Bertelsmann Stiftung
Bertelsmann Stiftung | |
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Logo der Bertelsmann Stiftung | |
Rechtsform: | Stiftung des Privatrechts |
Zweck: | konkrete Beiträge zur Lösung aktueller gesellschaftlicher Probleme (lt. Eigendarstellung) |
Vorsitz: | Aart De Geus, Liz Mohn, Jörg Dräger, Brigitte Mohn |
Bestehen: | seit 1977 |
Stifter: | Reinhard Mohn |
Stiftungskapital: | 619 Mio. (Buchwert)<ref>Bundesverband Deutscher Stiftungen: Die größten Stiftungen privaten Rechts nach Vermögen. 31. Dezember 2012, abgerufen am 18. März 2014. </ref> |
Mitarbeiterzahl: | 349 |
Sitz: | Gütersloh |
Website: | www.bertelsmann-stiftung.de |
Die Bertelsmann Stiftung ist eine wirtschaftsliberale<ref>Isabel Kusche. Politikberatung und die Herstellung von Entscheidungssicherheit im politischen System. Springer. August 2008. S. 236. ISBN 978-3-531-91131-1</ref> deutsche Denkfabrik. Nach ihrem Stifter Reinhard Mohn soll die Stiftung „Reformprozesse“ und „Prinzipien unternehmerischen Handelns“ fördern.<ref>http://www.freitag.de/autoren/der-freitag/die-tonangeber</ref><ref>http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/SID-EE36DF65-089F935F/bst/hs.xsl/2083.htm</ref>
Inhaltsverzeichnis
Organisation
Die Stiftung wurde 1977 von Reinhard Mohn gegründet und hält mittelbar 77,6 Prozent des Aktienkapitals der Bertelsmann SE & Co. KGaA.<ref>Bertelsmann AG: Shareholders. 21. Juni 2006</ref> 2014 beschäftigte die Stiftung 349 Mitarbeiter<ref name="Mitarbeiter">Jahresbericht 2014 der Bertelsmann Stiftung</ref> und wird von einem Vorstand geleitet, welchem auch Vertreter der Bertelsmann-Eigentümerfamilie Mohn angehören:
Kontrolliert wird die Stiftung von einem Kuratorium, dessen Vorsitzender Werner J. Bauer (u. a. Generaldirektor von Nestlé S.A.) ist. Weitere Mitglieder sind:
- Wolf Bauer
- Wulf Bernotat
- Ralph Heck
- Christoph Mohn
- Liz Mohn
- Eduardo Montes
- Carolina Müller-Möhl
- Thomas Rauschenbach
- Rolf Schmidt-Holtz
- Wolfgang Schüssel
- Jürgen Stark
- Guido Westerwelle (ab 1. Januar 2015)
- Viviane Reding (ab 1. Januar 2015)
Die Bertelsmann Stiftung ist Mitglied im Bundesverband Deutscher Stiftungen sowie seit 2011 auch im Netzwerk Europäische Bewegung Deutschland.<ref>Vier rein, zwei raus – EBD setzt Wachstumskurs fort. Europäische Bewegung Deutschland, 30. Mai 2011, abgerufen am 2. Juni 2011. </ref>
frühere Vorstandsvorsitzende und Präsidiumsvorsitzende
- 1977 bis 1998 Reinhard Mohn
- 1998 bis 2000 Mark Wössner
- 2000 bis 2001 Reinhard Mohn
- 2001 bis 2002 Gunter Thielen
- 2002 bis 2005 Heribert Meffert
- 2006 bis 2008 Gemeinschaftliche Führung des Vorstands
- 2008 bis 2012 Gunter Thielen
Zwischen 2000 und 2004 gab es anstatt eines Vorstandes ein Präsidium in der Bertelsmann Stiftung.
Ziele und Aktivitäten
Die Stiftung will zur Lösung aktueller gesellschaftlicher Probleme alle Lebensbereiche nach den „Grundsätzen des Unternehmertums und der Leistungsgerechtigkeit“ und dem Leitbild „so wenig Staat wie möglich“ umgestalten. Wettbewerb und bürgerschaftliches Engagement seien eine wesentliche Basis für gesellschaftlichen Fortschritt.<ref>Bertelsmann Stiftung – Was wir wollen</ref>
Die Bertelsmann Stiftung vergibt nach ihrer Satzung keine Stipendien und unterstützt auch keine Projekte Dritter. Sie betreibt eigene Projekte, die sie für geeignet hält, die strategischen Ziele des Stifters zu fördern.
Die Stiftung sieht sich zum einen als Reformwerkstatt, die einzelne Modellversuche konzipiert und umsetzt; zum anderen möchte sie durch Verbesserung der Beratungsqualität direkt Einfluss nehmen auf politische Entscheidungsträger.<ref>„Sie eine Rendite gewährt, die selbst heute weniger sein dürfte, als man mit einer Anlage in Festgeld erwirtschaften könnte. In den Vereinigten Staaten, dem von Bertelsmann-Experten gerne gepriesenen Stiftungs-Dorado, würden solche Ergebnisse negative Konsequenzen für die steuerliche Gemeinnützigkeit haben. Und was wäre, würde man die Effizienzmaßstäbe, die von der Stiftung – etwa in der Hochschulpolitk – an andere angelegt werden, auf íhre eigene Vermögensverwaltung übertragen?“
neoliberales Länderranking
Ihr Länder-Ranking sei wissenschaftlich unbegründet und entspreche voll dem „Kanon neoliberaler Reformen“, so die Initiative Lobbycontrol. Ein „hoher Anteil der Staatsausgaben am BIP geht ebenso pauschal als negativ in die Wertung ein wie hohe Steuern und Abgaben. Positiv bewertet werden hingegen Lohnzurückhaltung, Teilzeitbeschäftigungen und eine niedrige Streikquote. Fragen der Verteilungsgerechtigkeit, der Qualität von Lebens- und Arbeitsbedingungen blieben unberücksichtigt.“ Für den negativen Einfluss einer hohen Staatsquote, wie das Ranking ihn unterstellt, fehle jeder empirische Beweis. Tatsächlich gelte in der Wirtschaftswissenschaft nicht primär die Höhe der Staatsquote als entscheidend, sondern die Frage, wofür der Staat seinen Anteil am BIP verwende<ref name="Social Times">Social Times: „Standort-Check ist neoliberal“ – Bürgerrechtler kritisieren Bertelsmann-Stiftung.</ref> Die „simple Art der ideologischen Vermittlung“, wie sie im Länderranking geschehe, sei „typisch für die radikal neoliberale Wirtschaftspolitik von Bertelsmann“, so Frank Böckelmann, einer der Autoren eines Buches über die Stiftung.<ref name="Telepolis 2004">Ohne Bertelsmann geht nichts mehr. Interview mit Frank Böckelmann auf Telepolis. (online)</ref>
Einfluss auf das Gesundheitssystem
Die Bertelsmann Stiftung erstellt Konzepte zur Umgestaltung des Gesundheitssystems, das eine Begünstigung konzerngeführter Kliniken und medizinischer Versorgungszentren zu Ungunsten freiberuflich tätiger Ärzte beinhaltet. Vorstandsmitglied Brigitte Mohn ist im Aufsichtsrat der Rhön-Klinikum AG, weswegen die diesbezügliche Neutralität der Stiftung in Frage gestellt wird.<ref>Artikel mit Kritik an der Umgestaltung des Gesundheitswesens (PDF; 52 kB)</ref>
Einfluss auf die Bildungspolitik
Josef Kraus, der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, kritisierte im Dezember 2012 die sogenannten Studien der Stiftung als unwissenschaftlich und als „Schreckensszenarien“. „Die Impulse der Stiftung bauen […] fast immer auf der Skandalisierung irgendwelcher vermeintlicher Missstände auf.“ Kraus forderte die Politik dazu auf, sich von den Einflüssen der Stiftung zu befreien und die Kritik an der Stiftung ernst zu nehmen.<ref>Josef Kraus: Über den Wert von Bertelsmann-„Studien“ , in: Deutscher Lehrerverband vom Dezember 2012, abgerufen am 12. November 2013</ref>
Literatur
- Rudolf Bauer: Die Tonangeber. In: Der Freitag. 16. Juni 2006
- BertelsmannKritik – Online-Broschüre mit Kritik an der Stiftung
- Frank Böckelmann, Hersch Fischler: Bertelsmann. Hinter der Fassade des Medienimperiums. Eichborn, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-8218-5551-7.
- Thomas Barth, Oliver Schöller: Der Lockruf der Stifter. Bertelsmann und die Privatisierung der Bildungspolitik. In: Blätter für deutsche und internationale Politik.
- Thomas Barth (Hrsg.): Bertelsmann. Ein globales Medienimperium macht Politik. Mit Beiträgen von Thomas Barth, Oliver Schöller, Hersch Fischler, Horst Bethge, Martin Bennhold u.a. Anders, Hamburg 2006, ISBN 978-3-939594-01-7.
- Thomas Barth: Durchsetzung von Controlling und Ranking auf allen Ebenen. In: Telepolis. 19. Juli 2005
- Werner Biermann, Arno Klönne: Agenda Bertelsmann: Ein Konzern stiftet Politik, Papyrossa; 2. akt. Aufl. 2008, ISBN 978-3-89438-372-5.
- Bonzen, Bildung, Bertelsmann. Die Bertelsmann-Stiftung als Denkfabrik des Neoliberalismus. In: analyse+kritik. Nr. 500, 18. November 2005.
- Ulrich Brömmling: Konzerne schmücken sich gerne mit einer Stiftung. In: Die Kunst des Stiftens. 20 Perspektiven auf Stiftungen in Deutschland. edition pro arte infantibus, Berlin 2005, ISBN 3-9805009-6-9, S. 22–25.
- Jörn Hagenloch: Die neue Weltordnung aus Gütersloh. Telepolis, 23. November 2005
- Götz Hamann: Wo geht es hier zur Zukunft? In: Die Zeit. 6. November 2007
- Regina Hannerer, Christian Steininger: Die Bertelsmann Stiftung im Institutionengefüge. Medienpolitik aus Sicht des ökonomischen Institutionalismus. Nomos, 2009, ISBN 978-3-8329-3982-3.
- Josef Kraus: Über den Wert von Bertelsmann-„Studien“. In: Deutscher Lehrerverband, Dezember 2012
- Klaus Lindner, Michael Krämer, Wiebke Priehn: Ist die Bertelsmann Stiftung „gemeinnützig“ im Sinne von §§ 52 ff. AO? – Eine Expertise unabhängiger Juristen, NRhZ-Online – Neue Rheinische Zeitung (online), Online-Flyer Nr. 183 vom 4. Februar 2009
- Reinhard Mohn: Die gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmers. Bertelsmann, München 2003, ISBN 3-570-00733-2.
- Liz Mohn: Werte. Was die Gesellschaft zusammenhält. Bertelsmann, München 2006, ISBN 3-89204-908-4.
- „Krake Bertelsmann“ – Rubrik der NachDenkSeiten
- Hartwig Pautz: Think-tanks in Germany: the Bertelsmann Foundations's Role in Labour Market Reform. In: Zeitschrift für Politikberatung. Jg. 1, Heft 3/4, 2008, S. 437–457.
- Thomas Schuler: Bertelsmannrepublik Deutschland – eine Stiftung macht Politik. Campus Verlag, ISBN 978-3-593-39097-0 Rezension im DLF und bei nachdenkseiten.de
- Oliver Schöller: „Geistige Orientierung“ der Bertelsmann-Stiftung. Beiträge einer deutschen Denkfabrik zur gesellschaftlichen Konstruktion der Wirklichkeit. In: Prokla. 122, Nr. 1, 2001, S. 123–143.
- Harald Schumann: Macht ohne Mandat. In: Tagesspiegel. 24. September 2006.
- Jens Wernicke: Schattenkabinett aus Gütersloh. In: Telepolis. 25. April 2006.
- Jens Wernicke, Torsten Bultmann (Hrsg.): Netzwerk der Macht – Bertelsmann. Der medial-politische Komplex aus Gütersloh. BdWi, Marburg 2007, ISBN 978-3-939864-02-8.
Weblinks
- Literatur zur Bertelsmann Stiftung im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Bertelsmann Stiftung
- Change. Magazin der Bertelsmann Stiftung
- Profil der Bertelsmann Stiftung im Think Tank Directory Deutschland
Einzelnachweise
<references />
Koordinaten: 51° 54′ 30″ N, 8° 25′ 9″ O{{#coordinates:51,908333333333|8,4191666666667|primary
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