute mit seinen derzeit 182 Einwohnern (Stand: 14. Oktober 2010<ref name="einwohner_aktuell"/>) eine als „Siedlung“ (russisch possjolok) eingestufte Ortschaft innerhalb der neu formierten Oserkowskoje selskoje posselenije (Landgemeinde Oserki (Groß Lindenau)).
Amtsbezirk (Groß) Ottenhagen 1874–1945
In den 1874 errichteten Amtsbezirk Ottenhagen (ab 1927: Amtsbezirk Groß Ottenhagen) waren anfangs zwölf Landgemeinden (LG) bzw. Gutsbezirke (GB) eingegliedert<ref>Rolf Jehke, Amtsbezirk Ottenhagen/Groß Ottenhagen (wie oben)</ref>:
Name | Russischer Name | Bemerkungen |
---|---|---|
Gauleder Forst (GB) | 1929 in die Landgemeinde Klein Ottenhagen eingegliedert | |
Groß Lindenau (LG) | Groß Lindenau | |
Groß Ottenhagen (LG) | Berjosowka | |
Klein Lindenau (GB) | Osjorskoje | 1928 in die Landgemeinde Klein Ottenhagen eingegliedert |
Klein Ottenhagen (LG) | Polessje | |
Neu Lindenau (LG) | Datschnoje | |
Ottenhagen (GB) | Berjosowka | 1927 in die Landgemeinde Groß Ottenhagen eingegliedert |
Rosengarten (LG) | Sapadnoje | 1935 in die Landgemeinde Worienen eingegliedert |
Schäferei (LG) | Kastanowka | 1925 in die Landgemeinde Seewalde eingegliedert |
Seewalde (LG) | Ostrowskoje | |
Waldhof (GB) | Saizewo | 1927 in die Landgemeinde Groß Ottenhagen eingegliedert |
Worienen (LG) | Pestschanoje | |
ab 1930: Groß Barthen (LG) |
Osjornoje | vorher: Amtsbezirk Friedrichstein |
Am 1. Januar 1945 bildeten noch sieben Gemeinden den Amtsbezirk Groß Ottenhagen: Groß Lindenau, Groß Ottenhagen, Klein Ottenhagen, Neu Lindenau, Seewalde, Worienen und Groß Barthen.
Vorgeschichtliches Gräberfeld
In den 1920er Jahren wurde bei Groß Ottenhagen ein weitflächiges vorgeschichtliches Gräberfeld entdeckt<ref>Berjosowka - Groß Ottenhagen bei ostpreussen.net</ref>. Die Erkundungen leitete der ostpreußische Prähistoriker Herbert Jankuhn. Seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges gelten die Funde als verschollen. In den Jahren 2003/04 fanden neue Untersuchungen unter dem Kieler Archäologen Timo Ibsen statt, der noch auf zahlreiche Fundskizzen aus dem Nachlass Herbert Jankuhns zurückgreifen konnte. Für das Gräberfeld konnten drei Belegungszeiträume festgestellt werden<ref>Grabungsbericht der Universität Kiel</ref>:
- 30 v. Chr. bis 480 n. Chr. = römische Kaiserzeit, gekennzeichnet durch Körper- und Brandbestattungen
- nach 375 n. Chr. = Zeit der Völkerwanderung, ausschließlich Brandbestattungen
- 10. und 11. Jahrhundert n. Chr. = frühes Mittelalter, unter den menschlichen Brandbestattungen lagen unverbrannte Pferdebestattungen.
Ausgrabungen aus prußischer Zeit
Bei Ausgrabungen im Jahre 1928 entdeckte man Reste prußischer Schilde. Sie waren mit Bronzebeschlägen ausgestattet. Im Innern fand man Reste von Holz und Leder und Textilien aus Leinen. In der Mitte des Schildes befand sich ein kegelförmiger Schildbuckel aus Eisen. Die vorhandenen Teile ließen einen gerundeten länglichen Schild von 70 cm Länge und 50 cm Breite ausmachen.
Kirche
→ Hauptartikel: Kirche Groß Ottenhagen
Kirchengebäude
Die Kirche in Groß Ottenhagen<ref>Walther Hubatsch, Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band II: Bilder ostpreussischer Kirchen, Göttingen, 1968, Seite 54</ref> , von der heute nur noch die Turmruine<ref>Bild der Ruine des Kirchturms von Groß Ottenhagen</ref> steht, dürfte einen Vorgängerbau aus der Zeit um 1340 gehabt haben. Das nachfolgende Gebäude – ein verputzter Feldsteinbau mit Ziegelecken und dem vorgelegten Westturm – stammt aus dem 15. Jahrhundert. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde das Kirchenschiff durch Querarme erweitert. Die bis 1945 erhaltene Innenausstattung stammte aus den Jahren 1715 bis 1720.
Kirchengemeinde
Die Gründung der Kirche in Groß Ottenhagen geht auf die Zeit um 1340 zurück<ref>Walther Hubatsch, Geschichte der evangelischen Kirche Ostpreußens, Band III: Dokumente, Göttingen, 1968, Seite 462</ref>. Im Jahre 1547 wurde hier ein lutherischer Prediger erwähnt. Bis 1945 gehörte das Kirchspiel Groß Ottenhagen zum Kirchenkreis Königsberg Land I (südlich des Pregel) in der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union.
Heute liegt Berjosowka im Einzugsbereich der in den 1990er Jahren neu entstandenen evangelisch-lutherischen Gemeinde in Gwardeisk (Tapiau), eine Filialgemeinde der Auferstehungskirche in Kaliningrad (Königsberg) in der Propstei Kaliningrad<ref>Evangelisch-lutherische Propstei Kaliningrad</ref> der Evangelisch-lutherischen Kirche Europäisches Russland.
Kirchensiegel
Auf außergewöhnliche Weise hat sich das Jahrhunderte alte Kirchensiegel Groß Ottenhagens erhalten. Es konnte durch die Kriegswirren hindurch bis in den Westen gerettet werden und befindet sich heute im Preußenmuseum Nordrhein-Westfalen in Minden.<ref>Peter Kraemer, Am Körper versteckt. Das Kirchensiegel Ottenhagen und seine Geschichte, in: Preußische Allgemeine Zeitung/7. Januar 2006</ref>
Einzelnachweise
<references />
Weblinks
Amtssitz: Oserki
Siedlungen: Berjosowka (Groß Ottenhagen) | Gribki (Langhöfel) | Komsomolsk (Löwenhagen) | Krasny Bor (Starkenberg) | Oserki (Groß Lindenau) | Osjornoje (Groß Barthen und Klein Hohenhagen) | Ostrowskoje (Seewalde) | Prudy (Genslack) | Saretschje (Pregelswalde) | Semjonowo (Fuchsberg und Marienhagen) | Suworowo (Zohpen) | Tumanowka (Gauleden) | Wessjoly (Linkehnen) | Wischnjowoje (Kapkeim)