Bert Rürup


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Hans-Adalbert „Bert“ Rürup (* 7. November 1943 in Essen) ist Präsident des Handelsblatt Research Institute und ehemaliger „Wirtschaftsweiser“.

Berufslaufbahn

Bert Rürup studierte wirtschaftliche Staatswissenschaften in Hamburg und Köln und schloss das Studium 1969 mit dem akademischen Grad Diplom-Kaufmann ab. Von 1969 bis 1974 war er Assistent am Seminar für Finanzwissenschaft der Universität zu Köln und wurde 1971 zum Dr. rer. pol. promoviert. 1974/75 arbeitete er in der Planungsabteilung des Bundeskanzleramtes. 1975 übernahm er eine Professur für Volkswirtschaft an der Universität Essen, von 1976 bis zu seiner Emeritierung 2009 war Rürup Professor der Finanz- und Wirtschaftspolitik an der Technischen Universität Darmstadt.

Rürup hatte seit 1988 Gastprofessuren an der Technischen Universität Wien sowie seit 1992 an der Technischen Universität Bukarest. 1990 bis 1993 war er außerdem Gastprofessor an der Technischen Hochschule Leipzig (heute: Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig) für „Wirtschaftspolitik und Finanzwissenschaft“. Ab 1991 war er Gründungsdekan des Fachbereichs „Wirtschaftswissenschaften“ sowohl an der Technischen Hochschule Leipzig als auch an der Universität Leipzig.

Von April bis Dezember 2009 war Rürup Chefökonom beim Finanzdienstleister AWD. Er war dort verantwortlich für die Bereiche „Ökonomische Analysen“ sowie die Erschließung neuer Märkte für betriebliche und private Altersvorsorge.<ref name="sz-147865">Hans von der Hagen: AWD und der Weise – Der unbezahlbare Herr Rürup. In: sueddeutsche.de. 17. Mai 2010, abgerufen am 16. Februar 2015.</ref> Zu diesem Zeitpunkt war er bereits aus dem Kreis der fünf Wirtschaftsweisen ausgeschieden.<ref name="stern-646325">Vorlage:Internetquelle/Wartung/Datum nicht im ISO-FormatDPA/AP: Bert Rürup: Wirtschaftsweiser wird Finanzberater. In: stern.de. 20. November 2008, abgerufen am 16. Februar 2015.</ref>

Seinen Wechsel zum Finanzkonzern AWD begründete Bert Rürup wie folgt: „Nach 40 Jahren in Universitäten und Wissenschaft wollte ich noch einmal etwas Neues beginnen. Mir geht es darum, aktuelle theoretische und empirische Erkenntnisse einzubringen, um für die Menschen innovative und nutzbringende Lösungen in der Praxis mitzuentwickeln. AWD gibt mir diese Chance.“<ref name="sz-500606">Bert Rürup – Wirtschaftsweiser wird ein "Strucki". In: sueddeutsche.de. 17. Mai 2010, abgerufen am 16. Februar 2015.</ref> Auch habe er „ein außerordentlich gutes Gewissen“, sein Knowhow nun in den Dienst eines Finanzdienstleisters zu stellen. Er führe die von ihm erfundenen Modelle zur Altersvorsorge jetzt in der Praxis fort.<ref name="mm21112008-AWD">Lutz Reiche: Rürup beim AWD: Maschmeyers "Edel-Strucki" - manager magazin. In: manager-magazin.de. 21. November 2008, abgerufen am 16. Februar 2015.</ref>

Seit Februar 2004 ist er Mitglied des Netzwerks des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA), zunächst als Research Fellow und seit 2005 als Policy Fellow.<ref>Personen. Abgerufen am 16. Februar 2015.</ref>

Nach Beendigung seiner Tätigkeit als Chef-Ökonom beim AWD etablierte Rürup gemeinsam mit dem AWD-Gründer Carsten Maschmeyer eine unabhängige und international ausgerichtete Beratungsgesellschaft für Banken, Versicherungen wie auch Regierungen: die MaschmeyerRürup AG.<ref name="sz-128982">Michael König: Maschmeyer und Rürup gründen Firma – Dandy und Rentnerband. In: sueddeutsche.de. 17. Mai 2010, abgerufen am 16. Februar 2015.</ref><ref>MaschmeyerRürup AG – Maschmeyer und Rürup gründen Beratungsunternehmen. In: sn-online.de. 16. Februar 2015, abgerufen am 16. Februar 2015.</ref> Nach dreijähriger Tätigkeit als Mitglied des Vorstands schied er aufgrund des wieder verstärkten Engagements in der Wissenschaft Ende 2012 aus diesem Unternehmen aus.

Seit dem 18. April 2010 ist Bert Rürup der Vorsitzende des Kuratoriums des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), und von März 2010 bis Ende 2012 war er Präsident der International School of Management (ISM).<ref>Chronik auf der Website der ISM, zuletzt abgerufen am 4. Januar 2013.</ref>

Seit Januar 2013 leitet Bert Rürup als Präsident das Handelsblatt Research Institute, ein unabhängiges wissenschaftliches Kompetenz- und Researchcenter der Verlagsgruppe Handelsblatt.

Rürup ist Mitglied in mehreren wissenschaftlichen Vereinigungen und Gutachter für mehrere wissenschaftliche Zeitungen.

Politische Tätigkeiten

Rürup ist SPD-Mitglied und Politikberater. Seinen Schwerpunkt bildet die Rentenpolitik. Rürup war Berater der Bundesregierungen in sozialpolitischen Fragen. 1982/83 beriet er für die Bundesrepublik Deutschland die EG im Rahmen des Projekts „Social Policy under slow growth“.<ref>Moneycab – Prof. Bert Rürup, Vorstand MaschmeyerRürup AG. In: moneycab.com. 7. Oktober 2011, abgerufen am 16. Februar 2015.</ref> Von 1986 bis 1991 war Rürup Mitglied des Auswahl- und Bewilligungsausschusses für Sonderforschungsbereiche der Deutschen Forschungsgemeinschaft.<ref>Adieu, Professor Rürup In: download.tu-darmstadt.de</ref> 1992–2002 war er wissenschaftlicher Berater der Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages Demografischer Wandel<ref>Prof. em. Dr. Dr. h.c. Bert Rürup S. 295</ref>; 1996–1998 Mitglied der Kommission der Bundesregierung Fortentwicklung der Rentenversicherung<ref>Prof. Dr. Dr. h.c. Bert Rürup - Redner (Memento vom 18. November 2011 im Internet Archive) In: redner.de</ref>; 1999–2001 Mitglied im Expertenkreis des Bundesarbeitsministers zur Vorbereitung der Rentenreform 2001<ref>Bert Rürup Policy Fellow (Memento vom 9. Februar 2011 im Internet Archive) In: iza.org</ref>, von 2000 bis 2009 Vorsitzender des Sozialbeirats.

Nach mehreren Rufen an in- und ausländischen Universitäten folgte er 2000 dem Ruf in den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (auch Rat der Wirtschaftsweisen), dessen Vorsitz er von März 2005 bis zu seinem Ausscheiden im Februar 2009 übernommen hat<ref>Sachverständigenrat für Wirtschaft: Ehemalige Ratsmitglieder. In: sachverstaendigenrat-wirtschaft.de. Abgerufen am 16. Februar 2015.</ref>. Von März 2002 bis März 2003 hatte er den Vorsitz in der Sachverständigenkommission zur Neuordnung der Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Alterseinkommen inne und von November 2002 bis August 2003 den Vorsitz in der Kommission für die Nachhaltigkeit in der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme<ref>BMAS - Publikationen - Rürup-Bericht. In: bmas.de. 27. Juni 2011, abgerufen am 16. Februar 2015.</ref>, in den Medien auch als Rürup-Kommission bezeichnet. Ziel der Kommission war es, Konzepte für eine nachhaltige Finanzierung des Sozialversicherungssystems zu erarbeiten<ref>Rürup-Kommission - BWVA. In: bwva.de. 31. Oktober 2012, abgerufen am 16. Februar 2015.</ref>.

Rürup war unter anderem von 1993–1995 als geld- und finanzpolitischer Berater der Regierung von Kasachstan tätig<ref name="hb-2209802">Olaf Storbeck: Bert Rürup: „Pragmatiker ja, gnadenlos nein“. In: handelsblatt.com. 18. November 2002, abgerufen am 16. Februar 2015.</ref> sowie von 1995–1997 als Berater des Sozialministeriums zur Vorbereitung der Pensionsreform für die Regierung von Österreich.<ref>von Hans-Ulrich Dietz: Prof. em. Dr. Dr. h.c. Bert Rürup im Gabler Wirtschaftslexikon. In: wirtschaftslexikon.gabler.de. Abgerufen am 16. Februar 2015.</ref><ref>Wirtschaftsweiser: Rürup geht zu AWD - manager magazin. In: manager-magazin.de. 20. November 2008, abgerufen am 16. Februar 2015.</ref>

2003 erhielt Rürup für seinen Beitrag zur Reform des Pensionssystems das Große Ehrenzeichen des Landes Steiermark<ref>Brigitte Rosenberger: Großes Ehrenzeichen für Pensionsexperten - Kommunikation - Land Steiermark. In: landespressedienst.steiermark.at. 6. August 2003, abgerufen am 16. Februar 2015.</ref>.

2005 wurde Rürup von Ministerin Ulla Schmidt mit dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet<ref>Anmerkungen zu Professor Rürup: gerechteRente.net. In: gerechterente.net. 22. November 2008, abgerufen am 16. Februar 2015.</ref>.

Öffentliche Wahrnehmung

Laut einer Umfrage von Financial Times gilt Rürup neben (und vor) Hans Werner Sinn als einer der beiden deutschen Wirtschaftswissenschaftler mit nennenswertem Einfluss auf die Politik.<ref>„Was Ökonomen wirklich wollen“ (Memento vom 29. September 2007 im Internet Archive) Financial Times Deutschland, Nr. 90, 10. Mai 2006.</ref>

Weitere Aktivitäten

Rürup trat häufig als Referent und auf Podiumsdiskussionen von Versicherungs- und Finanzdienstleistern auf, z. B. für die Credit Suisse.<ref>Bert Rürup: Deutschland ist Globalisierungsgewinner (Memento vom 13. Juli 2012 im Webarchiv archive.is) In: infocus.credit-suisse.com</ref> Zwischen 2001 und 2008 wurde Rürup des Öfteren vom Bundesverfassungsgericht als Sachverständiger hinzugezogen.<ref name="sz-369093">Helmut Kerscher: Bundesverfassungsgericht – Karlsruhe prüft die Gesundheitsreform. In: sueddeutsche.de. 17. Mai 2010, abgerufen am 16. Februar 2015.</ref> Rürup war bis Frühjahr 2009 Vorstandsvorsitzender des Mannheimer Forschungsinstituts Ökonomie und demographischer Wandel<ref>Gebhard Kirchgässner ist neuer Vorsitzender des MEA-Vorstands</ref>, dessen Anschubfinanzierung vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft bereitgestellt wurde. Diese Kooperationen standen nach Ansicht des Publizisten Albrecht Müller im Konflikt mit Rürups Aufgaben als unabhängiger Berater der Regierungsinstanzen und der Öffentlichkeit.<ref>Wolfgang Lieb: Rürup als Werbeträger des Finanzdienstleisters MLP - www.NachDenkSeiten.de. In: nachdenkseiten.de. 26. Januar 2006, abgerufen am 16. Februar 2015.</ref> Transparency International kritisierte die geschäftlichen Verbindungen Rürups mit Walter Riester und dem AWD als "Beispiel für politische Korruption".<ref name="fr-online-8324674">Vorlage:Internetquelle/Wartung/Datum nicht im ISO-FormatMatthias Thieme: In: „Unwürdig und unanständig“. In: fr-online.de. 8. April 2011, abgerufen am 16. Februar 2015.</ref>

Im Jahr 2011 war Rürup Botschafter der Bundesstiftung der Kinderhospiz<ref>52 Wochen (Memento vom 10. Mai 2011 im Internet Archive) In: bundesstiftung-kinderhospiz.de</ref>. Im Spätherbst 2012 gelang ihm die erfolgreiche Schlichtung eines lange schwelenden Tarifkonflikts zwischen der Lufthansa und der Gewerkschaft der Unabhängigen Flugbegleiterorganisation (UFO)<ref name="SPON-855698">Tarifkonflikt bei der Lufthansa: Rürup soll schlichten. In: Spiegel Online. 13. September 2012, abgerufen am 16. Februar 2015.</ref><ref name="hb-7504728">dpa: Rürup-Schlichtung bei Airline erfolgreich. In: handelsblatt.com. 11. Dezember 2012, abgerufen am 16. Februar 2015.</ref><ref>Schlichterspruch von Rürup: Lufthansa-Flugbegleiter bekommen deutlich mehr Geld (Memento vom 16. November 2012 im Internet Archive)</ref>.

Rürup war Mitunterzeichner des eurokritischen Manifests Die EG-Währungsunion führt zur Zerreißprobe (1992).<ref>Die EG-Währungsunion führt zur Zerreißprobe als PDF-Datei</ref>

Veröffentlichungen

  • Bert Rürup, Dirk Heilmann: Fette Jahre – Warum Deutschland eine glänzende Zukunft hat, München 2012, ISBN 3-446-42919-0.
  • Klaus Heubeck, Bert Rürup: Finanzierung der Altersversorgung des öffentlichen Dienstes, Frankfurt/M, 2000, ISBN 3-631-36668-X.
  • Bert Rürup: Fischer-Wirtschaftslexikon. Fischer, Frankfurt a. M. 1998, ISBN 3-596-14081-1
  • Roland Klopfleisch, Bert Rürup, Henning Stumpp: Ökonomische Analyse der Buchpreisbindung, Frankfurt/M 1997, ISBN 3-765-72047-X.
  • Bert Rürup: Wirtschaftliche und gesellschaftliche Perspektiven der Bundesrepublik Deutschland, München 1989, ISBN 3-406-33608-6.
  • Heiko Körner, Bert Rürup: Finanzwissenschaft. Grundlagen der öffentlichen Finanzwirtschaft, Tübingen/Düsseldorf 2. Auflage 1985, ISBN 3-804-13052-6.
  • Bert Rürup, Karl-Heinrich Hansmeyer: Staatswirtschaftliche Planungsinstrumente, 3. Auflage, Tübingen/Düsseldorf 1984, ISBN 3-804-13051-8.
  • Klaus Höpfer, Bernd Rahmann, Bert Rürup: Gesamtwirtschaftliche Probleme und Steuerungsmöglichkeiten ausländischer Arbeitnehmer, Bonn 1973
  • Bert Rürup: Die Programmfunktion des Bundeshaushaltsplanes – die deutsche Haushaltsreform im Lichte der amerikanischen Erfahrungen mit dem Planning-Budgeting System, Berlin 1972, ISBN 978-3-428-02586-2.
  • Herausgeber der Sozialökonomischen Schriften (Lang-Verlag, Frankfurt)
  • Herausgeber der Taschenbuchreihe „Wirtschaft“ (Fischer Taschenbuch-Verlag, Frankfurt)

Siehe auch

Einzelnachweise

<references />

Weblinks