Fischtreppe
Eine Fischtreppe oder Fischpass (auch Fischwanderhilfe oder Organismenaufstieg, amtlich auch Fischweg genannt) ist eine wasserbauliche Einrichtung an Fließgewässern, um Fischen im Rahmen der Fischwanderung die Möglichkeit zu geben, Stauwehre, gegebenenfalls auch Wasserfälle zu überwinden.
Alle Fließgewässer-Organismen sind auf die Durchwanderbarkeit der Gewässer angewiesen. Fischwanderhilfen ermöglichen Fischen und auch Kleintieren der Gewässersohle (Makrozoobenthos) die Überwindung von baulichen Hindernissen.
Europaweit gesetzlich geregelt wird die Notwendigkeit von Fischwegen – so der juristisch und fachlich gebräuchliche Begriff – unter anderem durch die EU-Wasserrahmenrichtlinie.
Inhaltsverzeichnis
Fischauf- und -abstieg
Zu unterscheiden sind Wanderhilfen für den Fischaufstieg (Fischaufstiegshilfen und -anlagen) und für den Fischabstieg (sogenannte Bypässe).
Beim Fischaufstieg unterscheidet man naturnahe und technische Bauweisen. Zu den naturnahen Fischaufstiegshilfen gehören vor allem sogenannte raue Rampen oder raue Gleiten, auch Sohlgleiten und Umgehungsgerinne. Zu den technischen Bauweisen zählen beispielsweise Schlitzpässe, Beckenpässe oder Aalbrutleitern.
Der Fischabstieg stellt bislang ein in fachlicher Hinsicht noch nicht abschließend gelöstes Problem dar. An den meisten Wasserkraftanlagen müssen Fische bei der gewässerabwärtsgerichteten Wanderung die Rechen und die Turbinen von Wasserkraftanlagen passieren. Dies ist mit einer erheblichen Mortalität verbunden, deren Höhe unter anderem vom Turbinentyp und von der Größe der Turbine abhängig ist. Müssen Fische auf ihrem abwärts gerichteten Wanderweg mehrere Wasserkraftanlagen durchwandern, ist ein völliger Ausfall der Fische zu befürchten. Dieses Problem kann mit Bypässen gemildert werden.
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Klassische, stufenförmige „Fischtreppe“ (Beckenpass)
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Kaskaden-Fischtreppe an der Isar
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Vertical-Slot-Fischpass (Schlitzpass) am Laufwasserkraftwerk Hengstey
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Mäander-Fischpass an der Mündung der Schwentine in den Kieler Hafen
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Hölzerne Kaskaden-Fischtreppe am Rantzauer See in Barmstedt
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Fischaufstiegsanlage an der Aller in Celle
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Moderner Fischweg: Sohlgleite am Schlatbach in Brandenburg
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Naturnahe Fischwanderhilfe an der Nonne
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Fischlift am Kraftwerk Wyhlen der Staustufe Augst/Wyhlen
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Bootskanal in Fischtreppe Marburg-Nord
Typen
Fischtreppe
Bei Fischpässen oder Fischtreppen werden kleine Wasserbecken gebaut, durch die die Fische den Höhenunterschied zwischen Ober- und Unterwasser überwinden können. Stark künstlich erscheinende, klassische Treppenanlagen werden in Deutschland seit den 1990er Jahren kaum noch gebaut, da sie oft nur wenig angenommen werden und mit ihren flachen Wasserbecken vor allem Raubvögeln ideale Fischfangplätze bieten.
Fisch-Kanu-Pass
Eine neuere Technik ist die Kombination von Fischaufstiegsanlage und Bootsgasse, der Fisch-Kanu-Pass.
Sohlgleite
Sohlgleiten sind mit naturnahen Steinriegeleinbauten hergestellte Beckenstrukturen, die Fischen auch bei sommerlichem Niedrigwasser die Wanderung ermöglichen. So wurde beispielsweise im Rahmen des Projektes „Elblachs 2000“ im Brandenburger Stepenitz-System am Schlatbach ein Wehr durch eine Sohlgleite ersetzt, die einen Höhenunterschied von knapp zwei Metern überwindet.
Wildpass
Ein Wildpass dient in erster Linie dazu, die Fließgeschwindigkeit des Wassers zu verringern.
Aalgang
Ein Aalgang oder eine Aalleiter ist ein Rohr, das mit Kies oder Reisig gefüllt wird.
Fischlift
Mit einem Fischlift kann auf kleinem Raum ein großes Gefälle überwunden werden. Auch hier führt eine künstlich erzeugte Leitströmung die Fische an den gewünschten Ort. Sie schwimmen in ein Wasserbecken, das mit einer Vorrichtung das Entweichen verhindert. Regelmäßig wird nun das Wasserbecken aufwärts gefahren und oben schonend ausgekippt. Anschließend fährt die Konstruktion wieder nach unten und öffnet den Einlass für die nächsten Fische. Ein Fischlift befindet sich zum Beispiel am Wasserkraftwerk Wyhlen der Staustufe Augst/Wyhlen, ein anderer in Grellingen.<ref>Markus Hintermann. Wenn Fische in den Fahrstuhl steigen ... Erster Fischlift in der Schweiz [1]. Detaillierte Beschreibung des Grellinger Fischlifts. Abgerufen am 4. Dezember 2014</ref>
Fischaufstiegsschnecke
Mit einer Archimedischen Schraube wird Wasser angehoben in dem der sich Fische und andere Lebewesen in das Oberwasser tragen lassen können. Ein Beispiel ist ein Kleinwasserkraftwerk an der Url, in Amstetten in Niederösterreich. Parallel zu der Wasserkraftschnecke, die der Stromgewinnung dient, wurde eine weitere Schnecke für den Aufstieg installiert. Erste Tests zeigen eine fünfmal stärkere Aufstiegshäufigkeit als bei anderen Systemen.<ref>Innovativer „Aufzug“ für Fische auf ORF vom 18 April 2015 abgerufen am 18. April 2015</ref><ref>Fischaufstiegsschnecke: Monitoring bringt hervorragende Ergebnisse auf Oekonews.at vom 10. Februar 2015 abgerufen am 18. April 2015</ref>
Helix-Turmfischpass
Ein Fischweg in Form einer Wendeltreppenturms mit Mäanderbecken ist der Helix-Turmfischpass. Die Kosten des Fischpasses beim Wasserkraftwerk Raisdorf betrugen rund 550.000 Euro und wurden überwiegend aus EU-Mitteln finanziert.<ref>http://www.schwentinental-inside.de/frames/archiv/helix-turmfisch-pass.htm</ref><ref>http://www.ruhr-uni-bochum.de/denkposter/68.pdf</ref> Die erste Umsetzung in Raisdorf wurde vom Bund der Steuerzahler und dem Landesnaturschutzbund Schleswig-Holstein als Verschwendung von Steuergeldern bezeichnet.<ref>Bericht im Schwarzbuch 2005 des Bundes der Steuerzahler (pdf, ca. 1,77 MB, Seiten 46–47)</ref><ref>Schilda lässt grüßen. Handelsblatt.de, Artikel vom 27. September 2005, 16:55 Uhr</ref>
Einzelbeispiele
Die bislang größte Anlage Europas bei der Staustufe Geesthacht finanzierte der Stromproduzenten Vattenfall als ökologischen Ausgleich für das weiter stromabwärts liegende Kohlekraftwerk Moorburg.<ref>Wanderfische: Nothilfe für Migranten auf zeit.de</ref><ref>Europas größte Fischtreppe bei Geesthacht: Schutz für Elbe und Fische auf vattenfall.de</ref> Die serpentinenartig verbundenen 45 Wasserbecken ermöglichen Wanderfischen, ein Wehr zwischen dem Mündungsgebiet und der mittleren Elbe zu umschwimmen, das zur Eindämmung des Tidenhubs auf die Wasserstraße gebaut wurde.
Das Lahnfenster in Gießen ermöglicht mittels Fensterscheiben den Einblick in eine Fischtreppe in der Lahn bei Gießen.
Literatur
- 1987: Günter Jens: Der Bau von Fischwegen. Fischtreppen, Aalleitern und Fischschleusen. Parey, Hamburg / Berlin 1982, ISBN 3-490-07414-9.
- 1997: Beate Adam, Ulrich Schwevers: Funktionsüberprüfung von Fischwegen. Einsatz automatischer Kontrollstationen unter Anwendung der Transponder-Technologie. Wirtschafts- und Verlagesellscft Gas und Wasser, Bonn 1997. ISBN 3-89554-069-2.
- 1999: Jürgen Eberstaller: Fischaufstiegshilfen – Gestaltungskriterien und Funktionsfähigkeit / Nature-like Fish Bypasses – Design Criteria and Effectiveness. Dissertation Universität für Bodenkultur Wien: Institut für Wasservorsorge, Gewässergüte und Fischereiwirtschaft. 1999.<ref>abstract</ref>
- 2000: Michael Hütte: Ökologie und Wasserbau. Ökologische Grundlagen von Gewässerverbauung und Wasserkraftnutzung. Parey, Vieweg 2000, ISBN 3-528-02583-2.
- 2001: Beate Adam, Ulrich Schwevers: Planungshilfen für den Bau funktionsfähiger Fischaufstiegsanlagen (= Bibliothek Natur & Wissenschaft, Band 17). VNW Verlag Natur und Wissenschaft, Solingen 2001, ISBN 3-927889-97-0.
- 2004: Heinz Patt, Peter Jürging, Werner Kraus: Naturnaher Wasserbau. Entwicklung und Gestaltung von Fließgewässern. 2. Auflage, Springer, Berlin 2004, ISBN 3-540-20095-9.
Einzelnachweise
<references />
Weblinks
- Ausführliche Beschreibung der Fischaufstiegsanlagen (Fischtreppen) in Steinfurt/Burgsteinfurt
- Fischaufstiegsanlagen (ca. 5,3 MB) (aus Handbuch Querbauwerke, 2005) (abgerufen am 12. Oktober 2008; PDF-Datei)
- Beschreibung der größten Fischpässe am Rhein
- Besucherzentrum Fischpass Gambsheim
- Fischtreppe der Seeve an der Holmer Mühle