Die (Halbleitertechnik)
Ein Die ([daɪ], englisch für „Würfel“, „Plättchen“, engl. Plural: dies oder dice [daɪs]) ist in der Halbleiter- und Mikrosystemtechnik die Bezeichnung eines einzelnen ungehäusten Stücks eines Halbleiter-Wafers. Ein solches Die wird üblicherweise gewonnen durch Sägen oder Brechen des fertig bearbeiteten Wafers in rechteckige Teile (dicing). In der Regel befindet sich auf einem Die ein Bauteil, z. B. ein Transistor, Leuchtdiode, oder eine komplexe Baugruppe, z. B. integrierter Schaltkreis, ein Mikrosystem. Um möglichst lange von der Parallelfertigung auf dem Wafer zu profitieren, findet das Zerteilen im normalen Produktionsprozess zuletzt statt, direkt vor dem Einbau in ein Gehäuse bzw. dem Aufbringen auf einen Schaltungsträger (vgl. Direktmontage). Solche Dies werden dann „Chip“ bzw. „Nacktchip“ genannt.<ref>Yvonne Attiyate, Raymond Shah: Wörterbuch der Mikroelektronik und Mikrorechnertechnik mit Erläuterungen / Dictionary of Microelectronics and Microcomputer Technology with Definitions. Springer, 2013, ISBN 978-3-662-13444-3, S. 42 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).</ref> Auch wenn ein Wafer (geplantermaßen) vor der Fertigstellung des Bauteils bzw. der Baugruppe zerteilt wird (sogar noch unstrukturiert ist), werden die Teilstücke als Dies bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Etymologie
Die Bezeichnung „die“ rührt vom Küchenenglisch her: „slice and dice“ bedeutet – etwa eine Gurke – „erst in Scheiben schneiden und dann würfeln“. Dementsprechend beginnt man bei der Herstellung von integrierten Schaltkreisen mit einem – gurkenähnlichen – Siliziumbarren, dieser wird dann „in Scheiben geschnitten“ – daraus entstehen die „wafer“ = „Waffeln“ – und dann „zerhackt“ – daraus entstehen dann die „dice“ = „Würfel“. Da die Wafer sehr dünn sind, sehen die „dice“ allerdings nicht würfelförmig aus, sondern entsprechen in ihrer Form sehr flachen Quadern.
„Bare Chip“
Mit „bare chip“ oder „bare die“ (deutsch „Nacktchip“) werden integrierte elektronische Bauelemente bezeichnet, die nicht herkömmlich in einem Plastik- oder Keramikgehäuse verbaut, sondern ohne Gehäuse weiterverarbeitet werden. Sie werden direkt auf einer Leiterplatte oder einem keramischen Substrat aufgebracht und mittels Drahtbonden elektrisch mit umliegenden Bauelementen verbunden.
Anwendung
Im Zuge der fortschreitenden Integration werden immer mehr Baugruppen, die zuvor als einzelne Chips nebeneinander auf einer Platine angebracht wurden, auf einem gemeinsamen Chip vereint. Mittlerweile werden auf einem Die mit etwa einem Quadratzentimeter Fläche mehrere hundert Millionen Transistoren für CPUs, GPUs oder RAM untergebracht.
Produkt | Die-Maße | Die-Fläche | Technologieknoten | Kommentar/Bauteil |
---|---|---|---|---|
Intel 4004<ref>Guy De la Bédoyère: The First Computers. Evans Brothers, 2005, ISBN 0-237-52741-3, S. 36 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).</ref> | 3 mm × 4 mm | 12 mm² | 10-µm-PMOS | Hauptprozessor, erster Mikroprozessor |
Intel Itanium 2 (Tukwila)<ref>Lambert Schaelicke, Eric DeLano: Intel Itanium Quad-Core Architecture for the Enterprise. 2010, S. 5, abgerufen am 12. Juli 2015 (PDF, Präsentationsfolien, Eighth Workshop on Explicitly Parallel Instruction Computing Architectures and Compiler Technology (EPIC-8)). </ref> | 21,5 mm × 32,5 mm | 698,75 mm² | 65-nm-Bulk-CMOS | Mehrkern-Hauptprozessor |
STMicroelectronics 1-GBit-NOR-Flash<ref>Furure of Flash NOR. In: maltiel-consulting.com. Abgerufen am 12. Juli 2015. </ref> | 6,6 mm × 7,7 mm | 50,82 mm² | 65 nm | Flash-Speicher |
AMD Phenom II X6 | 346 mm² | 45 nm | Mehrkern-Hauptprozessor | |
Nvidia Fermi GF110<ref name="GK104" /> | 520 mm² | 40 nm | Grafikprozessor | |
AMD Cayman (RV970)<ref name="GK104" /> | 389 mm² | 40 nm | Grafikprozessor | |
Intel Core i7-980X | 248 mm² | 32 nm | Mehrkern-Hauptprozessor | |
AMD FX | 315 mm² | 32 nm | Mehrkern-Hauptprozessor | |
Nvidia Kepler GK110 B | 533 mm² | 28 nm | Grafikprozessor | |
AMD Tahiti (R1000)<ref name="GK104">nVidia GK104: 3,54 Milliarden Transistoren auf nur 294mm2 Chip-Fläche. 3DCenter.org, 13. März 2012, abgerufen am 21. Juni 2014. </ref> | 365 mm² | 28 nm | Grafikprozessor | |
Samsung Exynos 7420<ref>Inside the Samsung Galaxy S6 – Chipworks. In: chipworks.com. 2. April 2015, abgerufen am 12. Juli 2015 (english). </ref> | ≈78 mm² | 14-nm-FinFET-CMOS | ARM-System-on-a-Chip |
Digitale und analoge Signalschaltungen können zunehmend mit leistungselektronischen Elementen auf einem Chip untergebracht werden (z. B. BiCMOS-Technologie).
Eine Kombination von zwei sich ergänzenden Baugruppen, wie etwa CPU und Cache auf einem Chip lässt sich mit dem Begriff „on-Die“ umschreiben: Die CPU hat den Cache „on-Die“, also direkt auf dem gleichen Chip, was höhere Taktraten und Busbreiten erlaubt und damit den Datenaustausch deutlich beschleunigt.
Verarbeitung
Mit der Weiterverarbeitung der Dies – Gehäusung und Integration in die schaltungstechnische Umgebung – beschäftigt sich die Aufbau- und Verbindungstechnik (AVT, engl. packaging).
Als Known Good Die (KGD) bezeichnet man ein entsprechend den Vorgaben getestetes und als gut befundenes Halbleiterplättchen, welches je nach Produkt ein einzelnes Bauelement, zum Beispiel einen Transistor, oder auch eine komplexe Schaltung wie einen Mikroprozessor enthalten kann. Gute bzw. defekte Dies können hierzu noch im Wafer-Verbund durch elektrische Nadeltester ermittelt werden. Defekte Bauteile wurden früher durch einen Farbpunkt gekennzeichnet (geinkt) und werden vom nachfolgenden Prozess des Kontaktierens und Einhausens (Zyklus II, engl. Packaging) ausgeschlossen.
Das Verhältnis von brauchbaren zur Gesamtzahl aller auf einem Wafer vorhandenen Dice wird als Ausbeute (engl. yield) bezeichnet und ist eine wichtige Kennzahl zur Beurteilung des Fertigungsprozesses und der Wirtschaftlichkeit einer Produktionslinie.
Siehe auch
Literatur
- Graham Neil: Time is right for bare die. In: European Semiconductor. 27, Nr. 11, 2005, S. 11–12.
Einzelnachweise
<references />