Briefwahl
Mit Briefwahl wird die Gesamtheit der Möglichkeiten bezeichnet, eine Wahl per Brief statt an der Wahlurne im Wahllokal durchzuführen. Dies geschieht in den meisten Ländern vor dem eigentlichen Wahltag bzw. vor den Wahltagen. Mit echter Briefwahl wird die Wahl durch Stimmabgabe per Briefpost bezeichnet. Ein ähnliches Verfahren ist die Vorauswahl, bei der vor der eigentlichen Wahl eine Stimmabgabe im Wahllokal ermöglicht wird.
Die Briefwahl soll kranken, behinderten oder anderweitig am Wahltag verhinderten Personen die Ausübung des Wahlrechts ermöglichen. In einigen Ländern steht es jedem frei, anstatt im Wahllokal per Brief zu wählen, wodurch die Wahlbeteiligung erhöht werden soll.
Im US-Bundesstaat Oregon ist seit 2004 ausschließlich die Briefwahl möglich.<ref>Oregon Secretary of State, Vote by Mail Frequently Asked Questions, Abgerufen 16. Juli 2010</ref>
Neben politischen Wahlen wird die Briefwahl beispielsweise auch bei Körperschafts-, Betriebsrats- und Vereinswahlen eingesetzt.
Inhaltsverzeichnis
Deutschland
Bundestagswahl | Anteil der Briefwahl-Nutzer an der Wählerschaft<ref>Bundeswahlleiter: Briefwahl</ref> |
---|---|
Bundestagswahl 1957 | 4,9 % |
Bundestagswahl 1965 | 7,3 % |
Bundestagswahl 1969 | 7,1 % |
Bundestagswahl 1972 | 7,2 % |
Bundestagswahl 1976 | 10,7 % |
Bundestagswahl 1980 | 13,0 % |
Bundestagswahl 1983 | 10,7 % |
Bundestagswahl 1987 | 10,9 % |
Bundestagswahl 1990 | 9,8 % |
Bundestagswahl 1994 | 13,4 % |
Bundestagswahl 1998 | 16,0 % |
Bundestagswahl 2002 | 18,0 % |
Bundestagswahl 2005 | 18,7 % |
Bundestagswahl 2009 | 21,4 % |
Bundestagswahl 2013 | 24,3 % |
Einführung der Briefwahl
In Deutschland wurde die Briefwahl zur Bundestagswahl 1957 eingeführt, um die „Allgemeinheit der Wahl“ sicherzustellen. Dies ist einer der fünf Wahlrechtsgrundsätze in der deutschen Demokratie und bedeutet, dass jeder Wahlberechtigte die Gelegenheit haben soll, möglichst einfach zu wählen. Insbesondere alten, kranken und behinderten Menschen wollte man eine Teilnahme an der Wahl erleichtern.
Briefwahl verfassungskonform
Das Bundesverfassungsgericht musste sich in den Jahren 1967 und 1981 durch Wahleinsprüche mit der Briefwahl befassen und hat diese in der damaligen Form als verfassungskonform angesehen.<ref>BVerfGE 21, 200</ref><ref>BVerfGE 59, 119</ref> Beide Entscheidungen wurden damit begründet, dass die Gefährdung des Wahlgeheimnisses und die mangelnde Kontrolle durch die Öffentlichkeit durch eine höhere Allgemeinheit der Wahl, also eine möglichst umfassende Wahlbeteiligung, aufgewogen werden.
Gesetzliche Regelung
In Deutschland ist die Briefwahl durch das Bundeswahlgesetz und die Bundeswahlordnung bzw. die Landeswahlgesetze und Landeswahlordnungen (für die Wahl der Vertretungen auf Landes- und kommunaler Ebene) geregelt. Man möchte dem Wahlberechtigten eine Ausübung seines Wahlrechts nicht erschweren. Bei der Nutzung der Briefwahl kann nicht sichergestellt werden, dass der Wähler wirklich frei und unbeeinflusst seine Stimme abgeben kann (Grundsatz der geheimen Wahl), weshalb man bis 2008 die Teilnahme an der Briefwahl begründen und die Gründe glaubhaft machen musste. Dies wird jedoch seit dem 21. März 2008 bei Bundestags- und Europawahlen nicht mehr gefordert.<ref>wahlrecht.de – Nachricht vom 31. August 2008</ref>
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa erklärte in ihrem Bericht der OSZE/ODIHR-Wahlbewertungsmission zur Bundestagswahl 2009:
„Obwohl die rechtlichen und administrativen Verfahren für die Briefwahl mit dem Ziel entwickelt worden zu sein scheinen, der Freiheit und Beteiligung der Wählerinnen und Wähler Vorrang zu geben, sollte überlegt werden, die bestehenden Sicherungsmechanismen gegen den potenziellen Missbrauch des Briefwahlsystems auf ihre Eignung zu überprüfen.“<ref>Bundesrepublik Deutschland: Wahl zum Deutschen Bundestag, 27. September 2009: Bericht der OSZE/ODIHR-Wahlbewertungsmission (Election Assessment Mission). OSZE, 14. Dezember 2009. Seite 28.</ref>
Durchführung
Die Briefwahlunterlagen werden durch Ausfüllen und Abgeben bzw. Abschicken der Wahlbenachrichtigungskarte angefordert. In vielen Kommunen ist die Beantragung von Wahlscheinen und Briefwahlunterlagen auch per Internet über die Homepage der jeweiligen Kommune möglich. Vor Wahlen aktualisierte Listen mit Online-Links helfen bei der Suche zu den entsprechenden Homepages.<ref>Link-Liste zur Beantragung von Briefwahlunterlagen zu aktuellen Wahlen (OV Bündnis 90/Die Grünen, Washington, D.C.)</ref> Die Ausstellung der Briefwahlunterlagen ist gebunden an die Ausstellung eines Wahlscheins. Die ausgestellten Wahlscheine werden im Wählerverzeichnis vermerkt. Dadurch wird verhindert, dass Wahlberechtigte sowohl per Briefwahl als auch im Wahllokal wählen, was dem Wahlrechtsgrundsatz der gleichen Wahl widersprechen würde.
Die Wahlunterlagen werden nach komplettierter Drucklegung ungefähr vier Wochen vor der Wahl an die per Wahllisten eingetragenen Wähler versandt. Sie enthalten:
- Wahlschein
- Roter Briefumschlag mit Adresse
- Briefumschlag ohne Adresse, Farbe je nach Art der Wahl
- Stimmzettel
- Anleitung
Für die Briefwahl wird der Stimmzettel ausgefüllt, in den nicht-roten Briefumschlag gesteckt und dieser zugeklebt. Anschließend füllt man den Wahlschein aus, steckt diesen mit dem zuvor genannten Briefumschlag in den roten Briefumschlag und klebt auch diesen zu. Die Anleitung wird nicht versendet.
Bei persönlichem Erscheinen des Wählers in der Briefwahlstelle kann der Stimmzettel meist vor Ort in einer dazu vorhandenen Wahlkabine ausgefüllt werden. Der rote Briefwahlumschlag wird dann in eine versiegelte Wahlurne eingeworfen, die am Wahltag zusammen mit den auf dem Postweg eingetroffenen Stimmen ausgewertet werden.
Die Briefwahlunterlagen müssen bis zur Schließung der Wahllokale bei der Kommune eingegangen sein.
Des Weiteren können Auslandsdeutsche, die in Ländern mit unzuverlässigem Postsystem leben, ihre ausgefüllten Wahlunterlagen bei der nächsten Auslandsvertretung abgeben. Diese befördert für den Wähler kostenfrei die Umschläge mit Diplomatenpost nach Deutschland<ref>www.bundeswahlleiter.de</ref>, wo diese ebenfalls per Behördlichem Schriftgutaustausch an die Wahlämter weitergeleitet werden. Der rote Umschlag kann auch in einem neutralen Umschlag verschickt werden. Das Porto ist im Ausland ohnehin vom Wähler zu tragen.
Auch nach Beantragung und Erhalt von Briefwahlunterlagen kann am Wahltag direkt im Wahllokal gewählt werden. Dazu ist zwingend der Wahlschein notwendig. <ref>Bundeswahlordnung (PDF; 392 kB), §59, abgerufen am 18. September 2013</ref>
Nennung von Gründen abgeschafft (2008)
Der Bundesgesetzgeber prüfte in den Jahren 2004 bis 2007 sowohl eine Verschärfung als auch eine Lockerung des Briefwahlrechts. Änderungen auf Grund dieser Prüfungen wollte er bis spätestens zur Wahl zum 17. Deutschen Bundestage im Jahr 2009 realisieren.<ref name="bt_drs_15_3872">BT-Drs. 15/3872 vom 29. September 2004, Abs. 33, auf Wahlrecht.de</ref> Am 11. Dezember 2007 hat die Große Koalition einen Gesetzesentwurf eingebracht, der die „Abschaffung der Antragsgründe für die Briefwahl“ (S. 1 des Entwurfes) vorsieht.<ref name="bt_drs_16_7461">BT-Drs. 16/7461 [PDF 535 KiB] vom 11. Dezember 2007</ref> Das Gesetz wurde am 17. März 2008 beschlossen (BGBl. I S. 394). Mit dem Gesetz wurde jedoch (in Artikel 1 Nr. 6) nur die Bedingung aufgehoben, an einer Wahl in seinem Wahlbezirk verhindert zu sein. Zusammen mit dem o. g. Wortlaut aus dem Gesetzesentwurf scheint klar, dass nun bei Beantragung der Briefwahl keine Hinderungsgründe für die Urnenwahl mehr angegeben werden müssen. Dem wurde nun auch durch die Änderung des § 27 Abs. 2 der Bundeswahlordnung am 11. Dezember 2008 mittels der Zweiten Verordnung zur Änderung der Bundeswahlordnung und der Europawahlordnung vom 3. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2378) Rechnung getragen, so dass diese Gesetzesänderung nun auch auf der – für die Verwaltung maßgeblichen – Verordnungsebene nachvollzogen worden ist.<ref>Allgemeine Information der Kreisverwaltung Groß-Gerau zur Bundestagswahl</ref> Der Wortlaut der Begründungspflicht, die im Absatz 2 festgelegt war, wurde restlos gestrichen und durch die Regelung eines anderen Verfahrensaspektes ersetzt.<ref>Synopse der Regelungen zur Briefwahl in der Bundeswahlordnung auf wahlrecht.de</ref> Die Freigabe der Briefwahl wurde im Juli 2013 in einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (2 BvC 7/10) als verfassungsgemäß beurteilt.<ref>Bundesverfassungsgericht: Freigabe der Briefwahl ist verfassungsgemäß, 26. Juli 2013</ref><ref name=bverfg2013>BVerfG, 2 BvC 7/10 vom 9. Juli 2013, Absatz-Nr. (1 - 17).</ref> Unter Verfassungsrechtlern ist dies aber nicht unumstritten.<ref>Rolf Göschner: Wählen gehen - öffentliche Angelegenheit des ganzen Volkes. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25. April 2013.</ref><ref>Jan Thomsen: Verfassungsrechtler kritisieren Briefwahl. In: Berliner Zeitung, 18. April 2013.</ref><ref>Susann Kreutzmann: Briefwahl: Eine Ausnahme auf dem Weg zur Regel. In: Wall Street Journal, 27. August 2013.</ref>
Auszählung geändert
Ausgezählt werden die bei einer Bundestagswahl per Briefwahl abgegebenen Stimmen am Wahltag in jedem Stimmbezirk einzeln, während bisher jeder Wahlkreis als Ganzes ausgezählt wurde. Es erfolgt somit eine viel detailliertere Auswertung. Insbesondere der Vergleich zwischen Briefwählern und Urnenwählern wird einfacher.<ref>Michael Hörmann: Interesse an der Briefwahl ist groß. In: Augsburger Allgemeine, 15. September 2009.</ref>
Nutzung
Als Briefwahl bei der Bundestagswahl 1957 erstmals möglich war, machten 4,9 % der Wähler davon Gebrauch. Bis 1990 lag der Anteil meist unter 11 %, stieg dann aber rasant an und erreichte bei der Bundestagswahl 2009 21,4 % (siehe auch obige Tabelle).
In Großstädten ist die Briefwahl besonders beliebt. 2002 gaben in den zehn größten Städten Deutschlands 25 % der Wähler ihre Stimme per Briefwahl ab. In den westlichen Bundesländern ist die Briefwahl deutlich verbreiteter als in den östlichen.<ref>Der Bundeswahlleiter: Sonderheft Erste Ergebnisse aus der Repräsentativen Wahlstatistik für die Bundesrepublik Deutschland, 2005 (PDF; 761 kB)</ref>
Die Briefwahl wird von 42 % der Wähler als vorgezogene Urnenwahl durchgeführt, d.h. sie erscheinen selbst bei der Kommune, holen sich ihre Stimmzettel ab und werfen diese selbst in die Urne. Nur 52 % der Briefwahlunterlagen wurden per Post versendet.<ref name=wahl2002>Die Bundestagswahl 2002: Analysen der Wahlergebnisse und des Wahlkampfes, Band 10 der Schriftenreihe des Arbeitskreises „Wahlen und Politische Einstellungen“ der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft, Frank Brettschneider, Jan W. van Deth, Edeltraud Roller, VS Verlag, 2004, ISBN 3810041238, ISBN 9783810041234</ref>
Frankreich
In Frankreich gab es ebenfalls eine Briefwahl, sie wurde aber in den 1970er Jahren abgeschafft, da die Postbediensteten teilweise kommunistisch organisiert waren und das im Hinblick auf Wahlmanipulation als Sicherheitsrisiko eingestuft wurde.
Österreich
Ab der mit 1. Juli 2007 wirksamen Wahlrechtsreform besteht in Österreich die allgemeine Möglichkeit zur Briefwahl, nachdem dafür der Art. 26 der österreichischen Bundesverfassung geändert wurde.
Von 1990 bis 2007 konnte laut Art. 26(6) B-VG die Stimmabgabe im Ausland bei Wahlen zum Nationalrat, der Wahl des Bundespräsidenten sowie bei Volksabstimmungen per Briefwahl erfolgen. Allerdings war es erforderlich, die korrekte Abgabe der Stimme durch einen zweiten österreichischen Staatsbürger bestätigen zu lassen.
Ab 2007 erfolgt die Briefwahl im In- und Ausland durch Anforderung einer Wahlkarte, welche dazu verwendet werden kann, persönlich, unbeobachtet und unbeeinflusst an einem beliebig gewählten Ort die Stimme abzugeben und per Post an die zuständige Wahlbehörde zu senden. Die Bestätigung der korrekten Abgabe erfolgt nunmehr durch die eigene Unterschrift auf der Wahlkarte. Die Wahlkarte muss bei bundesweiten Wahlen (Nationalratswahl, Bundespräsidentenwahl, Wahlen zum Europäischen Parlament) bis zum achten Tag (Ausnahme: beim ersten Wahlgang zur Bundespräsidentenwahl bis zum fünften Tag) nach der Wahl um 14.00 Uhr bei einer Wahlbehörde oder österreichischen Vertretung eingegangen sein. Für Landtags- und Gemeindewahlen gibt es länderweise unterschiedliche Regelungen. Bei Gemeinderatswahlen und Bürgermeisterwahlen müssen zur Wahrung des Wahlgeheimnisses (in kleinen Gemeinden könnten nur sehr wenige Briefwahlstimmen eingehen, wodurch individuelle Rückschlüsse auf die Präferenz der Personen, die per Briefwahl gewählt haben, gezogen werden können; eine Auszählung auf Bezirksebene wie bei anderen Wahlen scheidet bei Gemeindewahlen naturgemäß aus) in der Regel die Briefwahlkarten bis zum Wahlschluss eingelangt sein, um mit den anderen Stimmen ausgezählt werden zu können. Bei Landtagswahlen gibt es beide Varianten (bis einige Tage danach oder Wahlschluss).
Nach mehreren Betrugs- und Missbrauchsfällen wird seit 2010 vermehrt über eine Reform der Briefwahl in Österreich diskutiert.<ref>ORF: VfGH-Präsident will Briefwahlregelung ändern, Publiziert am 19. September 2010</ref><ref>Die Presse: Die missbrauchte Briefwahl: Unappetitlich und unerträglich, 11. November 2010</ref><ref>ORF: Gefälschte Wahlstimmen: Bedingte Haftstrafe, 25. Juni 2010</ref>
Seit dem Inkrafttreten des Wahlrechtsänderungsgesetz 2011 am 1. Oktober 2011 muss bei jedem bundesweiten Wahlereignis die Wahlkarte spätestens am Wahltag, 17.00 Uhr, bei der zuständigen Bezirkswahlbehörde eingelangt oder am Wahltag selbst bei einem geöffneten Wahllokal des Stimmbezirks des Wählers abgegeben worden sein. "Taktisches Wählen" nach Schließen der Wahllokale soll somit zukünftig verhindert werden.
Schweiz
In der Schweiz ist die Briefabstimmung und -wahl – der «Urnengang» – bei praktisch allen nationalen, kantonalen und kommunalen Abstimmungen und Wahlen inzwischen der Normalfall. Sämtliche Stimm- (Abstimmungs-) und Wahlunterlagen werden den Wählern vorgängig per Post zugestellt. Die Zahl der offenen Stimm- und Wahllokale, in denen die Stimme noch an der Urne abgegeben werden kann, wurde in den letzten Jahren deutlich reduziert, sie sind aber immer noch reichlich vorhanden. In der Schweiz schliessen die Stimm- und Wahllokale am Abstimmungssonntag mittags um zwölf. Versuche von Wahlbetrug sind selten, kommen aber vor.<ref>Lumengo ist nicht der erste Fall der Wahlfälschung, NZZ, 12. November 2010</ref><ref>Ricardo Lumengo: Der politische Senkrechtstarter steht vor dem Aus, BaZ, 12. November 2010</ref><ref>Robert Devenoges bestreitet Stimmenfang-Vorwürfe. St. Galler Tagblatt. 5. Mai 2009. Abgerufen am 13. Mai 2009.</ref>
Nicht brieflich gewählt wird in kantonalen Angelegenheiten in jenen (Klein-)Kantonen, die noch eine Landsgemeinde durchführen. Systeminhärent findet dabei eine offene Wahl statt, eine Wahlbeeinflussung durch Überwachung anderer Wähler ist also prinzipiell möglich.
Anfälligkeit für Wahlbetrug
Die Briefwahl und insbesondere die echte Briefwahl sind allgemein anfälliger für Wahlbetrug als eine Wahl im Wahllokal. Gründe dafür sind:
- Die Möglichkeit des Wählers, die Unterlagen für die Briefwahl blanko zu verkaufen oder im Beisein eines Stimmenkäufers auszufüllen.<ref>Stuttgarter Zeitung, Gefälschte Wahlzettel, 26. Februar 2010</ref><ref>Courier Journal: 10 indicted in vote-buying scheme, 10. Juni 2010</ref>
- Im Gegensatz zum Wahllokal wacht bei der Wahl in der eigenen Wohnung niemand über die Einhaltung des Wahlgeheimnisses; eine Beeinflussung durch Andere ist daher nicht ausgeschlossen.
- Diebstahl von Briefwahlunterlagen auf dem Postweg (sowohl unausgefüllt auf dem Weg zum Wähler als auch ausgefüllt bei der Rücksendung zur Wahlbehörde).<ref>Kreuz für Oma. In: Der Spiegel 51/1980 vom 15. Dezember 1980. Online auf spiegel.de.</ref>
- Die Gefahr, dass ausgefüllte Briefwahlumschläge auf dem Postweg oder bei der Aufbewahrung in der Gemeinde geändert oder zerstört werden oder nicht rechtzeitig dort eintreffen.<ref>Berliner Morgenpost: Post vergisst 800 Stimmen der Europawahl, 20. Juni 2009</ref><ref>Süddeutsche Zeitung: "Leider Gottes durch den Reißwolf gejagt", 2. September 2009</ref><ref>Kölner Stadt-Anzeiger: Wahlbriefe wurden vergessen, 21. September 2009</ref>
- Die eingegangenen Wahlscheine werden in Deutschland vor der Auszählung nicht mit dem Wählerverzeichnis abgeglichen; gut gefälschte Wahlunterlagen können daher nicht erkannt werden.<ref name="spiegel2013">IT-Experte warnt vor Betrug bei der Briefwahl. Der Spiegel 31/2013 vom 28. Juli 2013.</ref>
- Mit gefälschten Unterschriften ist es möglich, Briefwahlunterlagen an andere Adressen zu beantragen.<ref>Der Westen: Wahlfälschern auf der Spur, 18. Juni 2010</ref><ref>Stadt Köln: Wahlprüfungsausschuss bestätigt Wahlergebnis, 10. Januar 2005</ref>
Fälle von Wahlfälschung bei Briefwahlen gab es unter anderem 1996 und 2002 in Dachau, 2005 in Birmingham<ref>Judge upholds vote-rigging claims (BBC, 4. April 2005)</ref><ref>New fears over postal vote fraud (Guardian, 13. April 2005)</ref><ref>Labour to halt postal vote fraud but only after election (Times, April 11, 2005)</ref> und 2008 in Roding in Bayern.<ref>BR: Rodinger Wahlfälschung, Bewährungsstrafe für CSU-Stadtratskandidaten</ref> Dass es relativ einfach ist, für Fremde zu wählen, zeigt Die PARTEI bei der Wahl in Hamburg 2015.<ref>Briefwahl für Profis</ref>
Alternativen zur Briefwahl
Zur Vermeidung des unsicheren Postweges sind verschiedene Alternative denkbar, die zum Teil aber andere Sicherheitsprobleme haben:
- die vorzeitige Stimmabgabe (in Deutschland die sogenannte "Briefwahl vor Ort" in der Wahldienststelle)
- die Stimmabgabe in einem anderen Wahllokal
- die Stimmabgabe durch eine andere Person (Stellvertreterwahlrecht)
- "mobile Urne" (der Wahlvorstand begibt sich zum Wähler, beispielsweise in ein Krankenhaus oder Altersheim)
- Internetwahl
Literatur
- John C. Fortier: Absentee and Early Voting, The AEI Press, 2006, ISBN 978-0-8447-4247-2, Das Buch als PDF (englisch)
Weblinks
- Weitere Informationen zur Briefwahl bei wahlrecht.de
- Der Bundeswahlleiter: Briefwahl
- Österreichisches Bundesministerium für Inneres: Wahlkarten/Briefwahl
- Sammlung von Fälschungen, Wahlbetrug und Problemen bei der Briefwahl
- Remote Exploits für die Briefwahl in Deutschland. Vortrag bei der SIGINT 2013 auf Youtube.<ref name="spiegel2013" />
Einzelnachweise
<references />