Dietmar Scholz


aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Wechseln zu: Navigation, Suche

Dietmar Scholz (* 15. Oktober 1933 in Kunitz, Kreis Liegnitz/Schlesien) ist ein deutscher Schriftsteller und Maler. Er ist Mitglied im Internationalen P.E.N-Club, im Verband deutscher Schriftsteller, im Wangener Kreis sowie in der Künstlergilde Esslingen.

Leben

1945 verlor er seine ursprüngliche Heimat durch Vertreibung. Er lebte danach zunächst in Bad Urach und hat seinen Wohnsitz seit 1964 in Reutlingen. Dort war er lange Jahre als Pädagoge in der beruflichen Ausbildung tätig.

Seit 1988 ist er im Ruhestand und widmet sich, nachdem er bei Professor Denk eine Mal- und Zeichenausbildung erhalten hat, auch der bildenden Kunst. Scholz lebt im Reutlinger Stadtteil Altenburg.<ref name="Burckhardt">Otto Paul Burkhardt: Lyrik-Preis 2013 geht an Dietmar Scholz. In: „Swp.de“. Reutlinger Nachrichten, 11. April 2014, abgerufen am 2. Juli 2014: „Der Edith-Heine-Lyrik-Preis des Kulturwerks Schlesien geht an den Reutlinger Autor und Maler Dietmar Scholz. Verleihung ist am 20. Juni in Würzburg. […] Der Autor und Maler Scholz, 1933 im schlesischen Kunitz (heute Kunice) geboren, kam nach der Flucht 1945 im Jahr 1951 nach Baden-Württemberg, 1964 nach Reutlingen. Er lebt im Stadtteil Altenburg und schreibt Lyrik, Jugendbücher, Essays und Erzählungen.“</ref>

Werk

Literarisches Schaffen

Sein literarisches Werk umfasst Lyrik, Kinder- und Jugendbücher, Prosatexte und Essays sowie ein Hörspiel.

Lyrik

Die beiden schmalen Gedichtbände „zwischen den steinen“ und „nahtstellen“ erschienen kurz hintereinander in den Jahren 1974 und 1975. Gegenstand und Inhalt der dort vereinten Lyrik sind – neben anderen existenziellen Themen – der Heimatverlust, die Verarbeitung des daraus entstandenen Schmerzes und der Versuch seiner Bewältigung. Ulrich Gonschorrek stellt dazu fest: „Heimat ist das zentrale Thema des Lyrikers. Erzwungener Heimatverlust kann zur Heimatlosigkeit werden.“ Er fragt: „Wie wird Scholz damit fertig?“ In den Gedichten „mit dem großen strom“ und „ablegen“ gewinnt Scholz eine mögliche Form der Bewältigung. „Mit diesem Umkreisen des Geschehens und der individuellen Folgen bietet der Autor Menschen des gleichen Schicksals sinnstiftende Verarbeitungsmöglichkeiten. Es wird darin keine ‚Vergangenheits-Entsorgung‘ betrieben; das Verlorene bleibt wertvoll, aber der Schmerz darüber wird produktiv, indem er verstehbarer wird – wodurch sich seine destruktive Wirkung verliert. […] Sein Ich befindet sich immer noch ‚an einer Nahtstelle zwischen dem Heute und dem Gestern‘ (Pawel Zimniak).“

Epik

Das erzählerische Werk besteht aus zwei Kurzgeschichtensammlungen, einem Lehrer-Roman und drei längeren eigenständigen Erzählungen. „Scholz schreibt in seiner Prosa eine genaue Sprache, vermittelt mit genauen Strichen Bilder von Geschehnissen, zeichnet Menschen und Situationen knapp und eindringlich. […] Bei allem Realismus dringt er in tiefere Schichten vor, oft nur andeutend, in Weglassungen, in scheinbar unvollendeten Sätzen, Berichten. […] Es sind Geschichten seiner Generation, derer, die noch Krieg und Vertreibung, neue Ansätze und neue Nöte erlebt haben. Aber ebenso Geschichten allgemein menschlicher Art, von Liebe, Aufeinanderzugehen, Auseinandergehen, von Verlassenheit, von Aneinandervorbeileben, mit Wunden und Narben. Aber auch Erinnerungen an unbeschwertes und noch ahnungsloses Glück der Jugend.“ (Ernst Schremmer, im Vorwort zu „Ein Tag im Oktober“)

Bildende Kunst

Seit mehr als 20 Jahren widmet sich Dietmar Scholz auch intensiv der Malkunst. Ebenso wie im literarischen Bereich entstand ein an Techniken, Motiven und Formen vielfältiges Werk. „Es gibt Dinge, die kann ich nur malen, andere nur schreiben. (…) Manches kann ich im Malen besser sagen, manches in Worten … Warum sollte das Unterschiedliche in uns uns nicht auch außen, etwa im Werk, begegnen? Wer in sich den Gegensatz und die Vielfalt nicht zulässt, bei dem wird man beidem auch im Werk nicht begegnen können. (…) Die Dialektik hat dem Denken mit dem Satz, dass den Dingen Widersprüche eigen sind, wichtige Impulse gegeben“, sagt Scholz über sich.

„Musischer Dreiklang“

Bei Scholz' Vernissagen wird „Kunst durch Kunst erlebbar“. In seinem „Musischen Dreiklang“ etwa bringt er Text, Bild und Musik zusammen: die Stimme des Autors, der seine Texte vorträgt, im Sichtfeld des Hörers Bilder und die vom Musik-Interpreten zu Texten und Bildern ausgewählten Musikstücke. Drei gleichzeitige Darbietungen mit der Absicht, ein vielsinniges tiefes Kunsterlebnis zu ermöglichen.

Der Berufs-Pädagoge

Dietmar Scholz war bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand als Lehrbeamter bei der Deutschen Bundespost in der beruflichen Bildung tätig. Durch seine breitgefächerten Interessen vermittelte er den ihm anvertrauten Jugendlichen wertvolle und hilfreiche Hinweise für ihre Berufs- und Lebensführung. Ganz im Sinne eines seiner Protagonisten, den er in seiner Erzählung „Poldi“ gegen Ende sagen lässt: „Nichts ist so wichtig wie die Zukunft eines jungen Menschen. Ich verstehe mich in diesen Zeiten als ein Lotse durch die schwierigen Fahrwasser des Lebens.“ (S. 219)

Brückenschlag von Ost nach West

Der Aufmerksamkeit und dem wissenschaftlichen Interesse polnischer Literaturwissenschaftler der Universitäten Breslau (Wrocław) und Grünberg (Zielona Góra) – insbesondere Pawel Zimniak und Edward Bialek – ist es zu verdanken, dass die Literatur deutschsprachiger Autoren, die ursprünglich aus Schlesien stammen, in Polen heute rezipiert und interpretiert werden. Bemerkenswert dabei ist, dass die verdienstvolle Initiative vom Osten ausgegangen ist – unter der spezifischen, wenn auch einseitigen Fragestellung des Heimatverlusts. Gleichwohl wurde damit ein Verhalten an den Tag gelegt, das – mit zeitlicher Verzögerung von 40–50 Jahren – im Westen der vorangegangenen Aussöhnung mit dem „Erzfeind“ Frankreich entspricht, aber wohlgemerkt: von wissenschaftlicher, nicht von politischer Seite herkommend! Dietmar Scholz selbst ist nicht der Anstoßgeber, aber durch den versöhnlichen Duktus seiner Lyrik ohne Schuldzuweisungen hat er für diese ersten Schritte den Boden bereitet: Seine Lyrik gab ein Signal, das polnische Wissenschaftler aufgegriffen haben.

Auszeichnungen

Jahr Auszeichnung
1974 1. Preis für ein Bildgedicht
1976 2. Preis für ein Bildgedicht
1978 Förderpreis zum Andreas-Gryphius-Preis
1980 2. Preis für ein Bildgedicht
1985 Eichendorff-Literaturpreis
1987 Stipendium zum Kulturpreis Schlesien des Landes Niedersachsen
1993 PRO ARTE-Medaille der Künstlergilde Esslingen
1994 3. Preis der Gesellschaft der Lyrikfreunde Salzburg
2014 Edith-Heine-Lyrikpreis 2013 der Stiftung Kulturwerk Schlesien<ref name="Burckhardt" />

Werkverzeichnis

Lyrik

  • zwischen den steinen (1974)
  • nahtstellen (1975)
  • in den mittag der dinge (1978)
  • wendepunkte (1980)
  • innenwege (1985)
  • zeitvermerke (1990)
  • Kinder des Windes (1992)
  • Botschaften im Oktober. Texte und Bilder.
  • Zwischenrufe (1998)
  • Unsichere Nähe. Du-Gedichte (1998)
  • Gitarren im Herbst (2001)
  • Unter weitem Himmel. Liebeserklärung ans Burgenland in Text und Bild.
  • Blätter im Herbst (2008)
  • Wilder Wein (2008)
  • Stationen (2012)

Epik

  • Kollegenlob und andere Erzählungen (1987)
  • Ein Tag im Oktober. Erzählungen. Bilder von Heribert Losert (1991)
  • Poldi. Erzählung (2004)
  • Schritt aus dem Tag. Erzählung (2011)
  • Tage am See. Erzählung (2012)
  • Zwischenbilanz. Erzählung (2012)
  • Hörspiel Der Rest

Heiteres / Humor

  • Natürlich können Osterhasen fliegen (1993)
  • EinStein im Kasten (2005)
  • Das Auto und Wir (2007)
  • TOOOR!!! (2008)
  • Gereimte Radelrutsch

Essay

  • Mit dem Wort in die Sprache (1983)
  • Gratwanderung. Wort und Bild im Wechselspiel.
  • Texte in Verbindung mit Kunst

Zu Bildern

  • Geschwisterliche Wege
  • Ansichten, Einsichten und Vorurteile in der Kunst
  • Durch die Zeit (Bildermappe)

Kinderbücher

  • Geschichten aus der Spielzeugkiste (1984)
  • Der Kleine Mann im Mond (2006)
  • Der Froschhahn. Geschichten vor dem Einschlafen (2012)

Jugendbücher

  • Ein Mädchen gewinnt … ein Preisausschreiben, ein Zuhause, einen Freund (1978)
  • Kai und die Jungen am See (1981)
  • Pavel und die Clique (1982)

Aphorismen

  • … ein kleines Augenzwinkern (2003)
  • Kurz und bündig (2012)
  • In Kürze (2013)

Übersetzungen ins Polnische

  • Twoj obraz (Dein Bild) (29 Gedichte aus Wilder Wein) (2011)
  • Wilder Wein / Dzikie wino (zweisprachig) (2012)
  • Stationen / Stacje (zweisprachig) (2013)
  • Vertonungen einzelner Gedichttexte durch: Veit Erdmann – Wolfram Fürstenau – Georg Lawall – Fei Wang – Erich Robert Sorge – Widmar Hader – Dietmar Gräf.

Literatur

Festgaben / Würdigungen

  • Lebert-Hinze, Vera: Lyrik in medialer Eindringlichkeit. Eichendorff-Preisträger 1985 Dietmar
  • Scholz; in: Der Literat 27 (1985), S. 257.
  • „Schreiben, das heißt einen Traum aufbieten“. Dietmar Scholz im Kreis seiner Freunde zum 60. Geburtstag (1993)
  • „… solange Freunde deine Sprache noch verstehn …“ Dietmar Scholz im Kreis seiner Freunde zum 70. Geburtstag (2003)
  • Gonschorrek, Ulrich: „Zum Sehen geboren, zum Schauen bestellt …“ Dem Lyriker und Maler Dietmar Scholz zum 70. Geburtstag am 15. Oktober 2003 (2003)
  • Gnädinger, Albert: „einer mit hoffnung / und sehnsucht / und liebe“. Schlaglichter auf Dietmar Scholz. Laudatio zur Feier seines 75. Geburtstages (2008)

Aufsätze / wissenschaftliche Arbeiten

  • Hoffbauer, Jochen: Hüte das Bild – Liegnitz und seine Dichter.
  • Moderacka, Karolina: Deutschland – das harte Paradies bei Dietmar Scholz. Zielona Góra 2002. (Prager Magisterarbeit über das Hörspiel „Der Rest“.)
  • Zimniak, Pawel: Niederschlesien als Erinnerungs- und Imaginationsraum in der Lyrik von Dietmar Scholz (Dietmar Scholz zum 70. Geburtstag); in: Eine Provinz in der Literatur. Schlesien zwischen Wirklichkeit und Imagination. Hg. von Edward Bialek, Robert Buczek und Pawel Zimniak. Wrocław-Zielona Góra 2003 , S. 355-370.
  • Zimniak, Pawel: (1) Dietmar Scholz und niederschlesische Erinnerungsorte als Nicht-Orte; (2) Abschied von der Heimat bei Dietmar Scholz; in: Pawel Zimniak: Niederschlesien als Erinnerungsraum nach 1945. Literarische Fallstudien. Habilitationsschrift Justus-Liebig- Universität Gießen. Wrocław-Dresden 2007, S. 193-214 und 335-347.
  • Unverricht, Hubert: Deutschsprachige Dichter und Schriftsteller aus dem Stadt- und Landkreis Liegnitz nach 1945; in: Literarisches Liegnitz. Hg. von Edward Bialek und HubertUnverrricht. Dresden-Wrocław 2008, S. 203-216.
  • Zimniak, Pawel: Kindheitsorte als 'Nicht-Orte' – Zur Universalisierung von Heimat in Texten von Dietmar Scholz; in: Literarisches Liegnitz (s.o.), S. 233-265.
  • Gonschorrek, Ulrich: Der Dichter-Maler Dietmar Scholz; in: Edward Bialek und Pawel Zimniak (Hg.): Silesia in litteris servata. Paradigmen der Erinnerung in Texten schlesischer Autoren nach 1945. Bd. 2. Dresden 2010, S. 123-169.

Weblinks

Einzelnachweise

<references />