Bollwerk
Als Bollwerk (veraltet auch: Bohlwerk) bezeichnet man im allgemeinen Bauwesen die aus einer Reihe eingerammter Pfähle bestehende Stützwand eines Erdkörpers. Die Pfähle werden oben durch einen Holm verbunden, hinter den Pfählen werden starke Bohlen eingeschoben. Ein solches Bohlwerk dient besonders in sumpfigen und steinarmen Gegenden als Ersatz für Futter- und Freimauern. Im Festungsbau verstand man unter Bollwerk ursprünglich einen aus in die Erde gerammten Holzbohlen<ref>das Wort wird hier – im Gegensatz zum Abschnitt Bauwesen – nicht als Schnittholz, sondern noch in seiner ursprünglichen Bedeutung verstanden, nämlich Pfosten oder Baumstamm.</ref> errichteten Schutzzaun bzw. Schutzwall.
Inhaltsverzeichnis
Der Begriff Bollwerk im allgemeinen Bauwesen
Die Bollwerkspfähle müssen so tief in den Boden eingerammt und so stark gemacht werden, dass sie von der hinterfüllten Erde weder umgedrückt noch abgebrochen werden können. Ihre gegenseitige Entfernung hängt von der Stärke der zur Verfügung stehenden Bohlen ab, von welchen die untersten den stärksten Erddruck erfahren und gleichwohl nicht durchgebogen werden dürfen.
Ist der Untergrund, in welchen die Bohlwerkspfähle gerammt werden, nicht fest genug, um dem Bollwerk die nötige Standfähigkeit zu geben, so muss es verstrebt oder verankert werden. Wenn der vor der Bohlenwand befindliche Raum nicht frei bleiben muss, so bedient man sich der Verstrebung, wobei besondere Erdpfähle vor der Bohlenwand eingerammt und durch Querzangen mit den Bollwerkspfählen verbunden werden, bevor man die sich gegen einen durchgehenden horizontalen Verbindungsriegel der Bollwerkspfähle stemmenden Streben einsetzt.
Muss dagegen der vor der Bohlenwand befindliche Raum frei bleiben, so wendet man eine Konstruktion an, bei welcher die erwähnten Erdpfähle hinter der Bohlenwand eingerammt und durch ähnliche Querzangen mit den Bollwerkspfählen verbunden werden. Die hier auf Zug beanspruchten Streben werden oben durch Schraubenbolzen und kurze Querzangen sowohl mit den erwähnten Horizontalriegeln als auch mit den Bollwerkspfählen verbunden.
Die Erdpfähle müssen in beiden Fällen möglichst fest eingerammt werden, da der Erddruck sie im ersten Fall niederzudrücken, im zweiten Fall herauszuziehen strebt. Eine zweite Verankerung von Bollwerken durch so genannte Ankerpfähle wird besonders bei Bollwerken mit aufgesetzten Bollwerkspfählen angewandt, bei welchen auf einer Reihe von starken, unter Niedrigwasser eingerammten Grundpfählen, welche einer Fäulnis nicht unterliegen, die Bollwerkswand aufgesetzt und an der Verbindungsstelle durch einen Verbindungsriegel und durch eiserne Klammern, welche unter sich wieder durch Splintbolzen verbunden sind, gegen Verschiebung gesichert wird.
Einer Drehung und einem Umsturz wird durch die mittels eines horizontalen Riegels verbundenen Ankerpfähle vorgebeugt, welche durch Querzangen mit den auch durch einen Horizontalriegel verbundenen Bollwerkspfählen fest vereinigt sind. Die Futterbohlen setzen sich bei dieser Anordnung des Bollwerks, welche bei eintretender Fäulnis und erforderlicher Reparatur desselben das Herausnehmen und Ersetzen nur des aufgesetzten Teils nötig machen, auf den unteren Horizontalriegel auf und werden oben so weit ausgeschnitten wie die Querzangen dies erfordern.
Das Bollwerk im Festungsbau
Das Wort Bollwerk leitet sich – genau wie das Wort Palisade – von den ältesten von Menschen angelegten Befestigungswerken ab, nämlich einer Reihe von in den Boden gerammten oder eingegrabenen Pfählen, Planken oder Baumstämmen<ref>Herkunftswörterbuch des Duden, s.v. Bohle, s.v. Bollwerk</ref> (Mittelhochdeutsch: bolen, Bohlen)<ref>Lexer, Mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch, 1932, s.v. bole</ref>. Bollwerk war somit ursprünglich die Bezeichnung für einen aus Bohlen (Pfählen) errichteten Schutzzaun und davon abgeleitet letztlich für die gesamte Befestigungsanlage<ref>Zastrow, Geschichte der beständigen Befestigung, 1839, 1ff</ref>. Erst in der Neuzeit (ab dem 16. Jahrhundert) wurde der Begriff in der Fachsprache des Festungsbaus zunehmend auf eine den Hauptwall flankierende Anlage eingeschränkt<ref>fast parallel übernimmt während dieser Zeit allmählich das Wort „Palisade“ die ursprünglich Bedeutung des Wortes „Bollwerk“</ref>, während im allgemeinen Sprachgebrauch eine besonders starke Festung verstanden wird.
In der Fachterminologie des neuzeitlichen Festungsbaus wird jede aus der Wallinie vorspringende Anlage als Bollwerk bezeichnet.<ref>Rüstow, Militärisches Handwörterbuch, s.v. Bastion</ref> Der Zweck einer solchen Anlage war es, den Raum unmittelbar vor dem Wall, den die Verteidiger von der Brustwehr aus nicht einsehen können, seitlich bestreichen zu können. Bollwerke sind also der flankierende Teil eines Festungswalls und besitzen in einer neuzeitlichen Festung somit die gleiche Funktion wie die Türme einer antiken oder mittelalterlichen Stadtmauer. Der Ausdruck Bollwerk war in der Fachterminologie des (deutschen) Festungsbaus nicht an eine ganz bestimmte Bauform gebunden, sondern konnte als Synonym zu Bastion, Bastei oder Rundell (Rondell) oder einem anderen flankierenden Bauwerk gebraucht werden.<ref>Bernhard von Poten: Handwörterbuch der gesamten Militärwissenschaften. 1878, s.v. Bastion; Rüstow, Militärisches Handwörterbuch, s.v. Bastion</ref>
Das Wort „Bollwerk“ in anderen Sprachen
Das Wort Bollwerk gelangte in leicht veränderter Form auch in andere Sprachen. Aus der mittelniederländische Form (bulwerke) des Wortes wurde in das Französische der boulevard übernommen.<ref>das englische bulwark (Bollwerk) dagegen entstammt wahrscheinlich ohne Umwege direkt aus dem Sächsischen (vgl. auch Webster’s New Collegiate Dictionary, s.v. bulwark)</ref> In der katalanischen Sprache entwickelte sich Bollwerk über das mittelalterliche französische boulouart zu baluard. Es findet sich zum Beispiel im Namen des Museums für moderne und zeitgenössische Kunst in Palma de Mallorca wieder: Es Baluard.
Einzelnachweise und Anmerkungen
<references />
Literatur
- Karl Heinz Clasen: Bollwerk, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. 2, 1942, Sp. 1030-1033