Drehrichtung


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Die Begriffe Drehsinn bzw. Drehrichtung, auch Umlaufsinn oder Umlaufrichtung genannt, geben an, in welcher Richtung sich, von einem bestimmten Standpunkt aus betrachtet, Punkte auf einem Kreis bewegen, wobei man zwischen den beiden Alternativen

  • im Uhrzeigersinn, rechtsdrehend bzw. im geodätisch positiven Umlauf- oder Drehsinn (im mathematisch negativen Sinn)

sowie

  • gegen den Uhrzeigersinn, linksdrehend bzw. im mathematisch positiven Umlauf- oder Drehsinn (im geodätisch negativen Sinn)

unterscheidet.

Definitionen

Datei:Uhrzeigersinn.png
„rechtsdrehend“ oder „im Uhrzeigersinn“
Datei:Gegenuhrzeigersinn.png
„linksdrehend“ oder „gegen den Uhrzeigersinn“

Rechtsdrehend

Es sei eine Kreisfläche gegeben, die sich um ihren Mittelpunkt dreht und in Richtung der Drehachse betrachtet wird. Beschreiben nun Punkte des linken oberen Quadranten der Fläche bei der Drehung eine erst nach oben, dann nach rechts verlaufende Linie, so ist die Drehrichtung „rechts“, „im Uhrzeigersinn“, oder auch „im mathematisch negativen Drehsinn“.

Linksdrehend

Es sei eine Kreisfläche gegeben, die sich um ihren Mittelpunkt dreht und in Richtung der Drehachse betrachtet wird. Beschreiben nun Punkte des linken oberen Quadranten der Fläche bei der Drehung eine erst nach oben, dann nach links verlaufende Linie, so ist die Drehrichtung „links“, „im Gegenuhrzeigersinn“, oder auch „im mathematisch positiven Drehsinn“.

Mathematische Definitionen bezüglich Koordinatensystemen

Die obigen Angaben „im mathematisch positiven Drehsinn“ beziehungsweise „im mathematisch negativen Drehsinn“ setzen das üblicherweise verwendete sogenannte rechtshändige Koordinatensystem (rechts in der Abbildung) voraus.

In der Mathematik gibt es zusätzlich das sogenannte linkshändige Koordinatensystem (links in der Abbildung) mit umgekehrten Drehrichtungen. Hier ist „im mathematisch positiven Drehsinn“ mit „im Uhrzeigersinn“ identisch.

Im zweidimensionalen xy-System gilt somit, egal ob es rechtshändig oder linkshändig ist: Die positive Drehrichtung ist diejenige, durch welche die positive x-Achse auf kürzestem Wege auf die positive y-Achse überführt wird.

Im dreidimensionalen xyz-System gilt analog, egal ob rechtshändig oder linkshändig: In beiden Fällen gilt die Festlegung, dass die positive Drehrichtung (um die z-Achse) diejenige ist, durch welche die positive x-Achse auf kürzestem Wege auf die positive y-Achse überführt wird. Bei Drehung um die x-Achse ist positive Drehrichtung jene, die wiederum auf kürzestem Weg die positive y-Achse auf die positiven z-Achse überführt. Bei Drehung um die y-Achse ist „positiv“, was auf kürzestem Weg positive z-Achse auf positive x-Achse überführt.

Merkhilfe

für den Zusammenhang zwischen rechts-/linksdrehend und rechts-/linkshändigem Koordinatensystem:

Schaut man von unten, das heißt in Richtung der positiven z-Achse, auf die xy-Ebene, so dreht sich diese
  • bei einem rechtshändigen Koordinatensystem nach rechts, also im Uhrzeigersinn,
  • bei einem linkshändigen Koordinatensystem nach links, also gegen den Uhrzeigersinn.

Drehrichtung und Axialvektor

Bei der Darstellung von Drehungen und Drehgrößen wie Winkeln, Winkelgeschwindigkeiten, -beschleunigungen, Drehmomenten, -impulsen usw. mit Hilfe von Axialvektoren korrespondiert deren Orientierung – anschaulich: Richtung ihrer Pfeilspitze – mit der Drehrichtung: Man findet sie je nach gewähltem Koordinatensystem mit Hilfe der Linke- oder Rechte-Faust-Regel.

Beispiele für die Anwendung der Drehrichtung

Uhrzeiger

Weil die Zeiger auf den meisten Uhren rechtsdrehend sind, wird, wenn Rechtsdrehungen gemeint sind, meist einfach nur vom Uhrzeigersinn (UZS) gesprochen. Linksdrehende Uhren dagegen sind sehr selten. In Münster (Westfalen) gibt es noch eine linksdrehende astronomische Uhr, die aus dem 16. Jahrhundert stammt, als sich die Rechtsdrehung der astronomischen und (vermutlich davon abhängig) auch aller übrigen Uhren noch nicht durchgesetzt hatte.<ref>Siegfried Wetzel: Astrolabium, Uhr und Uhrzeigersinn; Chronométrophilia, No 53, 2002 Siehe auch: Astrolabium, Uhr.</ref> Vermutete Ursache dafür, dass sich rechtsdrehende Uhrzeiger schließlich durchsetzten, ist die Tatsache, dass sich der Stab-Schatten horizontaler Sonnenuhren auf der Nordhalbkugel der Erde, wo sich praktisch die gesamte Entwicklung der Zeitmessgeräte vollzog, ebenfalls stets in diese Richtung dreht. In der Wortbildung „Uhrzeigersinn“ hat Sinn die ursprüngliche Bedeutung von „Richtung“ behalten.

Geodäsie und Navigation

Datei:RPY angles of cars.png
Drehwinkel von Autos und anderen Landfahrzeugen
Datei:RPY angles of ships.png
Drehwinkel von Schiffen und anderen Wasserfahrzeugen

In der Geodäsie ist positiver Drehsinn gleichbedeutend mit einer Drehung im Uhrzeigersinn (vgl. Kartesisches Koordinatensystem (Geodäsie)), wobei Drehwinkel in der Regel von der Nord-Richtung aus gemessen werden.

In der Navigation dagegen gelten je nach Fahrzeugtyp und verwendetem, dabei dennoch stets rechtshändigem Bezugssystem sowohl Drehungen im Uhrzeigersinn wie gegen den Uhrzeigersinn als positiv: Bei Landfahrzeugen, die das ENU-System (East-North-Up) als Bezugssystem verwenden, ist eine positive Drehung eine entgegen dem Uhrzeigersinn,<ref>NavCommand. Software zur Konfiguration und Bedienung von iMAR - Inertialmeßsystemen. Handhabung und Benutzerhinweise. St.Ingbert 2005, S.11–12.</ref> bei Raum-, Luft- und Wasserfahrzeugen einschließlich U-Booten dagegen, die aus Gründen der Kompatibilität zur traditionellen Kompassrichtung weiter das NED-System (North-East-Down) als Bezug benutzen, eine positive Drehung eine im Uhrzeigersinn.

Wie dieser scheinbare Widerspruch zu erklären ist, zeigen die nebenstehenden Abbildungen: ENU- und NED-System gleichen sich darin, dass die xy-Ebene beider parallel zur Erdoberfläche verläuft, die senkrecht darauf stehende z-Achse aber im Fall der Landfahrzeuge vom Erdmittelpunkt weg zeigt, bei Raum-, Luft- und Wasserfahrzeugen dagegen zum Erdmittelpunkt hin (siehe auch Roll-Nick-Gier-Winkel: Details).

Meteorologie

In der Meteorologie (und damit auch in der Navigation bei Luft- und Wasserfahrzeugen) bezeichnet man einen rechtsdrehenden Wind auch als rechtdrehend, einen linksdrehenden Wind als rückdrehend.<ref>z. B.:  Axel Bark: Sportküstenschifferschein + Sportbootführerschein See. 7. Auflage. Delius Klasing Verlag, 2006, ISBN 978-3-7688-1136-1, S. 191.</ref>

Schraubengewinde

Eine Schraube ist mit rechtsdrehendem beziehungsweise Rechtsgewinde versehen, wenn sie sich beim Drehen im Uhrzeigersinn vom Betrachter weg in die Mutter hineinbewegt. Zum Ausdrehen wird sie links gedreht. Schrauben mit Linksgewinde werden nur für besondere Zwecke, z. B. in Spannschlössern, an Gasflaschen für brennbare Gase oder für Teile von Fahrradachsen verwendet.

Motorwellen

Der Großteil aller Verbrennungsmotoren hat rechtsdrehende Kurbelwellen (Pkw und Lkw; per Definition von vorne (Lüfterrad) nach hinten (Schwungrad) schauend). In zweimotorigen Booten/Schiffen wird jeweils ein rechtsdrehender und ein linksdrehender Motor eingebaut (um Effekte als Kreisel und Querkräfte an den Propellern auszugleichen). Als Drehrichtung von Antriebsmaschinen (z. B. Elektromotoren) wird diejenige angegeben, die beim Blick auf die Stirnseite der Abtriebsseite erkennbar ist (nicht anwendbar bei beidseitigem Abtrieb). Demnach dreht sich eine Bohrmaschine gegen den Uhrzeigersinn. Die Motordrehrichtung wird häufig mit Hilfe eines Pfeils gekennzeichnet (zum Beispiel an Schleifmaschinen) oder mit den internationalen Abkürzungen CCW (Counterclockwise) und CW (Clockwise).

Drehung der Polarisationsebene des Lichts

Hauptartikel: Drehwert

Als rechts- oder linksdrehend bezeichnet man eine optisch aktive Substanz, das heißt einen Stoff, der die Polarisationsebene von polarisiertem Licht in ebendiese Richtung dreht. Bezugsrichtung ist dabei die Blickrichtung entgegen der Bewegungsrichtung des Lichts. Direkte Anwendung ist z. B. die zirkular-polarisierende Schicht auf einem 3D-Fernseher. Ein bekanntes Beispiel aus der Lebensmittelchemie sind die einander enantiomeren (spiegelbildlichen) Verbindungen L-(+)-Milchsäure und D-(–)-Milchsäure in rechts- oder linksdrehenden Joghurtkulturen.

Galaxien

In der Astronomie werden Spiralgalaxien unter anderem auch durch ihre Drehrichtung charakterisiert. Den Drehsinn erkennt man an der Form und Anordnung ihrer Spiralarme. Man unterscheidet linksdrehende S-förmige Galaxien von rechtsdrehenden Z-förmigen Galaxien. Erste Beobachtungen deuteten darauf hin, dass die linksdrehenden Galaxien zahlenmäßig überwiegen würden. Genauere statistische Untersuchungen im Rahmen des Galaxy-Zoo-Projekts konnten diese Hypothese jedoch nicht bestätigen.<ref name="galaxyzoo"> Kate Land et al.: Galaxy Zoo: The large-scale spin statistics of spiralgalaxies in the Sloan Digital Sky Survey. 22. Dezember 2008, arXiv:0803.3247v4.</ref>

Laufwege

Datei:Kaaba2.JPG
Die Kaaba wird gegen den Uhrzeigersinn umrundet.

Da die Mehrzahl der Europäer Rechtshänder sind, werden Laufwege (Supermarkt, Kurzstreckenlauf im Sportstadion) meist gegen den Uhrzeigersinn angelegt. Rechtshänder machen tendenziell größere Schritte mit dem rechten Bein, und bevorzugen daher Linkskurven.

Umrunden von Heiligtümern

Katholische Geistliche bis zum Papst umrunden den Altar zu Beginn des Gottesdienstes gegen den Uhrzeigersinn, ebenso Moslems die Kaaba und Bönpos ihre Heiligtümer, Buddhisten und Hindus dagegen im Uhrzeigersinn.

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Drehrichtung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

<references/>pl:Lewoskrętność