Brutreaktor
Ein Brutreaktor ist ein Kernreaktor, der zur Energiegewinnung mit gleichzeitiger Erzeugung weiteren spaltbaren Materials dient. Ein nicht spaltbares Nuklid wird in ein spaltbares umgewandelt, das dann (nach Aufarbeitung und Einbringung in neue Brennelemente) anschließend als Kernbrennstoff verwendet werden kann. Diese Umwandlung (als Konversion, manchmal auch als Brüten bezeichnet, siehe Konversionsrate) findet zwar in jedem Kernreaktor statt, aber von einem „Brutreaktor“ oder „Brüter“ spricht man erst dann, wenn er mehr Brennstoff herstellt, als er in der gleichen Zeit selbst verbraucht.
Der erste Brutreaktor war der Experimental Breeder Reactor I. Er war 1951 der erste Kernreaktor der Welt, der elektrischen Strom erzeugte. Heute sind die einzigen Brutreaktoren im kommerziellen Betrieb der BN-600 und der BN-800 in Russland (Stand 2015). Einige Forschungs-Brutreaktoren sind in Betrieb, Bau oder Planung, vor allem innerhalb des Forschungsverbunds Generation IV International Forum.
Zweck der Brutreaktor-Entwicklung ist die weitaus bessere Ausnutzung der Kernbrennstoffe. Aus natürlichem Uran könnte mit Brutreaktoren rund 60 mal mehr Energie gewonnen werden als mit Leichtwasserreaktoren<ref>Fast Neutron Reactors. Webseite der World Nuclear Association. Abgerufen am 17. Juli 2015. (Englisch)</ref>. Die Brutreaktorentwicklung wurde in den 1960er bis 1980er Jahren in vielen Industrieländern staatlich gefördert, beispielsweise im bundesdeutschen Projekt Schneller Brüter<ref>W. Marth: Zur Geschichte des Projekts Schneller Brüter. Kernforschungszentrum Karlsruhe, Bericht KfK-3111 (1981)</ref> von 1962 bis 1989.
Inhaltsverzeichnis
Typen von Brutreaktoren
Man unterscheidet zwei Typen von Brutreaktoren und bezeichnet sie nach dem Energiespektrum der genutzten Neutronen:
- Schnelle Brüter
- Arbeiten mit Uran-238 (oder seltener Thorium-232) als Brutstoff und mit schnellen Neutronen, wie sie bei Kernspaltungen freigesetzt werden. Als Kernbrennstoff dient Uran-Plutonium-Mischoxid (MOX). Die Brutzone (siehe unten) enthält Natururan- oder abgereichertes Uranoxid, das überwiegend aus 238U besteht. Der schnelle Brüter ermöglicht es somit, die Vorkommen von Natururan über 50-mal effizienter auszunutzen, benötigt hierzu für viele Reaktorarten allerdings den Aufbau einer Plutoniumwirtschaft.
- Thermische Brüter
- Arbeiten mit Thorium als Brutstoff und mit überwiegend thermischen Neutronen. Nach einer Erstbefüllung mit angereichertem Uranoxid, Plutoniumoxid oder MOX wird aus 232Th durch Neutronenanlagerung und Betazerfall spaltbares 233U. Diese Technologie ist wegen der großen Thoriumvorkommen interessant, da diese etwa fünfmal größer sind als die Uranvorkommen.
Zu erwähnen sind Konzepte für sog. „Fortschrittliche Druckwasserreaktoren“ (Advanced Pressurized Water Reactors)<ref>Broeders, Cornelis H.: Entwicklungsarbeiten für die neutronenphysikalische Auslegung von fortschrittlichen Druckwasserreaktoren (FDWR) mit kompakten Dreiecksgittern in hexagonalen Brennelementen. Kernforschungszentrum Karlsruhe, Bericht KfK-5072 (1992)</ref><ref>Petersen, Claus: Literaturübersicht mechanischer und physikalischer Eigenschaften von Hüllrohrwerkstoffen für fortgeschrittene Druckwasserreaktoren (FDWR) bei hoher Temperatur. Kernforschungszentrum Karlsruhe, Bericht KfK-3469 (1983)</ref> oder Siedewasserreaktoren „mit reduzierter Moderation“<ref>Yamashita, J., Kawamura, F. and Mochida, T. (2004). Next-generation Nuclear Reactor Systems for Future Energy. (PDF; 174 kB) Hitachi Review 53, 131–135.</ref>. Sie würden mit konventionellen Brennstoffen und Kühlmitteln arbeiten, aber durch ihre Konstruktion hohe Konversionsraten von 0,7 bis 1,0 erreichen (daher gelegentlich auch als Hochkonverter bezeichnet), wären also „beinahe“ Brutreaktoren.
Schneller Brüter
Aufbau des Reaktors
Der Reaktorkern besteht aus vielen senkrecht stehenden, mit z. B. Uran-Plutonium-Mischoxid gefüllten Edelstahlröhren (Brennstäben). Die Stäbe sind zu Brennelementen gebündelt und füllen insgesamt einen etwa zylindrischen Bereich von z. B. 3 m Höhe und 5 m Durchmesser aus. Die Steuerung der Kettenreaktion (siehe auch Kritikalität) erfolgt durch Regelstäbe aus Bor-Stahl oder einem anderen Neutronen absorbierenden Material.
Der Reaktorkern ist aufgeteilt in eine innere Spalt- und eine äußere Brutzone. Das Kühlmittel – das bei diesen Reaktoren nicht, wie im Leichtwasserreaktor, als Moderator wirken darf – ist ein flüssiges Metall wie Natrium oder Kalium. Bis etwa 1970 wurden auch Konzepte für gasgekühlte Brutreaktoren untersucht, kamen aber nicht zum Einsatz.
Brennstoff-Brutprozess
Das natürliche Uran besteht zu 99,3 % aus dem nicht spaltbaren Isotop 238U und nur zu 0,7 % aus dem spaltbaren Isotop 235U. Für den Betrieb der meisten Kernspaltungsreaktoren (z.B. Leichtwasserreaktor) muss es vor Herstellung der Brennelemente technisch aufwändig auf etwa 3 bis 4 % 235U angereichert werden.
Im Betrieb jedes Uranreaktors wird ein Teil des vorhandenen 238U durch Neutroneneinfang in 239U umgewandelt. Dieses geht von selbst durch zwei aufeinander folgende β−-Zerfälle in das spaltbare 239Pu über, das teilweise parallel zum 235U noch im Reaktor wieder gespalten<ref>Der Fachausdruck der Kerntechnik lautet 'gespalten', nicht 'gespaltet'</ref> wird, teilweise aber auch später nach Wiederaufarbeitung des gebrauchten Brennstoffes zu neuen Mischoxid-Brennelementen verarbeitet werden kann.
- <math>\mathrm{^{238}_{\ 92}U \ + \ ^{1}_{0}n \ \longrightarrow\ ^{239}_{\ 92}U \ \xrightarrow {\beta^-} \ ^{239}_{\ 93}Np \ \xrightarrow {\beta^-} \ ^{239}_{\ 94}Pu}</math>
Das „Brüten“ im eigentlichen Sinne, also ein Überschuss des so erzeugten über den zugleich verbrauchten Brennstoff, gelingt aber nur in einem Reaktor, der ohne Moderator arbeitet, einem schnellen Brüter, denn nur bei der Spaltung durch ein schnelles Neutron ist die durchschnittliche Zahl neu freigesetzter Neutronen pro Spaltung dafür hoch genug (siehe Kernspaltungsprozess im Brutreaktor). Der Überschuss drückt sich darin aus, dass das Brutverhältnis (manchmal auch Brutrate oder Konversionsrate genannt), die Zahl neu erzeugter Brennstoffatome pro verbrauchtem Brennstoffatom, über 1,0 liegt.
Der schnelle Brüter heißt also nicht so, weil er „schnell brütet“, sondern weil er zur Kernspaltung schnelle statt thermischer (abgebremster) Neutronen verwendet.
Bessere Ausnutzung der Kernbrennstoffvorräte
Für das 238U gibt es nur wenige andere Nutzanwendungen neben dessen Einsatz im Brutreaktor (u. a. Uranmunition). Durch eine Verbundwirtschaft aus Brutreaktoren, Wiederaufarbeitung und Leichtwasserreaktoren könnte der Uranvorrat der Erde etwa 60-mal so viel Energie liefern, als wenn nur das 235U gespalten würde. In der Theorie ergäbe die restlose Ausnutzung des 238U sogar einen über 100-mal höheren Nutzfaktor, der jedoch technisch derzeit nicht realisierbar ist.
Die Nutzung des Metalls Thorium 232Th, das als Brutstoff von 1983 bis 1989 bereits im Reaktor THTR-300 verwendet wurde und den Brennstoff 233U ergibt, würde die Ressourcen-Lage der Kernkraft nochmals bedeutend verbessern, da die natürlichen Thorium-Vorkommen die des Urans um ein Vielfaches übersteigen.
Spaltzone
Schnelle Neutronen lösen neue Kernspaltungen mit wesentlich geringerer Wahrscheinlichkeit (siehe Wirkungsquerschnitt) aus als thermische Neutronen. Deshalb muss im Vergleich zu moderierten Reaktortypen die Spaltstoffkonzentration in der Spaltzone erhöht werden. Der Spaltstoff ist Mischoxid aus 15 bis 20 % Plutoniumoxid und 80 bis 85 % Uranoxid; die Konzentration der spaltbaren Isotope ist damit etwa zehnmal höher als bei den Leichtwasserreaktoren.<ref>Erich Übelacker: WAS IST WAS Band 3, Atom Energie. Tessloff Verlag, Nürnberg 1995, ISBN 3-7886-0243-0, S. 29</ref> Als Kühlmittel – das im schnellen Reaktor keine Moderatorwirkung haben darf, also eine genügend hohe Massenzahl haben muss – verwenden die bisherigen Brutreaktoren flüssiges Natrium; untersucht wurden auch Konzepte mit Gaskühlung. Die ersten Versuchs-Brutreaktoren in den USA <ref>Bunker, Merle E. "Early Reactors From Fermi’s Water Boiler to Novel Power Prototypes" Los Alamos Science Report (1983) http://library.lanl.gov/cgi-bin/getfile?00416628.pdf</ref> und in der damaligen Sowjetunion verwendeten noch Quecksilber als Kühlmittel, was u. a. wegen Korrosion jedoch zu Problemen führte.
Brutmantel
Der Brutmantel (engl. breeding blanket) ist um die Spaltzone herum angeordnet und umgibt diese vollständig. Die oberen und unteren Teile eines Brennstabes der Spaltzone sind nicht wie der mittlere Teil mit Brennstoff-Mischoxid, sondern mit abgereichertem Uranoxid als Brutstoff gefüllt; die radial weiter außen liegenden Stäbe enthalten dieses über ihre gesamte Länge. Abgereichertes Uran ist der beim Uran-Anreicherungsprozess zwangsläufig anfallende Reststoff.
Kernspaltungsprozess im Brutreaktor
Das „Brüten“ erfordert, dass die Spaltung eines Atomkerns durchschnittlich mehr als zwei Neutronen freisetzt, denn ein Neutron wird zum Auslösen der nächsten Spaltung benötigt (Kritikalität der Kettenreaktion) und ein weiteres Neutron muss einen neuen spaltbaren Kern erzeugen, um den gespaltenen Kern zu ersetzen, also ein Brutverhältnis von 1,0 zu erreichen. Hinzu kommen aber unvermeidliche Neutronenverluste durch Leckage nach außen und durch Absorptionsvorgänge, die weder zu Spaltung noch zu Pu-Produktion führen, nämlich Absorption im Strukturmaterial, in Spaltprodukten, im Kühlmittel und in den Steuerstäben.
Mit einigen Vereinfachungen lassen sich die Verhältnisse gut durch den Generationenfaktor <math>\eta</math> (eta) beschreiben, die Zahl neu freigesetzter Neutronen pro im Spaltstoff absorbiertem Neutron. Diese Zahl ist etwas kleiner als die der pro Spaltung freigesetzten Neutronen, weil auch im Spaltstoff nicht jede Absorption zur Spaltung führt. Bei Spaltung durch thermische Neutronen liegt <math>\eta</math> für die leicht spaltbaren Nuklide 233U, 235U und 239Pu nur knapp über 2,0. Bei Spaltung durch schnelle Neutronen der Energie 1 MeV dagegen setzt 239Pu etwa 2,8 Neutronen frei.<ref>A. M. Judd: Fast Breeder Reactors. Pergamon Press, 1981, ISBN 0-08-023220-5, S. 3</ref> Dadurch kann auch bei Verlusten von rund 0,5 Neutronen pro im Brennstoff absorbiertem Neutron noch deutlich mehr als 1 neuer spaltbarer Kern pro gespaltenem Kern erzeugt werden.
Energiegewinnung
Die bei der Spaltung eines Kerns entstehenden meist zwei Bruchstücke („Spaltfragmente“) tragen den Energiegewinn der Reaktion, insgesamt rund 200 MeV, als kinetische Energie. Sie werden im umgebenden Brennstoffmaterial abgebremst und erhitzen dieses. Der primäre Natriumkühlkreis nimmt die Wärme auf und gibt sie über einen Wärmetauscher an einen Sekundärnatriumkühlkreis weiter. Dieser Sekundärkreislauf produziert in einem Dampferzeuger Frischdampf, der – wie in einem konventionellen, kohle- oder ölbefeuerten Kraftwerk – die Turbine antreibt. Die Turbine wandelt die Strömungsenergie des Dampfes in Rotationsenergie, die ein Generator in elektrische Energie umsetzt. Der aus der Turbine austretende Abdampf wird in einem Kondensator wieder verflüssigt und dem Dampfkreislauf zugeleitet. Der Kondensator wird dabei durch einen Außenkühlkreislauf gekühlt, der zum Beispiel die Wärme an ein Fließwasser abgibt.
Kühlkreisläufe
Die Brutreaktortechnik basiert in einigen Bereichen auf den Grundlagen der Leichtwasserreaktortechnik, weist jedoch einige wesentliche Unterschiede auf. Der Wärmeträger Natrium zeichnet sich durch hohe Wärmeleitfähigkeit und einen großen nutzbaren Temperaturbereich aus. Es schmilzt bei 98 °C und siedet bei 883 °C. Wegen dieses hohen Siedepunkts ist im Natriumkreislauf ein Druck von nur etwa 10 Bar nötig, was einen gewissen Sicherheitsvorteil darstellt.<ref>Florian Grenz Seminar über Energie und Gesellschaft - Thema: Kernenergie. (PDF) S. 8</ref><ref>Informationskreis KernEnergie Kernenergie Basiswissen (Memento vom 17. Juni 2012 im Internet Archive). (PDF) S. 48</ref><ref>Friedhelm Noack Einführung in die elektrische Energietechnik - Schneller Brüter. Hanser Verlag, 2003, ISBN 3-446-21527-1, S. 110</ref>.
Im Unterschied zum Leichtwasserreaktor wird zwischen den Natriumkreislauf, der die Brennelemente kühlt (Primärkreislauf), und den Wasser-Dampf-Kreislauf noch ein zweiter Natriumkreislauf (Sekundärkreislauf) eingeschaltet. Das verringert zwar den Wirkungsgrad, ist aber aus Sicherheitsgründen notwendig, damit selbst im Fall einer Dampferzeuger-Leckage nur nichtradioaktives Natrium mit Wasser reagiert. Ein oder mehrere Zwischenwärmetauscher übertragen die Wärme vom Primär- auf das Sekundärkühlmittel. In den deutschen Brutreaktor-Konstruktionen wurde das so genannte Loop-System verwendet, bei dem alle Pumpen und Wärmetauscher räumlich vom Reaktor getrennt sind und der Reaktortank oberhalb des Natriums mit Stickstoff gefüllt ist. Beim Pool-System, welches in anderen Ländern häufiger verwendet wird, befindet sich der Primärkreislauf einschließlich Primärpumpen und Zwischenwärmetauschern im Reaktortank selbst, wobei hier Argon als Schutzgas im Tank verwendet wird. In jedem Fall muss bei abgeschaltetem Reaktor das Natrium in den Kühlkreisläufen durch Fremdheizung flüssig gehalten werden.
Gefahren und Gegenmaßnahmen
Im Vergleich etwa zu Leichtwasserreaktoren erfordert der Betrieb eines Brutreaktors zusätzliche Sicherheitseinrichtungen. Physikalische Gründe hierfür sind vor allem der nicht „automatisch“ negative Dampfblasenkoeffizient, außerdem auch der gegenüber Uran geringere Anteil verzögerter Neutronen aus der Spaltung.
Natrium-Dampfbildung oder -verlust macht den Reaktor nicht automatisch unterkritisch. Die Unterkritikalität muss stattdessen in einem solchen Fall mit technischen Mitteln genügend schnell und zuverlässig hergestellt werden. Dazu haben Brutreaktoren außer den normalen Steuerstäben weitere, unabhängige Sätze von Sicherheits- oder Abschaltstäben, die im Bedarfsfall in den Reaktorkern hineinfallen oder hinein „geschossen“ werden können (Scram). Ausgelöst wird eine solche Abschaltung durch empfindliche Systeme zur Feststellung von Übertemperaturen und von Siedevorgängen.
Der beim Uran-Plutonium-Mischoxidbrennstoff kleinere verzögerte Neutronenanteil bedeutet einen kleineren Abstand zwischen den Betriebspunkten „Verzögert kritisch“ und „Prompt kritisch“ (siehe Kritikalität). Dem wird durch entsprechend empfindliche, genaue Messung des Neutronenflusses und schnelle Reaktion des Steuerstabsystems Rechnung getragen.
Die große Menge an Plutonium, das verglichen mit Uran wesentlich gesundheitsgefährlicher ist, ist eine weitere Sicherheitsherausforderung.
Ein Risiko der Brütertechnik liegt auch im großtechnischen Umgang mit dem Kühlmittel Natrium, das im Kontakt mit Luft oder Wasser Brände auslösen kann. Vorteile der Natriumkühlung liegen andererseits im geringeren nötigen Druck – ca. 10 Bar, im Vergleich zu über 100 Bar in Leichtwasserreaktoren – und in der chemischen Reaktivität von Natrium, die bei Unfällen Stoffe wie etwa radioaktives Iod in nicht flüchtiger Form binden würde.
Verwendung
Derzeit werden weltweit mit dem BN-600 (600MW) und seit 2014 mit dem BN-800 im Kernkraftwerk Belojarsk zwei stromerzeugende Brutreaktoren in Russland betrieben (Stand 2015). In der Volksrepublik China und in Indien sind Anlagen im Bau. In Japan wurde Stand 2007 ein neuer kommerzieller Brutreaktor entwickelt. Der reguläre Betrieb dieses Typs wäre für 2050 vorgesehen gewesen.<ref>Japan lässt neuen Brutreaktor entwickeln.</ref> Allerdings ist die Kernenergie in Japan seit der Nuklearkatastrophe von Fukushima in einer Phase der Neuorientierung, derzeit liegen dort sämtliche Kernkraftwerke still.
Der erste deutsche natriumgekühlte Versuchsreaktor KNK-I (Kompakte Natriumgekühlte Kernreaktoranlage Karlsruhe) wurde in den Jahren 1971 bis 1974 im Kernforschungszentrum Karlsruhe gebaut. Die Anlage wurde 1977 zu einem schnellen Brüter mit der Bezeichnung KNK-II umgerüstet und war bis 1991 in Betrieb.
Der Kernreaktor Phénix in Frankreich war in kommerziellen Betrieb zwischen 1973 und 2010 mit einer elektrischen Leistung von 250MW.
Am Niederrhein bei Kalkar wurde ab 1973 ein industrielles Brutreaktor-Prototypkraftwerk mit der Bezeichnung SNR-300 gebaut. Nach zahlreichen Protesten und dem Reaktorunfall bei Tschernobyl 1986 kam es nie zur Inbetriebnahme oder gar Stromerzeugung, die für 1987 vorgesehen war.<ref>W. Marth: Der Schnelle Brüter SNR 300 im Auf und Ab seiner Geschichte. Kernforschungszentrum Karlsruhe, Bericht KfK-4666 (1992)</ref>
Einige Brutreaktor-Demonstrationsanlagen, z. B. das Kernkraftwerk Creys-Malville (Superphénix) in Frankreich und das Kernkraftwerk Monju in Japan, wurden wegen Störfällen (weitestgehend durch natriumbedingte Korrosionsprobleme, Undichtigkeiten infolge der hohen Kühlmitteltemperaturen u. a. hervorgerufen) sowie Widerstand in der Bevölkerung endgültig stillgelegt. Das ist allerdings, wie auch das Aufgeben des deutsch-belgisch-niederländischen Brutreaktorprojektes Kalkar, mit darauf zurückzuführen, dass bei der bisherigen Uran-Versorgungslage noch kein wirtschaftlicher Druck besteht, diese kostspieligere Variante der Kernenergiegewinnung einzuführen.
In Indien soll 2015 der PFBR in Betrieb genommen werden, mit einer Leistung von 500MW, welcher Thorium statt abgereichertes Uran im Brutmantel enthält. Indien hat die größten Thoriumvorräte weltweit und ist Vorreiter bei dieser Technologie.
Beispiele für Brutreaktoren
Betrieb | Land | Ort | Name | elektr. Leistung in MW |
Bemerkung | |
---|---|---|---|---|---|---|
von | bis | |||||
1946 | 1952 | USA | New Mexico | Clementine | 0,025 | Erster Brutreaktor, diente 6 Jahre als Neutronenquelle für die Forschung |
1951 | 1964 | USA | Idaho | EBR-I | 0,2 | Zweiter Brutreaktor, lieferte die erste nuklear erzeugte, elektrische Energie (auch Chicago Pile 4), partielle Kernschmelze 1955 (INES: 4) |
1961 | 1964 | USA | New Mexico | LAMPRE | Schmelze aus Plutonium und Eisen als Spalt- und Brutstoff mit Natrium als Kühlmittel | |
1961 | 1994 | USA | Idaho | EBR-II | 20 | |
1962 | 1977 | Großbritannien | Dounreay | DFR | 14 | |
1963 | 1972 | USA | Detroit | FERMI 1 | 61 | Untersuchung der Wirtschaftlichkeit, partielle Kernschmelze 1966 (INES: 4), Stilllegung wegen Problemen 1972 |
1967 | 1983 | Frankreich | Cadarache | Rapsodie | 40 | Testreaktor |
1973 | 1999 | Kasachstan | Aqtau | BN-350 | 150 | Erster Brutreaktor der russischen BN-Baureihe |
1974 | 2010 | Frankreich | Marcoule (Gard) | Phénix | 250 | Am 1. Februar 2010 offiziell abgeschaltet<ref>IAEA Reaktorverzeichnis (Memento vom 9. Mai 2003 im Internet Archive)</ref> |
1974 | 1994 | Großbritannien | Dounreay | PFR | 250 | |
1977 | 1991 | Deutschland | Karlsruhe | KNK I+II | 20 | Testreaktor |
1978 | Japan | Jōyō | 100 | Forschungsreaktor | ||
1980 | 1992 | USA | Washington | FFTF | 400 | Experimenteller Reaktor, 1992 in Hot-Standby abgeschaltet und seit 2002 im Abbau befindlich |
1980 | heute | Russland | Belojarsk 3 | BN-600 | 600 | Seit Abschaltung von Creys-Malville 1996 und bis zur Inbetriebnahme von Belojarsk 4 im Jahr 2014 weltgrößter Brüter; kein Containment |
1985 | heute | Indien | Kalpakkam | FBTR | 13 | Testreaktor, thermische Leistung 40 MW |
1986 | 1996 | Frankreich | Creys-Malville | Superphénix | 1180 | 1996 nach Zwischenfällen vom Netz genommen (INES: 2), nach Regierungsentscheidung 1998 auch aus Kostengründen endgültig abgeschaltet, seit 2006 im Abbau. |
1994 | Japan | Fukui | Monju | 280 | Nach einem schweren Störfall im Jahr 1995 wurde der Testbetrieb am 6. Mai 2010 wieder aufgenommen, infolge weiterer Zwischenfälle jedoch inzwischen beendet. | |
- | - | Deutschland | Kalkar | SNR-300 | 327 | Bauarbeiten 1991 eingestellt, wurde nie in Betrieb genommen |
2010 | heute | Volksrepublik China | CIAE nahe Beijing | CEFR | 20 | „China Experimental Fast Reactor“, Testreaktor, seit 21. Juli 2010 in Betrieb<ref>Nuclear Engineering International: Criticality for China’s first fast reactor (23. Juli 2010)</ref> |
2014 | Indien | Kalpakkam | PFBR | 500 | Prototyp / Demonstrationsreaktor, Inbetriebnahme geplant für Sommer 2015, Umwandlung von Thorium in U-233<ref>The Hindu:Nuclear Plant near Chennai All Set for Milestone</ref> | |
2014 | heute | Russland | Belojarsk 4 | BN-800 | 800 | Produktivreaktor, kritisch seit Juni 2014, noch keine Stromproduktion<ref name="RT_BN-800">Fast reactor starts clean nuclear energy era in Russia (27. Juni 2014) (englisch)</ref> |
[2018] | Volksrepublik China | CIAE nahe Beijing | CDFR | „China Demonstration Fast Reactor“, geplant für 2018<ref>Nuclear Energy Insider: China Experimental Fast Reactor Ready to Connect (Memento vom 9. Januar 2011 im Internet Archive) (30. April 2010)</ref> |
Thermische Brüter
Literatur
- A. M. Judd: Fast Breeder Reactors. Pergamon Press, 1981, ISBN 0-08-023220-5
- Günther Kessler: Nuclear Fission Reactors: Potental Role and Risks of Converters and Breeders. Springer, 1983, ISBN 978-3-7091-7624-5
Siehe auch
Weblinks
- Power Reactor Information System der International Atomic Energy Agency (weltweit)
- http://www.vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/schneller-brueter-brutreaktor-plutonium.html
- Eric Tschöp: Uranabbau und Uranexport - ein "Kreislauf" mit Nebenwirkungen (PDF; 950 kB),eingefügt 16. März 2012
Einzelnachweise
<references />