E-, U- und F-Musik


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E-, U- und F-Musik sind die Bezeichnungen für den Versuch, musikalische Phänomene in ernste Musik (E-), Unterhaltungsmusik (U-) und funktionale Musik (F-) zu unterteilen. Die Entgegensetzung von E- und U-Musik stammt von der Verteilungspraxis der Verwertungsgesellschaften seit Beginn des 20. Jahrhunderts her: Sie sollte dem Schutz seltener gespielter Musik gegenüber der häufiger gespielten dienen. Die Bezeichnung F-Musik wurde erst später in Analogie dazu gebildet.

Historischer Hintergrund war der zunehmende Wegfall der höfischen Subventionen für Musik im Lauf des 19. Jahrhunderts, die einst eine Alternative zum wirtschaftlichen Erfolg bei einem breiten Publikum waren. Sie wurden seit dem Ende des Ersten Weltkriegs durch kommunale und staatliche Zuschüsse ersetzt, die öffentlich gerechtfertigt werden müssen. Zu berücksichtigen ist allerdings auch die Arbeit von Kulturinstitutionen und Stiftungen sowie das Sponsoring (vgl. Musikwirtschaft).

Die Klassifikation ist umstritten und wird von vielen als völlig untauglich und nur als falsch verstandenen (und von den Begrifflichkeiten her die Realität verkennenden) kommerziellen Interessen dienend abgelehnt.

E-Musik

Definition

E-Musik ist eine Abkürzung für die sogenannte „ernste“ (zeitweilig auch „ernst zu wertende“)<ref>Nachweis des Zitates "Konzerte mit ernst zu wertender Musik" siehe Reichsarbeitsblatt 1938, VI, S. 597; vgl. Tarifordnung für die deutschen Kulturorchester (TO.K),§ 1.</ref> Musik. Mit dieser E-Musik gleichgesetzt wurde die Kunstmusik, was gleich bedeutend war mit klassischer Musik.<ref>Ramona Fülfe Kulturmarketing: Impulse für eine zielgruppengerechte Ansprache im Bereich E-Musik Diplomica Verlag 2011, S. 6</ref> Da eindeutige Definitionen der Begriffe U- und E-Musik und deren Abgrenzung gegeneinander aber nicht möglich sind, ist deren Verwendung nur auf der Kenntnis der geschichtlichen Entwicklung nachzuvollziehen, zumal derartige Bestimmungsversuche auf „Wertmaßstäbe[n] und letztlich auch die meist pejorativen Wertungen“ basieren, die als willkürlich gesetzt erscheinen.<ref>In der aktuellen Musikwissenschaft wird die Definitions- und Abgrenzungsproblematik betont, denn es sei sehr schwierig, „Unterhaltungsmusik oder unterhaltende Musik prinzipiell zu bestimmen“ (Andreas Ballstaedt, 'Unterhaltungsmusik', in MGG, Sachteil IX, S. 1190), vgl. Hans-Jürgen Homann: Der Künstlermanagementvertrag - Erscheinungsbild, Vertragstypologie und rechtliche Untersuchung des Vertragsverhältnisses zwischen Künstler und Manager im Bereich der Musik, Berlin 2013, S. 17;</ref> Auch eine Gleichsetzung von „E-Musik“, „Kunstmusik“ und „klassischer Musik“ ist problematisch geworden, denn diese Begriffe haben jeweils ihre eigenen und sich wandelnden Bedeutungen.<ref>Neben den notierten Musikwerken der (europäischen) Kunstmusik gibt es den Begriff der Klassischen Musik auch außerhalb Europas, wobei die außereuropäische Musik zum Teil von einem ganz anderen, beispielsweise schriftlosen musikalischen Kunstbegriff ausgeht, der dem im Abendland entstandenen verschriftlichten Opusbegriff entgegensteht.</ref> So ist eine Gleichsetzung der Termini Kunstmusik und Klassische Musik heute nicht mehr möglich. Auch die Gleichsetzung von Klassischer Musik und E-Musik ist nicht eindeutig.<ref> Die bei der GEMA als E-Musik eingestufte elektroakustische Musik der 1950er Jahre wird beispielsweise auf dem Musikmarkt nicht der Klassischen Musik zugeordnet. Vielmehr ist auf dem Musikmarkt eine Wellness-Definition von Klassischer Musik gebräuchlich, die elektroakustische Musik von Stockhausen oder Ligeti ausschießt: „Verdi, Bach, Haydn oder Mozart – Klassische Musik für entspannte Stunden.“ Saturnwerbung zur Klassischen Musik</ref> Es gibt Fälle, in denen die "künstlerische Bedeutung" einer zeitgenössischen Musik als Kunstmusik zwar anerkannt wird, aber dennoch eine Zuordnung zur U-Musik erfolgt.<ref> Im „Verteilungsplan der GEMA“ wird beispielsweise in Abschnitt XI,2 „zeitgenössischer Jazz von künstlerischer Bedeutung und mit Konzertcharakter, ausgenommen Standardwerke“ von der GEMA als U-Musik eingestuft.</ref> Es gibt andere Situationen, in denen das Ambiente der Klassischen Musik in der Branche der Unterhaltungsmusik vermarktet wird.<ref>Die nach dem Muster der Klassischen Musik produzierten und vermarkteten Werke werden als Klassische Musik empfunden, gelten aber dennoch bei den Verwertungsgesellschaften als U-Musik. Dazu gehören beispielsweise Musak-artige Beschallung von Weihnachtsmärkten mit klassischen Weihnachtsliedern oder klassische Hintergrundmusik in Hotelzimmern der Luxusklasse.</ref> Die Musikwissenschaft begegnet heute den vielfachen Bestimmunsgversuchen mit Skepsis, denn „die gedachte Zweiteilung musikalischer Kultur [sei] letztlich unwirklich“.<ref>MGG, S. 1193 (PDF).</ref>

Geschichte

Begriffsgeschichtlich ist die Verknüpfung der Begriffe „Ernst“ und „Musik“ erstmals bei Arthur Schopenhauer nachzuweisen. Der hier gemeinte „Ernst“ bezieht sich zunächst auf das gesamte Phänomen der „Tonkunst“.<ref>Arthur Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung 3. Aufl., Leipzig 1859, S. 312.</ref> Schopenhauer wollte durch diese Verknüpfung auf die Würde oder „eigentliche Bedeutung dieser wunderbaren Kunst“ hinweisen.<ref>Karl Stabenow (Hrsg.), Arthur Schopenhauer, Schriften über Musik,Regensburg 1922, S. 130.</ref> Eine Aufspaltung der Musik in zwei gegensätzliche Bereiche „ernst“ und „lustig“ lag ihm allerdings fern.<ref>Vgl. Stabenow 1922, S. 119.</ref> Als Abgrenzungsbegriff wurde dann die Kategorie der „ernsten Musik“ erstmals im Juli 1903 unter dem Einfluss des Schopenhauer-Anhängers Richard Strauss von der deutschen musikalischen Verwertungsgesellschaft „Anstalt für musikalisches Aufführungsrecht“ (AFMA) eingeführt um bei der Verteilung der Tantiemen aus den Aufführungsrechten die Komponisten der als „ernst“ eingestuften Musik zu privilegieren.<ref>Vgl. Irmgard Jungmann Sozialgeschichte der klassischen Musik: bildungsbürgerliche Musikanschauung im 19. und 20. Jahrhundert Metzler: Stuttgart 2008, S. 26, Wolfgang Eugen D' Albert Der Musikverlag und die "Genossenschaft Deutscher Tonsetzer (Diss.), Jena 1907, S. 47 (hier wird die erste Begriffsverwendung von „ernste Musik“ im Jahre 1903 zitiert) sowie Reinhold Kreile, Jürgen Becker, Karl Riesenhuber Recht und Praxis der GEMA: Handbuch und Kommentar De Gruyter: Berlin 2009, S. 12ff., 73, 202f. Bei der subjektiv vorgenommenen Einstufung eines Werkes als „ernste Musik“ wurden von der AFMA keine nachvollziehbaren Kriterien vorgelegt.</ref>

Die deutsche AFMA bemühte sich, ihren Einfluss auch in Österreich geltend zu machen. So kam es im Herbst 1903 zu einem Gegenseitigkeitsvertrag mit der dortigen „Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musik-Verleger“. Beide deutschsprachigen Verwertungsgesellschaften bevorzugten bei Verteilung der Ausschüttungen die Komponisten von E-Musik.<ref>Vgl. Irmgard Jungmann Sozialgeschichte der klassischen Musik: bildungsbürgerliche Musikanschauung im 19. und 20. Jahrhundert Metzler: Stuttgart 2008, S. 26, sowie Reinhold Kreile, Jürgen Becker, Karl Riesenhuber Recht und Praxis der GEMA: Handbuch und Kommentar De Gruyter: Berlin 2009, S. 12ff., 73, 202f.</ref>

Bereits 1915 hatte die Orientierung der deutschen „Anstalt für musikalische Aufführungsrechte“ an der Privilegierung der E-Musik-Komponisten an den Ausschüttungen dazu geführt, dass sich daneben die „Genossenschaft zur Verwertung musikalischer Aufführungsrechte“ gründete, die nicht zwischen E- und U-Musik unterschied. 1933 fasste das NS-Regime beide Verwertungsgesellschaften in der „Staatlich genehmigten Gesellschaft zur Verwertung der musikalischen Urheberrechte“ zusammen, in der 1938 auch die österreichische „Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musik-Verleger“ zwangseingegliedert wurde. Ein Drittel der Einkünfte aus den Aufführungen der Werke wurde für die E-Musik reserviert. 1940 wurde diese Praxis jedoch vorübergehend revidiert und das sog. „Ernste Drittel“ gestrichen.<ref>Albrecht Dümmling Solidargemeinschaften für die Rechte der einzelnen Urheber – Zur Geschichte der GEMA, GVL, VG WORT und VG BILD-KUNST. In: Politik und Kultur-Dossier Verwertungsgesellschaften (2007), S. 2-5.</ref>

Beim Start des Hörfunks in den 1920er Jahren wurde die Kategorie E-Musik zur Grobeinteilung der Musik im Rundfunk übernommen und spielte dort bei der Programmplanung eine Rolle.<ref name=ARD/> Peter Raabe, der Nachfolger von Richard Strauss im Amt des Präsidenten der Reichsmusikkammer und Kenner von Schopenhauers Philosophie<ref>Nina Okrassa: Peter Raabe - Dirigent, Musikschriftsteller und Präsident der Reichsmusikkammer (1842-1945), Böhlau Verlag, 2004, S. 15</ref> sprach 1928 in höchsten Tönen von den „ernsten Konzertunternehmungen“ und stellte dabei heraus, es gäbe Freunde und Feinde der ernsten Musik. Schließlich stünde man dem Feind der ernsten Musik ganz machtlos gegenüber, denn dieser ließe sich regelmäßig mit der „erbärmlichen Jazzbrühe“ übergießen.<ref>Peter Raabe: Stadtverwaltung und Chorgesang, Rede bei einem Chorkongress in Essen (1928). In: Peter Raabe: Kulturwille im deutschen Musikleben, Kulturpolitische Reden und Aufsätze, Regensburg 1936, S. 38.</ref> Raabe nutzte 1938 die Kategorie E-Musik auch zur Begründung der Förderungswürdigkeit der tariflich abgesicherten „Kulturorchester“.<ref>Tarifordnung für die deutschen Kulturorchester vom 30. März 1938 bzw. Tarifvertrag für Musiker in Kulturorchestern vom 31. Oktober 2009, § 1. Vgl. Lutz Felbick: Das „hohe Kulturgut deutscher Musik“ und das „Entartete“ –- über die Problematik des Kulturorchester-Begriffs, in: Zeitschrift für Kulturmanagement, 2/2015, S. 85-115.</ref>

Das aktuelle deutsche Urheberrechtswahrnehmungsgesetz nennt diese E/U-Terminologie explizit nicht, spricht jedoch in § 7 von „kulturell bedeutenden Werken und Leistungen“, die durch die Verteilungspraxis der Verwertungsgesellschaften zu fördern seien. Der Tendenz nach wird dies so ausgelegt, dass es sich um Musik handelt, die sich wirtschaftlich nicht selbst trägt, aber im Urteil vieler Hörer interessant und erhaltenswert ist (Qualität versus Nachfrage). Im Bereich der deutschen Rundfunksender wurde 1999 die Kategorie „E-Musik“ aufgegeben; entsprechende Sendungen werden aber seitdem in die neue Rubrik Klassik einsortiert.<ref name=ARD>Ernste Musik (ARD)</ref> Der Österreichische Komponistenbund unterteilt (bis heute) seine Mitglieder in die Arbeitskreise E-Musik und U-Musik.


U-Musik

U-Musik für „Unterhaltungsmusik“ fasst populäre und kommerzielle Musikrichtungen (populäre Musik) zusammen, z. B. Pop- und Rockmusik, Schlager und Volkstümlicher Schlager, teilweise auch Jazz, Volksmusik u. a. Diese Musikrichtungen hatten seit dem Ende des 19. Jahrhunderts nicht den Anspruch, „Kunst“ im Sinne der klassischen Musik zu sein. Diese Unterteilung existierte noch nicht zu Beginn des 19. Jahrhunderts und setzte erst mit der breiten Vermarktung von Musik im Lauf des Jahrhunderts ein (vgl. Salonmusik).

Als bisher frühester Nachweis des Begriffes „Unterhaltungsmusik“ für Tanzmusik als Hör- und Konzertmusik gilt die erstmalige Verwendung durch Johann Strauss (Vater) in einer Annonce für einen Maskenball in der Berliner Zeitung vom 8. November 1845.<ref>Norbert Linke: Recherchen und Funde. Einige Anmerkungen zur Notwendigkeit, Original-Materialien zu sichten und auszuwerten. In: Die Fledermaus Wiener Institut für Strauß-Forschung, Mitteilungen 7-8, 1994, Verlag Hans Schneider, Tutzing, ISBN 3-7952-0770-3, S. 49 und mit Zitierung des Textes genauer Fußnote 72 (S. 52).</ref>

F-Musik

F-Musik ist eine Abkürzung für Musik, die nicht um ihrer selbst willen gehört wird, sondern einen außermusikalischen Zweck erfüllt wie zum Beispiel Kirchenmusik und Filmmusik. Sie wird auch Gebrauchsmusik oder „funktionale“ bzw. „funktionelle“ Musik genannt.

Bis zum 18. Jahrhundert ist auch die europäische Musik ausschließlich funktional, das heißt den gesellschaftlichen Ereignissen in Kirche, Theater, Tanzboden, aristokratischer oder bürgerlicher „Kammer“ untergeordnet. In Zusammenhängen, bei denen während der Musik nicht geredet, gebetet, gegessen oder getanzt wurde, entwickelte sich eine weniger „dienende“, selbstbewusste Musik, die auch sorgfältiger ausgestaltet war – hauptsächlich die als Untermalung des aristokratischen Kartenspiels gespielte Musik (die sogenannte Kammermusik). Aus der Musik Joseph Haydns kann man zum Beispiel recht genau schließen, mit welchem Grad der Aufmerksamkeit seiner Hörer er jeweils rechnete. Diese Tendenz zur höheren Aufmerksamkeit führte in der Frühzeit des bürgerlichen Konzerts seit etwa 1800 zu einer Musik, auf die idealerweise die volle Konzentration stummer und unbeweglicher Zuhörer gerichtet ist.

Aber auch diese Musik konnte gesellschaftliche Funktionen haben, etwa als Vorwand zur Zusammenkunft oder als Demonstration erworbener Bildung. Der Ausdruck „funktionelle Musik“ versucht ähnlich wie „unterhaltende Musik“ ein Ideal, das es in der angestrebten Autonomie möglicherweise nie gegeben hat, als gegeben hinzustellen, um von ihm alle übrige Musik abzugrenzen. Carl Dahlhaus hat den Begriff daher als „Phantom“ bezeichnet.<ref>Carl Dahlhaus: „Über die "mittlere Musik" des 19. Jahrhunderts“, in: Das Triviale in Literatur, Musik und bildender Kunst, hrsg. Helga de la Motte-Haber, Frankfurt am Main 1972</ref>

Die Bewertung der Aufführungssituation kann seit dem Abspielen von Aufzeichnungen nur noch bedingt zur Unterscheidung von F-, U- und E-Musik dienen.

Zu den eindeutigsten Fällen von F-Musik gehört Musik in Kaufhäusern, Hotelhallen oder Aufzügen (Muzak), die daraufhin ausgerichtet ist, dass sie nur nebenbei wahrgenommen wird. F-Musik wird gelegentlich als Teil der U-Musik oder der E-Musik (so Erik Saties musique d’ameublement) begriffen. Theodor W. Adorno bezeichnete Kurt Weills Musik zu Bertolt Brechts Die Dreigroschenoper als „Gebrauchsmusik, die man wirklich gebrauchen kann“.

Klassifikationsprobleme und Verteilungskonflikte

Die Aufteilung in E- und U-Musik ist umstritten, da sie

  • hauptsächlich im deutschsprachigen Raum üblich ist (in den meisten Sprachen ist eine Unterscheidung zwischen hoher und niederer Musik allerdings durchaus in Gebrauch, wie zum Beispiel mit den englischen Begriffen popular music, light music und serious music, art music).
  • eine wertende Konnotation einbringt („E-Musik ist kulturell wertvoll, U-Musik dagegen nicht.“).
  • sich für die systematische Klassifikation von Musik als wenig praxistauglich erwiesen hat.

Die Grenzen zwischen E- und U-Musik sind fließend und zudem nur im zeitlichen Kontext vertretbar; während beispielsweise Operetten oder auch die Musikrevuen der Gershwin-Brüder zu Beginn des 20. Jahrhunderts typische Vertreter der U-Musik waren, werden sie heute eher der E-Musik zugerechnet – besonders wenn sie von „E-Musikern“ in Institutionen der E-Musik oder nach den ästhetischen Normen der E-Musik aufgeführt werden.

Eine wirtschaftliche Bedeutung hatte die Unterscheidung zwischen E-Musik und U-Musik seit Anfang des 20. Jahrhunderts aufgrund der grundsätzlich höheren Vergütung von E-Musik im Verteilungsplan der Verwertungsgesellschaften.<ref>Frieder W. Bergner: Das U und das E in der Musik</ref>

Die kontrovers diskutierte Aufteilung wird nur noch durch die GEMA vorgenommen. Diese Politik der GEMA führt noch heute dazu, dass ein Komponist der E-Musik die achtfachen Tantiemen eines U-Musikkomponisten bei Veröffentlichung erhält.<ref>Mandy Risch-Kerst/Andreas Kerst, Eventrecht kompakt, 2009, S. 293</ref> Diese Praxis sollte vom Aufsichtsrat der deutschen GEMA im Jahr 2003 aufgegeben werden, nachdem alle sechs Sitze durch Wahl an U-Musiker gegangen waren. Dies wurde jedoch nicht umgesetzt. Die schweizerische SUISA hat die Unterscheidung zwischen U- und E-Musik bereits 1983 aufgegeben, nachdem ein Komponist dasselbe Werk zweimal unter verschiedenen Titeln eingereicht hatte und es einmal als E und das andere Mal als U eingestuft worden war.<ref>Alfred Meyer: Weder E noch U – die Praxis der SUISA, in: Mathias Spohr (Hg.): Geschichte und Medien der gehobenen Unterhaltungsmusik, Chronos, Zürich 1999, S. 173–176.</ref> Dafür hat die SUISA eine Bevorzugung der längeren Musikwerke eingeführt.

Musiksoziologie und Musikalische Ästhetik

Die vorstehende Diskussion bezieht sich weitestgehend auf Klassifizierungen durch Verwertungsgesellschaften, also auf rein wirtschaftliche Aspekte, die selten künstlerische Gesichtspunkte enthalten. Beispielsweise hat die GEMA Formulare, nach denen die Musikbeispiele, die in einem Vortrag benutzt werden, unter „Unterhaltung“ abgerechnet werden, egal welcher Musikrichtung sie entnommen wurden.

Der künstlerische Gehalt wird in der Kunst- oder Musikphilosophie oder der Ästhetik untersucht. Der Komponist, Philosoph und Soziologe Theodor W. Adorno hat hierzu die entscheidenden Beiträge verfasst, zum Teil schon während seines Exils in den USA und unter Berücksichtigung der populären Musik dort. In seinen Schriften tauchen die Begriffe U-, E- und F-Musik jedoch nicht auf. Er untersucht das Verhältnis von Qualität und Nachfrage, von Gebrauchskontexten, unterscheidet „hohe“ und „niedere“ Musik, und arbeitete mit an der Analyse der kompositorischen Problemstellungen der „E“-sten Musik seiner Zeit, der Dodekaphonie.

Musik gehörte in der mittelalterlichen Philosophie und in der höheren Schulbildung zum Quadrivium. Es umfasste jedoch nur die hoch geschätzte theoretische Beschäftigung mit Musik, während die Praxis eher gering geschätzt wurde. Dies änderte sich seit dem 16./17. Jahrhundert. Diese Aufwertung der Praxis schlug sich in der Philosophie seit dem 18. Jahrhundert nieder. Die Enzyklopädisten maßen auch der Musikausübung einige Bedeutung zu. In Jean-Jacques Rousseaus Philosophie sind Musikgenres eng mit Wertvorstellungen verbunden. Im Kampf zwischen Musikgenres wie dem Buffonistenstreit drückten sich soziale Konflikte aus.

Zentral war die praktische Musik für einige Philosophen des 19. und 20. Jahrhunderts, etwa Arthur Schopenhauer, Friedrich Nietzsche und Sören Kierkegaard. Auch für sie stellte sich die Frage, wie die respektable von der weniger respektablen Musik zu unterscheiden sei. Sie wurde immer sehr unterschiedlich beantwortet.

Siehe auch

Einzelnachweise

<references />