Boulevard du Temple


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Der Boulevard du Temple ist ein Boulevard in Paris, heute zwischen dem 3. und dem 11. Arrondissement, der sich von der Place de la République zur Place Pasdeloup erstreckt. Er war im 18. Jahrhundert der Geburtsort des Boulevardtheaters, des Ursprungs der modernen westlichen Unterhaltungskultur. Die dortigen Theater waren Vorbilder der Wiener Vorstadttheater und des Königsstädtischen Theaters Berlin.

Geschichte

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Der Boulevard du Temple, Daguerreotypie von 1838

Der Boulevard du Temple hat seinen Namen vom Temple, dem Gebiet des Templerordens, das sich bis ins 18. Jahrhundert noch außerhalb von Paris befand.

In der Zeit vor der Französischen Revolution lösten die Unterhaltungsstätten am Boulevard du Temple die Pariser Jahrmarktstheater ab, die zuvor den Hauptteil der bürgerlichen Vergnügungsaktivitäten dieser Stadt anboten. Nach dem Brand auf dem Jahrmarkt St. Germain im Jahr 1762 durften bereits einige Jahrmarktstheater auf die Gebäude am Boulevard du Temple ausweichen. Die Theaterfreiheit von 1791 ermöglichte schließlich einen regulären Spielbetrieb. Die Theater befanden sich alle auf der Nordostseite des Boulevards. Das einzige Theater auf der südwestlichen Seite ist auch als einziges bis heute erhalten geblieben (Théâtre Déjazet, No. 41).

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Das Attentat auf dem Boulevard du Temple 1835, dargestellt von Eugène Lami.

Eine Frühform des Terrorismus war 1835 das missglückte, aber in der Menschenmenge viele Todesopfer fordernde Attentat von Giuseppe Fieschi auf den König Louis-Philippe mit einer „Höllenmaschine“.

Die Umgestaltung der Pariser Boulevards durch Georges-Eugène Haussmann führte 1862 zum Abriss der meisten dortigen Theater. Ein rekonstruierter Boulevard du Temple ist Schauplatz des Films Kinder des Olymp (1945) von Marcel Carné.

Repertoire

Durch die vielen Kriminalstücke (vgl. Melodram), die seit etwa 1800 dort liefen, bekam der Boulevard du Temple den Spitznamen Boulevard du Crime („Boulevard des Verbrechens“). Der wichtigste Autor, Regisseur und Theaterleiter in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war Pixérécourt. Der Almanach des Spectacles zog 1823 ein Fazit der vergangenen 20 Jahre: „Tautin ist 16.302-mal erschlagen worden, Marty ist 11.000 Vergiftungen in verschiedenen Varianten erlegen, Fresnoy wurde 27.000-mal auf unterschiedliche Weise geopfert, Fräulein Adèle Dupuis hat 75.000-mal ihre Unschuld verloren“.

Allerdings wurden hier auch komische Pantomimen und Feerien aufgeführt, und Jean-Gaspard Deburau erfand die poetische Figur des Pierrot im Théâtre des Funambules.

Theatergründungen

Literatur

  • Volker Roloff: ‚Le boulevard du crime‘ und das Melodram im Wechsel der Medien. In: Haussmann und die Folgen. Vom Boulevard zur Boulevardisierung. Hrsg. von Walburga Hülk, Gregor Schuhen. Narr, Tübingen 2012, ISBN 978-3-8233-6661-4, S. 115–126.
  • André Degaine: Guide des promenades théâtrales à Paris. Nizet, Paris 1999, ISBN 2-7078-1278-1, S. 91–101.

Weblinks

Commons Commons: Boulevard du Temple – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
hu:Boulevard du Temple (dagerrotípia)