Enzyklopädie


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Datei:Danimarca XIII secolo, plinio historia naturalis.JPG
Plinius’ Naturalis historia in einer reich illustrierten Ausgabe des 13. Jahrhunderts
Datei:Larousse secXIX.jpg
Nouveau Larousse illustré, 1897–1904
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Populäre Großenzyklopädie Bertelsmann Lexikothek in 26 Bänden, in der Auflage von 1983

Eine Enzyklopädie (früher auch aus dem Französischen Encyclopedie; griechisch ἐγκύκλιος παιδεία Kreis der Bildung) ist ein besonders umfangreiches Nachschlagewerk. Der Begriff Enzyklopädie soll auf Ausführlichkeit oder eine große Themenbreite hinweisen, wie beispielsweise bei einem Menschen, dem enzyklopädisches Wissen nachgesagt wird. Es wird eine Zusammenfassung des gesamten Wissens dargestellt. Die Enzyklopädie ist demzufolge eine überblickende Anordnung des Wissens, die Zusammenhänge darstellt. Daneben findet sich die Bezeichnung „Enzyklopädie“ auch bei vielen Werken, die nur ein begrenztes Fachgebiet oder auch nur Sachgebiet behandeln, den Fachenzyklopädien.

Als älteste vollständig erhaltene Enzyklopädie gilt die Naturalis historia aus dem ersten nachchristlichen Jahrhundert. Die Grenzen waren fließend; Enzyklopädien standen zwischen Lehrbüchern einerseits und Wörterbüchern andererseits. Vor allem die große französische Encyclopédie (1751–1780) hat die Bezeichnung „Enzyklopädie“ für ein Sachwörterbuch durchgesetzt. Aufgrund der alphabetischen Anordnung werden Enzyklopädien oft als Lexika bezeichnet, in der Geschichte der Enzyklopädien finden sich aber auch andere Bezeichnungen, zum Beispiel Sachwörterbuch.

Die heutige Form des Nachschlagewerkes hat sich vor allem seit dem 18. Jahrhundert entwickelt; dabei handelt es sich um ein umfangreiches Sachwörterbuch über alle Themen für eine breite Leserschaft. Im 19. Jahrhundert kam der typische, neutral-sachliche Stil hinzu. Die Enzyklopädien wurden besser strukturiert und beinhalteten neue Texte, keine bloßen Übernahmen älterer (fremder) Werke. Eines der bekanntesten Beispiele im deutschsprachigen Raum war lange Zeit die Brockhaus Enzyklopädie (ab 1808), im englischsprachigen die Encyclopaedia Britannica (ab 1768).

Seit den 1980er-Jahren werden Enzyklopädien ferner in digitaler Form angeboten, auf CD-ROM und im Internet. Teilweise handelt es sich um Fortführungen älterer Werke, teilweise um neue Projekte. Ein besonderer Erfolg war die 1993 erstmals auf CD-ROM herausgegebene Microsoft Encarta. Die 2001 gegründete Wikipedia entwickelte sich zur größten Internet-Enzyklopädie.

Begriff

Definitionen

Die Althistorikerin Aude Doody nannte die Enzyklopädie eine Gattung, die man nur schwer definieren könne. Enzyklopädismus sei das Streben nach universellem Wissen oder auch die Summe des allgemeinen Wissens (einer bestimmten Kultur). Konkret sei die Enzyklopädie ein Buch, „das entweder die gesamte Garnitur des allgemeinen Wissens oder ein erschöpfendes Spektrum an Material über einen spezialistischen Gegenstand versammelt und ordnet.“ Die Enzyklopädie beanspruche, einfachen Zugang zu Informationen über alles zu verschaffen, das der Einzelne über seine Welt wissen muss.<ref>Aude Doody: Pliny’s Encyclopedia. The Reception of the Natural History. Cambridge University Press. Cambridge u. a. 2010, S. 12/13.</ref>

Für das Selbstverständnis von Enzyklopädien werden oftmals die Vorworte der Werke ausgewertet.<ref>Ulrike Spree: Das Streben nach Wissen. Eine vergleichende Gattungsgeschichte der populären Enzyklopädie in Deutschland und Großbritannien im 19. Jahrhundert. Niemeyer. Tübingen 2000, S. 23/24.</ref> Im 18. und vor allem 19. Jahrhundert betonten sie, dass sie Wissen zusammenfassen, und zwar nicht für Fachleute, sondern für ein breiteres Publikum.<ref>Ulrike Spree: Das Streben nach Wissen. Eine vergleichende Gattungsgeschichte der populären Enzyklopädie in Deutschland und Großbritannien im 19. Jahrhundert. Niemeyer. Tübingen 2000, S. 25–31.</ref> Im Vorwort des Brockhaus etwa hieß es 1809:

„Der Zweck eines solchen Wörterbuchs kann auf keinen Fall der sein, vollständige Kenntnisse zu gewähren; es wird vielmehr dieses Werk – welches eine Art von Schlüssel sein soll, um sich den Eingang in gebildete Zirkel und in den Sinn guter Schriftsteller zu öffnen – aus den wichtigsten Kenntnissen, der Geographie, Geschichte, Mythologie, Philosophie, Naturlehre, den schönen Künsten und andern Wissenschaften, bloß diejenigen Kenntnisse enthalten, welche ein jeder als gebildeter Mensch wissen muß, wenn er an einer guten Conversation Theil nehmen oder ein Buch lesen will </poem>

<poem> BUCH 26 BEINHALTET Die übrigen Heilmittel nach Art I. Die neuen Krankheiten II. Was ist eine Hautflechte? III. Wann kam sie zuerst nach Italien? IV. Dasselbe für Aussatz V. Dasselbe für die Kolik Le philosophe au contraire deméle les causes autant qu’il est en lui, & souvent même les prévient, & se livre à elles avec connoissance : c’est une horloge qui se monte, pour ainsi dire, quelquefois elle-même. , hier S. [2].</ref> Ein Prospekt, bereits aus dem Jahre 1932, nennt Unparteilichkeit gerade in einer Enzyklopädie gefährlich. Schließlich bräuchten Themen wie „Spiritismus“, „Freudianismus“, „Freimaurerei“, „Protestantismus“ oder „Liberalismus“ eine kritische Behandlung und absolute Verwerfung. „Es ist doch eindeutig, dass Neutralität keine Position beziehen kann. Aber zahlreiche Themen können ohne feste Basis nicht beurteilt werden.“ In den sogenannten neutralen Enzyklopädien erhalte Buddha mehr Aufmerksamkeit als Jesus Christus.<ref>De Katholieke Encyclopedie. Proeve van bewerking tevens prospectus. Uitgeverij Mij. Joost van den Vondel. Amsterdam 1932, S. [1–3], hier S. [2].</ref>

Die Enciclopedia italiana (1929–1936) entstand in der Zeit des Faschismus, und tatsächlich hatte der Diktator Benito Mussolini persönlich zum Artikel „Faschismus“ beigetragen. Im Allgemeinen jedoch war das Werk international und objektiv.<ref>Robert L. Collison, Warren E. Preece: Encyclopaedias and Dictionaries. In: Encyclopaedia Britannica. Band 18. 15. Auflage, 1998, S. 257–280, hier S. 261.</ref> In Deutschland musste sich der Brockhaus in den letzten Teilen seiner Großausgabe von 1928 bis 1935 politisch anpassen. Als ausgesprochen nationalsozialistisch gefärbt gilt der sogenannte „braune Meyer“ von 1936 bis 1942 (unvollendet).

Die Große Sowjetische Enzyklopädie richtete sich nicht etwa an die Massen der Arbeiter und Bauern, sondern an die „Hauptkaderleute, die den sowjetischen Aufbau betreiben“.<ref>Vorworte bei Enzyklopaedie.ch (PDF; 33 kB), Abruf am 20. Juni 2011.</ref> Ihre politische Ausrichtung beschrieb sie im Vorwort von 1926 so:

„In den früheren Lexika existierten verschiedene – mitunter gegensätzliche – Weltanschauungen nebeneinander. Im Gegensatz dazu ist für die Sowjetenzyklopädie eine eindeutige Weltanschauung ganz unabdingbar, und zwar die streng materialistische Weltanschauung. Unsere Weltanschauung ist der dialektische Materialismus. Das Gebiet der Sozialwissenschaften, hinsichtlich der Beleuchtung der Vergangenheit ebenso wie der Gegenwart, ist schon umfassend bearbeitet auf der Grundlage der konsequenten Anwendung der dialektischen Methode von Marx-Lenin; auf dem Gebiet der Natur- und exakten Wissenschaften wird die Redaktion darauf bedacht sein, den Standpunkt des dialektischen Materialismus zu verfolgen […].“

Große Sowjetische Enzyklopädie, 1926<ref>Vorworte bei Enzyklopaedie.ch (PDF; 33 kB), Abruf am 20. Juni 2011.</ref>

Noch nach dem Erscheinen musste eine sowjetische Enzyklopädie verändert werden, wenn eine Person plötzlich politisch unerwünscht wurde. Als 1953 Lawrenti Beria entmachtet wurde, schickte man den Käufern der Großen Sowjetischen Enzyklopädie ein Blatt unter anderem mit Informationen über die Beringsee, das man anstelle der alten Seite mit Beria einkleben sollte.<ref> Lawrentij Berija. In: Der Spiegel. Nr. 8, 1996 (online).</ref><ref>Robert L. Collison, Warren E. Preece: Encyclopaedias and Dictionaries. In: Encyclopaedia Britannica. Band 18. 15. Auflage, 1998, S. 257–280, hier S. 261.</ref>

Ausstattung

Umfang

Datei:UBN Espasa.JPG
Die Espasa, links und rechts oberer Teil
Datei:Vergleich Wikipedia Brockhaus 2011-07 Athen.png
Würde man die Wikipedia auf Deutsch drucken, käme man auf etwa 675 Bände im Format der Brockhaus-Enzyklopädie, die 2005/2006 dreißig Bände umfasste (Stand: Juli 2011).

Traditionell waren Enzyklopädien eher von begrenztem Umfang. Moderne Buchausgaben antiker oder mittelalterlicher Enzyklopädien bleiben meist auf einen oder wenige Bände beschränkt. Die für das Altertum monumentale Naturalis historia hatte beispielsweise in einer Ausgabe um das Jahr 1900 fünf Bände.<ref>Nämlich Ludwig von Jan, Karl Mayhoff (Hrsg.): C. Plini Secundi naturalis historiae libri XXXVII. Teubner, Stuttgart 1967–2002 (Nachdruck der Ausgabe von 1892–1909).</ref> Nach eigener Zählung bestand das Werk aus 37 libri (Büchern), wobei ein „Buch“ hier vom Umfang her als ein Kapitel zu verstehen ist. Die Etymologiae des Isidor machen ein je nach Ausgabe mehr oder weniger dickes Buch aus.

Zu vielbändigen Enzyklopädien kam es erst seit dem 18. Jahrhundert, allerdings gab es gleichzeitig immer auch Nachschlagewerke in nur einem oder wenigen Bänden. Diese haben im 19. und 20. Jahrhundert, als Enzyklopädien sich massenweise verbreiteten, wesentlich mehr Käufer gefunden als die großen Ausgaben. Thomas Keiderling verwendet für das 20. Jahrhundert eine Einteilung von kleinen Ausgaben mit ein bis vier Bänden, mittleren Ausgaben von fünf bis zwölf Bänden und großen darüber. Für einen genaueren Vergleich des Umfangs müsse man jedoch zusätzlich Buchformate, Seitenanzahlen, Schriftgröße usw. hinzuziehen.<ref>Thomas Keiderling: Der Lexikonverlag. In: Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert. Band 2: Die Weimarer Republik 1918–1933. Teil 1. Saur, Frankfurt am Main 2007, S. 441–462, hier S. 441.</ref>

Als größte Enzyklopädie der Geschichte wird zuweilen das chinesische Werk Yongle Dadian (auch: Yung-lo ta-tien) aufgeführt. Es stammt aus dem 15. Jahrhundert und umfasste 22.937 Bücher auf mehr als fünfhunderttausend Seiten.<ref>Philip Krapp, Patricia K. Ballou: Encyclopedia. In: Collier’s Encyclopedia with Bibliography and Index. Band 9. Collier’s, New York, Toronto, Sydney 1995, S. 136–140, hier S. 137.</ref> Es handelte sich jedoch mehr um eine aus älteren Texten zusammengestellte Lehrbuchsammlung.

Längere Zeit das umfangreichste Nachschlagewerk war der Zedler mit seinen 64 Bänden. Dieses Mammutwerk war folglich für viele Käufer, die sowieso nur einer kleinen, reichen Oberschicht entstammen konnten, unerschwinglich. Selbst viele Lesegesellschaften haben sich den Zedler nicht angeschafft.<ref>Ulrike Spree: Das Streben nach Wissen. Eine vergleichende Gattungsgeschichte der populären Enzyklopädie in Deutschland und Großbritannien im 19. Jahrhundert. Niemeyer. Tübingen 2000, S. 108–110.</ref>

Im 19. Jahrhundert war der Ersch-Gruber die größte allgemeine Enzyklopädie. Das 1818 begonnene Werk wurde aber nicht fertiggestellt, nach 167 Bänden gab der neue Herausgeber (Brockhaus) 1889 auf.<ref>Robert L. Collison, Warren E. Preece: Encyclopaedias and Dictionaries. In: Encyclopaedia Britannica. Band 18. 15. Auflage, 1998, S. 257–280, hier S. 262.</ref><ref>Thomas Keiderling: F. A. Brockhaus 1905–2005. Brockhaus in der Wissensmedia. Leipzig/Mannheim 2005, S. 23.</ref> Die größte vollständige gedruckte Enzyklopädie wurde dann im 20. Jahrhundert die spanischsprachige Espasa mit insgesamt neunzig Bänden. Die Großwerke des 18. und 19. Jahrhunderts erscheinen also umfangreicher als die des 20. Jahrhunderts mit ihren 20–30 Bänden, dabei ist aber das wesentlich dünnere Papier der späteren Werke zu berücksichtigen.<ref>Robert L. Collison, Warren E. Preece: Encyclopaedias and Dictionaries. In: Encyclopaedia Britannica. Band 18. 15. Auflage, 1998, S. 257–280, hier S. 262.</ref>

Auflagenhöhen

Eine populäre Enzyklopädie wie die Etymologiae des Isidor brachte es im Mittelalter auf über tausend Handschriften.<ref>Lenelotte Möller (Hrsg.): Die Enzyklopädie des Isidor von Sevilla. MatrixVerlag. Wiesbaden 2008, S. 16.</ref> Das Elucidiarium von Honorius Augustodunensis gab es in mehr als 380 Handschriften.<ref>Siehe etwa Robert Luff: Wissensvermittlung im europäischen Mittelalter. 'Imago mundi'-Werke und ihre Prologe. Max Niemeyer Verlag. Tübingen 1999, S. 424.</ref>

Jeff Loveland zufolge hat man im 18. Jahrhundert etwa zweihundert bis dreihundert Exemplare von einer Enzyklopädie verkauft;<ref>Jeff Loveland: An Alternative encyclopedia? Dennis de Coetlogon’s Universal history of arts and sciences (1745). Voltaire Foundation, Oxford 2010, S. 73.</ref> Ulrike Spree zufolge betrug die Auflage hingegen 2000–4000 Exemplare. Vom Zedler (1737) wurden vermutlich nur die 1500 Subskriptionsexemplare angeschafft, also diejenigen, die zahlungskräftige Kunden zuvor bestellt hatten. Von der ersten Auflage der (damals dreibändigen) Encyclopaedia Britannica (1768–1771) verkaufte man insgesamt dreitausend Exemplare,<ref>Ulrike Spree: Das Streben nach Wissen. Eine vergleichende Gattungsgeschichte der populären Enzyklopädie in Deutschland und Großbritannien im 19. Jahrhundert. Niemeyer. Tübingen 2000, S. 108.</ref> von der 18-bändigen dritten Auflage (1787–1797) dreizehntausend.<ref>Robert Collison: Encyclopaedias. Their history throughout the ages. A bibliographical guide with extensive historical notes to the general encyclopaedias issued throughout the world from 350 B. C. to the present day. 2. Auflage. Hafner. New York 1966, S. 140.</ref>

Das 19. Jahrhundert sah wesentlich höhere Auflagen. Die Encyclopaedia Britannica in der 7. Auflage (1828) kam auf dreißigtausend Exemplare, Meyers Conversations-Lexikon hatte 1848/1849 siebzigtausend Subskribenten. Da das Erscheinen langsam war und die Bandanzahl hoch, ging dies allerdings auf unter vierzigtausend zurück. Von der 2. Auflage der Chambers Encyclopaedia verkaufte man 1874–1888 allein in Großbritannien über 465.000 sets.<ref>Ulrike Spree: Das Streben nach Wissen. Eine vergleichende Gattungsgeschichte der populären Enzyklopädie in Deutschland und Großbritannien im 19. Jahrhundert. Niemeyer. Tübingen 2000, S. 124, S. 145.</ref>

Brockhaus verkaufte von seiner 13. Auflage (1882–1887) 91.000 Exemplare, von der 14. Auflage bis 1913 mehr als 300.000.<ref>Thomas Keiderling: F. A. Brockhaus 1905–2005. Brockhaus in der Wissensmedia. Leipzig/Mannheim 2005, S. 29.</ref> Die 17. Auflage des großen Brockhaus von 1966 hatte eine Gesamtauflage von 240.000 Exemplaren (Komplettsets).<ref>Thomas Keiderling: F. A. Brockhaus 1905–2005. Brockhaus in der Wissensmedia. Leipzig/Mannheim 2005, S. 263.</ref> Auf dem Gebiet der kleineren Lexika erlebte Brockhaus jedoch starke Konkurrenz. So verlief der Verkauf des einbändigen Volks-Brockhaus von 1955 schleppend: Er kostete 19,80 DM, während Bertelsmann sein Volkslexikon für 11,80 DM auf den Markt brachte und über seinen Lesering eine Million Exemplare verkaufte.<ref>Thomas Keiderling: F. A. Brockhaus 1905–2005. Brockhaus in der Wissensmedia. Leipzig/Mannheim 2005, S. 247.</ref>

In der DDR hatte das achtbändige Meyers Neues Lexikon (1961–1964) eine Auflage von insgesamt 150.000 Exemplaren, die zweibändige Ausgabe kam 1956–1958 in drei Auflagen auf 300.000 Exemplare. Zwar war die DDR deutlich kleiner als die Bundesrepublik, der VEB Bibliographisches Institut hatte aber keine Konkurrenz.<ref>Heinz Stephan, Helga Weck: Die Entwicklung der lexikografischen Literatur, besonders allgemeiner Lexika, in der DDR. In: Hans-Joachim Diesner, Günter Gurst (Hrsg.): Lexika gestern und heute. VEB Bibliographisches Institut. Leipzig 1976, S. 203–296, hier S. 292.</ref>

Fehlende Konkurrenz führte auch in anderen kleinen Ländern, einschließlich westlichen, zu hohen Auflagen im Vergleich zur Bevölkerungsanzahl. Das sechsbändige Uj Magyar Lexikon erschien im kommunistischen Ungarn 1959–1962 in 250.000 Exemplaren.<ref>Sándor Zsuilinszky: Die Entwicklung der ungarischen Lexikografie unter besonderer Berücksichtigung der allgemeinen Lexika. In: Hans-Joachim Diesner, Günter Gurst (Hrsg.): Lexika gestern und heute. VEB Bibliographisches Institut. Leipzig 1976, S. 319–335, hier S. 333.</ref> In Norwegen verkaufte sich das fünfzehnbändige Store Norske von 1977 bis 2011 in 250.000 Exemplaren bei einer Bevölkerung von nur vier Millionen Norwegern.<ref>Sebastian Balzter: Wer rettet das Große Norwegische? In: FAZ.NET, 19. Oktober 2011. Abruf am 4. März 2015.</ref>

Von der 21. Auflage der Brockhaus Enzyklopädie aus den Jahren 2005/2006 wurden nur „ein paar Tausend Exemplare“ verkauft, wie der FOCUS berichtete.<ref>Alles nur gegoogelt. FOCUS, abgerufen am 20. Juni 2011.</ref> Der FAZ zufolge habe die Gewinnschwelle bei 20.000 verkauften Exemplaren gelegen, davon sei die Hälfte erreicht worden. Diese letzte gedruckte Auflage der Brockhaus Enzyklopädie bestand aus dreißig in Leinen gebundenen Bänden mit Goldschnitt, die fast 25.000 Seiten beinhalteten. Sie kostete 2670 Euro.<ref>Der letzte Brockhaus. FAZ.NET, abgerufen am 20. Juni 2011.</ref>

Bebilderungen

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Mittelalterliche Weltkarte im Liber Floridus, um 1120. Auf der linken, nördlichen Hälfte des Erdenrundes die pictura mit Europa, Asien und Afrika. Da das Aussehen der südlichen Hälfte unbekannt war, erschien dort die erläuternde scriptura.
Datei:Cyclopaedia, Chambers - Volume 1 - 0204.jpg
Bildtafel zu astronomischen Themen in der Cyclopaedia, 1728

Aus den antiken Werken sind so gut wie keine Illustrationen überliefert, sondern nur der Text. Nachträglich erhielten sie Abbildungen in einigen mittelalterlichen Handschriften. Diese Illustrationen unterschieden sich meist von Handschrift zu Handschrift; dann brachte der Buchdruck die Möglichkeit, auch Abbildungen genau zu vervielfältigen. Das Mittelalter kannte bereits Bilder von Menschen, Tieren oder Pflanzen, ebenso schematische Darstellungen und Weltkarten. Sie waren allerdings selten.

In der Frühen Neuzeit gab es dann eine große Bandbreite von unterschiedlichen Illustrationen. Auf Titelblättern und Frontispizen reflektierte man über die Grundlagen des in der Enzyklopädie gesammelten Wissens, indem man die sieben freien Künste allegorisch darstellte. Baumdiagramme veranschaulichten den Zusammenhang der einzelnen Fächer, Funktionsdiagramme zeigten zum Beispiel, wie ein Flaschenzug funktioniert. Widmungen präsentierten einen reichen Gönner oder Schirmherr, Kupferstiche leiteten einen neuen Band ein.<ref>Steffen Siegel: Die Orte des Bildes im Alphabet des enzyklopädischen Textes. In: Ulrich Johannes Schneider (Hrsg.): Seine Welt wissen. Enzyklopädien in der Frühen Neuzeit. WBG, Darmstadt 2006, S. 164–179, hier S. 165, S. 167, S. 168, S. 176.</ref> Beliebt waren auch Tabellen, zum Beispiel zu Planetenbewegungen.

Bilder wurden entweder im Text an die geeignete Stelle eingefügt oder auf gesonderten Bildtafeln geliefert; der Brockhaus-Verlag brachte 1844–1849 und auch noch später eigens einen Bilder-Atlas zum Conversationslexikon heraus und nannte ihn im Untertitel Ikonographische Encyclopädie der Wissenschaften und Künste.<ref>Georg Jäger: Der Lexikonverlag. In: Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert. Band 1: Das Kaiserreich 1870–1918. Teil 2. Saur, Frankfurt am Main 2001, S. 541–575, hier S. 544.</ref> Bildtafeln oder gar Bildbände wurden oftmals der Qualität wegen gesondert vom Rest gedruckt, da Bilder zuweilen einen besonderen Druck oder besonderes Papier verlangten. Mit der zunehmenden Verbesserung der Drucktechnik kamen mehr und mehr Bilder in die Enzyklopädien. Schließlich wurden im 20. Jahrhundert reich illustrierte Werke nicht mehr ausdrücklich als „illustriert“ angepriesen, so selbstverständlich war die Bebilderung geworden. Etwa seit den späten 1960er-Jahren waren die Abbildungen einiger Enzyklopädien vollständig in Farbe gehalten.

Die 19. Auflage des Brockhaus (1986–1994) hatte 24 Bände mit insgesamt 17.000 Seiten. Darin befanden sich 35.000 Abbildungen, Karten und Tabellen. Ein dazugehöriger Weltatlas beinhaltete 243 Kartenseiten.<ref>Anja zum Hingst: Die Geschichte des Großen Brockhaus. Vom Conversationslexikon zur Enzyklopädie. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 1995, S. 174/175.</ref>

Anhänge und Ausstattung

Seit dem 18. Jahrhundert erhielten größere Enzyklopädien, wenn schon keine neue Auflage zustande kam, Ergänzungsbände, Supplemente. Der Brockhaus veröffentlichte Mitte des 19. Jahrhunderts Jahrbücher als Ergänzung oder Weiterführung des eigentlichen Lexikons. Ab 1907 gab Larousse die Monatsschrift Larousse mensuel illustré heraus.<ref>Robert L. Collison, Warren E. Preece: Encyclopaedias and Dictionaries. In: Encyclopaedia Britannica. Band 18. 15. Auflage, 1998, S. 257–280, hier S. 263.</ref> Mehr zur Kundenbindung diente die Zeitschrift Der Brockhaus-Greif, die der Verlag von 1954 bis 1975 unterhielt.<ref>Thomas Keiderling: F. A. Brockhaus 1905–2005. Brockhaus in der Wissensmedia. Leipzig/Mannheim 2005, S. 253.</ref> Ein Sonderband konnte dazu dienen, besondere geschichtliche Ereignisse zu behandeln, wie den Deutsch-Französischen Krieg 1870/1871 oder den Ersten Weltkrieg.<ref>Georg Jäger: Der Lexikonverlag. In: Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert. Band 1: Das Kaiserreich 1870–1918. Teil 2. Saur, Frankfurt am Main 2001, S. 541–575, hier S. 545.</ref>

Anhänge in eigenen Bänden konnten auch Bildbände, Atlanten oder Wörterbücher sein, die aus der Enzyklopädie ein umso vollständigeres Kompendium machten. CD-ROMs, Internetzugänge und USB-Sticks schließlich wurden zunächst als Zugabe für die gedruckte Version angeboten. Ein Versuch, den Wert des Gesamtwerks zu erhöhen, stellten die Künstlerausgaben des Brockhaus dar, wie die seit 1986 von Friedensreich Hundertwasser gestaltete, auf 1800 Exemplare limitierte Ausgabe. Der Ladenpreis betrug 14.000 DM (gegenüber etwa 4000 DM für die normale Ausgabe). Die Einbände zeigten, nebeneinander auf dem Regal stehend, zusammen ein neues Bild.<ref>Anja zum Hingst: Die Geschichte des Großen Brockhaus. Vom Conversationslexikon zur Enzyklopädie. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 1995, S. 184–186. Siehe auf der eigenen Website, Abruf am 27. Juni 2011.</ref>

Lieferung

Datei:Cyclopaedia, Chambers - Volume 1 - 0044.jpg
„A list of the subscribers“ in der Cyclopaedia, 1728

In der Regel wurden Bücher in fertigem Zustand dem Käufer überreicht, und die Zahlung erfolgte zeitnah. Bei größeren Projekten jedoch war es im 18. Jahrhundert üblich, zunächst Subskribenten zu werben und erst danach das Werk zu drucken; eventuell wurde es stückweise in Raten ausgeliefert. Hatte der Käufer alle Auslieferungen beisammen, konnte er damit zu einem Buchbinder gehen. Ein Subskribent (wörtlich: jemand, der unterschreibt) bezahlte im Voraus. So hatte der Verleger bereits ein Kapital, mit dem er erste Ausgaben bewältigen konnte. Je nach Subskriptionsmodell zahlte der Subskribent möglicherweise eine Anzahlung und dann noch pro ausgeliefertem Teil. Zusätzlich hoffte der Verleger, dass weitere Kunden das Werk kauften. Die Veröffentlichung bekannter Subskribenten vorne im Werk sollte verkaufsfördernd wirken, ähnlich wie die Widmung des Werkes an eine hochgestellte Persönlichkeit.

Im Falle der ersten Ausgabe der Encyclopaedia Britannica kündigte im Juli 1767 ein Prospekt das Vorhaben der Öffentlichkeit an. Im Februar 1768 ließen die Verleger verlautbaren, dass das Werk in einhundert wöchentlichen Auslieferungen kommen sollte, jeweils mit 48 Seiten. Am Ende sollten es, gebunden, sechs Bände im Oktavformat werden. Auf einfachem Papier kostete eine Auslieferung sechs Pence und acht auf besserem. Bald darauf änderten die Herausgeber das Format auf Quarto, woraus sich drei Bände ergaben. Der Grund dafür war das höhere Prestige von Quarto und vielleicht auch der indirekte Einfluss eines Konkurrenzproduktes. Im Dezember 1768 kam der erste Teil heraus, und nach der Auslieferung des letzten 1771 erhielt man Vorwort und Titelseiten für jeden der drei Bände sowie eine Anleitung für den Buchbinder. Im August 1771 konnte man das gesamte set für zwei Pfund und zehn Schillinge kaufen (drei Pfund, sieben Schillinge bei besserem Papier).<ref>Frank A. Kafker, Jeff Loveland: William Smellie’s edition: a modest start. In: Frank A. Kafker, Jeff Loveland (Hrsg.): The Early Britannica (1768/1803). The Voltaire Foundation. Oxford 2009, S. 11–68, hier S. 16/17.</ref>

Im 19. Jahrhundert konnte man beispielsweise bei Meyers Konversations-Lexikon zwischen mehreren Liefermodellen wählen. Die dritte Auflage von 1874 bis 1878 bestand aus fünfzehn Bänden. Der Käufer erhielt wöchentlich eine Lieferung von 64 Seiten, die fünfzig Pfennig kostete; oder aber man bezahlte je 9,50 Mark pro Band. Den Brockhaus in der Jubiläumsausgabe von 1898, siebzehn Prachtbände zu je zehn Mark, zahlte man in Monatsraten von drei bis fünf Mark oder in Vierteljahresraten von neun bis fünfzehn Mark. Es gab keine Anzahlung, erst nach drei Monaten musste man die erste Rate zahlen.<ref>Georg Jäger: Der Lexikonverlag. In: Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert. Band 1: Das Kaiserreich 1870–1918. Teil 2. Saur, Frankfurt am Main 2001, S. 541–575, hier S. 550.</ref> Subskriptionsmodelle kannte man letztlich bis ins 21. Jahrhundert. Es war aber seit dem 20. Jahrhundert gängig, dass man fertig gebundene Bände erhielt.

Nelson’s perpetual loose-leaf encyclopaedia von 1920 war eine Loseblattsammlung in zwölf Bänden. Zweimal im Jahr erhielt der Käufer einige neue Seiten geliefert, mit denen er Seiten veralteten Inhalts ersetzen konnte. Die Encyclopédie française (1937–1957) nahm die Idee auf, die sich aber nicht durchsetzen konnte.<ref>Robert Collison: Encyclopaedias. Their history throughout the ages. A bibliographical guide with extensive historical notes to the general encyclopaedias issued throughout the world from 350 B. C. to the present day. 2. Auflage. Hafner. New York 1966, S. 205/209.</ref>

Autoren und Leser

Urheberrecht und Plagiate

Datei:Der naturen bloeme Brussel bronnen KB 19 546 f 2r.jpg
Jacob van Maerlants Der naturen bloeme (13. Jahrhundert) mit Offenlegung seiner Quellen. Der oberste Kreis enthält den Namen von Aristoteles.

Ein Urheberrecht im modernen Sinne gab es vor dem 19. Jahrhundert nicht. Dennoch besteht seit der Antike der Begriff des Plagiats, als ungekennzeichnete Übernahme fremder Texte. Bis ins 18. Jahrhundert war es gängig, Enzyklopädien vor allem als Zusammenstellung älterer Texte zu sehen. Dabei wurden die Autoren manchmal genannt, oft aber auch nicht. In der Antike und im Mittelalter stand der Gedanke im Vordergrund, sich bei den alten Weisen zu bedienen und von deren reinem, unverfälschtem Wissen zu lernen. Mit der Renaissance wurde die Vorstellung eines originalen Autors wichtiger.

Plagiate galten beispielsweise im 18. Jahrhundert teilweise als anrüchig, waren aber nicht verboten. Allenfalls anhand des Druckprivilegs konnte der Herausgeber Nachdrucke untersagen. Dabei handelte es sich um eine obrigkeitliche Erlaubnis, überhaupt ein bestimmtes Buch drucken zu dürfen. Nachdrucke konnten aber höchstens im eigenen Land unterbunden werden und wurden oftmals im Ausland gedruckt und dann zum Teil über Schmuggel verbreitet.

Dennis de Coetlogon zum Beispiel gab zwar zu, kopiert zu haben, behauptete aber trotzdem, er sei der Autor seiner Universal history. Nimmt man dies wörtlich, so hat er sie anscheinend selbst mit der Hand, ohne Helfer, geschrieben.<ref>Jeff Loveland: An Alternative encyclopedia? Dennis de Coetlogon’s Universal history of arts and sciences (1745). Voltaire Foundation, Oxford 2010, S. 87.</ref> Wenn in der ersten Ausgabe der Encyclopaedia Britannica eine „List of Authors“ erschien, dann war damit nicht etwa gemeint, dass jene Personen bewusst für diese Enzyklopädie geschrieben hätten. Vielmehr hatte der Redakteur William Smellie sich aus ihren Werken bedient.<ref>Frank A. Kafker, Jeff Loveland: William Smellie’s edition: a modest start. In: Frank A. Kafker, Jeff Loveland (Hrsg.): The Early Britannica (1768/1803). The Voltaire Foundation. Oxford 2009, S. 11–68, hier S. 19, S. 21.</ref>

Im Artikel „Plagiaire“ beschrieb die große französische Encylopédie das Phänomen des Plagiats. Man beeilte sich anzumerken, dass Lexikografen sich wohl nicht an die üblichen Gesetze des Mein und Dein halten müssten, jedenfalls nicht jene, die ein dictionnaire des arts et des sciences verfassten. Schließlich gäben sie nicht vor, Originales zu schreiben. Der Text hatte größte Ähnlichkeit mit dem Artikel „Plagiary“ in Chambers’ Cyclopaedia eine knappe Generation zuvor, und dieser wiederum ging auf das Dictionnaire von Antoine Furetière (1690) zurück.<ref>Jeff Loveland: An Alternative encyclopedia? Dennis de Coetlogon’s Universal history of arts and sciences (1745). Voltaire Foundation, Oxford 2010, S. 82.</ref>

Chambers’ Cyclopaedia, 1728 Encyclopédie, 1751–1772
PLAGIARY […] PLAGIAIRE […]
Among the Romans, Plagiarius was properly a Person who bought, sold, or retain’d, a free Man for a Slave; so call’d, because the Flavian Law condemned such a Person to be whipp’d, ad plagas. See SLAVE. Chez les Romains on appelloit plagiaire une personne qui achetoit, vendoit ou retenoit comme esclave une autre personne libre, parce que par la loi Flavia, quiconque étoit convaincu de ce crime, étoit condamné au fouet, ad plagas. Voyez esclave.
Thomasius has an express Treatise de plagio litterario; wherein he lays down the Laws and Measures of the Right which Authors have to one anothers Commodities. Thomasius a fait un livre de plagio litterario, où il traite de l’étendue du droit que les auteurs ont sur les écrits des uns des autres, & des regles qu’on doit observer à cet égard.
Dictionary-Writers, at least such as meddle with Arts and Sciences, seem exempted from the common Laws of Meum and Tuum; they don’t pretend to set up on their own bottom, nor to treat you at their own Cost. […] Les Lexicographes, au moins ceux qui traitent des arts & des sciences, paroissent devoir être exemts des lois communes du mien & du tien. Ils ne prétendent ni bâtir sur leur propre fonds, ni en tirer les matériaux nécessaires à la construction de leur ouvrage. […]
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Der Büchermacher, Karikatur in Leuchtkugeln, Münchner Zeitschrift von 1848–1850.
„Schauen’s mein Bester, es ist zwar eine saure Arbeit, aber das Werk lobt den Meister.“
„Erlauben Sie mir, was machen Sie denn da?“
„Eine Realenzyklopädie für das gebildete Deutschland.“

Der Zedler schreibt unter dem Lemma „Nachdruck derer Bücher“:

Nachdruck derer Bücher, ist eigentlich nicht viel besser, als ein heimlicher, wo nur nicht öffentlicher Diebstahl, und geschiehet insgemein nur von denen Affter-Buchhändler, oder besser zu sagen, von blossen Pfuschern der sonst allerdings so edlen, als nützlichen Buchhändler-Zunfft, welche sich nemlich mehrentheils nur aus toller Ehrsucht, oder vielmehr höchst straffbarer Geld-Begierde an den Druck, und […] an den Verlag solcher Bücher wagen, zu welchen sie weder Recht noch Erlaubniß haben […].“

Artikel „Nachdruck derer Bücher“. In: Zedlers Universal-Lexicon, 1732–1754<ref>Johann Heinrich Zedler: Grosses Vollständiges Universal-Lexicon. Band 23. Akademische Druck- und Verlagsanstalt. Graz 1961, S. 60–79.</ref>

Dieser Text selbst war einem zeitgenössischen Buch entnommen worden.<ref>Jeff Loveland: An Alternative encyclopedia? Dennis de Coetlogon’s Universal history of arts and sciences (1745). Voltaire Foundation, Oxford 2010, S. 82.</ref> Im 19. Jahrhundert war es dann nicht mehr möglich, eine Enzyklopädie mit der Schere zu verfassen, wie William Smellie noch über sich selbst gescherzt haben soll.<ref>Frank A. Kafker, Jeff Loveland: William Smellie’s edition: a modest start. In: Frank A. Kafker, Jeff Loveland (Hrsg.): The Early Britannica (1768/1803). The Voltaire Foundation. Oxford 2009, S. 11–68, hier S. 20.</ref> Zumindest bei den allgemeinen Enzyklopädien gab es dies nach 1860<ref>Ulrike Spree: Das Streben nach Wissen. Eine vergleichende Gattungsgeschichte der populären Enzyklopädie in Deutschland und Großbritannien im 19. Jahrhundert. Niemeyer. Tübingen 2000, S. 327.</ref> nicht mehr. Trotzdem war die gegenseitige Beeinflussung der konkurrierenden Verlage groß, auch, weil Fakten an sich (wie die Höhe eines Berges) nicht urheberrechtlich geschützt sind.

Autoren

Einzelautoren und Kleingruppen

Gilt bei antiken Werken meist eine Person als der Autor, so ist im Mittelalter der Autor nicht immer leicht greifbar. Mit dem antiken Argument der modestia (Bescheidenheit) bezeichnen sich die Autoren des Mittelalters oft als zu unwürdig, um ihren Namen zu nennen. Sie sahen sich als bloße Vermittler gottgewollten Wissens. Gerade Laien aber, wie König Alfons der Weise oder der Notar Brunetto Latini, neigten im Gegenteil zur Selbststilisierung. Einige Werke sind in Arbeitsgemeinschaften entstanden, wobei dann die leitende Persönlichkeit stellvertretend für die Mitarbeiter genannt wurde.<ref>Siehe etwa Robert Luff: Wissensvermittlung im europäischen Mittelalter. 'Imago mundi'-Werke und ihre Prologe. Max Niemeyer Verlag. Tübingen 1999, S. 413/414.</ref>

Die Autoren verstanden sich als Kompilatoren (Zusammensteller), als Übersetzer, die bewährte lateinische Werke einem größeren Publikum eröffneten. Eine neue Generation um 1300 brachte dann auch eigene Gedanken ein. Dies waren ebenfalls oft Laien, oft aus Italien, wo der Klerus eine weniger große Rolle als anderswo spielte. Die Autoren waren meist Männer; Frauen waren nur innerhalb von Klöstern enzyklopädisch tätig.<ref>Siehe etwa Robert Luff: Wissensvermittlung im europäischen Mittelalter. 'Imago mundi'-Werke und ihre Prologe. Max Niemeyer Verlag. Tübingen 1999, S. 414/415.</ref>

Redaktionen

Im 19. Jahrhundert kam es nicht nur zum modernen Begriff des Autors, sondern auch zu einer erheblichen Spezialisierung. Die erste Auflage der Encyclopaedia Britannica wurde noch großteils von den Herausgebern geschrieben (beziehungsweise abgeschrieben). Doch Archibald Constable, der sie 1810 gekauft hatte, setzte auf wissenschaftliche Autoritäten, die auch namentlich genannt wurden. In Deutschland war die Entwicklung beim Brockhaus vergleichbar. Für nicht gekennzeichnete Artikel war die Redaktion verantwortlich. Generell mussten die Autoren sich dem Gesamtwerk unterordnen. Vor allem nach 1830 bemühten sich die Verlage um Experten. Waren die Autoren nicht genannt (wie bei den meisten Enzyklopädien), konnte es damit zu tun haben, dass diese Werke allzu sehr aus älteren Werken abgeschrieben waren. Beliebt war der Trick, als Herausgeberin eine „Gesellschaft von Gelehrten“ anzugeben.<ref>Ulrike Spree: Das Streben nach Wissen. Eine vergleichende Gattungsgeschichte der populären Enzyklopädie in Deutschland und Großbritannien im 19. Jahrhundert. Niemeyer. Tübingen 2000, S. 93–95.</ref>

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William Smellie, der mit 28 Jahren Redakteur der ersten Auflage der Encyclopaedia Britannica wurde.

Ulrike Spree: „Der universalistisch gebildete Lexikonautor, der Artikel zu einer ganzen Palette von Themengebieten bearbeitete, gehörte immer mehr der Vergangenheit an.“ Das gab es allenfalls noch bei ein- oder zweibändigen Werken. Trotz einiger großer Namen waren die meisten genannten Autoren unbekannte Leute. Viele haben für mehrere Enzyklopädien geschrieben.<ref>Ulrike Spree: Das Streben nach Wissen. Eine vergleichende Gattungsgeschichte der populären Enzyklopädie in Deutschland und Großbritannien im 19. Jahrhundert. Niemeyer. Tübingen 2000, S. 96/97.</ref> Eine der seltenen Enzyklopädien mit Autorennennung war der Ersch-Gruber und im 20. Jahrhundert beispielsweise Collier’s Encyclopedia.

Thomas Keiderling zufolge seien im Brockhaus die Autoren anonym geblieben, weil die Artikel objektiv sein und keine Meinung einzelner wiedergeben sollten. Einige Autoren wollten nicht genannt werden, weil sie kontroverse Themen behandelten. Außerdem haben Redakteure die Beiträge überarbeitet und sind so Mitautoren geworden. Die Namensnennung hielt man nur bei namhaften Autoren für sinnvoll, es sei aber weder möglich noch wünschenswert gewesen, für jeden Artikel die herausragendsten Wissenschaftler zu engagieren. Bei einem solchen Anspruch wären redaktionelle Eingriffe wiederum bedenklich gewesen.<ref>Thomas Keiderling: F. A. Brockhaus 1905–2005. Brockhaus in der Wissensmedia. Leipzig/Mannheim 2005, S. 118/199.</ref>

1879 beschrieb eine Wochenzeitschrift, wie bei Meyer das Konversations-Lexikon erstellt wurde. In der Hauptleitung in Leipzig wurden die 70.000 Artikel aus der vorherigen Ausgabe ausgeschnitten und auf Papier geklebt. Notizensammler werteten circa fünfzig Zeitungen aus und erfragten Daten von Behörden und Institutionen. In verschiedenen Universitätsstädten gab es Spezialredaktionen, und Autoren, die für ein jeweiliges Fachgebiet angeworben waren, arbeiteten die Artikel um. Weibliche Autoren gab es immer noch kaum. Eine Ausnahme machte die britische Chambers Encyclopaedia, die aus einer Übersetzung hervorgegangen war: Übersetzungen waren oft Frauenarbeit.<ref>Ulrike Spree: Das Streben nach Wissen. Eine vergleichende Gattungsgeschichte der populären Enzyklopädie in Deutschland und Großbritannien im 19. Jahrhundert. Niemeyer. Tübingen 2000, S. 98/99.</ref>

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Redakteure von Meyers Konversations-Lexikon im Büro in Leipzig, 1913

Da die Hochschulen überfüllt waren, war die enzyklopädische Mitarbeit für viele Absolventen attraktiv. Typischerweise sah ein Lexikonredakteur sich als nicht öffentlich in Erscheinung tretender Generalist. Das Mitarbeiterverzeichnis des Meyer im Jahre 1877 führte 32 Autoren im Fach Geschichte namentlich auf. Alle waren promoviert, 14 davon Professoren.<ref>Ulrike Spree: Das Streben nach Wissen. Eine vergleichende Gattungsgeschichte der populären Enzyklopädie in Deutschland und Großbritannien im 19. Jahrhundert. Niemeyer. Tübingen 2000, S. 99, S. 101.</ref> An der Konzeption der 15. Auflage des Großen Brockhaus (zwanzig Bände, 1928–1935) waren 57 Personen beteiligt: 22 Redakteure, zehn Büroangestellte, fünf Mitarbeiter der Bildabteilung, 15 Sekretärinnen, drei Kontorburschen. Über tausend Autoren verfassten 200.000 Artikel mit 42.000 Abbildungen,<ref>Thomas Keiderling: F. A. Brockhaus 1905–2005. Brockhaus in der Wissensmedia. Leipzig/Mannheim 2005, S. 102.</ref> davon waren vierhundert gelegentliche und sechshundert regelmäßige Autoren. Der Verlag standardisierte Anschreiben, informierte die Autoren mit Rundschreiben und Merkblättern zu Rechtschreibfragen, Literaturangaben, Abkürzungen und Sonderzeichen. Man erhielt ein Bogenhonorar oder Pauschalbeträge nach Umfang. Weiterhin war die Anonymität vertraglich festgeschrieben.<ref>Thomas Keiderling: Der Lexikonverlag. In: Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert. Band 2: Die Weimarer Republik 1918–1933. Teil 1. Saur, Frankfurt am Main 2007, S. 441–462, hier S. 455.</ref>

Für das altertumswissenschaftliche Fachlexikon Der Neue Pauly stellte ein Erfahrungsbericht 1998 fest, dass die Anzahl der Mitarbeiter sehr hoch gewesen sei – des großen Spezialisierungsdrucks wegen: „Es gibt zahlreiche von mehreren Autoren verfaßte 'Komposit-Artikel', da sich für übergreifende Themen oder 'Dachartikel' kaum noch 'Generalisten' finden lassen. Die Einheitlichkeit der Konzeption eines Artikels – um von dem Werk im ganzen zu schweigen – ist hierdurch gefährdet.“ Neunzehn Fachredaktionen erarbeiteten gemeinsam eine Gesamtlemmaliste und koordinierten die Kommunikation mit den über siebenhundert Autoren.<ref>Hubert Cancik, Matthias Kopp: „Der Neue Pauly“: EDV-gestützte Redaktion und Produktion einer Enzyklopädie. In: Historische Sozialforschung 23, Nr. 4 (86, 1998), S. 128–136, hier S. 129/130, S. 133.</ref>

Die Wikipedia wird von Freiwilligen geschrieben und redigiert. Sie beteiligen sich aus Interesse an einem Thema oder aus Idealismus. Außerdem schließen sie sich einer Gemeinschaft an, in der sie Wertschätzung erhalten.<ref>Dan O’Sullivan: Wikipedia. A New Community of Practice? Ashgate. Farnham, Burlington 2009, S. 86/87.</ref><ref>Daniela Pscheida: Das Wikipedia-Universum. Wie das Internet unsere Wissenskultur verändert. Transcript. Bielefeld 2010, S. 342/343.</ref> Die Wikipedia-Freiwilligen sind höhergebildet und etwa zur Hälfte unter dreißig Jahren alt.<ref>WP 2011 Editor’s Survey – Topline, Abruf am 20. Juni 2011.</ref>

Prominente Autoren

Im 19. und 20. Jahrhundert kam es dazu, dass Enzyklopädien bekannte Wissenschaftler oder andere Prominente gewonnen haben. Berühmte Autoren der Encyclopaedia Britannica waren unter anderem der Schriftsteller Walter Scott, der Bevölkerungswissenschaftler Robert Malthus und der Wirtschaftswissenschaftler David Ricardo.<ref>Harvey Einbinder: The Myth of the Britannica. MacGibbon & Kee, London 1964. Reprint: Johnson Reprint Corporation, New York, London 1972, S. 35.</ref> Im deutschsprachigen Raum der 1970er-Jahre beispielsweise integrierte Meyers Konversations-Lexikon längere Beiträge von Prominenten. Einleitend schrieb der Wissenschaftstheoretiker Jürgen Mittelstraß „Vom Nutzen der Enzyklopädie“.<ref>Jürgen Mittelstraß: Vom Nutzen der Enzyklopädie. In: Meyers Enzyklopädisches Lexikon. Band 1. Bibliographisches Institut. Mannheim / Wien / Zürich 1971, S. IX–XIX.</ref> Der ehemalige SPD-Bundesminister Carlo Schmid verfasste den Beitrag „Demokratie – die Chance, den Staat zu vermenschlichen“, und der ehemalige FDP-Bundeswirtschaftsminister Hans Friedrichs schrieb über die „Weltwirtschaft“.

Zu einem Problem wird dies, wenn die Prominenten Teil des öffentlichen Diskurses über ihr Fach sind. Es fällt ihnen möglicherweise schwer, einen neutralen, überblickenden Standpunkt zu beziehen. In einem Erweiterungsband der Encyclopaedia Britannica (1926) schrieb Leo Trotzki den Artikel über Lenin. Der ehemalige Kriegskommissar Trotzki war Lenins enger Mitarbeiter gewesen,<ref>Harvey Einbinder: The Myth of the Britannica. MacGibbon & Kee, London 1964. Reprint: Johnson Reprint Corporation, New York, London 1972, S. 52.</ref> und die Bezugnahme auf den bereits verstorbenen Lenin war ein wichtiges Instrument im politischen Streit zwischen Trotzki, Stalin und weiteren sowjetischen Politikern.

Bezahlung

Generell wurden die Mitarbeiter von Enzyklopädien eher schlecht bezahlt. William Smellie erhielt für die Arbeit an der ersten Ausgabe der Encyclopaedia Britannica die Summe von zweihundert Pfund. Für vier Jahre Teilzeitarbeit war dies weder großzügig noch armselig, so Jeff Loveland, aber im Vergleich weniger, als Diderot für die größere und langwierigere Arbeit an der Encyclopédie bekam.<ref>Frank A. Kafker, Jeff Loveland: William Smellie’s edition: a modest start. In: Frank A. Kafker, Jeff Loveland (Hrsg.): The Early Britannica (1768/1803). The Voltaire Foundation. Oxford 2009, S. 11–68, hier S. 15.</ref> Bei Chambers im 19. Jahrhundert lag das Jahresgehalt der Redakteure bei der unteren Grenze des Mittelstandes.<ref>Ulrike Spree: Das Streben nach Wissen. Eine vergleichende Gattungsgeschichte der populären Enzyklopädie in Deutschland und Großbritannien im 19. Jahrhundert. Niemeyer. Tübingen 2000, S. 102.</ref>

Im 20. Jahrhundert, berichtet Einbinder von der Encyclopaedia Britannica, hätten sich viele Gelehrte gern beteiligt, konnten es sich aber nicht leisten, für so wenig Geld (zwei Cent pro Wort) zu schreiben. Das gelte besonders für die Geisteswissenschaften. Zwar sei die Mitarbeit aus Gründen des Prestiges sehr begehrt, doch viele hätten nur einen Artikel beitragen wollen.<ref>Harvey Einbinder: The Myth of the Britannica. MacGibbon & Kee, London 1964. Reprint: Johnson Reprint Corporation, New York, London 1972, S. 266, S. 270.</ref> Überhaupt bemängelte Einbinder einen vorrangig kommerziellen Charakter der Encyclopaedia Britannica, bei der die Gutverdiener des Verlages die Haustürverkäufer waren, und nicht etwa die Autoren.<ref>Harvey Einbinder: The Myth of the Britannica. MacGibbon & Kee, London 1964. Reprint: Johnson Reprint Corporation, New York, London 1972, S. 267, S. 269, S. 304.</ref>

Leser

Bis zum 18. Jahrhundert

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World Book Encyclopedia von 1959 in einer Braille-Version, 145 Bände

Ein Text kann nur dann Leser finden, wenn Menschen des Lesens kundig sind, wenn sie Zeit zum Lesen haben und wenn sie sich den Lesestoff leisten können. Das hat den Kreis der möglichen Leser historisch stark eingeschränkt, noch davon abgesehen, ob die Menschen überhaupt Interesse am Inhalt hatten. Dennoch gab es Wege, die Barrieren zu überwinden: Texte wurden früher laut gelesen, so dass Leseunkundige mithören konnten, reiche Leute stellten ihre Bibliotheken einem größeren Kreis zur Verfügung, oder Gruppen von Menschen schafften sich gemeinsam Bücher an. Erst im 19. Jahrhundert weitete sich der Kreis in Europa wesentlich aus, dank staatlich geförderter Schulen und billigeren Büchern: Um 1900 konnten neunzig Prozent der Deutschen, Franzosen, Engländer und US-Amerikaner lesen. Andere Erdteile blieben zurück, in Russland war dazu nur ein Drittel der Männer in der Lage.<ref>Steven Roger Fischer: A History of Reading. Reaktion Books, London 2003, S. 297.</ref>

Plinius schrieb die Naturalis historia für die Volksmassen, wie Bauern und Handwerker, so behauptete er es in der an den Kaiser gerichteten Widmung. Jedenfalls sei sie für jeden, der die Zeit aufbringe, zu lesen. Seine Aussage ist so zu interpretieren, dass er an diejenigen dachte, die ein einfaches Leben in der Natur führen, entsprechend den von ihm geschätzten römischen Tugenden. Insgesamt wollte er jedoch alle Bürger des Reiches ansprechen, so wie sein Werk das Reich universal beschrieb.<ref>Sorcha Cary: Pliny’s Catalogue of Culture. Art and Empire in the Natural History. Oxford University Press, New York 2003, S. 15/16.</ref>

Auch die Verfasser von mittelalterlichen Enzyklopädien haben sich meist an einen offenen Leserkreis gerichtet, zumindest den Vorworten zufolge. Alle Leser sollten angesprochen sein, nicht gefiltert nach ihrem sozialen Status oder ihrem Bildungsgrad. In der Praxis jedoch ist beispielsweise das Elucidarium anscheinend fast nur von Geistlichen gelesen worden. Der Livre de Sidrac hingegen wurde nur von Adligen rezipiert, jedenfalls befand das Buch sich (den Besitzvermerken zufolge) nie in Klosterbibliotheken.<ref>Robert Luff: Wissensvermittlung im europäischen Mittelalter. 'Imago mundi'-Werke und ihre Prologe. Max Niemeyer Verlag. Tübingen 1999, S. 423/424.</ref> Einen sehr kleinen Adressatenkreis hatte der Hortus Deliciarum: Die Äbtissin Herrad von Landsberg ließ ihn im 12. Jahrhundert nur für ihre Nonnen schreiben. Erst 350 Jahre später wurde das reich illustrierte Werk außerhalb der Klostermauern bekannt.<ref>Siehe etwa Robert Luff: Wissensvermittlung im europäischen Mittelalter. 'Imago mundi'-Werke und ihre Prologe. Max Niemeyer Verlag. Tübingen 1999, S. 423/424.</ref>

Dennis de Coetlogon hat sich für seine Universal history (1745) wohl eine gehobene Leserschaft vorgestellt, mit Themen wie der Falknerei, die für Adlige gedacht waren. Über Handwerker, Diener und die niederen Stände schrieb De Coetlogon wiederholt despektierlich. Dennoch waren unter den Subskribenten nicht nur Kaufleute, Beamte und Geistliche, sondern auch einige Handwerker, die ungewöhnlich wohlhabend gewesen sein müssen.<ref>Jeff Loveland: An Alternative encyclopedia? Dennis de Coetlogon’s Universal history of arts and sciences (1745). Voltaire Foundation, Oxford 2010, S. 74/75.</ref>

Die große französische Encyclopédie wurde eher im städtischen als im ländlichen Frankreich gelesen, eher in alten Städten mit kirchlichen und staatlichen Bildungseinrichtungen als in den neuen Städten der sich abzeichnenden Industrialisierung. Die Leser gehörten zur Oberschicht, zu den Vertretern des kirchlichen und des adligen Standes. Sie waren Beamte, Offiziere und nur selten Unternehmer. Spätere, billigere Ausgaben wurden zum Teil auch Besitz von Anwälten und Verwaltern in der Mittelschicht. Paradoxerweise erreichte dieses Werk des Fortschritts vor allem die Stände, die unter der Revolution von 1789 zu leiden hatten. Außer in Frankreich verkaufte sich die Encyclopédie (besonders in den späteren Auflagen) auch in den angrenzenden französischsprachigen Gebieten, Italien, den Niederlanden und Westdeutschland, weniger in London oder Kopenhagen, wenngleich einige sets sogar nach Afrika und Amerika kamen.<ref>Robert Darnton: The Business of Enlightenment. A Publishing History of the Encyclopédie 1775–1800. The Belknap Press of Harvard University Press. Cambridge (Mass.), London 1979, S. 525–528.</ref>

Seit dem 19. Jahrhundert

Großenzyklopädien wie die von Brockhaus und Meyer im 19. Jahrhundert richteten sich an das Bildungs- und Besitzbürgertum; diese Schichten waren nicht zuletzt wegen der Kreditwürdigkeit bevorzugte Zielgruppen für die Haustürverkäufer. Beim 17-bändigen Meyers Konversations-Lexikon von 1893 bis 1897 waren von je hundert Käufern: 20 Verkehrsbeamte, 17 Kaufleute, 15 Militärs, 13 Lehrer, neun Baubeamte/Techniker, sechs Verwaltungsbeamte, fünf Gutsbesitzer, drei Justizbeamte, drei Künstler, drei Privatiers, zwei Wirte, 1,5 Ärzte, ebenfalls 1,5 Studenten und ein Rechtsanwalt.<ref>Georg Jäger: Der Lexikonverlag. In: Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert. Band 1: Das Kaiserreich 1870–1918. Teil 2. Saur, Frankfurt am Main 2001, S. 541–575, hier S. 552.</ref>

Noch 1913 meinte Albert Brockhaus, von hundert Millionen Deutschsprachigen in Europa müsse man bereits fünfzig Millionen Frauen und fünfundzwanzig Millionen Kinder als mögliche Käufer abziehen. Damals setzten Brockhaus und Meyer zusammen gerade einmal dreißig- bis vierzigtausend Exemplare um. Doch schon in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg richtete der Brockhaus-Verlag sich zunehmend an Frauen sowie die ärmere Bevölkerung und versuchte Begriffe verständlicher einzuführen. Konfessionell separate Darstellungen bei religiösen Lemmata kamen bei Katholiken gut an. Man konzipierte in den 1920er-Jahren auch Volksausgaben.<ref>Thomas Keiderling: Der Lexikonverlag. In: Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert. Band 2: Die Weimarer Republik 1918–1933. Teil 1. Saur, Frankfurt am Main 2007, S. 441–462, hier S. 442/443, S. 445.</ref> Die Auflage des Großen Brockhaus von 1928 bis 1935 wurde in erster Linie von Hochschullehrern gekauft, auf den nächsten Rängen folgten Apotheker, Rechtsanwälte, Studienräte, Ärzte, Volksschullehrer, Zahnärzte, Geistliche und Architekten, auf Platz zehn standen die Ingenieure.<ref>Thomas Keiderling: Der Lexikonverlag. In: Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert. Band 2: Die Weimarer Republik 1918–1933. Teil 1. Saur, Frankfurt am Main 2007, S. 461.</ref>

Für den Großen Brockhaus in den 1950er-Jahren galt, dass fast ein Drittel seiner Käufer Lehrer waren oder aus kaufmännischen Berufen stammte. Bundespräsident Theodor Heuss berichtete 1955, er habe den Großen Brockhaus in seinem Arbeitszimmer hinter sich, und neben sich auf dem Schreibtisch den kleinen.<ref>Thomas Keiderling: F. A. Brockhaus 1905–2005. Brockhaus in der Wissensmedia. Leipzig/Mannheim 2005, S. 246/247.</ref>

Besondere Zielgruppen

Eine besondere Zielgruppe konnten Frauen sein, so bei den Frauenzimmerlexika, wie das Damen Conversations Lexikon von 1834, die eine Tradition des 18. Jahrhunderts fortführten. Sie sollten nicht ermüdend Tatsachen aufzählen, sondern anschaulich und romantisch sein, ausführlich dort, wo die Themen die weibliche Sphäre berührten. Staat und Politik fehlten in ihnen völlig.<ref>Ulrike Spree: Das Streben nach Wissen. Eine vergleichende Gattungsgeschichte der populären Enzyklopädie in Deutschland und Großbritannien im 19. Jahrhundert. Niemeyer. Tübingen 2000, S. 42.</ref>

Eigene Nachschlagewerke gab es auch für Kinder, wenngleich sie lange Zeit selten waren (rechnet man nicht eigentliche Lehrbücher hinzu). Vor dem 19. Jahrhundert war wohl die Pera librorum juvenilium (Sammlung von Büchern für die Jugend, 1695) von Johann Christoph Wagenseil das einzige Werk dieser Art. Dann brachte Larousse 1853 die Petite Encyclopédie du jeune âge heraus, aber die nächste erschien im Verlag erst 1957. Arthur Mee (1875–1943) brachte 1910/1912 eine moderne Kinderenzyklopädie auf Englisch heraus, die in Großbritannien The Children’s Encyclopaedia und in den USA The Book of Knowledge genannt wurde. Die reich bebilderten Artikel waren lebhaft geschrieben. Von großem Erfolg war auch die World Book Encyclopedia (seit 1917/1918). Der Erste Weltkrieg unterbrach die Planung für eine Britannica Junior, sie erschien erst 1934. Der Britannica-Verlag kam dann noch mit mehreren Kinderenzyklopädien hervor.<ref>Robert L. Collison, Warren E. Preece: Encyclopaedias and Dictionaries. In: Encyclopaedia Britannica. Band 18. 15. Auflage, 1998, S. 257–280, hier S. 271.</ref> Mein erster Brockhaus war in den 1950er-Jahren ein großer Publikumserfolg trotz relativ hohem Preis.<ref>Thomas Keiderling: F. A. Brockhaus 1905–2005. Brockhaus in der Wissensmedia. Leipzig/Mannheim 2005, S. 252.</ref>

Kritik

Oberflächliches Wissen

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„Meyers Lexikon weiß alles“, Reklame um 1925

Als Enzyklopädien nicht mehr als Lehrbücher, sondern als Nachschlagewerke verstanden wurden, wurde befürchtet, dass die Leser faul würden. Im Vorwort zur Deutschen Encyclopädie (1788) beispielsweise setzte man sich mit dem Gedanken auseinander, dass manche Enzyklopädien Unterricht ohne Mühe, ohne Grundlagenwissen versprächen.<ref>Jürgen Mittelstraß: Vom Nutzen der Enzyklopädie. In: Meyers Enzyklopädisches Lexikon. Band 1. Bibliographisches Institut. Mannheim / Wien / Zürich 1971, S. IX–XIX, hier S. XVI.</ref> Goethe ließ im Lustspiel Die Vögel jemanden sagen: „Hier sind die großen Lexica, die großen Krambuden der Literatur, wo jeder einzelne sein Bedürfnis pfennigweise nach dem Alphabet abholen kann.“<ref>Zitiert nach Werner Lenz: Kleine Geschichte großer Lexika. Bertelsmann Lexikon-Verlag, Gütersloh 1974, S. 9.</ref>

Gerade die Befürworter einer systematischen Anordnung meinten, bei einer alphabetischen Anordnung könnte der Leser sich mit knappem, oberflächlichem Wissen zufriedengeben. Die Antwort der Lexikonmacher lautete, ihre Leser seien schon gebildet.<ref>Jeff Loveland: An Alternative encyclopedia? Dennis de Coetlogon’s Universal history of arts and sciences (1745). Voltaire Foundation, Oxford 2010, S. 119.</ref>

1896 machte der Journalist Alfred Dove sich über die Oberflächlichkeit lustig, die die Konversationslexika in die Konversation gebracht hätten. Dabei sei es unerheblich, ob man sich dem Brockhaus oder dem Meyer anvertraue, sie seien einander gleich an Charakter und Wert.<ref>Anja zum Hingst: Die Geschichte des Großen Brockhaus. Vom Conversationslexikon zur Enzyklopädie. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 1995, S. 155–157.</ref>

Auf die Gläubigkeit gegenüber der gedruckten Autorität ging ein Theaterstück ein, das 1905 im Rahmen des 100. Jubiläums von Brockhaus’ Konversations-Lexikon aufgeführt wurde. Ein Stadtrat liest sich Kenntnisse über die Gasanstalt an und beeindruckt damit seine Zuhörer. Danach gesteht er gegenüber dem Bürgermeister: „Kinder, was ist der große Brockhaus doch für ein herrliches Buch, sogar wenn man falsch aus ihm abschreibt, klingt’s doch noch richtig.“<ref>Ulrike Spree: Das Streben nach Wissen. Eine vergleichende Gattungsgeschichte der populären Enzyklopädie in Deutschland und Großbritannien im 19. Jahrhundert. Niemeyer. Tübingen 2000, S. 311.</ref>

Mangelnde Aktualität

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Die niederländischsprachige Winkler Prins vor Papierkorb, Amsterdam

Auch bei grundsätzlich für hochwertig angesehenen Produkten wurde die Kritik laut, dass der Inhalt veraltet sei. Mit dem wissenschaftlichen Fortschritt vor allem seit dem 17. Jahrhundert war dies an sich kaum vermeidbar. Wenn der letzte Band eines Großwerkes erschien, war der erste oft schon mehrere Jahre, wenn nicht Jahrzehnte alt. Überholte Darstellungen waren jedoch auch ein Versäumnis des Autors oder Herausgebers, der sich nicht um die neueste Fachliteratur bemüht hatte.

So behauptete Dennis de Coetlogon in seiner Universal history von 1745 fälschlicherweise, die von ihm verwendeten astronomischen Tafeln seien aktuell. Das hatte zum Teil damit zu tun, dass er aus der Cyclopaedia von 1728 abschrieb. Unter „Agriculture and Botany“ meinte de Coetlogon, dass der Saft in Pflanzen zirkuliere, so wie das Blut in Tieren. Diese Ansicht war bereits im vorherigen Jahrzehnt durch Stephen Hales' Experimente widerlegt worden.<ref>Jeff Loveland: An Alternative encyclopedia? Dennis de Coetlogon’s Universal history of arts and sciences (1745). Voltaire Foundation, Oxford 2010, S. 183.</ref>

Ihrer eigenen Reklame zufolge war die Encyclopaedia Britannica stets sehr aktuell.<ref>Harvey Einbinder: The Myth of the Britannica. MacGibbon & Kee, London 1964. Reprint: Johnson Reprint Corporation, New York, London 1972, S. 73.</ref> Harvey Einbinder listete in den 1960er-Jahren jedoch zahlreiche Artikel auf, die seit sechs Jahrzehnten oder länger nicht oder kaum verändert wurden. Beispielsweise die Artikel über Hesiod und Mirabeau seien aus den Jahren 1875–1889. In der Ausgabe von 1958 hieß es noch, dass in der polnischen Stadt Tarnopol 35.831 Menschen leben, davon vierzig Prozent Juden.<ref>Harvey Einbinder: The Myth of the Britannica. MacGibbon & Kee, London 1964. Reprint: Johnson Reprint Corporation, New York, London 1972, S. 7, S. 10.</ref> Um das Alter der Artikel zu verbergen, entfernte die Encyclopaedia Britannica die Initialen von Autoren, die bereits verstorben waren. Das Alter war aber zum Teil an den veralteten Literaturhinweisen erkennbar, etwa, wenn 1963 der Artikel „Punic War“ (Punischer Krieg) angeblich aktuelle Forschung vermeldete, dies sich aber auf Veröffentlichungen von 1901 und 1902 bezog.<ref>Harvey Einbinder: The Myth of the Britannica. MacGibbon & Kee, London 1964. Reprint: Johnson Reprint Corporation, New York, London 1972, S. 8, S. 281.</ref>

Einbinder erklärte die veralteten Artikel damit, dass der Britannica-Verlag wesentlich mehr Geld für Reklame ausgab als für die Verbesserung des Inhalts. Selbst bei einer großzügigen Schätzung betrugen die Kosten für Beitragende um 1960 weniger als eine Million Dollar, der Werbe-Etat allein für die USA sah jedoch vier Millionen vor.<ref>Harvey Einbinder: The Myth of the Britannica. MacGibbon & Kee, London 1964. Reprint: Johnson Reprint Corporation, New York, London 1972, S. 267, S. 269, S. 304.</ref>

Paul Nemenyi schrieb über die Ausgabe von 1950, dass die naturwissenschaftlichen Artikel im Durchschnitt fünfzehn bis dreißig Jahre alt seien.<ref>Nach Harvey Einbinder: The Myth of the Britannica. MacGibbon & Kee, London 1964. Reprint: Johnson Reprint Corporation, New York, London 1972, S. 70/71.</ref> Als Diana Hobby von der Houston Post 1960 die Kritik von Einbinder wiedergab, erhielt sie in der Folge vom Britannica-Verlag einen Brief, dass sie nur wegen ihres Alters, ihres Geschlechts und ihrer Unschuld eine so bösartige Kritik ernst nehmen könne.<ref>Nach Harvey Einbinder: The Myth of the Britannica. MacGibbon & Kee, London 1964. Reprint: Johnson Reprint Corporation, New York, London 1972, S. 72.</ref>

Die Herausgeber von Enzyklopädien versuchten, die Aktualität mithilfe von Ergänzungsbänden aufrechtzuerhalten. 1753 erschienen beispielsweise zwei Ergänzungsbände (Supplements) für die 7. Auflage der Cyclopaedia. Der Brockhaus kam dann für seine Auflage von 1851 bis 1855 mit einem Jahrbuch (1857–1864), das in monatlichen Stücken erschien.<ref>Robert L. Collison, Warren E. Preece: Encyclopaedias and Dictionaries. In: Encyclopaedia Britannica. Band 18. 15. Auflage, 1998, S. 257–280, hier S. 263.</ref> Als um das Jahr 2000 gedruckte Enzyklopädien seltener wurden, sind oftmals die Jahrbücher weiterhin erschienen, auch wenn das eigentliche Werk bereits sein Ende gefunden hat.

Laut Umfrage von 1985 fanden Mitarbeiter von wissenschaftlichen Bibliotheken in den USA die Aktualität einer Enzyklopädie für ähnlich wichtig wie Aufbau und Zugänglichkeit, und nur noch die Zuverlässigkeit wichtiger. Als allgemeine, ungeschriebene Regel galt, dass man alle fünf Jahre eine neue Enzyklopädie anschaffen müsse. Viele Bibliotheken kauften etwa einmal im Jahr eine neue Enzyklopädie, so dass sie reihum ein relativ aktuelles set der wichtigsten Enzyklopädien anbieten konnten. Eine Ausnahme war die Britannica in der umstrittenen Anordnung der frühen siebziger Jahre; bei einem Viertel der Respondenten war ihr set mindestens neun Jahre alt. Die Bibliothekare klagten nicht über die Aktualität, und es gab Hinweise, dass sie für neuere Informationen andere Werke oder die Zeitung empfahlen.<ref>Edgar C. Bailey Jr.: Acquisition and Use of General Encyclopedias in Small Academic Libraries. In: RQ 25, Nr. 2 (Winter 1985), S. 218–222, hier S. 221/220.</ref>

Zielgruppen und Statussymbol

Zwar haben Enzyklopädien normalerweise den Anspruch, allgemeinverständlich auch für Laien zu sein, können ihn aber gerade bei naturwissenschaftlichen Themen nicht immer einhalten. Spezialisten neigen dazu, in ihren Artikeln zu sehr ins Detail zu gehen, anstatt die allgemeinen Aspekte darzustellen.<ref>Harvey Einbinder: The Myth of the Britannica. MacGibbon & Kee, London 1964. Reprint: Johnson Reprint Corporation, New York, London 1972, S. 151/152, 245, S. 249.</ref> So berichtete Robert Collison in den 1960er-Jahren von einem Techniker, dem anhand von wohlausgewählten Beispieltexten eine Großenzyklopädie aufgeschwatzt wurde. Sie erwies sich aber als zu schwierig für sein intellektuelles Niveau, so dass er sie bald wieder mit Verlust verkaufte.<ref>Robert Collison: Encyclopaedias. Their history throughout the ages. A bibliographical guide with extensive historical notes to the general encyclopaedias issued throughout the world from 350 B. C. to the present day. 2. Auflage. Hafner. New York 1966, S. 9.</ref>

Die Reklame für die Encyclopaedia Britannica verwendete gegenüber Eltern gern das Verkaufsargument, mit dieser Enzyklopädie könne man das Bildungsniveau der Kinder erhöhen und ihnen bessere Chancen im Vergleich zu anderen Kindern geben. Allerdings wurde die Enzyklopädie nicht für Kinder, sondern für Erwachsene geschrieben.<ref>Robert Collison: Encyclopaedias. Their history throughout the ages. A bibliographical guide with extensive historical notes to the general encyclopaedias issued throughout the world from 350 B. C. to the present day. 2. Auflage. Hafner. New York 1966, S. 9.</ref><ref>Harvey Einbinder: The Myth of the Britannica. MacGibbon & Kee, London 1964. Reprint: Johnson Reprint Corporation, New York, London 1972, S. 319–322.</ref> Collisons Vermutung, dass die meisten Kinder (und Erwachsenen) ihre für viel Geld erworbene Enzyklopädie gar nicht verwenden,<ref>Robert Collison: Encyclopaedias. Their history throughout the ages. A bibliographical guide with extensive historical notes to the general encyclopaedias issued throughout the world from 350 B. C. to the present day. 2. Auflage. Hafner. New York 1966, S. 9.</ref> wurde von Untersuchungen des Britannica-Verlags bestätigt. Der durchschnittliche Käufer hat weniger als einmal pro Jahr in seine Encyclopaedia Britannica geschaut.<ref>Shane Greenstein, Michelle Devereux: The Crisis at Encyclopaedia Britannica. (PDF; 462 kB), Kellogg School of Management, S. 3. Abruf am 20. Juni 2011.</ref>

Dementsprechend wurde von den Kritikern auch wiederholt die Frage gestellt, ob Großenzyklopädien nicht ein „kostspieliger Luxus“<ref>Anja zum Hingst: Die Geschichte des Großen Brockhaus. Vom Conversationslexikon zur Enzyklopädie. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 1995, S. 172.</ref> (Anja zum Hingst) sind, mehr ein Statussymbol für kaufkräftige Schichten als ein Instrument zur persönlichen Bildung. Betrachtet man nur die echten (gebundenen) Großenzyklopädien mit mindestens zehn Bänden, nicht älter als zwanzig Jahre, so gab es diese in den 1980er-Jahren allenfalls in fünf bis acht Prozent der Haushalte.<ref>Anja zum Hingst: Die Geschichte des Großen Brockhaus. Vom Conversationslexikon zur Enzyklopädie. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 1995, S. 172.</ref> Den Verdacht des Statussymbols schürten nicht zuletzt die Luxus-, Jubiläums- und Künstlerausgaben, die noch einmal deutlich teurer waren als die normalen, die bereits hochwertig gebunden und auf gutem Papier gedruckt waren.

Siehe auch

Literatur

  • Robert Collison: Encyclopaedias. Their history throughout the ages. A bibliographical guide with extensive historical notes to the general encyclopaedias issued throughout the world from 350 B. C. to the present day. 2. Auflage. Hafner, New York 1966.
  • Werner Lenz: Kleine Geschichte großer Lexika. Bertelsmann, Gütersloh 1980, ISBN 3-570-03158-6.
  • Ulrich Johannes Schneider (Hrsg.): Seine Welt wissen. Enzyklopädien in der Frühen Neuzeit. Primus, Darmstadt 2006, ISBN 3-89678-560-5.
  • Ulrich Johannes Schneider: Die Erfindung des allgemeinen Wissens. Enzyklopädisches Schreiben im Zeitalter der Aufklärung. Akademie-Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-05-005780-4.
  • Ulrike Spree: Das Streben nach Wissen. Eine vergleichende Gattungsgeschichte der populären Enzyklopädie in Deutschland und Großbritannien im 19. Jahrhundert. Niemeyer, Tübingen 2000, ISBN 3-484-63024-8.
  • Theo Stammen, Wolfgang E. J. Weber (Hrsg.): Wissenssicherung, Wissensordnung und Wissensverarbeitung. Das europäische Modell der Enzyklopädien. Akademie, Berlin 2004, ISBN 3-05-003776-8.
  • Carsten Zelle (Hrsg.): Enzyklopädien, Lexika und Wörterbücher im 18. Jahrhundert. Wallstein, Göttingen 1998, ISBN 3-89244-286-X. (= Das achtzehnte Jahrhundert, 22. Jg., Heft 1)

Weblinks

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Commons Commons: Enzyklopädien – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Belege

<references />


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Teil 2: Ausstattung, Autoren und Leser, Kritik.

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