Corps Rhaetia-Innsbruck zu Augsburg
Das Corps Rhaetia Innsbruck zu Augsburg ist ein Corps (Studentenverbindung) im Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV). Das Corps ist pflichtschlagend und farbentragend. Am 30. Dezember 1859 gestiftet, ist es die älteste heute noch bestehende Studentenverbindung, die an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck gegründet wurde. Seit der Rekonstitution im Wintersemester 2002 ist das Corps in Augsburg beheimatet.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Gründerjahre
1859 gründeten Studenten der Innsbrucker Universität das Corps Rhaetia, das 1862 mit dem Corps Athesia Innsbruck einen Senioren-Convent (Hochschule) bildete. Später kam das Corps Gothia Innsbruck hinzu. Die ersten Schlägermensuren wurden von Rhaetiern in München und Göttingen als Waffenbeleger bei den dortigen Corps gefochten. Die erste Austragung einer Mensur auf Innsbrucker Boden erfolgte im Jahre 1862 als Contrahage eines Rhaetierfuchsen mit einem Angehörigen des Corps Frankonia Prag, der sich auf Durchreise mit Schlägern im Koffer befand und auf Ramscherei aus war. 1863 übernahm Rhaetia die Tradition des suspendierten Innsbrucker Corps Chinesia. 1865 feierten die drei Innsbrucker Corps den ersten gemeinsamen Kommers, auf dem der Tiroler Dichter Adolf Pichler die Festrede hielt.
Beitritt zum KSCV
Im Gegensatz zu den anderen Corps Gothia und Athesia, blieb Rhaetia dem Kösener SCV um die Jahrhundertwende vorerst fern. Das suspendierte Corps Chinesia wurde mit dem neuen Namen Chattia im Jahre 1914 von Rhaetia als Traditionscorps übernommen, dessen Band seither an verdiente Rhaetier verliehen werden kann. 1919 wurde das Corps in den Kösener Senioren-Convents-Verband aufgenommen, wofür sich besonders Alfred Wieser und Gustav Gotthilf Winkel eingesetzt haben. In der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg kämpften mehrere Corpsmitglieder im Freikorps Oberland in Oberschlesien, unter ihnen Ernst Rüdiger Starhemberg. Dem exilierten Corps Austria aus Prag konnte 1919 für ein Semester Gastrecht gewährt werden, bevor es nach Frankfurt a. M. übersiedelte. Rhaetia war ähnlich wie die anderen Innsbrucker Corps von vielen "reichsdeutschen" Mitgliedern geprägt, vor allem durch Doppelmitgliedschaften mit Corps des blauen Kreises. Im Gegensatz zu den beiden anderen Innsbrucker Corps wurde Rhaetia nach dem Anschluss Österreichs nicht in eine SC-Kameradschaft überführt, sondern als Ganzes aufgelöst.
Nachkriegszeit
1951 konnte mithilfe von Kölner Friesen und Isaren rekonstituiert werden. Die ersten beiden Jahrzehnte liefen gut bis in die siebziger Jahre. Ende der 1980er Jahre musste aus Aktivenmangel wieder suspendiert werden. Als bisher einziges österreichisches Corps verlegte Rhaetia den aktiven Betrieb nach Deutschland und rekonstituierte 2002 an der Universität Augsburg.
Mitglieder
In alphabetischer Reihenfolge
- Jürgen Brickmann (* 1939), Physiker
- Karl Deutsch (1859–1923), Tiroler Mundartdichter
- Ludwig Draxler (1896−1972), Politiker, österr. Finanzminister 1935/36
- August von Druffel (1841–1891), Historiker, Stifter des Corps
- Viktor von Ebner-Rofenstein (1842−1925), Histologe
- Arthur von Enzenberg (1841–1925), Verwaltungsjurist und Numismatiker
- Jakob Fellin (1869−1951), Direktor der Universitätsbibliothek Graz
- Emil Guntermann (1839–1908), österreichischer Advokat, Mitglied des Böhmischen Landtags
- Hermann Hämmerle (1897–1981), Richter und Hochschullehrer
- Johann Max Hinterwaldner (1844–1912), Pädagoge
- Ludwig Hörmann von Hörbach (1837–1924), Schriftsteller und Bibliothekar
- Guido Jakoncig (1895−1972), Politiker, österr. Handelsminister 1932/33
- Matthias Konrath (1843–1925), Anglist und Hochschullehrer
- Franz Josef Lang (1894–1975), Pathologe
- Johann Georg Obrist (1843−1901), Philologe, Dichter
- Leopold Pfaundler von Hadermur (1839−1920), Physiker
- Norbert Pfretzschner (1850–1927), Schriftsteller und Bildhauer
- Friedrich Siebenrock (1853−1925), Zoologe
- Ernst Rüdiger Starhemberg (1899–1956), Heimwehrführer, österreichischer Vizekanzler 1934–1936, Corpsschleifenträger 1919, später ausgeschieden
- Paul Steinlechner (1841−1920), Jurist, Hochschullehrer, Rektor der Universität Innsbruck
- Hans Stiff (* 1927), Journalist und Zeitungsverleger
- Friedrich Stolz (1850−1915), Indogermanist
- Otto Stolz (1842−1905), Mathematiker
- Josef Tschan (1844−1908), Abgeordneter im Böhmischen Landtag und im Österreichischen Reichsrat
- Joachim Wildauer († 1915), Abt des Klosters Fiecht
- Gustav Gotthilf Winkel (1857–1937), Jurist, Geheimer Regierungsrat
Träger der Klinggräff-Medaille
Mit der Klinggräff-Medaille des Stiftervereins Alter Corpsstudenten wurde ausgezeichnet:
- Philipp Ulrich Pflaum (2007)
Literatur
- Leopold von Pfaundler: Rhaetierchronik, undatiert.
- Burkhart Sachs: Das Corps Rhaetia Innsbruck 1859–1959. Innsbruck 1989.
- Alemannia Studens, Bd 11. Regensburg, 2003, S. 91–111.